Die Damen eröffnen mit ihrem Riesentorlauf am Donnerstag (9.45/13.00 Uhr) die finale Phase der Ski-WM in St. Moritz. Die Französin Tessa Worley ist vor Mikaela Shiffrin (USA) die große Favoritin im ersten Technikrennen. Österreichs von Anna Veith angeführtes Quintett will den Schwung der drei Medaillen aus Woche eins mitnehmen, ist aber Außenseiter. Stärkste war zuletzt Stephanie Brunner.

Worley ist deshalb Favoritin, weil sie nach ihrem sechsten Platz beim Weltcup-Saisonstart in Sölden nie mehr schlechter war als Zweite und drei der folgenden sechs Rennen gewonnen hat. Shiffrin hatte am Semmering das "Double" geschafft und ließ in St. Moritz alle anderen Starts sausen, um sich in Italien auf RTL und Slalom vorzubereiten. Den letzten "Riesen" vor der WM gewann die Italienerin Federica Brignone am Kronplatz. Die Deutsche Viktoria Rebensburg holte sich in St. Moritz den Sieg beim Weltcupfinale 2016 und gewann damit die Generalprobe.

"Worley ist in absoluter Topform, Shiffrin hat sich ganz akribisch auf den Tag X vorbereitet", stufte auch ÖSV-Damenchef Jürgen Kriechbaum die beiden als Topfavoritinnen ein. Dazu komme eine Nina Löseth sowie alle vier Italienerinnen. "Sie alle haben unseren eines voraus. Sie waren alle schon unter den Top Drei. Da hinken wir hinterher."

Ein vierter Platz als bestes Ergebnis

Kriechbaum sprach damit an, dass nach der Verletzung von Weltcup-Kugelgewinnerin Eva-Maria Brem bis zur WM der vierte Platz von Brunner in Sölden das Höchste der Gefühle gewesen ist und selbst das ist schon vier Monate aus. Die angriffslustige Tirolerin bestätigte zwar als Fünfte am Semmering, dass sie derzeit die schnellste Österreicherin ist, schied aber auch drei Mal aus.

"Sie ist dennoch derzeit wahrscheinlich unsere Beste und hat bei der WM auch die beste Startnummer", baut Kriechbaum auf die 22-jährige aus Tux. Kriechbaum hofft, dass die Technikdamen möglichst an die Erfolge der ersten Woche anknüpfen können. "Wir sind nicht unbedingt in der Favoritenrolle, aber die Außenseiterrolle liegt uns hier", erinnerte Kriechbaum an die Ereignisse von Woche eins. "Das ist eine gute Basis auch für das Rennen am Donnerstag. Sie sollen einfach alle Medaillen-Spekulationen weg schieben und auf ihre eigene Leistung schauen", empfahl der Oberösterreicher.

Neben der nach langer Verletzungspause in der Startliste zurückgefallenen Titelverteidigerin Veith waren auch Brunner, Michaela Kirchgasser und Katharina Truppe für die WM-Aufstellung außer Zweifel. Bernadette Schild wurde letztlich deshalb Ricarda Haaser vorgezogen, um Österreichs bester Slalomfahrerin vor dem großen Auftritt am Samstag einen guten WM-Einstieg zu ermöglichen. Zudem war die Salzburgerin am Kronplatz RTL-Siebente gewesen.

Brunner gibt sich zurückhaltend

Mit Brunner und Truppe hatten die zwei Neulinge im Team bereits am Dienstag im Teambewerb erstmals WM-Rennluft geschnuppert. "Ich war noch nie auf einem Stockerl. Also gehe ich nicht davon aus, dass ich hierherkomme und gleich eine Medaille hole", wehrte Brunner die Vorschuss-Lorbeeren allerdings ab.

Nach dem starken Saisonstart hatte die Zillertalerin mit dem Sturz in Killington etwas den Faden verloren. "Ich muss mein Risiko etwas dosieren. Mit 100 Prozent bin ich manchmal besser als mit 120 Prozent", nahm sich Brunner für den WM-Riesentorlauf vor.

Dass sie derzeit das Tempo vorgibt, musste beim Training in Innerkrems zuletzt sogar ÖSV-Kollege Manuel Feller zur Kenntnis nehmen, als Brunner laut eigenen Aussagen einmal sogar um zwei Zehntel schneller war. "Er hat sich da ein bissl geärgert", berichtete Brunner schmunzelnd.

Drei Auftritte von Truppe

Truppe kommt in St. Moritz zu gleich drei WM-Auftritten. "Irre, das hätte ich nie gedacht", gab sich die junge Kärntnerin begeistert. "Fix gerechnet habe ich nur mit dem Slalom." Ihr bestes RTL-Ergebnis ist freilich ein elfter Platz. "Ich bin deshalb froh, wenn ich zu den Top Ten hin komme. Aber die Außenseiterrolle ist sicher einfacher als die Favoritenrolle", meinte die 21-Jährige.

Kirchgasser freut sich nach dem Verzicht auf den Teambewerb ("Ich hätte da auch nicht viel ändern können") auf das vorletzte WM-Rennen ihrer Karriere. "Ich versuche aber, das nicht zu hoch kommen zu lassen", hat sich die 31-jährige Salzburgerin vorgenommen. Die Tage nach Kombi-Bronze habe sie gut genützt. "Die Pause war lang genug, ich spüre schon wieder das Kribbeln."

Kirchgasser hat bei den jüngsten drei Weltmeisterschaften jeweils eine Einzelmedaille gewonnen. Aber auch bei der "WM der Überraschungen" gehe es letztlich um eins, zwei und drei. "Eine Medaille wäre zumindest von den bisherigen Weltcupergebnissen her schon eine Überraschung."

Kirchgasser traut auch Veith einiges zu. "Sie ist nicht nur wegen ihrem fixen Startplatz hier. Sondern weil sie gefühlt hat, etwas schaffen zu können."

Dass die Damen-RTL-Piste nicht mit Wasser behandelt wurde und daher nicht eisglatt sein wird, sollte zumindest Kirchgasser entgegen kommen. "Für das Knie ist es jedenfalls besser."