Wenig Niederschlag, extreme Hitze, Saharastaub, drohender Gletscher-Kollaps – die Optionen für ein angemessenes Sommertraining im Skisport dünnen sich aus. "Die Sorge ist natürlich groß, und da müssen wir uns auch was überlegen", sagte ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober. Der Skiverband will seine gesellschaftliche Verantwortung in puncto Klimaschutz ernst nehmen. So plant man bei der FIS einen Antrag für einen späteren Saisonbeginn – allerdings nur für den Nachwuchs.
Grundsätzlich sei es in der Vergangenheit schon öfter der Fall gewesen, dass im Sommer ein zweckmäßiges Training für die Alpinen in Europa nicht möglich war, erklärte Stadlober. "Heuer war es natürlich ganz extrem, weil ein ganz trockener, niederschlagsarmer Winter war. Dann ist der Saharastaub dazugekommen und dieser warme, trockene Sommer, der natürlich dazu beigetragen hat, dass die Gletscher so schlecht ausschauen."
Innerhalb des ÖSV hat das die Diskussionen zu dem Themenkomplex befeuert. "Mit den Alpin-Trainern gab es schon ein Gespräch, wo Varianten überlegt wurden: Wie kann es sein? Wie könnten wir anpassen? Was sind die größten Herausforderungen?", berichtete Stadlober, die selbst im Alpinsport erfolgreich aktiv war. Auf der Südhalbkugel gebe es zwar "traumhafte Bedingungen", wenn in Europa Sommer ist. Jedoch sind diese Trips mit enormen Kosten und einem gewaltigen CO₂-Fußabdruck verbunden.
"Es ist natürlich sehr teuer, keine Frage. Vor allem, wenn man die ganzen Mannschaften hinüberschickt, die Transportkosten durch den Fuhrpark sind einfach enorm", sagte die 59-Jährige. "Aber unsere Maxime ist, dass wir beim Sport nicht sparen, weil das ist unser Kapital. Es ist wichtig, dass die gut vorbereitet sind. Da ist wichtig, das woanders vielleicht einzusparen."
Der Ansatz des ÖSV geht in die Richtung, "die guten Bedingungen im Frühjahr länger zu nützen", wie Generalsekretär Christian Scherer ausführt. "Insbesondere im Nachwuchsbereich plädieren wir für einen späteren Beginn der Rennen." Stadlober verriet: "Wir werden bei der FIS einen Antrag stellen, dass die FIS-Rennen einfach ein bisschen nach hinten versetzt werden. Wir müssen da nicht so früh anfangen, dann wird auch der Druck ein bisschen rausgenommen." Die Athletinnen und Athleten im Nachwuchs müssten dann nicht so früh wie derzeit auf die Gletscher hinauf.
Ob sich der Zeitraum für alpinen Spitzensport im Kalenderjahr generell – also auch auf Weltcup-Ebene – verengen wird müssen, beantwortete Scherer wie folgt: "Das wird man sehen und in den entsprechenden Komitees des Internationalen Skiverbandes auch entsprechend diskutieren."
Scherer betonte, dass der Umweltgedanke in den Überlegungen des Skiverbands "immer eine Rolle" spiele. "Das Thema Nachhaltigkeit liegt uns sehr am Herzen, weil wir als Skiverband auch eine gesellschaftliche Verantwortung haben und dieser gerecht werden wollen." Bereits fertiggestellt ist die CO₂-Bilanz der gesamten Ski-Austria-Gruppe sowie aller Veranstaltungen, die als Basis der Nachhaltigkeitsstrategie dient. Nun sollen in einem nächsten Schritt klar definierte Reduktionsziele sowie ein Maßnahmenplan erarbeitet werden.
Trotz all der Herausforderungen, die im Moment auf den Ski- und Schneesport einwirken – eine existenzbedrohende Situation erkennt Stadlober nicht. "Dass das jetzt ganz besorgniserregend wäre, würde ich nicht sagen. Wenn das jetzt mehrere Jahre hindurch ist, dann muss man sich das anschauen", meinte die Salzburgerin und blickte zuversichtlich Richtung Saisonstart: "Die Teuerung trifft uns alle, die Strom- und Gaspreise treffen uns, aber das geht allen Bürgerinnen und Bürgern gleich. Wir müssen halt schauen, dass wir das gut abfedern können. Aber ansonsten sind wir gut vorbereitet und hoffen auf einen schneereichen und erfolgreichen Winter."