Als sich sein ehemaliger Langzeit-Schützling am Dienstag in der Wiener Stadthalle sportlich verabschiedet hat, war er nicht dabei. Günter Bresnik, der Dominic Thiem bis 2019 betreut hatte, hat Abstand gewonnen. „Ich war bei Gael Monfils in der anderen Halle, aber ich wäre auch so nicht gekommen. Mich verbindet damit eigentlich nichts mehr“, sagte er im APA-Interview. In diesem äußerte sich der 63-jährige Niederösterreicher u.a. auch zur großen Tennishoffnung Joel Schwärzler.
Ob ihm nicht doch ein wenig das Herz wehgetan hat, als der ehemalige Weltranglisten-Dritte den Schläger buchstäblich in die Vitrine gestellt hat? „Eigentlich nicht. Es ist mehr Unverständnis als Schmerz. Ich verstehe es nicht, aber das muss man und soll man respektieren. Er ist 31, hat eine Karriere gehabt, die 99 Prozent aller anderen mit Handkuss nehmen würden, und die wird dann kritisiert.“
Bresnik über Schwärzler: „Mir taugt sein Spiel“
In aller Munde was die Nachwuchshoffnungen betrifft ist der 18-jährige Joel Schwärzler, der zuletzt eine Zusammenarbeit mit Bresnik in der Zukunft nicht ausschließen wollte, aktuell aber mit dem Spanier Juan Ozon-Llacer eine Testphase absolviert. „Ich mag ihn. Er trainiert ja in der Südstadt seit einigen Jahren und weil keine vergleichbaren Spieler beim Verband waren, hat er immer mit uns mittrainiert. Ich trainiere gern mit ihm, ich mag den richtig. Mir taugt sein Spiel, er ist ein sehr umgänglicher Bursche.“
Während Thomas Muster dem Ansinnen Schwärzlers, im Ausland sein Glück zu suchen, durchaus unterstützend gegenübersteht, sieht Bresnik das anders. „Für mich ist eines der wichtigsten Instrumente zwischen Trainer und Einzelsportler die Sprache. Ich habe auch viel mit Ausländern gearbeitet, aber es war für mich immer viel problematischer mit einem Amos Mansdorf zum Beispiel.“ Bei gewissen Dingen tue man sich in einer anderen Sprache einfach schwerer, etwas zu erklären.
Persönlichkeitsverändernde Maßnahmen
Bresnik kennt Schwärzler gut genug, um zu wissen, wo er ansetzen würde. „Was er momentan am meisten braucht, sind eigentlich persönlichkeitsverändernde Maßnahmen.“ Bresnik meint damit das Wettkampfverhalten und dieses „manifestiert sich im Training“.
Grundsätzliche Elemente wie Disziplin oder auch Druck und Erwartungshaltungen gehören für Bresnik dazu. „Wenn du heute mit Worten wie Disziplin daherkommst, bist du sofort in der rechten Ecke. Was mich nicht stört, ich habe nichts gegen links und rechts. Dass Disziplin mittlerweile etwas negativ Behaftetes ist, verstehe ich nicht. Um Spitzenleistungen zu bringen, brauchst du das.“
Mit dem Druck von außen müsse auch ein Schwärzler leben lernen. „Ich habe Dominic immer gesagt, du musst Druck als Privileg ansehen. Eine hohe Erwartungshaltung von anderen Leuten ist ein Privileg, weil man dir viel zutraut. Das hat auch sehr viele positive Aspekte.“
Wildcard zur falschen Zeit
Er selbst hätte einem Schwärzler noch keine Wildcard für den Hauptbewerb in Wien gegeben. „Ich würde jemand in dem Alter eher die Gelegenheit geben, dass er Quali spielt und sich vielleicht sogar qualifiziert, das ist für mich wertvoller, als mit fahlem Beigeschmack nach Hause fahren.“ Der Teenager war natürlich gegen den topgesetzten Alexander Zverev ohne Chance.
Österreichs erfolgreichster Trainer würde sich gern um Schwärzler kümmern, „aber nicht unter allen Bedingungen“ und Bresnik erklärt das auch: „Ein guter Coach gibt einem Sportler, was er braucht und nicht das, was er will.“ Doch dies werde heutzutage kaum noch akzeptiert. „In der Schule ist der Lehrer der Bittsteller, dass die Kinder ruhig sind. Ein Polizist muss froh sein, wenn er nicht gefilmt wird.“
Die Geschichte mit dem Arzt
Es gäbe Respektlosigkeiten ohne Ende. „Im Sport geht es ohne Respekt zwischen Sportler und Trainer gar nicht.“ Gesundes Selbstvertrauen stört den ehemaligen Coach u.a. auch von Horst Skoff, Stefan Koubek, Boris Becker, Patrick McEnroe, Henri Leconte oder zuletzt u.a. Gael Monfils nicht. Aber Bresnik beschreibt es so: „Wenn ein Patient zu einem Arzt geht und ihm erklärt, welches Pulverl er ihm geben muss, weil es in der “Frau im Spiegel„ so steht, dann muss ihn der Arzt hochkantig raushauen.“
Man müsse sich anschauen, was der Spieler kann, und wie kann er das lernen, was er noch nicht kann. „Das ist ja keine Doktorarbeit, wenn man es schon öfter gemacht hat“, sagt Bresnik augenzwinkernd, „aber das wissen die Eltern nicht und die Sportler in dem Alter auch nicht.“
Grabher auf dem Weg zurück
Bei den rot-weiß-roten Frauen hat Bresnik mit Julia Grabher eine zuletzt von Verletzungen zurückgeworfene ehemalige Nummer 54 unter seinen Fittichen. Und in diese Sphären, glaubt der 63-Jährige, könne die Vorarlbergerin auch wieder hinkommen. „Sie hat teilweise im Training schon wieder sehr gut gespielt. Ich finde, dass sie sich auf der Rückhand verbessert hat, auf der Vorhand ist sie noch nicht auf dem Stand, wo sie vorher war.“
Aus dem heimischen Nachwuchs hebt er vor allem die erst 16-jährige Ost-Tirolerin Lilli Tagger hervor. „Die ist gut, sie kann richtig schnell spielen. Sie gefällt mir von der Spielanlage sehr“, meinte Bresnik. Tagger hatte zuletzt bei einem kleinen ITF-Turnier in Italien auf dem Weg ins Viertelfinale schon eine Nummer 221 im WTA-Ranking besiegt.