Insgeheim hatten viele früher damit gerechnet, da hatte es aber immer scharfe Dementis gegeben: Marcel Hirscher auf „seinem“ Ski im Weltcup, das schien aufgelegt. Jetzt, fünf Jahre nach seinem – nunmehr ersten –Karriereende ist es so weit: Der achtfache Weltcup-Gesamtsieger wird in den Rennsport zurückkehren. Auf „Van Deer“-Ski aus seiner Firma, die in der Zwischenzeit mehrheitlich im Besitz von Red Bull ist und dementsprechend auch den etwas sperrigen Namen „Van Deer Red Bull Sports Equipment GmbH“ trägt. Ein Projekt, für das der Annaberger auch die langjährige Zusammenarbeit mit seinem Ausrüster „Atomic“ beendete. Das Konzept war klar: Hirscher wollte keinen Verkaufsski bauen, sondern einen Rennski – man solle auch als „Normalsterblicher“ in den Genuss kommen, das Empfinden der Profis nachzuvollziehen. Aber man müsse sich bewusst sein, dass der Ski eben für den Rennsport entwickelt wurde.
Die Nachfrage nach dem Produkt, zunächst exklusiv über den Sporthändler Bründl vertrieben, war enorm. Und nicht zu erfüllen, die Wartezeiten auf den Ski waren ebenso enorm. Keine Frage: Auch das schon im ersten Jahr bei der Vorstellung eingelöste Versprechen Hirschers – „Dieser Ski wird Weltcuprennen gewinnen“ – machte die Nachfrage nicht geringer. Auch der nach wie vor ungelöste Logo-Streit mit dem Internationalen Skiverband (FIS), die den roten Bullen nicht im Van-Deer-Logo akzeptiert, half mehr, als er schadete. Produziert wurde der Ski von Anfang an in Stuhlfelden, der dort schon ansässige Hersteller „Augment“ wurde nach einem Jahr der parallelen Existenz übernommen. Dort stieß man aber mit den Kapazitäten schnell an Grenzen. Schließlich stieg auch Red Bull ein, derzeit hält der Energy-Drink-Hersteller 51 Prozent der Marke. Die Kapazitäten wurden auch ausgebaut, mittlerweile, so darf man vermuten, laufen 10.000 Paar pro Jahr vom Band. Selbst bei Verkaufspreisen zwischen 1200 und 1700 Euro ist klar, dass auf diesem Weg kaum Gewinne geschrieben werden können. Im Jahr 2022 wiesen die Bilanzen einen Abgang von einer Million Euro für „Van Deer“ und von 3,8 Millionen Euro für „Augment“, auch bekannt als Ausrüster der Nordischen, aus.
30.000 Paar Verkaufsski in der Zukunft?
Geschäftsführer Toni Giger sieht die Marke, auch dank der Unterstützung von Red Bull im PR-Bereich, gut aufgestellt. Seit dem Vorjahr ist Jonathan Wiant, davor Geschäftsführer der deutschen Völkl-Gruppe, mit an Bord. Er soll sich um Vertriebs- und Verkaufsstrukturen kümmern. Klar ist aber auch: „Van Deer“ wird die Produktion ausweiten müssen, die Frage ist nur: Wo? In Stuhlfelden gibt es nur ein Areal in der Größe von 2200 m2, das Wachstum wäre also dort nur begrenzt möglich. Zum Vergleich: Der Schweizer Skihersteller „Stöckli“, mit dem Marco Odermatt derzeit von Erfolg zu Erfolg fährt, setzt derzeit rund 60.000 Paar pro Jahr ab. In Österreich gingen in der Saison 2022/23 396.000 Paar Ski (Alpin- und Tourenski) über den Tisch, Österreich ist damit die Nummer drei auf dem Weltmarkt. Für „Van Deer“, so hört man, ist in der Zwischenzeit vor allem die USA ein großer und wichtiger Markt. Ziel wäre es wohl, pro Jahr an die 30.000 Paar zu verkaufen.
Dazu kommt: Nach dem Start mit dem norwegischen Superstar Henrik Kristoffersen wächst das Team auch im Weltcup. Es folgten der Brite Charlie Raposo und der Norweger Timon Haugan, der beim Weltcupfinale in Saalbach in der abgelaufenen Saison bei der letzten Möglichkeit für den ersten Saisonsieg der Firma sorgte. Auch das schwedische Talent Fabian Ax Swartz ist bereits unter Vertrag. Österreicher sucht man nach wie vor vergebens – bisher gab es keine Einigung über einen Eintritt in den Austria Ski Pool, der Grundvoraussetzung wäre. Ebenso wie die Pflicht, vor dem Einstieg in den Weltcup zwei Jahre lang Nachwuchsfahrer auszurüsten.