Schon im Moment seines Sturzes wusste Marco Schwarz, dass „irgendetwas im Knie nicht passt“. Das „Irgendetwas“ sollte sich im Laufe des Donnerstagabends als schwerste Verletzung seiner Karriere herausstellen – Kreuzbandriss, Innenmeniskusriss und ein Knorpelschaden im rechten Knie. Noch am Tag seines Unfalls meldete sich der Kärntner hoffnungsvoll aus dem Krankenhaus, tags darauf lag er schon auf dem OP-Tisch von Christian Fink in der Privatklinik Hochrum. „Der Eingriff hat etwa eineinhalb Stunden gedauert. Dabei wurden das vordere Kreuzband, der Innenmeniskus und der Knorpelschaden operativ versorgt“, wurde der Chirurg daraufhin zitiert.

Logischerweise ist der Eingriff auch der erste Schritt auf dem Weg zurück. Das Knie muss die nächsten Wochen noch durch Krücken entlastet werden, bereits am Freitag gab es leichte, physiotherapeutische Maßnahmen. Noch am Donnerstag sagte Schwarz, dass er „alles dafür geben“ werde, um wieder an die Spitze zurückzukehren. Genau dort thronte der Allrounder noch Sekunden vor seinem schwerwiegenden Sturz, in Bestform und auf gutem Wege, wichtige Punkte in der Bormio-Abfahrt einzusammeln.

Der Schritt, den Schwarz über den Sommer hinweg gemacht hat, war riesig, die Chance auf den ersten rot-weiß-roten Gesamtweltcup-Sieg seit Marcel Hirscher nicht nur von theoretischer Natur. „Es gibt nie einen guten Zeitpunkt für so etwas. Aber wenn alles glattläuft, wird er nächstes Jahr wieder da sein. Er kommt sicher stark zurück. Es wird wahrscheinlich ein bisserl dauern, die Geduld werden wir haben“, zeigt sich auch Rennchef Christian Höflehner von seiner Skifirma Atomic optimistisch.

Christian Höflehner | Atomic-Rennsportdirektor Christian Höflehner
Christian Höflehner
| Atomic-Rennsportdirektor Christian Höflehner © APA / Expa/johann Groder

Viel größer ist der Ärger über etwaige Meldungen, Schwarz habe sich mit der Abfahrt zu viel zugemutet, sei nicht bereits für diese Belastung gewesen, hätte als Schuster bei seinen technischen Leisten bleiben sollen. „Es war dermaßen in Form. Darüber zu diskutieren, ob er das fahren hätte sollen oder nicht, ist hinfällig. Er wollte selbst fahren, er ist auch super gefahren, er hätte auch Top fünf oder aufs Stockerl fahren können“, sagte Höflehner und schlug somit ähnliche Töne wie ÖSV-Cheftrainer Marko Pfeifer an. „Wir sind jetzt am Anfang der Saison, es ist Dezember. Wenn es Ende Februar/Anfang März wäre, dann könnte man spekulieren. Aber er war körperlich in einem Top-Zustand. Wir haben es gestern noch analysiert. Er hat auch gesagt, er würde es wieder gleich machen.“

Mit Schwarz verliert das österreichische Team aber nicht nur den derzeit wohl besten Allrounder im Ski-Weltcup, sondern vielmehr auch einen absoluten Leader innerhalb der Mannschaft. Vor seiner Abreise richtete sich der Kärntner noch einmal an seine Teamkollegen. „Er hat gesagt, Burschen gebt Gas und haut‘s euch rein“, erklärte Pfeifer. Die Teamkollegen hätten außerdem am Freitagmorgen noch eine Nachricht per WhatsApp von Schwarz bekommen. „Da halten alle zusammen, das finde ich eine sehr schöne Sache.“

Doch nicht nur in Österreich sitzt der Schock über das Saisonende tief. Mit dem Ausfall des 28-Jährigen findet auch der spannende Titelkampf zwischen ihm und Marco Odermatt ein viel zu frühes Ende. „Leider habe ich es schon vermutet, als ich den Sturz gesehen habe, was es nicht weniger schlimm macht. Für das Duell und den ganzen Skirennsport ist es extrem schade, auf ihn verzichten zu müssen“, sagte der Schweizer.