Hinter dem sechsfachen Gesamtweltcupsieger Marcel Hirscher ist Hannes Reichelt auf Position zehn der zweitbeste Alpinskiläufer des ÖSV-Herrenteams der Saison 2016/17 gewesen. Mit dem Knöchelbruch Hirschers und dessen Startverzicht für den Riesentorlauf am Sonntag beim Auftakt in Sölden sind die Vorzeichen verändert, der Franzose Alexis Pinturault gilt als Top-Anwärter auf die große Kugel.

Ob Hirscher in den Kampf um die Gesamtwertung eingreifen wird können, wird sich erst beim Comeback weisen, das im November im Levi-Slalom erfolgen könnte. "Der Gesamtweltcup ist für mich vor dem ersten Saisonrennen sowieso nie ein Thema. Was Marcel betrifft, müssen wir von Tag zu Tag schauen. Wir müssen abwarten, wann er wieder einsteigen kann und wie fit er einsteigen kann", sagte ÖSV-Herren-Rennsportleiter Andreas Puelacher zur APA - Austria Presse Agentur.

Wie schnell kann Hirscher den Rückstand aufholen?

"Hoffentlich wird er relativ rasch fit, damit er wieder trainieren und rennfahren kann." Denn dass Hirscher einen Trainingsrückstand habe, sei klar. "Es kommt darauf an, wie schnell er den aufholen wird können. Aber da mache ich mit eigentlich keine Gedanken", gab sich Puelacher zuversichtlich.

Hinter Disziplinsieger Hirscher und dem zehntgereihten Philipp Schörghofer sammelten in der Vorsaison im Riesentorlauf auch Manuel Feller (16.), Vize-Weltmeister Roland Leitinger (19.), Christoph Nösig (32.), Daniel Meier (47.), Marcel Mathis (55.) und Christian Hirschbühl (56.) Punkte.

Gerade mal drei davon werden in Sölden dabei sein. Schörghofer fehlt wegen einer Knorpelverletzung und -prellung im rechten Knie, Meier riss sich beim Überseetraining das Kreuzband und Hirschbühl zog sich kürzlich beim Slalomtraining auf dem Mölltaler Gletscher bei einem Sturz einen Innenbandeinriss im linken Knie zu. Seine Laufbahn beendet hat Nösig.

"Wenn man vier vorgeben muss, die normalerweise gesetzt waren, dann fehlt schon mal die halbe Mannschaft. Es bietet sich jetzt für die nächsten Athleten eine gute Chance, sich zu präsentieren, auch für jene nach Startnummer 30. Sie können zeigen, was sie trainiert haben. Am Sonntag werden wir dann sehen, ob sie ihre Chance genützt haben oder nicht", sagte Puelacher, der das Team am Mittwoch und Donnerstag zum Training im Schnalstal zusammenzog.

Dass Speedfahrer wie Matthias Mayer oder Vincent Kriechmayr erst im Verlauf der Saison in den Riesentorlauf einsteigen wollen, ist für Puelacher so in Ordnung. "Die Abfahrer haben nur eine Chance, wenn sie nach Startnummer 30 fahren dürfen. Es ist zu wenig Zeit, um so intensiv zu trainieren, dass man mit einer hohen Nummer vorne reinfahren kann." Im Riesentorlauf geht es nach der Umstellung auf die Ski mit verkürztem 30-m-Radius wieder mehr ums Skifahren, weshalb wieder mehr Speedfahrer am Start erwartet werden. "In den letzten Jahren war es ein irrsinniger Aufwand, die Abstimmung hinbekommen. Das ging sich für die Abfahrer zeitlich nicht aus."

Ein großes Ziel für den kommenden Winter, der im Februar als Höhepunkt die Olympischen Spiele in Pyeongchang bringt, ist für Österreichs Ski-Herren der Gewinn einer Speed-Disziplin, am liebsten aber der Abfahrts-Kugel. In der Saison 2011/12 ging das bisher letzte Mal das Abfahrts-Kristall an Österreich, Klaus Kröll war erfolgreich. Danach folgten die Norweger Aksel Lund Svindal (2013, 2014), Kjetil Jansrud (2015) sowie der Südtiroler Peter Fill (2016, 2017).

"Das Ziel haben wir jedes Jahr, dass wir bei der Abfahrtskugel dabei sein wollen. Eine Mannschaft muss sich entwickeln, das geht nicht von heute auf morgen, wir wurden durch viele Verletzungen in der Entwicklung gestoppt. Hannes Reichelt, Matthias Mayer - es hat immer wieder Topleute erwischt", erinnerte Puelacher.

Die Vorzeichen heuer seien gut. "Wir klopfen auf Holz. Keiner ist verletzt, jeder fit und gesund. Wir sind sehr optimistisch, dass wir den letzten Schritt machen, um ganz vorne mitzufahren." Reichelt als Zweiter im Super-G-Weltcup und Sechster in der Abfahrt war im vergangenen Winter Österreichs bester Speedfahrer.

Positiv auswirken soll sich auch das Konzept der noch individuelleren Betreuung. "Wir haben das im Training sehr gut ausgenützt, dass wir kleine Gruppe gehabt haben und intensiver arbeiten konnten, Speed und Technik. Ich hoffe, dass man die Fortschritt in der Entwicklung sehen wird. Und ich hoffe, dass man es schon am Anfang des Winters merkt, auch im Europacup. Denn wir haben das ja im Hinblick auf die Ausbildung der jungen Leute gemacht."

Nach Sölden folgt eine zweiwöchige Rennpause, die Slalomläufer reisen am 4. November nach Kabdalis (Schweden), um sich auf den Slalom in Levi (12.11.) vorzubereiten. Dieser sollte dank eines großen Schneedepots in Finnland gesichert sein. Die Abreise nach Übersee im Vorfeld der Speed-Rennen in Lake Louise (Kanada) und Beaver Creek (USA), die ab 25. November zur Austragung kommen, ist für 9. November geplant. In Copper Mountain und Vail stehen zehn Trainingstage auf dem Programm, auch dort wird es langsam weiß.