Nach Ihrem Weltmeister-Titel haben Sie im ersten Gespräch angekündigt, dass Sie sich zuallererst ein Bier gönnen werden. Durfte es nach dem Sprintsieg auch eins sein?
LISA HAUSER: (lacht) Während der Saison eher nicht, aber meine Betreuer und Wachsler dürfen sich dafür gerne eins gönnen. Die haben es sich verdient.
Sie hätten sich zwar auch eines verdient, aber erzählen Sie einmal: Wie fühlen Sie sich nach ihrem Premierensieg im Sprint?
Puh, ich weiß auch nicht, verrückt. Ja, mir geht’s gut, aber ich bin echt sprachlos. Ich habe noch eine ganze Zeit lang gezittert, die Anspannung abzulegen ist nicht einfach. Ich verspüre zig Gefühlslagen. Natürlich wünscht man sich einen guten Saisonstart, aber der heurige ist mehr als gelungen. Dass ich im Sprint ganz oben gelandet bin, war für mich überraschend. So cool, mit zweimal null Fehlern. Nach mir sind ja noch knapp 80 Mädels ins Ziel gekommen, da habe ich schon geschwitzt – aber auf der anderen Seite auch genossen.
Die letzte Saison war schon sensationell. Heuer machen Sie genau da weiter, wo sie aufgehört haben. Wenn’s läuft, dann läuft’s?
Das ist total schwierig zu erklären, da ich letzte Saison plötzlich in einem Flow drinnen war. Es ging auf einmal alles total leicht von der Hand. Jetzt würde ich es als einen schwer erarbeiteten Sieg bezeichnen. Die Saison toppen zu können, wird immens schwierig, doch nach den ersten Rennen kann ich sagen, dass ich künftig lockerer an die Sache herangehen kann.
Sind Sie jemand, der sich generell viele Gedanken macht?
Kommt auf die Situation und auf die Tagesverfassung an. Manchmal braucht man schon etwas länger, um ein schlechtes Rennen abzuhaken. An den Erfolgreichen findet man natürlich immer Gefallen.
Hat Druck für Sie im Vorfeld eine Rolle gespielt?
Der spielt sicher eine Rolle, wobei er bereits letzte Woche nach dem zweiten Platz abgefallen ist. Zu diesem Zeitpunkt habe ich gewusst: Ich bin in etwa wieder dort, wo ich letzte Saison war. Es ist schon ein cooles Gefühl, wenn man weiß, dass einem die guten Ergebnisse niemand mehr nehmen kann.
Die Saison ist lang, doch beschäftigt man sich bereits mit den Olympischen Spielen in Peking?
Um ehrlich zu sein: Nicht wirklich, da es mein Ziel ist, von November bis März konstant meine Leistung zu bringen. Darauf wurde das gesamte Training aufgebaut. Was im Februar sein wird? Abwarten. Noch mache ich mir darüber keine Gedanken – die kommen vermutlich ohnehin noch früh genug.
Was gefällt Ihnen besser: Die Jägerin oder die Gejagte zu sein?
Stressfreier wäre es sicher, die Jägerin zu sein (lacht). Es ist mental garantiert anspruchsvoller, jetzt vorneweg zu starten, aber ich nehme die Herausforderung an. Ich werde versuchen, jeden Moment zu genießen. Ich bin immer froh, wenn ich ins Zimmer komme. Regeneration ist bei uns ein extrem wichtiger Faktor, der oft unterschätzt wird. Hier heroben ist es enorm kalt, da muss man mit seiner Energie haushalten.
Hat sich ihr Leben nach dem WM-Titel eigentlich verändert?
Im Prinzip nicht, außer dass ich sehr viele Termine hatte. Wahrscheinlich war ich deswegen vor der Saison ziemlich angespannt, weil ich nicht wusste, ob ich das alles so gut verkraftet habe. Aber generell bin ich sehr glücklich, dass sich mein Leben sonst nicht verändert hat.
Haben Sie sich verändert?
Das kann ich nur schwer beurteilen, da müsste man mein Umfeld fragen, die ständig mit mir zu tun haben. Doch ich hoffe sehr stark, dass ich die gleiche Lisa geblieben bin.