"Ich stehe hier vor ihnen, um sie über meinen Rücktritt und den der übrigen Vorstandsmitglieder zu informieren", sagte der 57-Jährige auf einer kurzfristig einberaumten Pressekonferenz: "Es ist eine gut überlegte und gemeinsam getragene Entscheidung."

Den Rücktritt zu diesem Zeitpunkt erklärte Bartomeu mit wichtigen Entscheidungen, die getroffen werden mussten. "Ein vorzeitiger Rücktritt hätte zu einem Machtvakuum geführt", erklärte er. Daher habe er gemeinsam mit seinem Vorstand Barca noch durch diese schwierige Zeit manövriert: "Wir wollten trotz des Drucks nicht davonlaufen."

"Nach der Niederlage in der Champions League wäre es am einfachsten gewesen, zurückzutreten. Aber es mussten grundlegende Entscheidungen getroffen werden, um die Zukunft des Klubs nachhaltig zu gewährleisten", sagte Bartomeu. "Das musste inmitten einer Pandemie geschehen, wir konnten den Klub nicht in die Hände eines Managers mit begrenzten Kompetenzen geben. Wer hätte einen Trainer oder Spieler unter Vertrag genommen? Den Verbleib von Messi gesichert? Oder die Gehälter angepasst? Als Vorstand hatten wir die Pflicht, dies zu tun".

Bartomeu verrät: FC Barcelona stimmt Super League zu

Dennoch überraschte Bartomeus Rücktritt an diesem Dienstag. Am Montag hatte er einen solchen noch ausgeschlossen. "Es wäre ein schlechter Moment", hatte er gesagt. Warum der Moment am Dienstag besser war, wurde klar, als Bartomeu von seiner letzten Amtshandlung erzählte. Selbst an seinem vorletzten Tag als Barca-Präsident traf Bartomeu noch eine Entscheidung mit großer Tragweite.

Am Montag stimmten er und sein Vorstand einer europäischen Super League zu, in der die absoluten Top-Klubs des Kontinent gegeneinander antreten sollen. "Die Entscheidung, am Wettbewerb teilzunehmen, muss von der nächsten Vollversammlung ratifiziert werden", sagte Bartomeu. Die Super League werde dafür sorgen, "dass der Klub in den Händen der Mitglieder bleibt".

© imago images / GiuseppexMaffia

Barca-Drama um Bartomeu: Messi und Pique üben Kritik

Bartomeu war über sechs Jahre als Präsident bei Barca im Amt und im Zuge der Affäre rund um den wechselwilligen Lionel Messi im Sommer massiv in die Kritik geraten. "Man hat uns unterstellt, dass wir Dinge zu verbergen hätten. (...) Ich wurde beleidigt und bedroht, wie alle Vorstandsmitglieder."

In der Folge der Unruhen, die durch die Misswirtschaft der vergangenen Jahre und das 2:8-Desaster gegen den FC Bayern in der Champions League noch verstärkt wurden, hatte eine von Mitgliedern des Vereins gegründete Initiative Unterschriften für einen Misstrauensantrag gegen Bartomeu gesammelt. Ziel war der sofortige Rücktritt des gesamten Vorstandes. Die Tage des Präsidenten waren wohl ohnehin gezählt.

Über 20.000 Mitglieder unterzeichneten und erfüllten so die Grundlage für das Misstrauensvotum. Bis Anfang November musste statutengemäß eigentlich ein Referendum an sieben Orten in Katalonien über die Absetzung des Präsidiums stattfinden. Dem kamen Bartomeu und Co. nun zuvor.

Dem Rücktritt des Präsidenten war außerdem ein aufsehenerregendes Interview von Gerard Pique in der Qualitätszeitung La Vanguardia vorausgegangen. Am Freitag, einen Tag vor dem Clasico gegen Real Madrid (1:3), hatte der langjährige Barca-Innenverteidiger der Klubführung und Bartomeu deutlich die Leviten gelesen.

Pique, Enkel eines Barca-Direktors und Barca-Mitglied auf Lebenszeit, ging in diesem Interview auf alle herumschwirrenden Vorwürfe gegen Bartomeu und Co. ein: Jahrelange Misswirtschaft, der Umgang mit Messi und anderen Klub-Legenden, ethisch-moralische Fragen - und befeuerte sie noch. Zu Lionel Messi habe er nach dessen Kündigung etwa gesagt, er solle durchhalten. "Ein Jahr, dann kommen neue Leute."

FC Barcelona sportlich unter Zugzwang

Ein Jahr wird es nicht dauern. Für die Katalanen bleibt nun zu hoffen, dass sich das Machtvakuum in der Führungsspitze nicht negativ auf das sportliche Geschehen auswirkt. Denn schon nach wenigen Saisonspielen kann sich Barca noch mehr Rückschläge eigentlich kaum leisten. Nur sieben Punkte aus fünf Spielen, dazu der verlorene Clasico gegen den Erzrivalen Real Madrid - der neue Trainer Ronald Koeman steht bereits unter Druck.

Und der Niederländer machte nach der Pleite gegen die Königlichen einen alles andere als stabilen Eindruck, sondern wetterte wie auch der Vorstand unprofessionell gegen den Schiedsrichter. Noch gelingt es dem ehemaligen Bondscoach nicht, aus seinem Starensemble eine funktionierende Mannschaft zu formen. So bleibt auch Weltmeister Antoine Griezmann bisher unter seinen Möglichkeiten.

Barcelona ist also mehr denn je auf Messi angewiesen, doch auch der Superstar schwächelt derzeit. Dem Supertechniker gelangen in der laufenden Saison erst zwei Treffer, im verpatzten Clasico blieb er blass - und war damit trotzdem noch einer der besseren Katalanen auf dem Feld. Fast zwangsläufig herrscht damit bei Barca Krisenstimmung. Und das nicht nur sportlich.