Allzu lange brauchte Michael Cuisance nicht, um ein erstes, übergreifendes Zwischenfazit seines Wechsels zu ziehen. "Ich bin glücklich, ich habe mein Lachen wiedergefunden", gab der Franzose gleich nach seinem Debüt für Olympique Marseille gegen Girondins Bordeaux zu Protokoll - und richtete somit einen kleinen, aber vielsagenden Seitenhieb in Richtung FC Bayern München.
Der deutsche Rekordmeister, bei dem Cuisances Glückseligkeit ganz offensichtlich Risse erfahren hatte, ließ den Mittelfeldmann kurz vor Schließung des Transferfensters Anfang Oktober leihweise in Richtung Südfrankreich ziehen. Im Paket enthalten: eine Kaufoption, die sich laut L'Equipe auf rund 18 Millionen Euro belaufen soll.
Doch was stimmte den ehemaligen Gladbacher so schnell zufrieden, warum brauchte es lediglich ein Spiel, um Cuisance das abhandengekommene Lachen zurückzugeben?
FC Bayerns Leihgabe Cuisance überzeugt beim Debüt
Marseilles Trainer Andre Villas-Boas hatte dem Youngster nur anderthalb Wochen nach dessen Ankunft in der Mittelmeer-Metropole das Vertrauen geschenkt, Cuisance auf dessen Lieblingsposition im zentralen, offensiven Mittelfeld aufgeboten.
74 Minuten lang wirbelte Cuisance hinter den beiden Spitzen Florian Thauvin und Dario Benedetto, trug mit einer Passquote von 93,9 Prozent (96,4 Prozent in der gegnerischen Hälfte) seinen Teil dazu bei, dass Marseille gegen Les Girondins am Ende mit 3:1 die Oberhand behielt.
Eine positive Premiere für den neuen Arbeitgeber, der nur aufgrund eines zuvor gescheiterten Deals in den Genuss der Qualitäten Cuisances kam.
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Cuisance-Wechsel vom FC Bayern zu Leeds United platzte
Bevor der ehemalige französische U-Nationalspieler in Marseille anheuerte, hatte sich ein Wechsel in die Premier League konkretisiert. Aufsteiger Leeds United war dem Vernehmen nach bereit, satte 20 Millionen Euro Ablöse für den FCB-Reservisten auf den Tisch zu legen.
Der Deal scheiterte jedoch in letzter Sekunde, weil die medizinische Abteilung der Peacocks eine Verletzung bei Cuisance feststellte und der Klub schließlich Abstand von einer Verpflichtung nahm. "Ich weiß noch immer nicht, warum der Deal mit Leeds nicht zustande kam", erklärte der 21-Jährige im Gespräch mit RMC Sport , nachdem er bei OM aufgeschlagen war. Er schob nach: "Umso besser, weil ich jetzt für Marseille spielen kann."
Vor allem die Tatsache, dass sein neuer Arbeitgeber in der Champions League vertreten ist, habe für Cuisance bei seiner Entscheidungsfindung geholfen. "Das war ein wichtiges Argument für mich. Ich habe bei Bayern einige Spiele in der Königsklasse absolviert, daran möchte ich anknüpfen", begründete er seinen Schritt.
Auch Bayern-Vorstand Hasan Salihamidzic hob die Champions League als essentiellen Grund für die Leihe hervor und prophezeite in der offiziellen Wechsel-Meldung des amtierenden Königsklassen-Champions: "Michael wird seinen Weg gehen, die Entscheidung wird ihm und Olympique helfen."
Michael Cuisance ist "technisch weit überlegen"
Während es ausgerechnet in ebenjenem Wettbewerb bislang noch nicht für Marseille läuft (Olympique verlor die ersten drei Spiele mit Cuisance ohne eigenes Tor 0:1 gegen Olympiakos, 0:3 gegen ManCity und 0:3 gegen Porto), zeigt sich in der Ligue 1 ein konträres Bild seit der technisch versierte Linksfuß für den neunmaligen französischen Meister zum Einsatz kommt.
Nach besagtem 3:1 über Girondins, entschied Marseille auch die folgenden Liga-Partien gegen den FC Lorient sowie Racing Strasbourg (zweimal 1:0) für sich, Cuisance stand in beiden Fällen abermals in der Startelf. Insgesamt schloss er 54 Prozent seiner Dribblings erfolgreich ab, zudem verbuchte er 17 Balleroberungen und gewann knapp die Hälfte seiner Zweikämpfe (Quelle: Opta).
"Seine ersten Auftritte waren vielversprechend", sagt Sebastien Martins von Goal Frankreich . "Er spielt auf der Zehn, das scheint die Position zu sein, die Villas-Boas für ihn vorsieht. Er hat bereits gezeigt, dass er den meisten Spielern in der Ligue 1 technisch weit überlegen ist."
OM-Coach Villas-Boas: "Seine Leistungen sind exzellent"
Martins zufolge seien die Fans weitestgehend zufrieden mit ihrem Neuzugang, obwohl dieser in einigen Bereichen noch Luft nach oben habe. "Gerade weil Marseille in dieser Saison nicht sonderlich offensivstark daherkommt, erwartet man von ihm mehr Einfluss im Spiel nach vorne. Als Zehner wird er auch an seinen Scorerpunkten gemessen." Bislang steuerte Cuisance in 351 Pflichtspielminuten weder Tor noch Vorlage bei.
Dennoch scheint er bei seinem Trainer bislang einen positiven Eindruck hinterlassen zu haben. "Ich bin sehr zufrieden mit ihm. Seine Leistungen sind exzellent", attestierte der Portugiese seinem Schützling nach einmonatiger Zusammenarbeit.
Ähnlich wie Cuisance selbst, schien der 43-jährige Übungsleiter nicht allzu viel Zeit zu benötigen, um dem kreativen Offensivspezialisten ein zukunftsträchtiges Zeugnis auszustellen.
"Ich hoffe, dass wir die Kaufoption ziehen können", sagte Villas-Boas, der sich "begeistert" von diesem Szenario zeigen würde. Begeistert würde sich in diesem Fall vermutlich auch der FC Bayern zeigen. Dass ein Spieler, der keine große Rolle in den Planungen von Hansi Flick eingenommen hatte, mit einem Gewinn von zehn Millionen Euro verkauft werden könnte, dürfte den FCB-Verantwortlichen ein Lachen ins Gesicht zaubern.
Michael Cuisance im Steckbrief
geboren 16. August 1999 in Straßburg Größe 1,81 m Gewicht 74 kg Position zentrales Mittelfeld starker Fuß links Stationen Straßburg Jugend, AS Nancy Jugend, Borussia Mönchengladbach, FC Bayern, Olympique Marseille Bundesligaspiele/-tore 48/1