Die Ohren waren gespitzt, als Biathletin Lisa Hauser bekanntgab, künftig außerhalb der Strukturen des ÖSV trainieren zu wollen. In einer völlig neuen Konstellation will sie sich nun auf ihr altbewährtes Niveau zurückkämpfen. „Wir haben im April Gespräche geführt und seitdem bin ich eigentlich allein unterwegs.“
Die Massenstart-Weltmeisterin von 2021 hat nach reiflicher Überlegung den Entschluss getroffen sich ihrer Vertrauenstrainerin Sandra Flunger sowie dem gemischten Schweizer Weltcupteam anzuschließen. „Wegen Sandra bin ich Biathletin. Sie war in meiner Schulzeit meine Trainerin, von dem her war der Bezug zu ihr sehr groß“, erklärt Hauser, die jahrelang öfter auf eigene Faust trainiert habe, ihre Trainingspläne teilweise selbst zusammenstellte und vonseiten des ÖSV schon letztes Jahr Kurse mit den Schweizern absolvieren durfte.
„Das war heuer nicht mehr möglich. Es hat geheißen, entweder ganz oder gar nicht. Und da ich die ganzen Diskussionen und Streitereien einfach nicht mehr wollte, habe ich einen neuen Weg eingeschlagen.“ Sie spricht schließlich von einer „ruhigen Vorbereitung ohne Nebengeräusche“.
„Ich habe es mir sicher nicht leichter gemacht“
Dank ihrer bodenständigen und fairen Art hat sich Hauser nahtlos ins Schweizer Team integriert, „aber ich musste meine Komfortzone verlassen, denn sich irgendwo neu einzufügen ist eine Herausforderung. Ich habe es mir sicher nicht leichter gemacht, aber es ist angenehmer“, erklärt die fünffache Einzel-Weltcupsiegerin, die bei den Heimtrainings in Hochfilzen auf das Know-how von Alfred Eder, Vater von Biathlon-Urgestein Simon Eder, zählen kann.
Angesprochen auf die Olympischen Winterspiele 2026, die in Antholz, wo sie über ihren ersten Weltcupsieg jubelte, in Szene gehen, bleibt Zurückhaltung das Stichwort. „Ich war bei drei Olympischen Spielen, bin in Peking mit Rang vier knapp an einer Medaille vorbeigeschrammt, was schade gewesen ist. Aber ich setze die Spiele nicht höher an als Weltmeisterschaften. Ich könnte heute gar nicht entscheiden, wie lange ich noch weitermache“, meint Hauser und bestätigt die Tatsache, dass der Druck auf sie nach dem WM-Titel „immens“ gewesen ist. Zuletzt zog sie ihre Spuren in den Davoser Schnee, bevor es, wie auch für das österreichische Kollektiv, in Obertilliach an den letzten Feinschliff geht. „Die Vorbereitung mache ich noch mit dem neuen Umfeld und anschließend stehen die Qualifikations- beziehungsweise Sichtungsrennen auf dem Programm.“ Der Startschuss für den Weltcupauftakt fällt Ende November im finnischen Kontiolahti – und da ziehen die heimischen Athleten wieder an einem Strang.
Der finnische Schauplatz ist übrigens ganz nach ihrem Geschmack, hagelte es bei der Junioren-WM Medaillen. „Und ich habe hier meinen ersten Sieg in der Single-Mixed-Staffel gefeiert“. Als starke Schützin hat sich die Verfolgungs-Vizeweltmeisterin von 2021 schon vor Jahren einen Namen gemacht. Es ist der Schlüssel zum Erfolg, gepaart mit einer starken Performance in der Loipe. Sie macht aber kein Geheimnis daraus, dass sie nicht zu viel Wert auf die Leistungskurve im Sommer legt, „da es im Winter ans Eingemachte geht“.
Letzte Saison hatte Hauser fortwährend mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. „Das ist alles andere als einfach, wenn du ständig gebremst wirst. Da geht es mir heuer allgemein besser.“ Da auch eine Biathletin freilich nichts dem Zufall überlässt, ging es den Griffen ihres Gewehrs an den Kragen. Ein Waffenhersteller in Deutschland kümmerte sich um Hausers Lieblingsutensil.
Sie scheut keine Konflikte
Die 30-Jährige, im Angesicht des atemberaubenden Bergmassivs des Wilden Kaiser aufgewachsen, ist eine Strahlefrau und Perfektionistin, die aber auch anders kann, wie sie gesteht: „Ich kann richtig stur sein und bin dann wahrscheinlich nicht ganz so einfach.“ Die Tirolerin sucht im Training äußerst penibel danach, was sie optimieren kann, ist dementsprechend nur sehr schwer zufriedenzustellen. Sie scheut keine Konflikte: „Von dem her bin ich in diesem Bereich wohl keine Vorzeigeathletin.“
Absoluter Luxus ist für die Allrounderin „ein chilliger Couch-Tag mit einem Buch“. Die Netflix-Serie „Emily in Paris“ hatte es ihr zuletzt angetan. Und das Thema Freundschaften lässt sie sowieso in Gedanken versinken. „Ich sehe manche im Winter oft lange nicht, was einem manchmal nicht leichtfällt. Wenn sich andere abends treffen und ich früher nach Hause muss, ist das so. Ich bin ihnen sehr dankbar für die Unterstützung, die mich noch mehr stärkt.“