Top 10 - die Takeaways zu Week 11 in der NFL

1. Was verrät uns das Starting-Debüt von Taysom Hill?

Nirgendwo waren "Quellen" in der Woche vor diesem Spieltag gefragter als in New Orleans. Laut "Quellen" schien es am Montag beschlossene Sache, dass Jameis Winston den verletzten Drew Brees - der nicht zwei, nicht fünf, sondern elf (!) gebrochene Rippen hat - vertreten würde. Die Quellenlage veränderte sich dann gravierend: Am Freitag wurde Taysom Hill plötzlich von allen großen Reportern als Starter angekündigt, inklusive klarer Ansage, dass Winston auch nicht Teil irgendwelcher Offense-Pakete sein würde.

Saints-Coach Sean Payton hatte auch bis Sonntag noch keine öffentliche Ansage gemacht, die Entscheidung aber war wohl schon im Vorfeld der Saison gefallen: Verletzt sich Brees innerhalb eines Spiels, ist Winston die kurzfristige Lösung. Doch hat man Zeit, einen Game Plan vorzubereiten - dann soll der um Hill gebaut werden.

Finanziell hatte New Orleans eine Entscheidung für diesen Fall in gewisser Weise ohnehin schon getroffen.

Als man Hill nämlich ohne irgendwelche Not über 16 Millionen Dollar für 2021 garantierte, statt ihn die 2020er Saison unter dem Restricted Free Agent Tender ausspielen zu lassen - es ist nicht so, dass sein Marktwert als Nummer-3-Quarterback durch die Decke gegangen wäre - und dann eine Entscheidung zu treffen. Und das nicht aus irgendeiner luxuriösen Situation heraus: Kein Team steht für das kommende Jahr vor größeren Cap-Problemen als die Saints.

Im Endeffekt hatte New Orleans in der Offseason einem 30-jährigen Gadget-Quarterback und Special-Teamer einen extrem teuren Vertrag gegeben, der es verlangt, zumindest mal zu testen, ob Hill nicht doch der Brees-Erbe sein könnte. Wenngleich man genauso argumentieren könnte, dass es für die Saints sinnvoller wäre, ausgiebig zu testen, wie - der vier Jahre jüngere - Jameis Winston in einer horizontaleren Offense aussieht, und ob er vielleicht die Post-Brees-Lösung sein könnte.

So kam Hill am Sonntag gegen Atlanta also zu seinem ersten Start, nur drei Quarterbacks waren bei ihrem NFL-Starting-Debüt älter (Dieter Brock 1985, Doug Pederson 1999, Brian St. Pierre 2010). Und die erste große Überraschung: Wenn die Saints Hill testen wollen - sollten sie ihn dann nicht auch ... testen?

Saints: Unerwarteter Offense-Ansatz

Was damit gemeint ist: New Orleans spielte nicht nur von Anfang an nicht die "Taysom-Hill-Offense", mit einem um den Quarterback herum aufgebauten Run Game, sondern wurde generell sehr Pass-lastig. Hill hatte in der ersten Hälfte keinen designten Run.

Gleichzeitig aber war das, was sie im Passspiel machten, unheimlich vereinfacht und bietet nur wenig Aufschluss über Hills Qualitäten: Rollouts, Play Action, auch aus der I-Formation - wenn Hill den Ball schnell loswerden konnte, wenn er zum ersten Read direkt gehen konnte, wenn das Feld für ihn halbiert wurde, dann hatte er eine Handvoll guter Würfe. Viel mehr aber eben auch nicht. Hill zu testen ist schön und gut, doch warum dann die Offense auf der einfachsten Betriebseinstellung laufen lassen und nicht zumindest die "Hill-Offense" spielen?

Die Stats für Hill am Ende sehen gut aus, sie täuschen zu einem gewissen Grad aber auch. Hills längstes Play war ein totaler Underthrow, bei dem Emmanuel Sanders ihn rettete. Atlanta blitzte dann phasenweise deutlich mehr, New Orleans antwortete mit guten Screens, doch sobald Hill tatsächlich Quarterback spielen, aus der Pocket durch seine Reads gehen musste, kam er schnell an seine Grenzen. Er verfehlte einige Receiver, erkannte Pressure zu spät und hielt den Ball zu lange, wenn der erste Read nicht da war. Am ehesten waren seine spezifischen Fähigkeiten noch beim Touchdown-Scramble im Schlussviertel zu sehen.

Die enormen Probleme der Falcons-Offense, angefangen mit Matt Ryans Pocket-Verhalten, gegen eine stark aufspielende Saints-Defense waren unter dem Strich der entscheidende Faktor dieser Partie. Die Saints mussten nie in einen Shootout gehen, geschweige denn in der zweiten Hälfte aufholen. Atlanta verpasste es zu Beginn, offensiv davonzuziehen und der Zugriff des Pass-Rushs wurde dann immer größer.

Und was sagt das Spiel letztlich über Hill?

Die Tatsache, dass man Hill diesen Vertrag gegeben hatte, ohne ihn auch nur einmal als Starter gesehen zu haben, lässt eigentlich nur den Schluss zu, dass die Saints ihn als legitime Option für die Brees-Nachfolge sehen. Gegen Atlanta hat er eine gewisse Baseline gezeigt und sich im Laufe der Partie auch gesteigert. Die Saints haben jetzt einige Wochen, um darauf aufzubauen und zu sehen, was sie vielleicht in Hill haben.

Diese erste Partie letztlich war ein Spiel, das uns nicht mehr als die absolute Baseline - Play Action, First Reads, Rollouts und Scrambles - bei Hill bestätigt. Von optimistischen Prognosen, dass die Saints den Brees-Nachfolger gefunden haben, sollte man noch die Finger lassen.

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2. Es ist Zeit für die Quarterback-Debatte in Philly

Wann fangen die Eagles an, ernsthaft über die Quarterback-Position zu diskutieren? Diese Debatte drängt sich mehr und mehr auf; ganz vereinfacht dargestellt sind hier die Punkte, welche die Eagles-Offense im Laufe der Saison für mich zusammenfassen:

  • Verletzungspech spielte von Anfang an fraglos eine Rolle. In der Offensive Line und im Receiving Corps, und das limitierte die Eagles auch in ihren Möglichkeiten.
  • Carson Wentz war über das erste Saisonviertel einer der zwei, drei schlechtesten Starting-Quarterbacks. Und auch hier gilt es, Nuancen zu wahren und die Situation zu berücksichtigen. Doch Wentz spielte schlicht furchtbar aus der Pocket, war langsam mit seinen Reads, leistete sich üble Fehler, die man auch nicht mit den Umständen entschuldigen kann.
  • Wentz stabilisierte sich dann, spielte zuletzt merklich besser innerhalb der Struktur der Offense - was die strukturellen Probleme in der Offense wiederum schonungslos offenlegte: Ohne Wentz' Plays außerhalb der Play-Designs war die Offense sehr eindimensional, sehr statisch, und das obwohl im Receiving Corps mehr und mehr Waffen zurückkamen.
  • Doch selbst diese Phase hielt nur kurz, und während man das Play-Calling und die Offense-Designs nach wie vor kritisch betrachten sollte, unterstrich das Browns-Spiel einmal mehr die große Wentz-Problematik: die individuellen Probleme mit Wentz sind vielleicht mal vereinzelt unter Kontrolle, aber sie sind nie weg und viel zu häufig sind sie nur ein Play entfernt. Wentz hatte gegen Cleveland einen absurden Pick Six, bei dem er den Ball viel zu lange hielt und einen komplett offenen Receiver einfach ignorierte. Beim Safety hätte er den Ball schneller loswerden müssen, später wurde eine Interception zwar nachträglich wegen einer Strafe wieder zurückgenommen, an Wentz' üblem Read änderte das aber nichts und zwei Minuten vor dem Ende überwarf er nochmal seinen Receiver zur Interception in der Red Zone.

Wenn man all diese einzelnen Fäden zusammenführt, bekommt man eine Offense, in der strukturell das Überraschungsmoment fehlt, in der es via Play Designs im Moment nur bedingt gelingt, konstante Drives hinzulegen, in der die Offensive Line noch immer wackelt - und in der der Quarterback viel zu viele individuelle Fehler macht. Das Spiel gegen die Browns war für Wentz die sechste Partie in dieser Saison mit mindestens zwei Interceptions. Ein paar gute Pässe reichen nicht, um die Fehler zu überspielen.

Was gibt Anlass zur Hoffnung, dass auf einen Schlag all diese Probleme - die sich gegenseitig natürlich auch noch vergrößern -, plötzlich gelöst werden? Wenig.

Die Eagles haben im vergangenen Draft einen Zweitrunden-Pick in Jalen Hurts investiert, ein Quarterback, um den man die Überraschungsmomente schematisch definitiv eher einbauen könnte als bei Wentz aktuell; und ganz salopp gesagt: die Gefahr, dass Hurts signifikant schlechter spielt als Wentz, ist schlicht sehr gering.

In Philadelphia muss offen über die Quarterback-Position gesprochen werden. Und wenn man Grund für Optimismus mit mehr Stabilität sucht, dann ist es einfach schwierig, diesen in der Konstellation mit Wentz zu finden. Doug Pederson allerdings scheint das deutlich anders zu sehen .

3. Die Packers und altbekannte Probleme

Man könnte die Packers-Pleite gegen Indianapolis, die Green Bay im Rennen um den NFC-Top-Seed zurückwirft, als Ausrutscher abtun. Gegen eine gute Colts-Defense begannen die Packers zwar furios, Rodgers attackierte direkt vertikal, Green Bay spielte auffallend viel Play Action und griff so die vielen 2-High-Zone-Coverages der Colts mit Big Plays an.

Doch in der zweiten Halbzeit war der Wurm drin. Zwei Three-and-Outs, gefolgt von einem Fumble beim Kick-Off-Return sowie einem Turnover on Downs (zugegeben, mit einem sehr fragwürdigen Play-Design) - Green Bay kam in der zweiten Hälfte offensiv auf keinen grünen Zweig. Selbst der Turnover in Overtime, ein extrem vermeidbarer Fumble von Valdes-Scantling, fällt hier noch rein.

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Und so könnte man einen einfachen Haken hinter die Partie setzen. Was die Packers defensiv wie offensiv in der ersten Hälfte zeigten, war eindrucksvoll, gegen die starke Colts-Front konnten sie allerdings nie ein konstantes Run Game aufziehen und das Spiel entglitt Green Bay nach der Halbzeitpause.

Aber: Es waren gleichzeitig auch zu viele immer wiederkehrende Probleme mit diesem Packers-Team, die auch maßgeblich zum Meltdown gegen die Colts beitrugen. Eine Run-Defense, die zu häufig diesen Namen nicht verdient und einfachste Fehler begeht. Mehrere Blown Coverages in der Secondary. Eine Interception von Aaron Rodgers, die zwar durch ein spektakuläres Play von Corner Rock Ya-Sin kam , aber auch nur möglich war, weil Rodgers den Ball zu spät warf. Und nicht das erste Spiel dieser Saison, in dem Green Bays Offense-Motor gegen eine gute Defense ins Stottern kam.

Indianapolis geht mit diesem Sieg im Rücken in glänzender Ausgangslage in das Rückspiel gegen die Titans, das schon die Weichenstellung für die AFC South sein könnte. Die Packers derweil müssen sich um die Division keine Sorgen machen, die Auftritte der anderen NFC-North-Teams am Sonntag unterstrichen das. Doch um in den Playoffs am Ende ganz lange mitzuspielen, wird Green Bay deutlich mehr von der eigenen Defense brauchen - oder offensiv wieder nahe an der Perfektion spielen müssen.

Ehrlicherweise wirkt Letzteres aktuell wahrscheinlicher.

4. Tua und Fitz: Das Kurzzeit-Benching in Miami

Dolphins-Coach Brian Flores ließ nach dem Spiel keinen Raum für Spekulationen. "Tua war nicht verletzt. Wir hatten einfach den Eindruck, dass Ryan Fitzpatrick uns die beste Chance im 2-Minute-Drill gibt", erklärte Flores den Quarterback-Tausch. Tua Tagovailoa, Miamis Rookie-Quarterback, hatte zuvor einen harten Hit - seinen sechsten Sack dieser Partie - eingesteckt und hatte auch unter der Woche Probleme am Fuß gehabt.

Doch alle Theorien in dieser Richtung dementierte Flores unmissverständlich. Fitzpatrick kam in der Schlussphase der Partie gegen Denver aus einem Grund rein: weil Tagovailoa die Offense nicht bewegen konnte und Flores mit Fitzpatrick eine bessere Chance sah, das Spiel spät zu gewinnen. Tua wird kommende Woche wieder starten.

Das ist eine legitime Entscheidung, aber ist es wirklich die beste Entscheidung für das Team? Gerade bei Quarterbacks sehen wir so häufig, wie drastisch die Lernkurve ausfallen kann. Vom ersten zum zweiten und vom zweiten zum dritten Jahr als Starter gibt es häufig die größten Leistungssprünge, weil man sich an das Tempo und die Defenses in der NFL gewöhnt - und weil man aus seinen Fehlern lernt.

Jungen Quarterbacks muss es erlaubt sein, diese Fehler auch zu machen. Schwache Spiele zu beenden, zu erfahren, welche Antworten sie womöglich finden, die sie gar nicht mehr erwartet hatten. Das trägt ganz konkret zur Lernkurve bei, und gibt dem Quarterback auch das notwendige Vertrauen, dass er sich bei der nächsten Gelegenheit beispielsweise nicht scheut, ein Risiko einzugehen, weil er womöglich rausgenommen werden könnte.

Ganz zu schweigen davon, dass man mit dieser Aktion potenziell ein Thema wieder aufmacht, das man eigentlich schon geschlossen hatte. Was wäre gewesen, wenn Miami das Spiel mit Fitzpatrick gewonnen hätte? Was, wenn Tua dann im nächsten Spiel die Offense wieder nicht bewegen kann, man aber dank der Defense noch im Schlussviertel in Schlagdistanz ist? Das ist ein Spiel mit dem Feuer, das schlicht unnötig erscheint.

Dolphins: Tagovailoa noch mit viel Luft nach oben

Was unbestreitbar ist, und was dieser Situation zusätzliches Feuer verleiht, ist die Tatsache, dass Tua nicht gut gespielt hat - und das ist noch überaus freundlich formuliert. Es war über weite Strecken ein desolates Spiel des Rookie-Quarterbacks. Denver verstand es glänzend, ihn komplett aus dem Rhythmus zu bringen und sich nicht durch einfache Pässe und Play-Designs schlagen zu lassen. Es war der schlechteste Auftritt von Tua in dieser Saison, aber keineswegs das erste nicht sonderlich gute Spiel.

Gegen Arizona zeigte er einige Highlights, gegen die Rams und auch gegen die Chargers war doch einiges an Luft nach oben, mindestens. Die Siegesserie täuschte sicher ein wenig darüber hinweg, doch waren es vor allem Big Plays der Defense, Big Plays im Special Team und auch einige Male Turnover-Glück bei Tua selbst, kurzum: Miami gewann während dieser Siegesserie Spiele auf eine Art und Weise, die schwer aufrecht zu erhalten ist.

Gegen Denver war er erstmals so richtig gefordert. Die eigene Defense offenbarte nach gutem Start einige Risse, insbesondere, wenn die Pressure-Pakete nicht griffen. Miamis Offensive Line wackelte extrem und Tua musste mehr über das reguläre Dropback-Passspiel kommen. Und dabei hatte er noch klare Defizite.

Oder andersherum gesagt: Die Offense ist mit Tua aktuell deutlich limitierter als mit Fitzpatrick, was an diesem Punkt niemanden überraschen sollte. Mit dem Rookie sind es viele kurze Pässe, wenig Spielraum für Fehler, Probleme mit Pressure. Mit Fitzpatrick war die Offense sofort beflügelt und trat komplett anders auf, plötzlich wurde vertikal attackiert und Fitzpatrick lieferte Plays gegen Pressure. Bei zwei Versuchen legte er den längsten und den drittlängsten Dolphins-Drive in dieser Partie hin.

Dass Miami kurzfristig mit Fitzpatrick eine bessere Chance auf Siege hat, ist klar. Aber das sollte nicht der Fokus in Miami dieses Jahr sein. Es geht nicht um kurzfristige Siege, die Dolphins sind kein Titelanwärter in diesem Jahr. Es geht um die mittel- und langfristige Perspektive, beginnend mit Tua selbst. Und nachdem Brian Flores dieses Team bislang großartig entwickelt hat und bis dato auch die Quarterback-Situation gut gemanagt wirkte, ist das eine äußerst fragwürdige Entscheidung, die noch Nachwirkungen haben könnte.

5. Die letzte Patriots-Playoff-Hoffnung erlischt

Das letzte bisschen Playoff-Rest-Hoffnung bei den Patriots ist mit der Pleite gegen Houston dann auch Geschichte. Der Umbruch in Foxboro ist jetzt immer mehr Realität, und das wird eine ganze Reihe an gravierenden Fragen mitbringen, beginnend mit der Quarterback-Frage. Macht man mit Cam Newton weiter? Oder geht man in einen so groß angelegten Rebuild, dass man sich auch auf dieser Position komplett neu aufstellt?

Das dürfte generell eine der spannenderen Storylines für die kommende Offseason sein. New England hat Cap Space und dürfte so früh im Draft picken wie seit seht langer Zeit nicht mehr. Doch wie sehr ist Belichick bereit, einen kompletten Rebuild durchzuführen? Und wie würde so einer bei den Patriots überhaupt aussehen?

Die Story dieses Spiels am Sonntag aber darf niemand anderes als Deshaun Watson sein. Watson unterstrich gegen die Patriots das, was man schon über die vergangenen Wochen beobachten konnte: Nach einem sehr holprigen Saisonstart ist Watson zurück in der Quarterback-Elite, er kann diese Offense tragen und genau das tat er, auch ohne seinen angeschlagenen Left Tackle, am Sonntag gegen New England.

Für Houston wird diese Saison nirgendwo mehr hinführen. Aber Watsons Auftritt am Sonntag unterstrich nochmals wie sehr man auch als neutraler Beobachter darauf hoffen darf, dass Houston einen Head Coach und einen GM findet, die um Watson herum einen Titelanwärter bauen können. Watson ist dafür definitiv gut genug.

Für die Pats derweil bleibt in diesem Spiel ein wenig die Frage, warum man gegen die vielleicht schlechteste Run-Defense der Liga nach dem exzellent designten ersten, geskripteten Drive nicht mehr beim Run Game blieb, ohnehin die Kernkompetenz dieser Patriots-Offense. Auch wenn der Auftritt von Damiere Byrd Spaß gemacht hat, doch teilweise wirkte es, als wolle New England es durch die Luft erzwingen.

Die Pats-Offense sollte eigentlich um die Offensive Line, die Running Backs und Cam Newton als X-Faktor im Run Game aufgebaut sein. Warum sie das gegen die in der Run-Defense so anfällige Texans-Defense nicht früher im Spiel, bevor New England dann immer wieder aufholen musste, ausgenutzt haben, ist ein Problem für sich. Das gilt für die designten Runs mit Cam, doch auch für Damien Harris im Backfield.

6. Raiders: "Best of the Rest"?

Zum Sweep gegen die Chiefs hat es am Ende für die Las Vegas zwar knapp nicht gereicht, nach 40 Punkten beim Sieg in Kansas City reichten dieses Mal 31 eigene Punkte gegen eine schwach aufspielende Chiefs-Defense nicht - dieses Mal nutzte Patrick Mahomes seine letzte Possession.

Doch es ist nicht einfach nur die Mahomes-Magie, die am Ende hier in Erinnerung bleiben sollte; das war vielmehr eines der besten Quarterback-Duelle dieser Saison, wenn man die Leistungen beider Quarterbacks zusammennimmt. Und das lag ganz ausdrücklich eben auch an Derek Carr, der wie schon in Woche 5 bis zum Schluss Schritt für Schritt mit Mahomes ging. Und das dieses Mal auch ohne ein funktionierendes Run Game.

Carr attackierte wieder vertikal, wenn auch nicht ganz so aggressiv wie beim Sieg in Arrowhead, er war unheimlich effizient in der Mitte des Feldes. Nelson Agholor bleibt eine veritable vertikale Waffe in dieser Offense, und Darren Waller ist längst in der Tight-End-Elite etabliert. Gegen die Chiefs war auffällig, wie vielseitig die Raiders ihn einsetzen können; eben nicht einfach nur über die Mitte des Feldes, sondern auch bei Routes nach außen, um seinen Speed bei vertikalen Cuts und nach dem Catch zu nutzen.

Eine nach wie vor extrem löchrige Raiders-Defense zwingt die Offense ultimativ in diesen Topspielen auch dazu, viel zu punkten. Aber die Erkenntnis dieser Saison ist längst: Gruden und Carr im Verbund, mit einem Waffenarsenal, das Carr zusätzlich besser aussehen lässt, können das eben auch.

Trotz der Niederlage muss man die Raiders mehr und mehr als stärkstes Team unter den Wildcard-Anwärtern in der AFC einstufen, mit aber einem Zusatz: Las Vegas sieht aktuell aus wie die etwas schlechtere Version der Chiefs. Wie weit das die Raiders ultimativ bringen kann, bleibt abzuwarten.

7. Ravens taumeln Richtung Mittelmaß

Das Duell zwischen den Baltimore Ravens und den Tennessee Titans hatte mehr Brisanz als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Das galt auf dem Platz, wo beide Seiten sich schon vor dem Spiel hitzige Wortgefechte lieferten, aber auch ganz nüchtern mit Blick auf die Standings: Beide rennen in ihrer jeweiligen Division nur hinterher, beide könnten letztlich direkte Konkurrenten im Kampf um ein Wildcard-Ticket beziehungsweise eine Wildcard-Platzierung sein.

Am Ende steht ein Overtime-Sieg für die Titans, und aus Ravens-Sicht fühlt sich die Saison mehr und mehr wie der immer gleiche Sonntag an. Man kann den Ball ganz gut laufen, das Outside Passing Game ist viel zu harmlos - an dieser Stelle: Willkommen zurück, Dez Bryant! - und im Endeffekt brauchen die Ravens vier sehr gute bis dominante Viertel der eigenen Defense, damit der Beitrag der Offense reicht. Ich hatte letzte Woche ja erst zum wiederholten Male ausführlicher darüber geschrieben .

Gegen Tennessee wirkte es so, als könnte die Defense das Team tatsächlich tragen. Derrick Henry war in der ersten Halbzeit komplett abgemeldet, die Ausfälle von Brandon Williams und Calais Campbell machten sich bis dato nicht bemerkbar. Doch ganz langsam öffneten sich Löcher in der Ravens-Defense. Nicht nur über Henry, sondern über den extrem physischen A.J. Brown, Tannehill hatte einige gute Pässe und die Titans punkteten zum Ende des Spiels bei vier aufeinanderfolgenden Drives.

Das reicht dann schon, um den Ravens ernsthafte Probleme zu bereiten. Weil es eben auch wieder Drops in der Offense gab, weil Jackson einige Würfe liegen ließ und weil die explosiven Big Plays, die diese Ravens-Offense im Vorjahr noch ausgezeichnet haben, wieder nur sehr einzeln vorkamen.

Was sagt das ultimativ über beide Teams? Beide setzen sich mehr und mehr im oberen Mittelmaß der Liga fest: gut genug, um Playoffs zu spielen, aber nicht gut genug, um ganz oben anzugreifen. Denn Tennessees Defense, nicht dass dabei ein falscher Eindruck entsteht, war auch in dieser Partie nicht sonderlich gut.

An diesem Punkt scheint das die schlichte Realität für die Titans und Ravens zu sein. Wenn alles gut läuft, kann man jedem Gegner Probleme bereiten. Doch wo beide Teams letztes Jahr phasenweise geradezu beflügelt durch die Saison marschierten, stehen jetzt deutlich mehr Baustellen und deutlich mehr harte Arbeit.

8. Vikings: Optimismus trotz Cowboys-Patzer

Die überraschende Niederlage der Minnesota Vikings gegen Dallas könnte nach einem kurzen Hoffnungsschimmer schon wieder alle Playoff-Träume begraben: Die Vikings müssten jetzt fast schon alle ausstehenden Spiele gewinnen, um eine Chance im Wildcard-Rennen zu haben.

Doch selbst mit dieser Niederlage, in welcher die Cowboys irgendwo schlicht auch die nach wie vor die aufgrund mangelnder individueller Qualität vorhandenen Löcher in der Vikings-Defense ausnutzen konnte, darf es Grund für Optimismus in Minnesota geben.

Die Passing-Offense sieht fantastisch aus, genau wie Rookie-Receiver Justin Jefferson. Adam Thielen präsentierte sich am Sonntag in bester All-Pro-Form. Und: Kirk Cousins ist einfach ein guter Quarterback! Er mag keiner sein, der eine schwache Offense trägt, aber wenn wir in die Riege der Game Manager schauen, in die Quarterback-Kategorie Jimmy Garoppolo, Ryan Tannehill und Co. - dann muss sich Cousins hier nicht nur vor niemandem verstecken, sondern er ist vermutlich die Spitze dieser Gruppe.

Was bringt das den Vikings? Minnesota darf optimistischer schon auf die kommende Saison blicken. Ein gewisser Umbruch ist nach wie vor unabdingbar, insbesondere auf der defensiven Seite des Balls. Aber das, was wir von Cousins und der Passing-Offense gerade sehen, darf Vikings-Fans Hoffnung geben, dass die positive Seite des Umbruchs schnell erreicht werden kann.

9. Saisonaus für Joe Burrow - mit Ansage?

Die traurigste Headline des Spieltags geht definitiv nach Cincinnati: Die Verletzung von Joe Burrow - mutmaßlich ein Kreuzbandriss - beendet die Saison für den First-Overall-Pick im vergangenen Draft. Burrow war auf bestem Wege, sich mit Justin Herbert bis zum Saisonende ein Duell um die Auszeichnung für den Offensive Rookie des Jahres zu liefern; dieser Award dürfte jetzt nur über Herbert laufen.

Aber natürlich ist es vor allem rein sportlich bitter, auch für Burrows Entwicklung. Zwar ist bis zum Saisonstart 2021 noch viel Zeit, doch erwartet Burrow jetzt vermutlich eine Operation, gefolgt vom langen Reha-Prozess und auf die eine oder andere Art und Weise wird seine Vorbereitung auf die kommende Saison davon noch beeinflusst werden.

Unbestreitbar ist, dass Cincinnati in der Offensive Line jede Menge Arbeit vor sich hat. Das war schon in der Offseason und dann im Prinzip nach jedem Bengals-Spiel ein Thema: Burrow stand enorm viel unter Druck, obwohl er den Ball bereits schnell loswurde. Die Offensive Line benötigt mindestens drei Upgrades, und zwar dringend. Das müssen die Prioritäten eins bis drei in der kommenden Bengals-Offseason sein.

Natürlich haben die Bengals Burrow mit dieser Line das Rookie-Leben überaus schwer gemacht, in manchen Spielen musste man sich Sorgen machen, dass Burrow zu viel Druck wittert, wo noch gar kein Druck ist. Doch die Verletzung sollte man getrennt davon betrachten. Das größte Gegenbeispiel ist hier Derek Carr, der in der Raiders-Playoff-Saison vor einigen Jahren hinter einer exzellenten Line spielte, kaum unter Druck stand - und der einzige Sack, den Left Tackle Donald Penn in der Saison zuließ, zu Cars Verletzung und Saisonaus führte. Mehr Druck ist nie gut, ich würde die Verletzung allerdings nicht primär der schlechten Kaderplanung in der Line zuschreiben.

Cincinnati darf dennoch für die Zukunft hoffen. Burrows Arm hat seine Limitierungen, aber wie weit er als Quarterback schon ist, war absolut beeindruckend zu sehen. Washington auf der anderen Seite sucht auf der wichtigsten Position noch seine langfristige Antwort - und bleibt dank der Defensive Line und einer Offense, die mit Alex Smith, McLaurin und den Backs zumindest eine gewisse Baseline hat, inmitten des Playoff-"Rennens" in der NFC East.

10. Lions-Argumente, die niemand braucht

Nicht, dass die Lions noch weitere Argumente bräuchten, um die Matt-Patricia-Ära zeitnah zu beenden - aber die Vorstellung gegen die mit dem Backup-Quarterback angetretenen Carolina Panthers wäre ein solches Argument.

Nicht nur, weil man sich von Teddy Bridgewaters Vertreter P.J. Walker Big Plays einschenken ließ. Nicht nur, weil die Offense gegen eine definitiv schlagbare Panthers-Defense eine unter dem Strich desolate, peinliche Vorstellung ablieferte. Und nicht nur, weil die Lions in der ersten Hälfte bei aufeinanderfolgenden Drives drei Mal in der gegnerischen Hälfte punteten, bei fünf, sechs und drei Yards bis zum First Down.

Die Summe all dieser Dinge ergibt dann aber eben doch ein ziemlich vernichtendes Urteil. Die Lions sind eines der inkonstantesten Teams der Liga, ohne eine klar erkennbare Handschrift, ohne einen funktionierenden Plan A - geschweige denn Plan B -, und wenn sie dieses Jahr besser aussahen, war es meist der individuellen Qualität in der Offense zu verdanken.

Und es hätte noch deutlich übler verlaufen können, hätte Walker nicht zwei Picks in der Red Zone geworfen. Der Ex-XFL-Star gab Carolina hier und da ein erhöhtes Ceiling, weil er außerhalb der Pocket arbeiten und gefährlicher vertikal gehen kann als Bridgewater. Doch man kann davon ausgehen, dass diese Pleite für die Lions mit der hohen Bridgewater-Baseline noch deutlich höher ausgefallen wäre.