Greenpeace hat ein vernichtendes Urteil über die CO2-Bilanz der FIS gefällt. Die offiziellen Zahlen seien "an den Haaren herbeigezogen" und "viel zu gering", das zeigten von Greenpeace beauftragte Nachberechnungen mithilfe von Skirennläufer Julian Schütter. Demnach sind Kitzbühel, Schladming, Adelboden und Sölden sowie die Flüge im Alpiner Weltcup bereits für 85 Prozent der Emissionen verantwortlich. Greenpeace-Expertin Ursula Bittner spricht von "Greenwashing vom Feinsten".

"Die FIS erzählt Wintermärchen, wenn sie behauptet, das Klima zu schützen oder gar klimapositiv zu sein", sagte die Wirtschaftsexpertin von Greenpeace Austria laut einer Aussendung. Hintergrund ist, dass der Skiweltverband im Jahr 2021 von einer externen Firma eine "Events Emission Estimation" durchführen ließ – eine Abschätzung der Emissionszahlen, die quer über alle Sportarten in einer Saison anfallen. Diese ergab, dass die FIS mit all ihren Bewerben inklusive der damit verbundenen Reisen angeblich 57.965 Tonnen CO2 pro Jahr ausstößt. Insgesamt 7920 Events waren untersucht worden, die Ergebnisse veröffentlichte die FIS erst vor Kurzem.

"Mission Zero"

Greenpeace ließ die Daten daraufhin von der auf CO2-Fußabdrücke spezialisierten Agentur "Mission Zero" prüfen, wobei Schütter seine eigenen Aufzeichnungen zur Weltcupsaison 2022/23 zur Verfügung stellte. Das Ergebnis: Die vier alpine Topevents Kitzbühel, Schladming, Sölden und Adelboden allein würden inklusive Flugreisen schon 10.874 Tonnen CO2 verursachen – das entspricht 85 Prozent der 12.752 Tonnen CO2, die von der FIS für den gesamten alpinen Skisport ausgewiesen werden. Mehr als 30 weitere Weltcupevents, über 300 kontinentale Events und Hunderte kleinere Rennen sind da aber noch nicht eingerechnet.

Grundannahmen nicht richtig

Gerade bei den Massenveranstaltungen in Ski alpin und Skispringen seien zudem die Grundannahmen zu den Reisen nicht richtig. Die FIS-Analyse geht beispielsweise davon aus, dass 60 Prozent aller Fans lokal anreisen und damit ca. 50 Kilometer in eine Richtung zurücklegen. Bei Großevents wie Schladming oder Kitzbühel sei das aber nicht realistisch. Gleichzeitig fehlten in den Berechnungen des Weltverbandes einige für die CO2-Bilanz relevante Faktoren wie Abfall, Flutlichtanlagen oder die Nächtigungen auf Athletenseite. Zusätzlich nicht einberechnet seien auch sämtliche Vorbereitungen auf die Saison, die zahlreiche alpine Mannschaften in Südamerika oder Neuseeland abhalten. Alles in allem würden die wahren CO2-Werte die FIS-Zahlen demzufolge weit übertreffen.

"Strikte Methodik"

Greenpeace fordert die FIS und deren Präsident Johan Eliasch auf, bereits bei deren Kongress am Donnerstag "echte Klimaschutzmaßnahmen" zu beschließen. Die Behauptung, die FIS sei "klimapositiv", müsse sofort fallen gelassen werden. Vom Weltverband hieß es dazu in einer Stellungnahme an die APA – Austria Presse Agentur, dass man gemeinsam mit der in London ansässigen Agentur "Planet Mark" nach einer "strikten Methodik" vorgegangen sei, "die uns zu den von uns präsentierten Ergebnissen geführt hat".

Belohnungssystem

Außerdem habe man in Hinblick auf die nächste Saison schon konkrete Schritte beschlossen, um den Klimaschutz zu fördern. So soll künftig ein "Belohnungssystem" implementiert werden, mit dem die Weltcupveranstalter ausgezeichnet werden, die von einer Saison zur nächsten die größten Fortschritte machen. Mit der Umweltsoziologin Susanna Sieff wurde die Position der Nachhaltigkeitsdirektorin besetzt. "Der Klimawandel ist eine existenzielle Bedrohung für unseren Sport. Deshalb fühlen wir uns verpflichtet, das Klima zu schützen, von dem unser Sport abhängt", teilte eine FIS-Sprecherin mit.