Der Sturm, der am Sonntag das Rennen der Herren in Beaver Creek verhinderte und sogar die Heimreise der Teams ins Wanken brachte, war auch im Osten zu spüren. Und wenn es nicht derselbe Sturm war, so war die Windstärke im Südosten Kanadas der im Mittelwesten der USA ähnlich. Denn zumindest war auch der zweite Riesentorlauf der Damen in Mont Tremblant nahe Montreal alles andere als perfekt, was die Verhältnisse betrifft. Im Gegenteil: Von Läuferin zu Läuferin wurde der Wind stärker, verbunden mit Schneefall und Nebel machte vor allem im oberen Teil die Fahrt nach unten zu einer Mischung zwischen Harakiri, Blindflug und Farce. Wären die Tausenden Zuschauer im Ziel nicht trotzdem begeistert gewesen, man hätte sich die Sinnfrage stellen müssen; und aus Fairnessgründen auch sollen.
Und doch: Auch in diesem Rennen gab es eine Siegerin; und die ist eine würdige: Federica Brignone, die sich schon am Samstag mit ihren 33 Jahren zur ältesten Riesentorlauf-Siegerin der Weltcup-Geschichte gekürt hatte, legte mit einer mutigen Fahrt im zweiten Lauf nach. Es war wahrlich eine kleine Sensation, dass die Italienerin, die nach der Vorsaison noch mit dem Karriereende spekuliert hatte, auch im zweiten Lauf bei diesen Bedingungen eine Bestzeit in den kanadischen (Neu-)Schnee knallte. Eine Bestzeit, mit der sie sich von Platz sechs noch ganz an die Spitze katapultierte. Lara Gut-Behrami und Mikaela Shiffrin hielten da nicht mehr mit, versuchten sich nur ins Ziel zu retten. Am schlimmsten erwischte es Petra Vlhova: Die Halbzeitführende kam gar nur auf die 23. Laufzeit und fiel noch auf Rang fünf zurück. Am besten nützte die Französin Clara Direz die Gunst der Stunde; sie katapultierte sich von Rang 13 noch auf Rang 4 nach vor.
Die Österreicherinnen? Kämpfen weiter um den Anschluss an die Spitze im Riesentorlauf. Diesmal war Katharina Liensberger als Elfte die beste der ÖSV-Damen, Stephanie Brunner wurde vor Elisabeth Kappaurer 13. Pech hatte Julia Scheib: Die Steirerin war im ersten Lauf auf Tuchfühlung zu den Schnellsten, ehe sie eine Welle übersah, ausschied und wutentbrannt den Zielraum verließ. Liensberger weiß, woran es noch fehlt: „Ich muss den Schwung noch sauberer fahren und ganz auf der Kante durchziehen. Ein ganz klein wenig fehlt da noch die Entschlossenheit, mit der die Besten fahren“, meinte die Vorarlbergerin.
Aber selbst wenn sich die Technikerinnen abmühen, den Anschluss an die Spitze zu finden: Es gibt Hoffnung. Dank der guten Teilstücke von Scheib oder auch Gritsch, Liensberger und Brunner oder der Leistungen der langzeitverletzten Kappaurer, die in Kanada auch bei schlechter Sicht überzeugte. „Es war brutal schwierig, man sieht nicht viel von den ganzen Wellen. Unser Coach hat den Lauf gesetzt, es war allles angerichtet, ich habe meines dazu beigetragen“, sagte die 29-Jährige. Kurssetzer Karlheinz „Charly“ Pichler stellte eine Aufgabe, die zum Attackieren einlud, angesichts der Bedingungen aber zur Challenge wurde.