Sie ist in Colorado geboren, trotzdem sind die Rennen in Killington die große Heim-Show der Mikaela Shiffrin. Die Familie der Amerikanerin stammt von der Ostküste, sie selbst ist in der nahen Burke Mountain Academy zur Schule gegangen. Ein Großteil der tausenden Fans pilgert hauptsächlich wegen Shiffrin nach Vermont, wo die Olympiasiegerin vor allem am Sonntag im Slalom als "unschlagbar" gilt.

Schon die Pressekonferenz mit der 21-Jährigen geriet am Freitagabend zur Show. "Wow! So viele Medien habe ich in den USA noch selten gesehen", staunte Shiffrin über das Rieseninteresse sowie die Zuhörerschaft, zu der neben ihren Eltern auch die über 90 Jahre alte Großmutter Pauline gehörten. Das ist auch Shiffrins zweiter Vorname.

Obwohl sie wegen ihres Abfahrts-Debüts kommende Woche in Lake Louise zuletzt auch in Colorado vermehrt Speed trainiert hat, glaubt Shiffrin, nichts von ihrer Slalom-Überlegenheit eingebüßt zu haben. Auch wenn sie sich zuletzt in Levi mit "nur" noch 0,67 Sekunden Vorsprung auf die Schweizerin Wendy Holdener durchgesetzt hat.

Erinnerungen an den Weltrekord

Shiffrin ist in ihrer Vorzeige-Disziplin, in der sie 20 ihrer 21 Weltcup-Rennen gewonnen hat, Vorsprünge von bis zu drei Sekunden gewohnt. Vor einem Jahr in Aspen deklassierte sie die Konkurrenz dort mit dem "Weltrekord" von 3,07 Sekunden, ehe sie sich verletzte. Seit ihrem Comeback hat Shiffrin alle vier Slaloms in Folge gewonnen.

Insgesamt hat Shiffrin bereits neun Slaloms, zu denen sie antrat, in Serie gewonnen. In den vergangenen zwölf landete sie stets auf dem Podium. So dominant war zuletzt die Kroatin Janica Kostelic rund um die Jahrtausendwende gewesen.

"Ich glaube nicht, dass jemals im Skisport jemand in diesem Alter schon so weit war", verbeugte sich auch US-Alpinchef Patrick Riml vor Shiffrin, die nach dem Riesentorlauf in Sölden (2.) und dem Sieg im Levi-Slalom die Gesamtwertung vor Sölden-Siegerin Lara Gut (SUI) anführt. Mit 21 Jahren ist sie so weit, erstmals ernsthaft auf den Weltcup-Gesamtsieg los zu gehen.

Abfahrt wartet

Nächste Woche kämpft die Slalom-Doppelweltmeisterin in Kanada daher erstmals auch um Abfahrts-Weltcuppunkte. "Deshalb ist es umso cooler, noch einmal ein Technik-Wochenende zu haben. Noch dazu hier und quasi zu Hause", freute sich Shiffrin auf Killington. Ihr sei bewusst, dass hier alle Augen auf sie gerichtet seien. "Aber ich verspüre deshalb keinen Druck. Zumindest rede ich mir das ein", sagte sie lachend.

Auch das Regenwetter in Vermont bereitet Shiffrin kein Kopfzerbrechen. "Ich kenne das ja von meiner Schulzeit hier. Selbst das finde ich super", machte sie klar, notfalls auch im Regen ins Ziel "tanzen" zu wollen. "Es sind so viele Fans, Bekannte und Familie hier, die mich unterstützen. Ich möchte, dass sie am Ende stolz auf mich sind, egal ob ich auf dem Podest war oder nicht."

Doch die Konkurrenz hat auch in Killington auf Angriff geschaltet. Holdener etwa möchte die seit 2002 (Marlies Öster) andauernde Slalom-Durststrecke der Schweizerinnen beenden. Besonders heiß ist die schwedische Kugelgewinnerin Frida Hansdotter, weil sie in Levi nach 28 Starts mit 16 Podestplätzen erstmals ausgeschieden ist. Dazu kommen die beiden Slowakinnen Petra Vlhova and Veronika Velez-Zuzulova sowie Junge wie Maren Skjöld (NOR) oder Melanie Meillard (SUI).

Österreichs Damen gehen nach bereits 15 Stangentänzen ohne Podestplatz mit bescheidenen Erwartungen in den zweiten Slalom der WM-Saison. Mit der verletzten Carmen Thalmann muss man nun auch hier das Zugpferd vorgeben, die Kärntnerin war in Levi als Zehnte beste Österreicherin gewesen.

Die besten Chancen billigt man daher Michaela Kirchgasser (31) und der elf Jahre jüngeren Katharina Truppe zu. Bernadette Schild will beweisen, dass sie in Levi nur wegen ihrer gebrochenen Ski-Kante die Qualifikation verpasst hatte.

Kein Vorteil

Einen speziellen Vorteil dadurch, dass Neo-Slalomchef Johannes Zöchling am Sonntag den zweiten Lauf setzt, erwartet man im Lager der ÖSV-Damen nicht. "So etwas geht meistens in die Hose", will Zöchling keine "Tricks" auspacken. Auch einen "Anti-Shiffrin-Kurs" gebe es nicht. "Zumindest zur Zeit nicht. Sie ist im Slalom gerüstet für alle Eventualitäten", ist der Coach überzeugt.

Allerdings erfordert die Topographie der Piste "Superstar" einen relativ engen Lauf mit Torabständen von höchstens zehn Metern. "Es wird ein Kurs, in dem man Schwung auf Schwung fahren muss und sich Fehler gravierend auswirken", erklärte Zöchling.

Seine Hoffnung: "Enge Kurse liegen auch Truppe". Sein Debüt als Slalom-Kurssetzer hatte der Niederösterreicher vergangenen Februar in Jasna gegeben. Dort wurde Kirchgasser dann Vierte.