Kurz vor dem Anpfiff redete Lucien Favre noch einmal eindringlich auf Jadon Sancho ein. Seinen Handzeichen zufolge gab der Dortmunder Trainer dem 20-jährigen Engländer letzte taktische Anweisungen mit auf den Weg.
Keine Überraschung: Sancho war in der jüngeren Vergangenheit häufiger nachgesagt worden, zu wenig mit nach hinten zu arbeiten. Davon wollte Favre im Klassiker gegen den FC Bayern nichts sehen. Sollte er auch nicht.
Der rechte offensive Mittelfeldspieler machte im neu etablierten 4-2-3-1 des BVB überraschend viele Wege nach hinten, um den weniger schnellen Thomas Meunier gegen die schnellen Serge Gnabry und Lucas Hernandez zu unterstützen.
Sancho gegen Bayern: Defensiv bemüht, offensiv unauffällig
Das funktionierte über weite Strecken mehr als ordentlich. Beim Treffer zum 1:2 kurz nach der Halbzeit konnte der abermals zurückgeeilte Sancho allerdings auch nichts mehr machen: Zu gut war die Flanke von Hernandez in den Sechzehner, zu gut der Laufweg von Robert Lewandowski, der Mats Hummels entwischte und Roman Bürki per Kopf bezwang.
Gänzlich zufrieden konnte Favre trotzdem nicht sein, als er Sancho gute 20 Minuten später vom Platz nahm. Dafür war mit dem Ball am Fuß zu wenig von seinem wichtigsten Offensivspieler neben Erling Haaland gekommen. Sancho war der Körperlichkeit der Münchner nicht gewachsen, er gewann nur knapp 28 Prozent der 18 Zweikämpfe, die er bestritt, und produzierte 13 Ballverluste.
Sancho bisher nur mit fünf Torbeteiligungen für den BVB
Nun bleiben auf Dribblings spezialisierte Akteure wie er im Eins-gegen-Eins hin und wieder hängen, gerade gegen Zweikampfexperten wie Sanchos direkten Gegenspieler Hernandez. Mit lediglich einer Torschussvorlage hatte Sancho für Sancho-Verhältnisse aber einen äußerst geringen Einfluss auf das BVB-Spiel. Nicht zum ersten Mal in dieser Saison. Sancho - das bestätigte seine Leistung gegen die Bayern - ist ein gutes Stück von seiner Bestform der vergangenen Spielzeit entfernt.
In dieser waren ihm in 44 Einsätzen 40 Scorerpunkte (20 Tore, 20 Vorlagen) gelungen. In der bisherigen Spielzeit stehen nach neun Partien nur zwei Treffer und drei Vorlagen zu Buche. Gewiss keine schlechte Ausbeute. Doch große Taten in der Vergangenheit verpflichten nun einmal zu großen Taten in der Gegenwart.
BVB-Boss Watzke versichert: "Sancho ist im Kommen"
Dessen sind sich auch die Verantwortlichen beim BVB bewusst, die Druck von Sancho nehmen wollen. "Er ist im Kommen", sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im Vorfeld des Bayern-Spiels bei Sky . Sancho wirke aktuell wieder "deutlich freier und konzentrierter", nachdem sich die ständigen Abwerbungsversuche von Manchester United bis zur Schließung des Transferfensters am 5. Oktober hingezogen und so für reichlich Wirbel gesorgt hatten.
"Er hatte eine Phase, in der er sich sicherlich Gedanken darüber gemacht hat, ob es im Sommer zu einem Wechsel kommen wird oder nicht", sagte auch Sportdirektor Michael Zorc jüngst der Bild -Zeitung. "Ich glaube, dass ihn die permanenten Spekulationen zum Transferende selbstverständlich nicht komplett kalt gelassen haben."
Alles Kopfsache also? Der BVB zumindest braucht schleunigst wieder den Sancho der vergangenen Saison, um an dem neuen alten Spitzenreiter aus München dranzubleiben.
Jadon Sancho: Leistungsdaten der Saison
Wettbewerb Spiele Tore Vorlagen Bundesliga 6 0 2 Champions League 2 1 0 DFB-Pokal 1 1 1