Top 10 - die Takeaways zu Week 8 in der NFL

1. Die Favoriten stolpern Part I: Green Bay Packers

An einem Spieltag, an dem zahlreiche Favoriten patzten und nochmal mehr wackelten, war die Packers-Pleite vielleicht am überraschendsten - zumindest, wenn man die Umstände bedenkt. Rodgers hatte in Woche 1 diese Vikings-Secondary komplett zerlegt, im Vergleich zu diesem Spiel fehlten Minnesota jetzt mehrere defensive Starter. Allen voran der jüngst getradete Yannick Ngakoue sowie in der Secondary Holton Hill. Rookie-Corner Cam Dantzler musste früh in der Partie zudem verletzt raus.

Und genau das, was man in der Folge befürchten musste, passierte auch: Minnesota versuchte verschiedenste Kombinationen, um eine Antwort auf Davante Adams zu finden - und doch war Adams in kritischen Momenten immer wieder offen. Der erste Touchdown war ein Eins-gegen-Eins-Matchup, der zweite Touchdown ein Pick Play, bei dem die Defense abermals Adams nicht ansatzweise genug Aufmerksamkeit schenkte.

Überraschend dagegen war, wie gut Minnesota das Passspiel dann gerade in der zweiten Hälfte verteidigte. Doch der Schlüssel zu diesem Spiel, und der Punkt, über den hier am meisten gesprochen werden muss: Die Vikings gewannen das Spiel auf ihre bevorzugte Art und Weise - weil Green Bays Run-Defense ein ernsthaftes Problem ist.

Und natürlich ist es eine Passing-League, doch sobald etwas eine kritische Schwachstelle ist, kann es auch eine Saison in den Playoffs verändern. Die Packers waren als Nummer-22-Run-Defense nach DVOA in den Spieltag gegangen, 173 Rushing-Yards für die Vikings bei 5,1 Yards pro Run werden diese Platzierung eher nach unten wandern lassen.

Der 50-Yard-Catch-and-Run von Dalvin Cook zählt zwar nicht gegen die Run-Defense, unterstreicht aber eindrucksvoll die Problematik: Die Packers tackeln furchtbar, sie lesen Gaps falsch, sie nehmen schlechte Winkel. Doch auch die Defensive Line lässt sich immer wieder aus dem Play blocken, und die Linebacker sind schlicht und ergreifend nicht gut. Und das sieht man.

Hier ist es jetzt müßig, darüber zu spekulieren, wie dieses Team vielleicht mit Patrick Queen statt Jordan Love aussehen könnte - die Realität ist, was sie ist und einen defensiven Game-Changer via Trade zu bekommen wäre teuer; die Problematik wäre damit zudem nicht einfach vom Tisch. Die Packers müssen ernsthaft über Defensive Coordinator Mike Pettine nachdenken. Doch will Matt LaFleur auf der "anderen" Seite des Balls inmitten der Saison eine neue personelle Baustelle öffnen?

Klar ist: Mit dem Duell gegen Kyle Shanahan und die 49ers vor der Brust, erwartet die Run-Defense der Packers gleich die nächste echte Prüfung. Und die Offense auf der anderen Seite bekommt aktuell keinerlei Production von den Wide Receivern außerhalb von Davante Adams; wenn die Packers den Ball nicht laufen können, oder auch in offensichtliche Passing-Situationen kommen, wird alles merklich schwieriger. Und die Summe dieser Erkenntnisse aus der ersten Saisonhälfte könnte für diese Packers-Saison am Ende ein Killer sein.

2. Die Favoriten stolpern Part II: Tennessee Titans

Die Titans-Pleite gegen Cincinnati mit Blick rein auf die Bilanz war ebenfalls eine ziemliche Überraschung; doch hier war es auch leicht, sich verleiten zu lassen: Die Bengals waren besser als ihr bis dato einzelner Sieg vermuten ließ. Die Titans auf der anderen Seite hatten definitiv nicht so dominant gespielt, wie die Bilanz mit bis dato nur einer Niederlage nahelegte.

Die Pleite gegen Cincinnati unterstrich überdeutlich die Hauptgründe für diese These.

Die Titans haben eine schlechte Defense, an dieser Realität führt kein Weg mehr vorbei. Nicht, nachdem man gegen eine ohnehin horrend schwache Bengals-Line, die verletzungsbedingt diese Woche fast alle (!) Starter ersetzen musste, viel zu wenig Druck auf Joe Burrow ausüben konnte. Clowney, Simmons, Landry - hier ist eigentlich die Qualität dieser Defense. Gegen die Bengals hatte keiner der drei ein Play im Backfield, auch nicht gegen den Run. Burrow musste zum ersten Mal in dieser Saison keinen Hit oder Sack einstecken.

Tennessee wird defensiv auch im weiteren Saisonverlauf immer wieder wackeln, und hier muss definitiv auch der Trainerstab - beginnend mit Mike Vrabel - kritisiert werden. Zudem aber unterstreicht es die Problematik auf der anderen Seite des Balls: Ryan Tannehill hatte jetzt einige Spiele, in denen er als Dropback-Passer besser aussah - auf eine gesamte Saison darauf zu vertrauen ist noch immer riskant, und die Coaches wirken teilweise, als würden sie unter dieser Prämisse ebenfalls arbeiten.

Viel Play Action, viele Screens, die Dropback-Pässe werden gerne auf ein Minimum gehalten. Doch wenn die Defense eben derart anfällig ist, wird die Offense noch mehr Spiele diktieren können müssen. Dann schraubt sich der Problem-Kreislauf von selbst hoch, und deshalb zählen die Titans für mich auch nicht zur erweiterten Spitzengruppe in der NFL.

Und die Bengals? Wenige Fehler, ein solides Run Game auch ohne Joe Mixon, gute individuelle Auftritte der Receiver - und ein weiteres eindrucksvolles Spiel von Joe Burrow. Burrow wird vielleicht niemals die Highlight-Play-Quote seines Rookie-Kollegen Justin Herbert erreichen. Aber er spielt schon jetzt so sicher und so weit.

Die Armqualität wird bei ihm immer ein Thema bleiben, aber das, was er als Quarterback zeigt, muss Bengals-Fans immense Hoffnung für die Zukunft geben. Jetzt sollte Cincinnati ihm eine Offensive Line spendieren.

3. Ravens nach Steelers-Pleite: Baltimore noch Titelanwärter?

Am Ende dürften die Ravens auch ein wenig ratlos auf diese Partie zurückblicken. Zum ersten Mal seit mindestens 1950 verlor mit Baltimore am Sonntag ein Team, dass mindestens 200 Rushing-Yards sowie mehr Passing-Yards als der Gegner hatte. Die Ravens liefen für 265 Yards und liefen den Ball 47 Mal bei nur 28 Pässen.

Keine Frage, einiges davon war dem Spielverlauf geschuldet, immerhin führten die Ravens bis tief ins dritte Viertel. Und das Run Game funktionierte eben auch, die Ravens bewegten den Ball lange besser als Pittsburgh. Und doch führt es im nächsten Gedankenschritt zu einem Kernproblem mit diesem Ravens-Team, das schon die ganze Saison über ein Thema ist - und das am Sonntag nochmal deutlich vergrößert wurde: Die Ravens sind keine gute Dropback-Passing-Offense.

Letztes Jahr funktionierte alles deutlich leichter. Die Ravens hatten eine historisch gute Rushing-Offense, vielleicht das beste Run Game über eine Saison aller Zeiten. Und darauf baute dementsprechend alles auf. Die Play-Action-Designs, aber eben auch das Dropback Passspiel. Defenses mussten mehr Ressourcen gegen den Run investieren und Lamar Jackson bestrafte sie regelmäßig tief, wenn er dann Eins-gegen-Eins-Duelle bekam.

Dass im Run Game eine gewisse Regression eintreten würde, war zu erwarten. Dass beim regulären Passspiel parallel keine Fortschritte, sondern eher Rückschritte zu beobachten sind, ist allerdings alarmierend. Und es setzte sich auch gegen die Steelers fort.

Lamar Jackson: Die Fragezeichen bleiben

Der Pick Six gleich zu Beginn war ein furchtbarer Wurf bei Third Down in die Underneath-Coverage, der Linebacker hatte Jackson die ganze Zeit gelesen und den Pass darf der amtierende MVP schlicht nicht werfen. Pittsburgh setzte ihn regelmäßig unter Druck, Jackson wirkte überhastet, warf wieder mehr Sidearm-Pässe als nötig, wirkte teilweise nachlässig in der Pocket und beim zweiten Pick brachte er einfach nicht genug Touch in den Wurf, sodass der Underneath-Verteidiger den Pass abfangen konnte.

Kurzum: Jackson ist als Passer dieses Jahr merklich wacklig, und das war in fast jedem Spiel zu beobachten - teilweise, wenn die Ravens aufholen mussten, teilweise, wenn sie im Passspiel Dinge ausprobierten. Ein immer wiederkehrendes Thema: Jackson ist schwach gegen Pressure und hat viel größere Probleme gegen den Blitz als letztes Jahr, wo genau das Gegenteil zu beobachten war. Die Offensive Line ist nicht mehr so dominant wie im Vorjahr - und hat am Sonntag Left Tackle Ronnie Stanley für den Rest der Saison verloren.

Baltimore, mit seiner Defense, mit dem Run Game und mit einzelnen Big Plays im Passspiel ist noch immer ein gefährliches Team. Aber wenn Jackson als Dropback-Passer nicht noch einen großen Schritt nach vorne macht, muss man die Ravens mehr und mehr aus dem Kreis der engsten Titelanwärter raus nehmen.

4. Die Bears und das quälende Niemandsland

Die Art und Weise der Niederlage gegen die Saints versinnbildlichte eine Realität, der Bears-Fans sich zunehmend stellen müssen: Chicago ist in einer der schwierigsten Situationen in der gesamten NFL, wenn man die Vogelperspektive einnimmt.

Natürlich sind Teams wie die Jets sportlich viel schlechter aufgestellt - doch die Richtung scheint klar: New York wird einen Top-3-Pick im kommenden Draft haben, genau wie einen neuen Head Coach und jede Menge Cap Space. Dieses Team ist derart talentbefreit, dass man fast bei Null anfängt. Ein weißes Blatt gewissermaßen, damit aber auch eine Chance auf baldige nachhaltige Verbesserung. Zumindest eine Chance.

Und Chicagos Perspektive? Die Bears haben sich über die letzten Jahre einen starken Kader aufgebaut, insbesondere defensiv - doch die Selbsteinschätzung war dabei falsch, und das an mehreren Punkten.

Vor zwei Jahren dachten die Bears, dass sie mit Trubisky einen jungen Franchise-Quarterback haben, um den herum sie jetzt ein starkes Team aufbauen müssen, solange er günstig ist. Der spektakuläre Trade für Khalil Mack steht sinnbildlich für diese Idee. Während Mack die Defense zwar auf ein anderes Level hob, waren die Erstrunden-Picks 2019 und 2020 weg, und Mack erhielt seinen Mega-Vertrag.

In der 2019er Offseason sah man sich mit dem Division-Sieg in der Tasche weiter bestätigt und wähnte sich nur ein paar kleine Puzzlestücke von der Chance auf den ganz großen Wurf entfernt. Einen Zweitrunden-Pick hatten die Bears 2019 aufgrund eines Pick-Trades im Vorjahr auch nicht, was Chicago aber nicht daran hinderte, in Runde 3 hoch zu traden und ultimativ einen Dritt- und Fünftrunden-Pick 2019 sowie einen Viertrunden-Pick 2020 in David Montgomery zu investieren.

Doch der Running Back ist genauso wenig die Alleinlösung für das unter Matt Nagy - den man inzwischen definitiv ebenfalls kritisieren muss, für sein Play-Calling, aber auch dafür, dass er es noch immer nicht geschafft hat, eine in sich kohärente Offense aufzubauen - bestenfalls inkonstante Run Game, wie Trubisky auch nicht die erhoffte Quarterback-Antwort ist.

Bears: Weiterhin verschobene Selbstwahrnehmung

Die sportliche Quittung gab es in der vergangenen Saison mit einem Jahr im tiefsten Mittelmaß - doch die jüngste Offseason untermauerte die verschobene Selbstwahrnehmung in Chicago: Jimmy Graham und Robert Quinn wurden mit teuren Verträgen gelockt, Ted Ginn wurde kurzfristig verpflichtet. Das sind nicht die Entscheidungen einer Franchise, die einen Umbruch antizipiert. Dass man sich für Nick Foles als Alternative für Trubisky entschied, legt nahe, wie sehr eine gewisse Vertrautheit priorisiert wurde.

Das führt zurück ins Hier und Jetzt. Foles ist nicht nur - erwartungsgemäß - nicht die mittel- oder gar langfristige Antwort; aktuell spielt er zumeist schlechter als Trubisky, mit dem die Offense zwar insgesamt stets limitiert war, aber zumindest ein gewisses Überraschungsmoment mitbrachte. Gut möglich, dass wir Trubisky nochmal sehen, aber selbstredend ist auch er nicht die langfristige Lösung.

Die Defense ist spektakulär , aber Chicago ist das nächste warnende Beispiel dafür, dass man in der heutigen NFL nicht mehr nur über eine dominante Defense erfolgreich sein kann. Gut? Ein unangenehmer Gegner? Absolut. Aber mehr? Schwierig.

Was macht das aus den Bears? Chicago hat ein teures Team, das in vielen Mannschaftsteilen bereit ist, um die Playoffs und mehr mitzuspielen - auf der wichtigsten Position aber eben weiter als der Großteil der Liga davon entfernt ist. Wenig Cap Space, wenig aufrückendes Elite-Talent aus den Draft-Klassen 2018 und 2019 und trotzdem ein Team, das viel zu stark ist, um auf einen Top-5- oder selbst Top-10-Pick zu schielen. Zudem ein Team, das keinen radikalen Rebuild einleiten wird, da andernfalls GM und Head Coach sich selbst um die Jobs bringen würden.

Die Bears sind im Niemandsland, der potenziell quälendste Spot in der NFL: keine Chance auf einen drastischen Umbruch, keine Chance auf den Titel und wie auf Treibsand arbeitet man sich mit einzelnen Entscheidungen und jeder Offseason immer tiefer hinein, statt einen Ausweg zu finden.

Bei der Ursachenforschung muss man mit der Kaderplanung und der internen Selbstwahrnehmung beginnen.

5. Wie viel Geduld mit Garoppolo hat Shanahan?

An welchem Punkt endet die Geduld von Kyle Shanahan? Mit Blick auf die Quarterback-Position in San Francisco zieht sich diese Frage wie ein roter Faden durch die Saison. Der Auftritt gegen Seattle, ehe Garoppolo abermals verletzt raus musste - und es mit Backup Nick Mullens tatsächlich fast nochmal eng wurde -, war nur das jüngste Beispiel dafür.

Wieder eine üble Interception bei einem Pass in den Rücken seines Targets, wieder wacklig in der Pocket, wieder hatte man den Eindruck, dass Garoppolo tiefe Pässe nicht einmal versuchen will. Kein einziges Mal attackierte er eine Seahawks-Secondary, die in dieser Saison wacklig unterwegs ist, tiefer als 15 Yards. Mullens, der insgesamt neun Pässe mehr warf, hatte gleich vier solcher Pässe.

Garoppolo in Topform kann Shanahans Offense sehr gut umsetzen und gelegentlich auch mal über das Scheme hinaus punkten. Aber es ist eben nur vereinzelt, und die Probleme bleiben die gleichen: Das inkonstante Pocket-Verhalten, das Übersehen von Underneath-Verteidigern, der auf Sicherheit bedachte Spielstil.

An welchem Punkt ist Shanahan bereit, zu sagen, dass er 95 Prozent von dem, was Garoppolo ihm bringt, auch deutlich günstiger haben kann? Und die übrigen fünf Prozent sind zwar schwieriger, aber wann wir ein solches Spiel von Garoppolo sehen, weiß letztlich niemand.

Nach wie vor bin ich der Meinung, dass Garoppolo nicht das zentrale Problem in dieser Offense oder diesem Team ist, aber er ist eben auch nicht die Lösung. Er schwimmt mit, je nachdem, in welche Richtung das Team gerade treibt. Für einen solchen Durchschnitts-Quarterback ist der Cap Hit im kommenden Jahr in Ordnung, er liegt im Liga-Mittelfeld unter Quarterbacks. Aber abgesehen von finanziellen Aspekten: Sieht Shanahan nicht womöglich auch schlicht die Chance auf ein Upgrade?

Das Seattle-Spiel hat nochmals unterstrichen: Für Garoppolo könnte die zweite Saisonhälfte tatsächlich kritisch werden.

6. Kommt jetzt der Patriots-Ausverkauf?

New England hat schon so das schwächste Waffenarsenal in der NFL - wenn dann noch Julian Edelman und N'Keal Harry fehlen, ist abgesehen von den Running Backs überhaupt nichts mehr da, womit man im Passspiel arbeiten kann. Und selbst Harry ist mehr Sorge als Gewinn.

Die Pats hatten am Sonntag eine Vielzahl an Strafen, weil sich die Receiver vor dem Snap nicht richtig aufstellten. New Englands Offense wartet noch immer auf ihren ersten Touchdown in einem ersten Viertel dieser Saison, der Touchdown von Damien Harris beendete schließlich insgesamt sechs Viertel in Folge ohne eigenen Touchdown. Eine solche Serie hatten die Pats seit 2000 nicht mehr gehabt.

Ja, das Run Game funktionierte im Laufe der Partie besser und die Entscheidung, Cam Newton wieder deutlich mehr ins Run Game einzubinden, war definitiv richtig. Aber die Offense ist schlicht unfassbar limitiert, das kann man jetzt jede Woche schreiben, denn es wird sich über die weitere Saison nicht mehr verändern.

Mit dieser Pleite und der Art und Weise, wie die letzten Spiele aussahen, muss man in Foxboro bereit sein, diese Saison abzuhaken. Newton spielt merklich schlechter als im ersten Saisonviertel, die Defense ist nicht nur nicht dominant, sie ist phasenweise eine Schwachstelle, insbesondere gegen den Run.

Ein kleiner Ausverkauf - allen voran Stephon Gilmore wäre hier natürlich zu nennen - würde mich nicht wundern; mindestens genauso spannend ist allerdings die Frage: wie sehen die Pats ihre langfristige Zukunft? Glaubt man noch an Cam? Gibt es einen großangelegten Umbruch - und will Belichick einen solchen überhaupt noch gestalten?

Die Fragen in New England nach dieser Saison werden so groß sein wie seit vielen, vielen Jahren nicht mehr.

7. Sind die Bills noch ein Titelkandidat?

Rein mit Blick auf die Tabelle müsste bei Bills-Fans die Stimmung bestens sein: Der Sieg über die Patriots beendet die Saison für die Pats nicht nur, Buffalo ist auch in der Pole Position, um zum ersten Mal seit 1995 (!) die Division zu gewinnen. Doch genau wie der Sieg gegen die Jets in der Vorwoche wirkte der Auftritt gegen ein dezimiertes, im Passspiel zahnloses Patriots-Team zäh.

Das Wetter half dabei fraglos nicht, und doch bekam man einmal mehr einen sehr guten Eindruck der Josh-Allen-Experience: Ein paar gefährliche Scrambles, eine Handvoll eindrucksvoller Würfe - aber eben auch einige absurde Entscheidungen, wieder mal ein unnötiger Turnover. Und am Ende steht ein Sieg, weil Cam Newton den Ball fallen ließ, als die Pats mindestens in Position waren, um die Overtime zu erzwingen. Potenziell mehr.

Allen ist einfach ein inkonstanter Quarterback, und das macht die Bills zu einer inkonstanten Offense - was sich Buffalo aber nicht leisten kann, weil die Defense deutlich anfälliger ist als im Vorjahr. Und ultimativ macht es das schwer, Buffalo noch in die Top 10 oder in den Kreis der Titelkandidaten dazu zu zählen. Eine Wundertüte, auch im Januar? Absolut. Aber oberste Liga-Spitzengruppe? Nein.

8. Jared Goff "überschattet" Debüt von Tua Tagovailoa

Es war selbstredend eine der ganz zentralen Storylines im Vorfeld der Woche - das Starting-Debüt von Tua Tagovailoa in Miami. Allein die Anzahl der Takeaways aus Tuas erstem Auftritt ist doch sehr überschaubar. Tua brachte nur zwölf Bälle an, knackte nicht die 100-Passing-Yard-Marke. Er warf eben auch nur 22 Bälle.

Dennoch klar erkennbar war ein gewisses "Ankommen" in der Partie. Gleich beim ersten Dropback lernte er den langen Arm von Aaron Donald kennen, welcher den Rookie mit einem Fumble in der NFL begrüßte. Die Dolphins bauten von Anfang an RPOs und jede Menge Slants ein, Tua brauchte dennoch eine Weile, ehe er in der Partie ankam und die anfänglichen Wackler besser in den Griff bekam.

Das "Problem", zumindest wenn wir über eine Evaluierung sprechen? Die Partie war an dem Punkt schon sehr deutlich. Ein 88-Yard-Punt-Return-, ein 78-Yard-Fumble-Return-Touchdown - "Gottseidank haben wir eine gute Defense", sollte Tua anschließend sagen. Miami hatte kurz vor der Halbzeitpause 56 Yards bei 2,7 Yards pro Play - und 28 Punkte. Eine historische Marke.

Und so war statt Tua eher sein Gegenüber die Story des Spiels: Die Rams gingen unerwartet früh vom Run Game weg, obwohl das funktionierte, und bekamen in der Folge einmal mehr die schmerzhaften Limitierungen mit Jared Goff zu spüren: Miami gelang es auf vielfältige und eindrucksvolle Art und Weise, der Offensive Line zuzusetzen. Mit verschiedenen Blitzes, aber dann im Laufe der Partie auch mit dem 4- oder gar dem 3-Men-Rush. Mit schwer lesbaren Pressure-Paketen, mit permanentem Überladen der Protection - ob mental oder auch tatsächlich nach dem Snap.

Goff verlor mehrfach den Überblick, hatte merkliche Probleme damit, Pass-Rusher Pre-Snap zu identifizieren, und weil Miami die Bootlegs und die entsprechenden Boot-Routes gut verteidigte, sah man deutlich, welche Probleme Goff doch teilweise im "regulären" Passspiel hatte. Das wird Goff immer begleiten, und es bringt automatisch Limitierungen für die Rams-Offense mit sich. Die Art und Weise, wie McVay die Offense in diesem Jahr umgebaut hat, legt nahe, dass er sich dessen mehr als nur bewusst ist.

9. Das nie endende Chargers-Drama

Die Chargers sind das erste Team aller Zeiten, das in vier aufeinanderfolgenden Spielen je eine eigene Führung über mindestens 16 Punkten aus der Hand gegeben hat. Doch selbst für Chargers-Standards ist es nicht leicht, diese Niederlage gegen Denver zu erklären.

Anthony Lynn wurde nach dem langen Touchdown-Drive zu Beginn der zweiten Hälfte definitiv zu konservativ, die Defense fiel in der zweiten Hälfte komplett auseinander. Und doch fragt man sich: Warum wieder die Chargers? Was ist es mit diesem Team, dass man für solche Meltdowns ganz offensichtlich anfälliger ist als andere Teams?

Und natürlich gibt es verschiedene Ansätze. Die Offense ist fantastisch was die Big Plays angeht, die Konstanz und damit die Down-für-Down-Baseline fehlen mit Herbert aber noch. Coaching ist ein weiterer Faktor, und eine insbesondere in Coverage enttäuschende - wo Gegner beim Versuch einer Aufholjagd natürlich besonders ansetzen - Defense spielen ebenfalls eine Rolle.

Am Ende steht vor allem Frust. Auch aktuell ganz konkret darüber, dass man Herberts High-End-Plays nicht in zählbare Erfolge im Win-Loss-Record ummünzen kann. Aber mehr aus der Vogelperspektive gedacht eben darüber, dass man dieses Stigma nicht loswird. Das begleitet die Chargers viel zu lange, und bei allen positiven Takeaways zu Herbert und den Möglichkeiten mit den Receivern: Irgendwann muss man auch als Franchise mal eine Trendwende einleiten können. Und vielleicht braucht es irgendwann einen anderen Head Coach dafür.

10. Jets-Hoffnung und der Rest aus dem Notizblock

  • Die Jets sind eine wandelnde Katastrophe und im Spiel gegen Kansas City drängte sich der Eindruck auf, dass beide Teams genauso gut unterschiedliche Sportarten spielen könnten. Die Jets haben unter Adam Gase jetzt mehr Spiele mit 20 oder mehr Punkten Differenz verloren (8) als sie insgesamt unter ihm gewonnen haben (7). In dieser Saison sind sie offensiv ein einziges Mal über 300 Yards gegangen. Und doch gibt es zumindest ein klein wenig Hoffnung: Denzel Mims konnte an sein gutes Rookie-Debüt anknüpfen. Vielleicht kann er tatsächlich neben Becton und Quinnen Williams der Kern eines radikalen Neuaufbaus werden.
  • Komplett zahnloser Auftritt der Lions-Defense gegen eine Colts-Offense, vor der man nun wirklich nicht zittern muss. Detroit schaffte es, dass das in dieser Partie anders aussah. Die leichte positive Tendenz der letzten Wochen ist so auch schnell wieder verflogen, und stattdessen steht jetzt ein nur zu vertrautes Thema wieder ganz oben auf der Agenda: Wo genau hat Matt Patricia dieses Team über die letzten Jahre verbessert? Auch nur einen Punkt?
  • In äußerst schwierigen äußeren Bedingungen in Cleveland waren es überraschenderweise die Raiders, die diese Umstände besser annahmen. Es waren nicht die Browns gegen eine schwache Raiders-Run-Defense, die hinter ihrer starken Line den Ball laufen konnten - das waren die Raiders. Ohne Trent Brown, gegen eine starke Browns-D-Line, lief Las Vegas für 208 Yards und ließ defensiv nahezu nichts zu. Nicht unbedingt der zu erwartende Verlauf, umso eindrucksvoller von den Raiders.