Am vorvorletzten Skiweltcup-Wochenende der Alpinen sind nur die Frauen im Einsatz. Bei den Technikrennen im schwedischen Åre könnte es bereits wesentliche Entscheidungen geben, unter Umständen auch die Vergabe der großen Kristallkugel geregelt werden. Lara Gut-Behrami kann zumindest einen entscheidenden Schritt dorthin machen. Mikaela Shiffrin, die nach sechs Wochen Pause ihr Comeback geben wird, steht vor dem Gewinn ihrer achten Slalom-Kugel.
Im Gesamtranking liegt Gut-Behrami 326 Punkte vor der Italienerin Federica Brignone und 385 vor Shiffrin. Vergrößert sie an diesem Wochenende den Vorsprung auf Brignone auf über 400 Punkte, ist vor dem Finale in Hinterglemm alles klar. Für den Riesentorlauf am Samstag gilt, dass Gut-Behrami, wenn sie bei über 100 Punkten Vorsprung auf Brignone bleibt, durch ist. Im Slalom kann Shiffrin am Sonntag (jeweils 10.30 und 13.30 Uhr/live ORF 1) den Sack zumachen. Aktuell steht ihr Vorsprung auf die Deutsche Lena Dürr bei 188 Punkten, die zweitplatzierte Petra Vlhova fehlt nach einer Knieoperation und kann nicht mehr eingreifen.
„Eine Menge cooler Möglichkeiten“ überwiegen
Shiffrin hatte Glück, dass ihre Saison beim Sturz in Cortina d'Ampezzo am 26. Jänner nicht vorzeitig zu Ende ging und sie mit einer Innenbandverletzung am Knie relativ glimpflich davonkam. „Mir waren die Risken, die der Sport bereithält, immer sehr, sehr bewusst“, sagte die US-Amerikanerin im kürzlich ausgestrahlten CNN-Interview. Kurz vor ihrer Verletzung hatte es ihren Partner Aleksander Aamodt Kilde bei einem Sturz in Wengen wesentlich schlimmer erwischt. Wann der Norweger, der komplizierte Beinverletzungen davontrug, zurückkehren kann, ist völlig offen.
Shiffrin und Kilde haben laut CNN auch darüber diskutiert, mit dem Sport aufzuhören, dann aber entschieden, dass die positiven Seiten die negativen noch immer überstrahlen. „Die Wahrheit ist, wir haben eine Menge cooler Möglichkeiten wegen des Sports. Aber es gibt immer die Belastung in Form eines möglichen Sturzes, der nicht nur deine Karriere oder deine Saison beenden kann, sondern lebensverändernde Verletzungen mit sich bringen kann. Das ist ein ziemlich großer Rucksack, den man mit sich tragen muss“, meinte Shiffrin.
Shiffrin verzichtet in Saalbach auf Speed-Bewerbe
Die Gesamtführung knöpfte Gut-Behrami Shiffrin jedenfalls während ihrer Zwangspause ab. Und die theoretische Chance, die große Kugel doch noch zu gewinnen, nimmt Shiffrin nicht in Angriff, da sie beim Finale keine Speed-Disziplinen bestreiten will. Das sagte sie am Freitag bei einem Online-Medientermin. Die Slalom-Kugel dagegen ist abholbereit, es wäre zum insgesamt 16. Mal Kristall in ihrer Karriere. Acht in einer spezifischen Disziplin hatten zuvor nur Ingemar Stenmark (Slalom und Riesentorlauf) und Lindsey Vonn (Abfahrt) geschafft. Marcel Hirscher gewann achtmal den Gesamtweltcup. Åre ist für Shiffrin insofern ein besonderer Boden, als sie am 20. Dezember 2012 dort ihren ersten von bis dato 95 Weltcupsiegen holte und im Vorjahr mit Nummer 87 Ingemar Stenmark als Siegrekordler überflügelte.
Gut-Behrami hat im Riesentorlauf die vergangenen beiden Rennen am Kronplatz und in Soldeu gewonnen. Beim Finale in Hinterglemm könnte sich die Schweizerin auch noch die Kugeln für Abfahrt und Super-G sichern. Da droht ihr aber Gegenwehr aus Österreich – Stephanie Venier und Cornelia Hütter heißen ihre Konkurrentinnen.
Beste Österreicherin in einer technischen Disziplin ist Katharina Liensberger, die im Slalom-Weltcup auf dem siebenten Platz rangiert. Katharina Huber ist Zehnte, Katharina Truppe 13. und Katharina Gallhuber 16. Im Riesentorlauf kämpfen Ricarda Haaser und Elisabeth Kappaurer noch um die Qualifikation für das Weltcupfinale, kleine Unsicherheit besteht bei Liensberger und Stephanie Brunner. Bei Julia Scheib und Franziska Gritsch dürfte nichts mehr anbrennen.
Er hoffe doch, „dass sich die eine oder andere noch qualifizieren kann“, sagte Cheftrainer Roland Assinger. „Im Slalom hat es eigentlich ganz gut angefangen, mit zwei Podiumsplätzen. Dann ist im Dezember ein kleiner Bruch gekommen, jetzt hängen wir ein bisschen. Und der Riesentorlauf ist eine eigene Thematik. Das habe ich schon vor der Saison gesagt, dass das einfach dauert“, zog er nüchtern Zwischenbilanz. „Das eine oder andere Rädchen muss definitiv gedreht werden“, blickte der Kärntner schon darauf, was nach der Saison passieren müsse.
Liensberger hat gute Erinnerungen an Åre. „Gerade meine zwei Weltcupsiege im Slalom dort. Es waren doch einige Momente da. Ich weiß, es ist ein Hang, der voll zum Attackieren einlädt“, meinte die Vorarlbergerin. „Ich hoffe natürlich, dass ich stark abschließen kann mit Åre und Saalbach und freue mich drauf.“
Jugend-Olympiasiegerin Maja Waroschitz feiert im Slalom ihr Debüt, im Riesentorlauf wird es für Viktoria Bürgler das erste Mal auf der großen Weltcupbühne sein. „Es war auf jeden Fall sehr überraschend, dass ich mit 17 schon dabei bin, natürlich aber eine umso größere Ehre. Es ist einfach cool, wenn ich so jung schon einmal reinschnuppern darf“, sagte Waroschitz. „Ganz realisieren kann ich es noch nicht“, gestand die Schülerin des Skigymnasiums Stams, die vor ein paar Tagen den entscheidenden Anruf von Assinger erhalten hatte. Ihm zufolge gibt es für die Debütantinnen „null Druck“. „Die haben einfach eine Freude, dass sie im Weltcup fahren können.“