Als die Eagles zu Beginn des Spiels gegen die Seattle Seahawks ihren ersten Drive eröffneten, war der Gedankengang der Teamführung rund um Head Couch Doug Pederson offensichtlich: Philadelphia ließ Spielzüge mit klaren Reads im Kurzpassspiel laufen, die Carson Wentz einfache Completions ermöglichten und den zuletzt so enttäuschenden Quarterbacks so ins Spiel finden lassen sollten.
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Der Plan ging allerdings nicht auf: Beim ersten Wurf, ein Pass über die Mitte auf Richard Rodgers, stimmte das Timing nicht, Jordyn Brooks forcierte eine Incompletion. Beim zweiten Spielzug hatte Wentz einen komplett offenen Greg Ward auf einer Slant-Route, verfehlte seinen Receiver jedoch deutlich. Beim anschließenden Third Down mangelte es an Abstimmung zwischen Quarterback und Receiver Alshon Jeffery. Jeffery drehte sich am Ende seiner Route nach innen, Wentz warf nach außen.
Trotz einer Fünf-Yard-Strafe gegen die Seahawks sowie drei guten Möglichkeiten für Completions starteten die Gastgeber also mit einem Three-and-Out ins Spiel. Es sollte nur der Auftakt einer erneut äußerst schwachen Vorstellung der Eagles-Offense gewesen sein - und das gegen eine der schwächsten Pass-Defenses der NFL.
Philadelphia Eagles: Jalen Hurts als mögliche Veränderung der Offense
Die Probleme der Eagles sind mannigfaltig. Die Offensive Line, von zahlreichen Verletzungen hart getroffen, wirkt häufig überfordert, auch die Receiver machen zu viele Fehler. Der Spieler im Fokus ist und bleibt jedoch Wentz. Gegen die Seahawks hielt er erneut zu häufig zu lange den Ball und verfehlte mehrmals offene Receiver.
Philadelphia ist somit ein Team, das offensiv auf verzweifelter Suche nach neuen Möglichkeiten, nach eventuellen X-Faktoren, sein sollte. Irgendetwas muss sich ändern, das ist nun bereits seit Wochen offensichtlich.
Nicht wenige Beobachter erwarteten vor dem Spiel gegen die Seahawks, dass Jalen Hurts diese Veränderung sein würde. Pederson selbst hatte vor der Begegnung erklärt, dass Hurts mehr mit der Starting Offense der Eagles trainiert habe und man den Rookie stärker ins Spiel einbinden wolle.
Fans, die sich Hoffnungen gemacht hatten, mehr von Hurts zu sehen, wurden allerdings enttäuscht. Nach einem Snap in der Vorwoche spielte der Zweitrundenpick gegen Seattle ganze zwei. Nach seinem ersten erfolgreichen Pass des Spiels, ein Sechs-Yard-Pass bei Second-and-Nine, musste Hurts gleich wieder vom Feld.
Philadelphia Eagles: Doug Pederson nimmt Carson Wentz in Schutz
"Der Plan war, ihn zu nutzen, wenn wir es können. Doch so, wie sich das Spiel entwickelt hat, hatten wir wenig Möglichkeiten", erklärte Pederson das Vorgehen im Anschluss an das Spiel. "Wir hatten zu viele Three-and-Outs, ich glaube wir hatten bis zum zweiten Viertel kein einziges First Down. Wir haben es nicht geschafft, unsere Offense umzusetzen."
Die Offense der Eagles funktionierte also zu schlecht , um Hurts eine Chance zu geben? Es ist eine Erklärung, die wenig Sinn ergibt. Mit Wentz als Quarterback startete Philly mit fünf Three-And-Outs ins Spiel, bei 15 Plays holte das Team insgesamt vier (!) Yards. Hätte Hurts dieser in jeder Hinsicht starren Offense nicht zumindest ein wenig Leben einhauchen können?
"Nein", antwortete Pederson auf der virtuellen Pressekonferenz nach dem Spiel etwas brüskiert. "Weil es nicht an einem Spieler liegt", so der Head Coach auf die Nachfrage eines Reporters. "Wir hatten in jedem Bereich Fehler, es spielt nicht wirklich eine Rolle, wer hinten steht, die Fehler würden weiter gemacht werden. Das müssen wir in den Grifff bekommen."
Philadelphia Eagles: Jalen Hurts nur als Backup vorgesehen?
Doch auch in diesem Punkt wirkt Pedersons Argumentation etwas bizarr. Wentz spielt ohne jede Frage in einer Offense mit vielen Problemen, doch die groben und gravierenden Fehler des 27-Jährigen sind mittlerweile Woche für Woche sichtbar.
In fast allen Statistiken, die Leistungen von Quarterbacks messen und bewerten, zählt Wentz nach elf Saisonspielen zum absoluten Bodensatz der Liga. Häufig liegt er tatsächlich auf dem letzten Platz, tut er dies nicht, lässt er meist nur Spieler wie Drew Lock oder Sam Darnold hinter sich. Das kann nicht der Anspruch der Eagles, die sich vor der Saison echte Hoffnungen auf einen tiefen Playoff-Run gemacht hatten, sein.
Doch Hurts schien von Anfang an nie wirklich als aktiver Teil der Offense gesehen worden zu sein - zumindest in seiner Rookie-Saison. Unmittelbar nach dem Draft sprach Pederson bereits darüber, wie Marty Mornhinweg, der Senior Offensive Consultant mit Ravens-Vergangenheit, mit Hurts arbeiten sollte: "Marty soll mit Jalen zusammenarbeiten, Pläne entwickeln, wie er bestimmte Plays spielen kann, so wie damals Lamar [Jackson] in seiner Rookie-Saison."
Mit Ausnahme einiger weniger Plays, in denen Jackson zusammen mit Joe Flacco auf dem Feld stand, hatte der spätere MVP bei den Ravens unter Mornhinweg allerdings meist auf der Bank gesessen. Erst nach einer Verletzung von Flacco durfte der Erstrundenpick damals tatsächlich eine größere Rolle einnehmen. Für Hurts schien von Anfang an die Lamar-Rolle, nicht die Taysom-Hill-Rolle, vorgesehen.
Philadelphia Eagles wollten "einen starken Quarterback-Room"
Dafür sprechen auch die Erklärungen von General Manager Howie Roseman nach dem Draft. "Wir wollen wieder einen starken Quarterback-Room haben", verriet Roseman damals. Es war ein unkonventionelles, aber kein unverständliches Statement.
Es war bekanntlich Backup-Quarterback Nick Foles gewesen, der die Eagles im Februar 2018 zum Sieg in Super Bowl LII geführt hatte. In der Vorsaison verloren zudem die Detroit Lions acht Spiele in Serie, nachdem sich Starter Matt Stafford nach einer halben Saison verletzt hatte. Backup-Quarterbacks können heute so wichtig sein wie vielleicht nie zuvor.
"Wir wollen eine Quarterback-Fabrik sein. Wir haben die richtigen Leute dafür in unserem Team", erklärte Roseman damals weiter. "Kein NFL-Team hat mehr von der Entwicklung von Quarterbacks profitiert als die Philadelphia Eagles."
Alles deutet also darauf hin, dass die Eagles mit ihrem Zweitrundenpick einen guten und gleichzeitig noch günstigen Backup verpflichten wollten. Den Preis des hohen Draft-Kapitals würde Hurts im Falle einer Verletzung von Wentz dann wieder wettmachen können: Durch gute Leistungen und unter Umständen sogar durch einen weiteren Trade zu einem anderen Team.
Philadelphia Eagles: Wieso spielt Jalen Hurts nicht?
Die Frage ist jedoch: Wenn die Eagles Hurts als einen Backup mit Starter-Qualitäten sehen, wieso spielt er dann nicht? Wentz mag zwar nicht verletzt sein, doch seine Leistungen entsprechen in dieser Saison schlicht nicht denen eines Starters. Und Hurts eine Chance zu geben, scheint ein Move zu sein, der kaum Risiko birgt.
Bekommt Hurts mehr Spielanteile und spielt stark, kann Philly sein Quarterback-Problem deutlich entspannter angehen. Wentz könnte Backup werden, eventuell würde man sogar noch einen Trade-Partner für ihn finden. Spielt Hurts schlecht, weiß das Team zumindest, was es in ihm hat und dass Wentz - trotz aller Probleme - wohl die bessere Option ist.
Inwieweit es Wentz in irgendeiner Art und Weise hilft, Woche für Woche schlecht auszusehen, sei obendrein noch dahingestellt. Womöglich täte ihm eine kurze Pause sogar gut.
Die Eagles scheinen all das jedoch anders zu sehen. Ausgehend von Pedersons jüngsten Einschätzungen wird Wentz auch im nächsten Spiel wieder starten. Dass Hurts dabei mehr als eine Handvoll Snaps spielen wird, darf bezweifelt werden.