Kaum abgeschwungen, schnallte sich Cyprien Sarrazin die Ski ab und sprang auf den Luftzaun, der den Zielraum begrenzt. Er riss die Arme in die Höhe, jubelte mit dem Publikum, animierte auch das Publikum. „Alles musste raus“, sagte der 29-Jährige. Die Freude, die Erleichterung, die sich schon da in Gewissheit verwandelte. Denn Sarrazin wusste, dass seine Zeit, die 1:52,96 Minuten, nicht mehr zu schlagen sein würde. Er wusste, dass er soeben eine „fast perfekte Fahrt“ in den Schnee von Kitzbühel gezaubert hatte. Nur fast? „Die perfekte Fahrt, die gibt es nicht“, sagte der Franzose selbst dazu.
Es war für ihn aber das perfekte Ende, ganz wie geplant. „Es war wieder so, wie vor der ersten Abfahrt. Ich konnte lange nicht einschlafen, dann kam wie von allein der Gedanke, wie ich diesmal jubeln würde, wenn ich vorne wäre“, sagte der Mann aus Haute-Alpes. Marco Odematt und sein Slide auf der Bande in Adelboden sei Inspiration gewesen, aber genau so wollte er es nicht. „So zwischen zwei und vier Uhr ist dann in mir gereift, dass ich genau so jubeln will“, erklärte er.
Für Sarrazin war es selbst „vielleicht der Lauf meines Lebens“. Für viele andere war es die beste Fahrt seit Jahrzehnten, im Ziel von Kitzbühel war man sich einig, dass es nur die Fahrt von Stephan Eberharter 2004 gab, die ähnlich makellos war. „Das“, sagte Sarrazin, „ist das größte Kompliment, das man mir machen kann. Ich bin ja irgendwie auch ein Künstler, ich liebe es, Kurven in den Schnee zu schneiden, zu carven.“ Und das tat er, die Konkurrenz zog den Hut. „Er hat jeden Schwung ganz fein gezogen, immer am Limit, aber nie drüber. So kannst du es nur machen, wenn du schon ein paar Siege hast, das nötige Vertrauen hast“, meinte etwa Daniel Hemtsberger, der die Fahrt schon im Ziel mitverfolgte.
Sarrarzin meinte: „Ich kann das alles trotzdem nicht glauben, es ist einfach nur wirklich verrückt. Wieder so ein Lauf. Ich bin mit ganzem Herzen Ski gefahren, so wie schon am Freitag. Aber heute war es noch mehr, noch besser. Es fühlte sich alles so leicht an.“ In Frankreich meinte man schon nach Wengen, dass er „auf dem Wasser gehe“. Sarrazin lacht ob des Vergleiches einmal mehr auf: „Ich gehe nicht auf dem Wasser, ich fahre nur auf zwei Brettern auf gefrorenem Wasser, auf Schnee“, sagte er und deponierte einen Wunsch: „Ich bin auf die Bande gehüpft und hab vor dem Terminator gejubelt. Ich will unbedingt ein Foto mit ihm!“ Das sollte machbar sein, eventuell beim Besuch im VIP-Zelt am Abend. Kaum im Londoner‘s. Dort wird Sarrazin die Nacht aber beenden und traditionell hinter der Bar ausschenken. Zumindest hat er das Anfang der Woche versprochen.