"Lionel Messi", sagt Berater Emre Öztürk ohne zu zögern am Telefon zu SPOX und Goal auf die Frage nach einem Spieler, mit dem er seinen Klienten Yusuf Demir vergleichen würde. Lionel Messi also. Größer geht nicht.
"Yussi ist sehr kreativ, dribbelstark und hat einen super linken Fuß. Seine Technik und Übersicht sind überragend. Mit seiner Spielweise erinnert er eben sehr an Messi", erklärt Öztürk unaufgeregt, wie selbstverständlich. Aber gut: Ähnliches wurde schon sehr oft gesagt über Demir und beileibe nicht nur von seinem Berater.
Als der englische Guardian neulich seine alljährliche Liste der weltweit größten Talente herausbrachte, fehlte auch der Name Yusuf Demir nicht. Vorgestellt wurde er natürlich als der "Austrian Messi". Der 17-jährige Demir vom SK Rapid Wien ist ziemlich genau halb so alt wie Messi. Wie sein Vorbild ein Offensivallrounder, eine Mischung aus Spielmacher und Stürmer.
"Yussi ist ein großer Messi-Fan", sagt Öztürk. "Er liebt alles, was mit Messi zu tun hat. Früher spielte er immer in seinen Trikots." Mittlerweile aber hat er sein eigens: Demir, Nummer 48.
Yusuf Demir: Zurückhaltender Rekordhalter
14-mal trug er es bisher für die Rapid-Profis und verzeichnete dabei sechs Scorerpunkte, erstmals im vergangenen Herbst. Mit 16 Jahren, sechs Monaten und zwölf Tagen avancierte er zum jüngsten Rapid-Spieler der Bundesligageschichte und löste damit Veli Kavlak ab, dem einst eine ähnlich große Zukunft wie aktuell Demir vorausgesagt wurde. Ganz gerecht wurde Kavlak den hohen Erwartungen jedoch nicht, nach Jahren bei Besiktas Istanbul ist er mittlerweile vereinslos.
Wie Kavlaks liegen auch Demirs Wurzeln in der Türkei. Er wurde zwar in Wien geboren, seine Familie stammt aber aus der Stadt Trabzon am Schwarzen Meer. Einmal im Jahr ist Demir bei seinen Großeltern zu Gast, erzählt Öztürk: "Alle seine Verwandten, sein ganzes Umfeld ist Fußball-verrückt." Zu erzählen hätte Demir viel - wenn er es denn wollen würde.
"Er ist ein sehr zurückhaltender Junge. Keiner, der viel redet. Deshalb mag er es auch nicht, Interviews zu geben", erklärt Öztürk. Ganz hinten im Internet gibt es immerhin ein kleines Interview-Schnipsel von Demir, es stammt aus dem Frühling 2019. Der damals 15-Jährige hatte gerade seinen ersten Profivertrag bei Rapid unterschrieben, erklärte die Gründe dafür und sagte dann mit leiser Stimme und verschmitztem Lächeln: "Ich liebe diesen Klub."
Yusuf Demir im Steckbrief
geboren 2. Juni 2003 in Wien Größe 1,73 m Gewicht 69 kg Position offensives Mittelfeld, Rechtsaußen starker Fuß links Stationen First Vienna FC, SK Rapid Wien Bundesligaspiele/-tore 11/1
SK Rapid oder Ausland? Demirs Zukunftspläne
Das Fußballspielen lernte Demir einst bei First Vienna, dem ältesten Klub Österreichs. Mit zehn Jahren schloss er sich Rapid an, dem größten Klub des Landes - der aber bald zu klein sein wird für den 1,73 Meter großen Demir. "Wir haben einen klaren Karriereplan für ihn entworfen - und der nächste Schritt kommt immer näher", erklärt Öztürk, der Demir mit seiner Berateragentur SBE Management seit dessen 14. Lebensjahr betreut. "Wir wollen nichts erzwingen, aber weit ist es nicht mehr bis zum Auslandswechsel."
Und wohin soll es gehen? "Er will zwar irgendwann mal für Barcelona spielen, daran denken wir bei seinem nächsten Schritt aber noch nicht. Eher an Deutschland. Wir stehen schon im Austausch mit einigen Klubs. Alle paar Tage klingelt mein Telefon und ein neuer Interessent meldet sich."
Rapids Akademie-Leiter Willi Schuldes berichtete von Anfragen "absoluter Top-Vereine aus ganz Europa". In Spanien und England soll Demir begehrt sein, aus Deutschland wurden bisher Borussia Dortmund, der FC Bayern München, Bayer Leverkusen und der VfB Stuttgart mit ihm in Verbindung gebracht.
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Demir beim SK Rapid: Freistoß-Wettbewerbe mit Hofmann
In der Nähe von Stuttgart, in der Kleinstadt Sindelfingen machte Demir einst erstmals international auf sich aufmerksam. Im Januar 2019 wurde er beim prestigeträchtigen U19-Hallenturnier Mercedes-Benz Junior Cup zum besten Spieler gewählt. Als jüngster Teilnehmer. Rapid verlor das Finale zwar gegen den FC Liverpool, holte den Titelgewinn im darauffolgenden Jahr aber nach. Spieler des Turniers wurde erneut Demir.
Ähnlich beeindruckend wie seine Auftritte in Sindelfingen sind seine Statistiken für diverse österreichische U-Nationalmannschaften: In insgesamt 25 Spielen gelangen ihm 19 Tore. Aktuell spielt er für die U21, steht aber bereits im Fokus der A-Nationalmannschaft von Trainer Franco Foda.
Spielberechtigt wäre Demir jedoch auch für das Heimatland seiner Vorfahren. Der türkische Verband aber meldete sich erst Jahre nach dem österreichischen bei ihm, Demir hatte sich da schon längst beim ÖFB eingelebt. "Insofern gibt es keinen Grund, zu wechseln", sagt Öztürk.
Demir fühlt sich ohnehin als Wiener, als Rapidler. Und als solcher zählt natürlich auch der jahrelange Rapid-Spielmacher und -Kapitän Steffen Hofmann zu seinen Vorbildern. Als Messi von nebenan sozusagen. Hofmann, bei Rapid zunächst als Talente-Manager und aktuell als Trainer der Reservemannschaft tätig, arbeitete lange tagtäglich mit Demir, "einem Spieler, wie ich ihn in diesem Alter noch nie gesehen habe".
Wie Hofmann gilt auch Demir als Experte für ruhende Bälle und so liefern sich die beiden bis heute gerne Freistoß-Wettbewerbe, erzählt Öztürk: "Bisher gewann meistens der Steffen." Bisher.