Wengen, das ist Schwerarbeit. Die längste Abfahrt im Zirkus wird in dieser Woche noch einmal ein Stück länger. Aber keine Sorge: Die Berge im Berner Oberland sind nicht gewachsen, aber das Programm wurde ausgeweitet: Bereits am Donnerstag geht es um Weltcuppunkte: Da wird am Lauberhorn die in Beaver Creek abgesagt Abfahrt nachgeholt (Start: 12:30 Uhr – HIER geht es zum Liveticker). Um die Belastung in Grenzen zu halten – immerhin warten am Freitag der Super-G und am Samstag die klassische Abfahrt von ganz oben, die mit 4270 Metern und zweieinhalb Minuten die längste im Zirkus ist – findet der Auftakt daher „nur“ mit Start kurz oberhalb des Hundschopfs statt. Selbst dann ist man aber noch rund 1:45 Minuten unterwegs.

Oder auch ein wenig länger, so wie Österreichs Abfahrer im zweiten und letzten Training. Und damit ist klar: Vincent Kriechmayr und Co sind unter Druck. Denn bis dato ist die Abfahrt für Österreich in dieser Saison noch „podestfreie Zone“, nur im Super-G fuhr man mit um die Top drei. Und der an sich im Training selten seine Karten aufdeckende Kriechmayr, selbst schon zweimaliger Wengen-Sieger (2019 und 2022), beteuert, „ganz und gar nicht“ geblufft zu haben. So oder so: Auf dem Oberösterreicher ruhen die größten Hoffnungen auf einen Befreiungsschlag.

Zwei elfte Plätze im Training

Schnellster Österreicher im zweiten Training, schon auf verkürzter Strecke gefahren, war ein „müder“ Daniel Hemetsberger als Elfter (+1,16), tags zuvor war Stefan Babinsky ebenfalls als Elfter bester Österreicher gewesen. Diesmal war der Steirer 13., Daniel Danklmaier 17., Vincent Kriechmayr gar nur 27. „Ich habe das Brüggli-S komplett vergeigt“, gestand der Oberösterreicher. Ein Großteil seines Rückstandes von 1,83 Sek. sei auf dieser Schlüsselstelle liegen geblieben. „Aber es spielt keine Rolle. Ich werde versuchen, morgen das Herz in die Hand zu nehmen und es besser zu machen.“ Ganz so stimmt es natürlich nicht – positiv stimmt, dass Kriechmayr in beiden Trainings wenigstens schnelle Teilzeiten hatte. Kriechmayr startete mit den Rängen 17, 14 und 5 nicht nach Wunsch in die Abfahrtssaison.

„Der Saisonstart von unserem ganzen Team war wirklich sehr bescheiden. Ich nehme mich da nicht raus, es war wahrscheinlich der schlechteste Start meiner Karriere“, meinte Kriechmayr. „Ich kann es leider nicht mehr ändern. Aber ich glaube, dass wir besser sind, als wir uns bisher präsentiert haben. Wir müssen es einfach auf den Punkt bringen, und zurzeit tun wir uns ein bisschen schwer.“

Auch Hemetsberger fehlt aktuell so einiges. In erster Linie Frische, wie der 32-Jährige erklärte. „Ich bin einfach körperlich immer noch angeschlagen.“ Einige Passagen seien nicht so schlecht gewesen, aber auch er hatte das Brüggli-S nicht wie gewünscht erwischt. „Wenn man keine ideale Form hat, fährt man unsauberer, was zu diversen Troubles führt, wo man extrem viel Kraft braucht, die man dann nicht hat.“

Ganz heiß auch in Wengen: Bormio-Sieger Cyprien Sarrazin, der im zweiten Training klare Bestzeit markierte, in keinem Abschnitt schlechter als Fünfter war. Und natürlich Marco Odermatt, der auf seinen ersten Erfolg in der Schweiz hofft, aber auch ohne Sieg in der Abfahrt als Führender der Disziplinenwertung ins Rennen geht. Aleksander Aamodt Kilde, der Abfahrer der letzten Jahre, ließ das zweite Training aus. Er war am Lauberhorn zuletzt nur schwer zu schlagen (zuletzt von Kriechmayr). 2022 und 2023 gewann er sogar in Wengen und Kitzbühel.

Für Odermatt sei das Heimrennen eher ein „Push“ statt Belastung, vermutete Kriechmayr. „Wobei ich nicht sage, dass er in der Abfahrt unbedingt der Favorit ist. Ein Kilde, Sarrazin, Paris – es sind viele Namen, die um den Sieg kämpfen. Er ist aktuell herausragend, es ist bewundernswert, aber wir geben uns noch nicht geschlagen.“ Auch Babinsky wollte die Flinte für den ÖSV nicht voreilig ins Korn werfen. „Meine Teamkollegen wie der Vinc, der hat da runter schon gewonnen, haben sicher nicht die ganzen Karten aufgedeckt.“ Er selbst sei mit seinen Trainingsleistungen zufrieden. „Ich habe ein gutes Gefühl aufgebaut.“