Der Plan, dass die Drohne spektakuläre Bilder liefert, ging auf. Nur dachte wohl niemand an diese Art von Bildern. Als Marcel Hirscher im Vorjahr beim Nachtslalom in Madonna di Campiglio den Angriff auf den Sieg startete, krachte die Drohne plötzlich nur Zentimeter hinter ihm auf die Piste. Damals, voll im Rennmodus und im "Tunnel", bemerkte es Hirscher gar nicht gleich. Erst als er die Aufnahmen bei den Interviews bei den TV-Stationen sah, wurde er blass um die Nase. "So viel Fett’n habe ich überhaupt noch nie gehabt. Dass die Drohne mich so knapp verfehlt hat, war 2015 mein persönliches Weihnachtswunder", meint er nun, ein Jahr später.
Natürlich habe er sich den Vorfall angeschaut, einige Male. Aber: "Ich habe auch schnell damit abgeschlossen. Ich hatte sehr, sehr viel Glück." Und nicht ganz ohne Sarkasmus ergänzt der Salzburger: "Sicher denkt man mitunter auch darüber nach, was alles hätte passieren können. Ich denke, das kann sich aber jeder selbst ausmalen, wenn eine 20-Kilo-Drohne auf deinen Kopf kracht. Aber dann ... Ich gehe ja davon aus, dass die Drohnen dieses Jahr nicht mehr fliegen werden." Und damit hat Hirscher absolut recht, seit diesem Vorfall gilt ein "Flugverbot" über den Weltcuppisten.
So oder so: Madonna die Campiglio bleibt für Hirscher ein Ort mit vielen Emotionen. Hier, wo er im Dezember 2012 mit unglaublichen 1,67 Sekunden Vorsprung gewann. Oder vor zwei Jahren, als er bei weichen Bedingungen ganz und gar nicht zufrieden war, letztlich Siebenter wurde, weil er nicht richtig auf Touren kam. "Madonna", sagt Hirscher, "ist ein Ort mit großen Emotionen für mich." Das nächste Kapitel soll heute (17.45 Uhr/20.45 Uhr, ORF eins, live) geschrieben werden, auch wenn der Salzburger bremst: "Man hat in Val d’Isère gesehen, dass die Kluft zwischen Henrik Kristoffersen und dem Rest der Welt sehr groß ist. Und ich glaube nicht, dass man die so schnell schließen kann."
Apropos schließen: Auch für einen zweiten Österreicher schließt sich in Madonna irgendwie ein Kreis. Denn vor einem Jahr trat Marco Schwarz hier das erste Mal so richtig in die Weltspitze ein, fuhr als Dritter das erste Mal auf das Podest. Mit einem Wahnsinnslauf im zweiten Durchgang, mit dem er sich vom 17. Rang zur Halbzeit noch hinter Kristoffersen und Hirscher aufs Podest nach vor katapultierte. Eine Leistung, die im "Drohnensturm" beinahe ein wenig unterging. Für den Kärntner kein Problem, zumal er selbst die Fahrt des zweiten Laufs "schon nach wie vor das eine oder andere Mal ansieht." So etwas hält die Erinnerungen am Leben. "Ich habe gute Erinnerungen an diesen Hang. Es gilt halt einfach, das wieder umzusetzen." Im Idealfall so gut, dass es wieder zur Siegerehrung geht. "Das Sektspritzen danach, daran denke ich auch oft", sagt Schwarz mit spitzbübischem Grinsen. Zumal er damals von den "ehrungserprobten" Kollegen auf dem linken Fuß erwischt worden war. "Aber jetzt habe ich das mit der Brille auch schon drauf. Das lernt man schnell von Marcel, dass man die Skibrille da nicht abnimmt."
Die Form, sagt der 21-Jährige, passt. "Das habe ich mit der zweitbesten Zeit im ersten Lauf von Levi unterstrichen. Nur habe ich dort wie in Val d’Isère zwei dumme Fehler gemacht, das soll halt nicht passieren. Aber ich weiß: Der Speed passt", sagt Schwarz. Für ihn selbst war ja auch der erste Ritt aufs Podest keine Überraschung: "Ich wusste schon vorher, dass ich es kann. Da habe ich es nur das erste Mal ins Ziel gebracht." Und Schwarz hat sich für heute vorgenommen, das zu wiederholen. Nur ohne Drohne, versteht sich.