Bevor wir das aber tun, müssen wir zunächst die Parameter für einen solchen Trade betrachten. Die Nets agieren über dem Salary Cap, das bedeutet, sie können in einem Deal maximal 125 Prozent plus 100.000 Dollar an Gehältern aufnehmen.
James Harden bekommt in der kommenden Saison rund 41,25 Millionen Dollar. Rechnet man dies runter, dann müssten die Nets mindestens 33 Millionen in Richtung Houston zurückschicken.
Ob die Rockets Interesse an einem Trade haben, ist noch unklar, allerdings steigt wohl die Wahrscheinlichkeit, nachdem Harden ein Angebot einer vorzeitigen Vertragsverlängerung bereits ablehnte. Sollte man die Reißleine ziehen, wird der Fokus darauf liegen, mit jungen Spielern einen Neuanfang zu starten.
Brooklyn könnte das in Caris LeVert, mit Abstrichen Spencer Dinwiddie oder aber Jarrett Allen zumindest teilweise liefern. Vielleicht mag Rockets-GM Rafael Stone aber auch Youngster wie Rodions Kurucs oder Nicolas Claxton, die bisher kaum in Erscheinung traten. Zudem verfügen die Nets über jede Menge Draft-Picks.
Die Pick-Situation der Brooklyn Nets
Die Zeiten, als Boston Jahr für Jahr die Kontrolle über die Nets-Picks hatte, sind lange vorbei. In diesem Jahr picken die Nets für Philadelphia an Position 19, das eigene Auswahlrecht (#17) hält Minnesota. Dafür halten die Nets alle weiteren eigenen First Rounder bis 2026 und könnten zudem zahlreiche Zweitrundenpicks für die Zukunft anbieten.
Jahr First Rounder Second Rounder 2020 Pick 19 (von den Sixers) Pick (von den Nuggets) 2021 Eigener Pick Hawks-/Suns-/Pacers-Pick 2022 Eigener Pick Eigener Pick 2023 Eigener Pick - 2024 Eigener Pick Eigener Pick 2025 Eigener Pick Warriors-Pick 2026 Eigener Pick Eigener Pick
Die Schatulle ist offensichtlich voll, hier könnten die Nets Houston einiges anbieten, auch wenn die eigenen Erstrundenpicks in naher Zukunft eher zwischen Position 20 und 30 zu verorten sein werden. Interessanter könnten die Auswahlrechte ab 2023 werden, wenn die Stars a) deutlich älter und b) womöglich gar nicht mehr da sind.
Die Menge an Picks könnte letztlich das Zünglein an der Waage sein. Zur Erinnerung: Der Vergleich ist zwar nicht perfekt, aber die L.A. Clippers legten für Paul George fünf Erstrundenpicks auf den Tisch, auch wenn dabei auf die "Kawhi-Leonard-Steuer" hingewiesen werden muss. Ohne PG-13 wäre Leonard wohl nicht zu den Clippers gewechselt.
Harden ist zwar ein besserer Spieler als George, hat aber einen üppigeren Vertrag, wodurch zwei bis vier Erstrundenpicks ein annehmbarer Preis sein könnten, wenn das sonstige Talent-Paket stimmt.
So könnten mehr oder weniger realistische Szenarien aussehen, die den MVP von 2018 an die Flatbush Avenue bringen könnten.
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Szenario 1 für einen Trade von James Harden nach Brooklyn
Rockets bekommen: Spencer Dinwiddie, Caris LeVert, Jarrett Allen, Taurean Prince, 2 First Rounder und 2 Pick-Swaps.
Nets bekommen: James Harden.
Das wäre wohl das Maximum, was Houston den Nets an Spielern aus dem Kreuz leiern kann. Dinwiddie und LeVert sind nicht weit weg vom Status von All-Stars und spielen unter moderaten Konditionen. Das kann man von Prince zwar nur bedingt behaupten, doch womöglich war seine schwache vergangene Saison nur ein Ausreißer. Prince gilt zwar als 3-and-D-Spieler, trifft den Dreier aber sehr schwankend und ist für seine Position ein maximal durchschnittlicher Verteidiger.
In so ziemlich jedem Deal sollte dagegen Allen sein. Der Center bewies in den Playoffs, dass er ein Starter in der NBA sein kann. Nicht wenige fassten sich im März an den Kopf, als Interims-Coach Jacque Vaughn DeAndre Jordan wieder zum Fünfer Nummer eins ernannte.
Szenario 2 für einen Trade von James Harden nach Brooklyn
Rockets bekommen: Spencer Dinwiddie, Caris LeVert, Jarrett Allen, Rodions Kurucs, 2 First Rounder und 2 Pick-Swaps.
Nets bekommen: James Harden.
Mit dem Trade von Robert Covington nach Portland haben die Rockets bereits angedeutet, dass sie womöglich sogar den kompletten Rebuild einleiten wollen. Dessen Ersatz Trevor Ariza hat nämlich einen ungarantierten Vertrag und könnte für nur 1,8 Mio. Dollar entlassen werden, wodurch Houston einiges an Geld sparen könnte.
Das würde auch in diesem Szenario passieren. Dafür ersetzen wir die 13,6 Millionen von Prince mit den 1,7 Millionen von Kurucs. So könnten die Rockets unter die magische Grenze von 132,6 Millionen rutschen und die Luxussteuer vermeiden. Das wäre im Falle eines Rebuilds natürlich sinnvoll, erst recht in Pandemie-Zeiten, die Rockets-Besitzer Tilman Fertitta mit seinem Restaurant- und Casino-Geschäft wohl so hart wie keinen anderen Besitzer getroffen haben.
Szenario 3 für einen Trade von James Harden nach Brooklyn
Rockets bekommen: Caris LeVert, Jarrett Allen, Taurean Prince, Rodions Kurucs und 3 Erstrundenpicks.
Nets bekommen: James Harden.
Dies wäre der Weg, um zumindest Dinwiddie in Brooklyn halten zu können. Ob er mit seiner balldominanten Spielweise zu Kyrie, Harden und Durant passt, sei einmal dahingestellt, aber womöglich hat man in Brooklyn eine andere Meinung dazu. Dinwiddie selbst hatte unlängst schon geäußert, er könne in der Nets-Star-Truppe eine Art "Draymond Green"-Rolle übernehmen.
Wie realistisch ist ein Trade von James Harden nach Brooklyn?
Eins muss bei all diesen Spekulationen betont werden: Brooklyn kann nicht zwingend das beste Angebot für Harden machen. LeVert und Dinwiddie sind gute Spieler, aber keine Franchise-Player, im Westen dürften beide nie All-Stars werden. Picks sind wertvoll, aber nicht alles; es ist gut möglich, dass die Rockets ein Franchise-Talent für einen der nach wie vor besten Spieler der Liga fordern werden.
Fragt sich, welche Spieler das sein könnten. Eine Option ist Ben Simmons; macht der neue Philadelphia-Boss Daryl Morey diesen verfügbar, könnten die Sixers jedes Angebot aus Brooklyn theoretisch übertrumpfen. Vielleicht werden die Nuggets mit einer Kombination aus Michael Porter Jr. und Jamal Murray vorstellig?
So unwahrscheinlich das klingt, es werden sich etliche Teams bei den Rockets melden. Harden ist so gut, dass er eine Franchise auf den Kopf stellen kann, sein Vertrag ist noch mindestens zwei Jahre lang gültig; er wird seinen Wunsch also nicht ganz so einfach erzwingen können, wie es Anthony Davis mit den Lakers gelang.
Möglich ist es natürlich trotzdem. Nicht immer setzt sich das beste Angebot durch und wenn die NBA über die letzten Jahre eins offenbart hat, dann ist es folgende Realität: Wenn ein Wille da ist, findet sich sehr oft auch ein Weg.