Es gab schon bessere Zeiten für Österreichs Abfahrer, höflich formuliert. Kein Podestplatz bis Kitzbühel, das gab es überhaupt noch nie. Und als in Wengen aufgrund eines Virus nur noch vier Österreicher in der zweiten Abfahrt überhaupt am Start standen, da war klar: Der Hut brennt. Und doch ist es schwer, zu verallgemeinern. Etwa im Fall von Stefan Babinsky. Der Steirer fährt seine beste Saison im Weltcup, war zweimal Sechster. „Für mich ist es an sich eine super Saison, ich habe ein gutes Gefühl am Ski.“ Das geht unter, angesichts des Krisengeheuls rundum. „Ich muss auf mich schauen, am Boden bleiben, weiterarbeiten. Und auf Kitzbühel freuen.“ Im ersten Training, nie überzubewerten, lief es ganz gut: Platz vier ist ein gutes Vorzeichen. „Ich bin einer, der manchmal länger braucht, alles Schritt für Schritt geht.“
Dabei bräuchten die Österreicher dringend den Schritt nach vor. Etwa von Vincent Kriechmayr, der in Gröden im Super-G noch siegte, im Vorjahr auch auf der Streif in Kitzbühel. Danach sieht es heuer nicht aus. „Ich fühle mich zur Zeit nicht gut auf den Ski, es feigelt mich. Aber damit muss ich umgehen, versuchen, das Beste daraus zu machen.“ Ski fahren, das ist eben ein Wandeln am Limit. Um das verschieben zu können, braucht es Selbstvertrauen. Das fehlt im Moment. Ein Problem, wie Kriechmayr erklärt: „Man sieht es ja, wie die vorderen Zwei ans Limit gehen. Das ganze Leben ist Kopfsache, im Skifahren ist das Selbstvertrauen entscheidend, du musst mit breiter Brust fahren.“ Genau das fehlt dem Oberösterreicher im Moment. Dem Doppel-Weltmeister von 2021 fehlt derzeit der Schlüsselmoment, der alles wieder einfach von der Hand gehen lässt. „Hast du dieses Gefühl nicht, kannst du nicht ans Limit gehen. Tue ich es doch, darenn‘ ich mich. Und dafür bin ich dann doch zu alt, um mich jetzt noch ins Krankenhaus zu legen.“
Der 32-Jährige versucht, Ruhe zu bewahren. Druck von außen? „Den spür ich nicht, den macht man sich als Athlet ohnehin selbst. Krise? „Ich habe schon so viele Krisen im Abfahrtsteam erlebt, wir werden auch aus dieser herauskommen.“ Kriechmayr dreht an jeder Schraube, tüftelt, überlegt. Das Material? „Großartig, daran liegt es nicht. Aber es ist wie eine Spirale. Geht die nach unten, zieht es dich runter. Ich hoffe, ich schaff‘ den Turnaround.“
Der ist Otmar Striedinger schon gelungen. Sein Problem zu Saisonbeginn: Das Kreuz mit dem Rücken. „Ich war nie schmerzfrei am Start, da ist es einfach nicht lustig. Aber seit Silvester geht es besser, dank der Hilfe von Dr. Gabl in Innsbruck.“ Und seither werden auch die Leistungen besser, im ersten Training von Kitzbühel war er hinter dem Kanadier Cameron Alexander Zweiter. Er geht offen mit der „Krise“ um. „Ich schaue mir auch an, was ein Odermatt macht, aber kopieren kann man das nicht. Das hat bei Hermann Maier auch schon nicht funktioniert“, sagt der Kärntner.
Der Skiverband hat reagiert, in Kitzbühel einige Europacupfahrer zusammengezogen. Sie fahren beide Trainings, dann wird entschieden, wer auch im Rennen dabei ist. Für den Salzburger Stefan Rieser eine tolle Sache: „Die anderen Nationen machen das auch so, das ist wichtig. Wir brauchen die Erfahrung auf diesen Strecken.“