Die Fragezeichen um die Zukunft des alpinen Sports werden durch den Klimawandel immer größer. Auf der Suche nach Antworten haben sich am Montag unter anderem Bergsteiger-Legende Peter Habeler, Ex-Skistar Benjamin Raich sowie Abfahrer und Klimaaktivist Julian Schütter auf der Sports Media Austria-Tagung in die Höhenlage des Stubaier Gletschers begeben. Mit Blick auf die ungebremste Erderwärmung meinte Schütter: "Skifahren wird künftig unser geringstes Problem sein."
Man sei derzeit auf dem Weg in Richtung drei bis vier Grad Erderwärmung, sagte der 25-Jährige. "Wenn das kommt, werden wir froh sein, wenn wir überleben." Skisport sei dann kein Thema mehr, so Schütter, der im Februar mit einem offenen Athletenbrief an die FIS samt Forderungen nach einem nachhaltigen Skisport für Aufsehen gesorgt hatte. Meteorologe Georg Haas hielt dazu fest, man stehe global im Vergleich zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bei 1,2 Grad mehr. Das international anvisierte 1,5-Grad-Ziel sieht er als unrealistisch an. "Ich sehe keine Chance, dass wir, bei dem, was wir in die Atmosphäre blasen, das erreichen." Die Folge sei, dass in den letzten 50 Jahren die Anzahl der Tage mit Schneebedeckung in den Bergen um einen Monat geschrumpft ist.
Skigebiete in den niederen Lagen werden künftig große Probleme bekommen und wirtschaftlich unrentabel. "Hier oben am Gletscher wird Skifahren aber noch lange möglich sein", machte Haas Hoffnung. Hier sieht auch der zweifache Olympiasieger von Turin, Benjamin Raich, Chancen. "Es gibt gewisse Möglichkeiten, in die Höhe zu gehen. Der Gletscherbereich wird in Zukunft unser Skigebiet sein, selbst wenn der Gletscher irgendwann weg ist", gab sich der 45-Jährige überzeugt.
Raich erinnerte auch an die Bedeutung des Wintersports für Gesellschaft und Wirtschaft. "Die Leute wollen ja Ski fahren. Auch wenn es irgendwann im Inntal nicht mehr geht – die Touristen, die Sportler, die Skiklubs kommen rauf in die Höhe und wollen dort Ski fahren. Es ist ja auch ein großer Wirtschaftsfaktor, davon leben viele Menschen."
"Fordert lieber einen besseren Ausbau"
Der Pitztaler appellierte an jeden, seinen Teil im Kampf gegen den Klimawandel beizusteuern. Schütter hingegen meinte, dass die individuelle Verantwortung nicht zwangsläufig im Vordergrund stehen muss. "Entschuldigt euch nicht, dass ihr mit dem Auto angereist seid. Fordert lieber einen besseren Ausbau der öffentlichen Verkehrssysteme", appellierte der Steirer in Richtung der Diskussionsteilnehmer für einen ganzheitlichen Ansatz.
Den Punkt nahm Ingrid Schneider von der Tirol Werbung auf und unterstrich, wie wichtig eine bessere Infrastruktur im Bereich der Mobilität sei, da derzeit nur ein kleiner Teil der Gäste mit der Bahn anreist. Schneider will Tirol noch viel stärker als Ganzjahresdestination etablieren. Dass die Klimakrise aber auch den Sommer betrifft, zeigt sich im Alpinismus. "Durch den fehlenden Permafrost bröckelt alles weg. Wir sehen es im Zillertal oder auch im Ötztal. Es ist im Randbereich der Gletscher noch gefährlicher geworden. Man muss sehr viel mehr aufpassen. Wir Bergsteiger schauen, dass wir neue Wege finden", sagte Peter Habeler. Steinschlag ist mittlerweile durch die bröckelnden Berge ein allgegenwärtiges Thema.
Gegensteuern ist zwingend notwendig
Auf die Frage, ob man mit den Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung zu spät dran sei, zeigte sich Habeler ratlos. "Was hätten wir denn tun sollen?", fragte der 80-Jährige, der 1978 zusammen mit Reinhold Messner erstmals ohne zusätzlichen Sauerstoff den Mount Everest bestieg. Einigkeit herrschte darüber, dass der Einfluss des Klimawandels auf den Spitzen- wie Breitensport nicht zu leugnen sei und dass Gegensteuern zwingend notwendig ist. "Dem Planeten ist es egal, ob wir darauf leben oder nicht", so Meteorologe Haas. Das gilt letztlich auch für den Wintersport.