Triple-Sieger 2013. Triple-Sieger 2020. So viele deutsche Meisterschaften, dass man beim Zählen beinahe müde wird. Jerome Boateng, könnte man meinen, hat in den vergangenen neuneinhalb Jahren eigentlich oft genug die Knochen für den FC Bayern hingehalten und ihm zu einer derart hohen Anzahl von Trophäen verholfen, um wie ein verdienter Spieler behandelt zu werden.

Die Realität ist eine andere - sogar in Zeiten, in denen Boateng unter Trainer Hansi Flick seinen mindestens zweiten Frühling erlebt. Am Donnerstag nämlich publizierte die in Bayern-Kreisen für gewöhnlich gut informierte Bild einen Bericht, aus dem hervorging, dass der Verein den Vertrag des 32-Jährigen auslaufen lassen und mit Leipzigs Dayot Upamecano sozusagen den Boateng der Zukunft verpflichten wolle.

So weit, so gut, im Sport ist es nun einmal wie im Leben: Die Älteren müssen irgendwann für die Jüngeren weichen. Und Upamecano, 22, steht schon länger auf der Wunschliste der Münchner.

Niemand vom FC Bayern hat mit Boateng gesprochen

Es geht aber gar nicht um die angeblichen Planspiele des FC Bayern. Es geht um die Art und Weise der Kommunikation mit Boateng. Der Routinier, der zuletzt offen von einer Vertragsverlängerung um ein weiteres Jahr bis 2022 sprach, wurde vom Verein nicht über einen Trennungswunsch informiert. Der sich wie ein Lauffeuer ausbreitende Bericht des Blattes, mit dem er im Übrigen seit Jahren über Kreuz liegt, ließ ihn dementsprechend verwundert zurück. Dass sich auch mehrere Stunden nach der Veröffentlichung keiner der Verantwortlichen des FC Bayern bei ihm gemeldet oder öffentlich klargestellt hatte, dass der Bericht der Bild nur ein Gerücht sei, passt zu dem unwürdigen Umgang mit ihm.

Klar: Boateng hat seine Ecken und Kanten, die eine oder andere kritische Bemerkung über sein Auftreten auf und neben dem Platz von Seiten der Verantwortlichen war vor seinem unverhofften Comeback samt Leistungssteigerung unter Flick auch durchaus gerechtfertigt.

Sollte Boateng den FC Bayern verlassen, dann würdevoll

Dennoch schossen die Bosse mit ihrer Kritik an Boateng oft übers Ziel hinaus - ob nun mit dem "Back-to-Earth-Appell" von Karl-Heinz Rummenigge vor vier Jahren oder mit dem Rat von Uli Hoeneß bei der Meisterfeier 2019, Boateng solle sich doch lieber heute als morgen einen neuen Verein suchen. Daraus wurde aus verschiedenen Gründen nichts. Mal wollte Boateng nicht gehen, mal legten auch die Münchner bei Gesprächen mit Paris Saint-Germain ihr Veto ein, weil sie der Meinung waren, eine exorbitant hohe Ablöse für den Spieler verlangen zu müssen.

Für sie lohnte sich Boatengs Verbleib besonders, da dieser mithilfe von Flick zu alter Stärke zurückfand und speziell auf dem Weg zum Champions-League-Sieg in Lissabon noch einmal wichtig wurde. Umso weniger hat der Weltmeister von 2014 es nun verdient, erneut links liegen gelassen zu werden. Gerade die jüngsten Erfahrungen mit David Alaba sollten dem FC Bayern gezeigt haben, wozu schlechte, weil vorrangig über die Medien ausgetragene Kommunikation führen kann.

Sollte Boateng im kommenden Sommer gehen - was aufgrund seines fortgeschrittenen Alters durchaus legitim wäre - dann nicht leise durch die Hintertür, sondern würdevoll. Denn er ist ein verdienter Spieler. Einer, dem eigentlich der Status als Legende gebührt, weil er über Jahre vieles für den Verein gegeben hat - und nach wie vor vieles gibt.