1. Die Cowboys brauchen einen Neustart - ohne McCarthy?
Dass die Cowboys-Saison nur aufgrund der eigenen desolaten Division noch eine Chance auf sportlichen Erfolg hatte, war spätestens nach dem Monday-Night-Desaster gegen Arizona klar. Die Cowboys, infolge der Verletzung von Dak Prescott, haben die aktuell vielleicht schlechteste Defense in der NFL, eine Offensive Line, in der neben weiteren Verletzungen beide Tackles für den Rest der Saison ausfallen und Andy Dalton wirkte gegen die Cardinals komplett verloren.
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Der Auftritt gegen Washington verbietet auch all diese letzten Playoff-Gedankenspiele - und das unabhängig davon, ob Andy Dalton länger ausfällt. Dazu nur ein kurzer Punkt: Solche Hits sind genau der Grund dafür, dass die Flagge eher schneller mal fliegt, wenn ein Verteidiger denkt, einem Quarterback beim Slide noch einen mitgeben zu können. Der Hit von Bostic gegen Dalton war extrem gefährlich, dafür gibt es keinen Platz im Football und hoffentlich wird Bostic zusätzlich zu seiner Hinausstellung noch von der Liga bestraft.
Sportlich wird für Dallas immer offensichtlicher, wie wertvoll Dak Prescott war. Die Offensive Line war über Jahre das Rückgrat dieser Offense, jetzt ist sie ein Problem. Und Dallas hat keinen Quarterback, der dieses Defizit auch nur ansatzweise ausgleichen kann - und das scheint ihnen selbst überaus deutlich bewusst zu sein.
Das Play-Calling deutet ganz klar darauf hin, dass man Dalton verstecken will, statt zu versuchen, die Offense stärker über die Playmaker aufzubauen, die man nach wie vor hat. Während die Defense gleichzeitig weiter eine Katastrophe ist. Washington kreierte früh riesige Löcher im Run-Blocking, und einige der Tackling-Versuche verdienten den Namen nicht. Selbst falls Dalton - und es schien ihm nach der Partie den Umständen entsprechend besser zu gehen - kein Spiel verpasst: Dieses Cowboys-Team hat ein minimales Ceiling.
Dallas: McCarthy muss hinterfragt werden
Aber warum eigentlich? Das Talent ist immer noch ein gutes Stück besser als das, was aktuell in Big D auf dem Feld zu sehen ist. Nach der Niederlage gegen Arizona berichteten Team-nahe Reporter, dass die Spieler extrem unzufrieden mit dem Trainerstab sind, sich schlecht vorbereitet fühlen und Anpassungen innerhalb der Spiele vermissen. Die Cowboys haben mehrere klare Baustellen, ein zumindest softer Umbruch steht bevor - und nach sieben Spieltagen muss die Frage gestellt werden: Sollte dieser Umbruch mit Mike McCarthy erfolgen?
"Wir müssen viel besser spielen. Aber uns läuft die Zeit davon", hatte McCarthy nach dem abermals indiskutablen Auftritt in Washington erklärt. Mutmaßlich unter Bezug auf das "Rennen" innerhalb der Division, aber dieses Team wirkt tatsächlich schlecht vorbereitet, ohne offensive Idee. Mike Nolan als Defensive Coordinator fühlt sich immer stärker wie eine Verpflichtung aufgrund persönlicher Beziehungen an, das Spiel aber kann man auch erweitern: Dallas hatte kaum eine ernsthafte Trainersuche, nach Marvin Lewis wurde Mike McCarthy eingeladen, zwischen McCarthy und Jerry Jones funkte es schnell und dann war der Deal auch schon durch.
Aktuell sehen wir ein schlecht eingestelltes, unflexibles Team, das gegen Washington bei Fourth-and-One unglaublich behäbig aussah und das gerade im sechsten Spiel in Folge mindestens 20 Punkte in der ersten Hälfte zugelassen hat - das hat es in der Geschichte der NFL noch nie gegeben. Und vor allem ein Team, in dem es ganz offensichtlich intern brodelt.
Natürlich ist das Verletzungspech brutal für McCarthy. Aber er wirkt mehr und mehr wie ein komplett überforderter Head Coach. Und Situationen wie die aktuelle zu meistern, sollte eigentlich ein Grund dafür sein, warum man sich für einen erfahrenen Head Coach entscheidet.
2. Wie gut sind die Titans wirklich?
Am Ende war es zumindest in puncto Dramatik das erhoffte Topspiel: Die Steelers gewinnen am Ende in Tennessee und bleiben damit das einzige ungeschlagene AFC-Team, während die Titans ihre erste Niederlage schlucken müssen. Und es war aller Ehren wert, wie Tennessee in der zweiten Hälfte zurückkam und am Ende nur aufgrund eines Field-Goal-Fehlschusses die Overtime verpasste.
Die Offense kam mit einigen Big Plays zurück, vor allem aber steigerte sich die Defense signifikant und drehte der Steelers-Offense phasenweise komplett den Saft ab. So, wie Pittsburgh offensiv spielt, ist der Spielraum für Fehler nicht groß - und die Titans erzwangen schnelle Punts und garnierten das mit kritischen Turnovern.
Das zentrale Titans-Thema bleibt allerdings die Offense, und die Frage: Was will Tennessee hier sein - und was kann Tennessee hier sein? Beim ersten Touchdown-Drive hatten die Titans mehrfach enormes Glück, ansonsten lief in der ersten Hälfte nicht viel zusammen. Tennessee blieb trotzdem stur beim Early-Down-Run-Game, die Titans liefen in der ersten Hälfte neun Mal für 29 Yards, dazu kam eine Holding-Strafe mit sieben Yards Raumverlust.
Das war in fast jedem Spiel dieser Saison zu beobachten: Tennessee hat eine klare Vorstellung, wie die eigene Offense aussehen soll, und bleibt dann auch dabei. Vielleicht, weil man denkt, dass man Henry ins Rollen bringen muss, vielleicht, weil man Tannehill nach wie vor nicht in ein Down-to-Down Dropback Passing Game bringen will.
Die Grenzen der Titans-Offense
Das Outside Zone Blocking Scheme mit Play Action, mit Tannehill als tollem Deep-Play-Action-Passer, Brown als perfektem Receiver und Henry als idealem Back dafür - ist effizient und in der Liga von der generellen Idee her weit verbreitet (Niners, Packers, Rams, Browns, Vikings u.a.). Aber: Diese Offense hat klare Limitierungen, und auffällig häufig gehen die mit den Limitierungen des Quarterbacks einher. Das sieht man in San Francisco immer wieder, Cleveland ist - wenn auch nicht diese Woche - das Paradebeispiel dafür.
Das große Problem für die Titans: Tennessees Play-Calling unterstreicht diese Limitierungen gravierend, wenn Plan A eben nicht funktioniert. Weil man sich viel zu häufig weigert, das Spiel in Tannehills Hände zu geben. Gegen Pittsburgh gingen die Titans dann in der zweiten Hälfte bei Early Downs häufiger zu Play Action über, doch diese Plays brauchen Zeit, und Pittsburghs Front las und attackierte diese zu effizient.
Ohne Zweifel ist Pittsburghs Front aktuell das unangenehmste, was es für eine solche Offense aktuell in der NFL gibt. Doch ohne Taylor Lewan wird Tennessee noch häufiger Probleme mit dieser Vorgehensweise bekommen, und hat letztlich dann auch klare Einschränkungen was das eigene Potenzial in dieser Saison angeht.
3. Quo vadis, New England Patriots?
Manchmal gibt es einfach nichts zu beschönigen, und der Auftritt der Patriots gegen die 49ers fällt absolut in diese Kategorie. Belichick und die Defense bekamen nie Zugriff auf das schwer lesbare Run Game der Niners, in das auch die Receiver abermals ausführlich involviert waren. Garoppolo musste bei seiner Rückkehr an die alte Wirkungsstätte gar nicht allzu viel zeigen, und dennoch standen am Ende über 30 Punkte auf dem Scoreboard.
Der wesentlich größere Wirkungstreffer war allerdings das, was auf der anderen Seite des Balls passierte. Obwohl San Francisco ohne zahlreiche Starter antreten musste - neben den Langzeitverletzten Bosa, Thomas und Sherman fehlten unter anderem auch beide Starting-Safeties - und New England seine Offensive Line mit den Comebacks von Andrews und Shaq Mason wieder intakt hatte, war das Matchup auf dieser Seite des Balls noch einseitiger.
Und natürlich muss diese Konversation mit Cam Newton beginnen. Newton war von Anfang an neben der Spur, warf eine üble Interception zu Warner, war regelmäßig zu spät mit seinen Reads, ungenau mit seinen Pässen und macht generell viel zu viele Fehler. Er wirkte weit weg von seiner Bestform und war selbst als Runner kaum ein Faktor. Trotz der verbesserten Line. Womöglich ist er nicht fit, der Eindruck drängt sich zumindest teilweise auf.
Was ist für die Patriots in dieser Saison noch zu holen?
Unter dem Strich fühlte sich die Niederlage gegen Denver in der Vorwoche weitaus ärgerlicher an, da die Patriots gegen ein mittelmäßiges Broncos-Team mit einer guten Defense letztlich über weite Strecken nicht einmal in der Partie waren, und dann spät nicht mehr die Kohlen aus dem Feuer holen konnten. Aber wohin geht die Reise für dieses Patriots-Team?
Klar wurde wieder einmal, wie desolat dieses Waffenarsenal ist. Edelman hat inzwischen Probleme damit, sich von Linebackern in Coverage zu lösen, die Niners spielten die Pässe zu den Backs aggressiv - und damit ist dann auch schon fast Feierabend für die Pats-Offense, sofern das eigene Run Game nicht komplett dominiert. Aber wie häufig wird das gegen gute Teams passieren?
Newton fing sich ein wenig zu Beginn der zweiten Hälfte, insgesamt aber war er erschreckend schwach. Der Quarterback-Tausch spät im Spiel war kein Fingerzeig auf die kommende Partie, Belichick erklärte nach der Partie direkt, dass Cam Newton auch weiterhin der Starter ist. Und Newton ist fraglos besser als das, was am Sonntag zu sehen war. Genauso klar ist aber, dass mit diesem Waffenarsenal letztlich kein Blumentopf zu gewinnen ist. Es könnte sehr gut das schlechteste Waffenarsenal der Liga sein.
Nur, und diese Erkenntnis ist zunehmend schwer von der Hand zu weisen: New England müsste mehr als nur einen neuen Outside-Receiver verpflichten, um die Offense konstant auf ein anderes Level zu heben. Ich denke weiterhin, dass ein solcher Receiver die Offense öffnen würde und einen Plan B bereiten könnte, auf eine Art, wie die Pats es aktuell nicht können. Aber die Probleme gehen tiefer.
Und gleichzeitig steht auch eine größere Frage im Raum: Wie gut können die Patriots Newton mit diesem Waffenarsenal in der zweiten Saisonhälfte wirklich bewerten? Stidham ist auch weiterhin nicht die Antwort.
4. Die eindrucksvolle Antwort von Baker Mayfield
Ein Spiel, das mit Blick auf den Spielplan am Sonntagmorgen nicht unbedingt wie der Leckerbissen des Tages aussah, hat im Nachhinein sehr gute Argumente für genau diesen Titel: Der 37:34-Sieg der Cleveland Browns über die Cincinnati Bengals war nicht nur hochspannend, mit mehreren späten Führungswechseln und einem tollen Finish - es war auch ein unheimlich wichtiges Spiel insbesondere für Browns-Quarterback Baker Mayfield.
Mayfield hatte über weite Teile der Saison nicht sonderlich gut gespielt, vereinzelt - so wie letzte Woche - wurde das überdeutlich. Und es sah so aus, als würde sich das direkt fortsetzen: Mayfield startete die Partie mit einer weiteren üblen Interception beim Versuch, den Returner zu stoppen, verletzte sich zu allem Überfluss Odell Beckham mutmaßlich schwer.
In den ersten zehn Spielminuten hatte die Browns-Offense den Pick und drei Strafen gesammelt, keiner von Mayfields fünf Pässen war bei einem Mitspieler angekommen. Die Offense wirkte gegen eine durchaus schlagbare Bengals-Defense einmal mehr neben der Spur.
Nachdem Mayfield seine nächsten 18 (!) Pässe in Folge für 222 Yards und vier Touchdowns angebracht hatte, war das Spiel auf zwischenzeitlich 31:27 für Cleveland gedreht. Mayfield spielte nach der holprigen Anfangsphase ein spektakuläres Spiel, brachte sehr schwierige Bälle an und hielt sein Team in einem Spiel, in dem Cleveland von seinem Wunsch-Game-Plan weggehen musste. Auch wenn ein Spiel nicht die komplette Wahrnehmung verändert: Diese Antwort von Mayfield zu sehen war wichtig.
Auf der anderen Seite derweil altbekannte Probleme: Joe Burrow steckte abermals viel zu viele Hits ein, vier Sacks und sieben Quarterback-Hits standen am Ende auf dem Konto. Burrow war bereits mit einer der höchsten Pressure-Quoten (36,6 Prozent, Platz 7) gegen sich in den Spieltag gegangen - und das obwohl im Schnitt nur sieben Quarterbacks den Ball schneller loswerden als er.
Die Offensive Line ist ein gigantisches Problem, und langsam sieht man Effekte davon. Dass Burrow - der sich nach einem kritischen False Start seiner Line auch einmal sichtbar ärgerte - seiner Pocket nicht traut, dass er vorschnell die Pocket verlässt. Und das ist der Worst Case für die Bengals.
5. Ein weiteres irres Cardinals-Seahwaks-Spiel
"Sind die Cardinals for real?" Das war eine übergreifende Frage vor dem Duell mit Seattle. Arizona hatte einen Saisonverlauf, der wenige vernünftige Antworten auf diese Frage lieferte. Hohe Siege gegen schlechte Teams, ein übler Auftritt gegen die Panthers, der Sieg in Woche 1 gegen die damals noch intakten 49ers - aber so richtig konnte man dieses Cardinals-Team nicht greifen.
Dieser Sieg gegen Seattle, so verrückt er in all seinen Facetten war, war zuerst einmal ein Statement. Und gleichzeitig aber scheint die klarere Erkenntnis dieses Spiels aufseiten der Seahawks zu liegen.
Kurz zusammengefasst: Für Seattle ist jedes Spiel ein Ritt auf der Rasierklinge. Zu schlecht ist die eigene Defense, Seattle hat auch weiterhin überhaupt keinen Pass-Rush, und weil sie Kyler Murray ganz offensichtlich nicht blitzen wollten, hatte der ausreichend Zeit. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Seahawks den Fuß offensiv nie vom Gaspedal nehmen dürfen. Und dass sie wenig Spielraum für Fehler haben.
Letzteres geht direkt in Richtung von Russell Wilson, der diese Woche eben zu viele Fehler machte. Sicher, einige der Pässe zu Lockett und einige der Plays spät im Down waren absolut herausragend - aber drei Picks, die allesamt extrem schwach waren und klar auf Wilsons Kappe gingen, darf er sich eben mit dem Handicap der eigenen Defense nicht erlauben. Diese Picks waren der Unterschied in diesem Spiel.
Und die Sequenz rund um die 2-Minute-Warning war in einer Saison, in der Seattles Play-Calling ganz klar eine der positiven Überraschungen ist, ein Rückfall in dunkle Tage. An einem Tag, an dem Seattle abgesehen von den Turnovern durch die Luft so dermaßen problemlos durch Arizonas Defense marschierte, ließ Seattle bei vier von fünf Plays einen designten Run spielen. Arizona ging defensiv voll auf den Run und erzwang so den Punt - welchen Seattle aus irgendeinem Grund mit noch vier Sekunden auf der Play-Clock abfeuerte, statt die Uhr maximal weit runter laufen zu lassen. Das war aus verschiedenen Blickwinkeln kein gutes Game Management.
Man darf dieses Spiel so gesehen als Warnschuss sehen. Seattle gehört auch weiter zum - aktuell sehr breiten - Kreis der Titelanwärter. Aber um in dieser Rolle auch im Januar zu verweilen, gibt es nur einen Weg für die Seahawks: Offensives Vollgas.
Eine neue Mentalität bei den Cardinals?
Und Arizona? Die Cardinals zeigen in jedem Fall weiter Fortschritte. Das betrifft etwa Defensive Coordinator Vance Joseph, der nach einem sehr konservativen Start in die Partie letztlich im zweiten Spiel in Folge deutlich aggressiver wurde - und dafür belohnt wurde. All-Out-Blitzes, kreative und mutige Pressure-Calls, die man so von ihm schlicht über die ersten Wochen der Saison nicht gesehen hat: Sollte sich der Trend fortsetzen, ist Arizonas Defense auf einem guten Weg.
Das betrifft auch Kyler Murray, der noch immer zu viele Wackler als Passer hat - dessen Deep Ball aber ein Spiel in jedem Moment öffnen kann, und der als Runner aktuell einer der größten X-Faktoren in der NFL ist. Generell scheinen die Cardinals nach einer Findungsphase zu Beginn der Saison auch offensiv mehr und mehr ihre Identität zu finden.
Das betrifft Chase Edmonds, der weiter wie der klar beste Running Back in der Wüste aussieht. Das betrifft Budda Baker, der eine herausragende Saison spielt.
Und es betrifft auch einen anderen Part, der schwer greifbar ist, aber den gerade alldiejenigen, die dieses Cardinals-Team bereits länger verfolgen, nur zu gut kennen dürften: Arizona war über die letzten Jahre mental kein starkes Team. Zu häufig ließ man das Spiel langsam aber sehr sicher davonschwimmen, wenn man mal in einem Loch war - und gegen Seattle am Sonntagabend gab es mehr als genügend solcher vermeintlicher "Backbreaker"-Momente.
Arizona lag zwei Mal mit 13 Punkten im Rückstand, und so viele Cardinals-Teams in der Vergangenheit wären kollabiert. Etwa nach dem Seahawks-Touchdown kurz vor der Halbzeit, oder nach Murrays Interception direkt nach Wilsons Endzonen-Pick. Oder nach dem Touchdown zum 34:24 knapp sieben Minuten vor dem Ende. Oder, oder, oder. Dass die Cardinals am Sonntag immer wieder zurückkamen, spricht dafür, dass sich hier etwas in dieser Franchise verändert.
Diese beiden Teams spielen mindestens ein absurdes Spiel pro Jahr, diese Partie fühlte sich an wie das wahnsinnige Gegenstück zum 6:6-Unentschieden vor einigen Jahren . Und wenn Arizona sich weiter entwickelt, dann sollte das noch für einige Jahre nicht nur eine sehr unterhaltsame, sondern auch eine (offensiv) hochklassige Rivalry sein.
6. Sind die Bucs das kompletteste Team der Liga?
Wer weiß schon, welchen Impact Antonio Brown letztlich auf dieses Bucs-Team haben wird. Man sollte Brown angesichts der Vorwürfe, die nach wie vor gegen ihn im Raum stehen sowie innerhalb des NFL-Kontexts insbesondere angesichts seines Verhaltens bei den Raiders äußerst, äußerst kritisch gegenüberstehen. Und vielleicht kommt ultimativ noch eine weitere Sperre, und Brown wird nie für Tampa spielen.
Vielleicht wird er auch zu einem potenziellen Sprengstoff für diesen Locker Room. Nämlich dann, falls wirklich Brady die treibende Kraft hinter dieser Verpflichtung war - und Head Coach Bruce Arians, der im März eine Brown-Verpflichtung noch kategorisch ausgeschlossen hatte , dem nach wie vor skeptisch gegenübersteht. Was passiert, wenn es zu Spannungen kommt - und plötzlich eine Brady- gegen eine Arians-Front entsteht?
Vielleicht geht auch alles gut, und Brown wird tatsächlich der Nummer-3-Receiver sowie eine Art Absicherung, sollten Evans oder Godwin ausfallen - ein absoluter Luxus. In dem Fall würde sich noch weiter intensivieren, was man schon jetzt behaupten kann: Die Buccaneers sind das kompletteste Team in der NFL.
Inzwischen hat auch Rob Gronkowski einen festen Platz im Passspiel dieser Offense, einzig Mike Evans wirkt aktuell ein wenig wie das fünfte Rad am Wagen. Doch die Defense ist brandgefährlich, mit dem Pass-Rush, mit der Secondary, einem der besten Linebacker der Liga und einem der aggressivsten defensiven Play-Caller der Liga. Die Offensive Line ist in Ordnung, und Brady spielte gegen die Raiders eine herausragende Partie.
Einzig, und das fällt Woche für Woche auf - und dürfte sich auch nicht mehr signifikant verändern - das offensive Play-Calling bleibt Grund zur Sorge. Die Bucs sind offensiv extrem eindimensional, extrem statisch, extrem vorhersehbar. Gegen die Raiders hatte Brady einige perfekte Pässe zu Gronk, aber auch der 33-Yarder zu Miller beispielsweise. Wenn Brady so weiter spielt, sind die Bucs in jedem Fall ein Titelkandidat. Aber wie viel geht nach oben noch?
7. Die Packers zurück in der Spur
Green Bays Spiel gegen Tampa Bay bot einen exzellenten Einblick dahingehend, wie man der Packers-Offense ernsthafte Probleme bereiten kann. Das Problem: Wenige Teams haben die defensiven Ressourcen, wie sie Tampa Bay vorweisen kann. Wenige Teams können - und wollen - so aggressiv blitzen, aus allen Richtungen Pressure bringen und in Man Coverage überleben.
Dass dieser Plan für Houston schwierig werden würde, war von Anfang an klar. Mit der Verletzung von Cornerback Bradley Roby wurde es dann unmöglich. Roby ist Houstons Nummer-1-Corner und verfolgt regelmäßig gegnerische Nummer-1-Receiver. Er selbst gehört dabei nicht gerade zur Cornerback-Elite - doch wenn nach seiner Verletzung plötzlich Vernon Hargreaves in die gleiche Rolle gedrängt wird, gehen schnell die Lichter aus.
13 Catches für 196 Yards und zwei Touchdowns standen am Ende für Packers-Nummer-1-Receivers Davante Adams zu Buche und die Packers machten über drei Viertel offensiv, was sie wollten. Früh im Spiel waren abermals die Jet-Motion-Pakete auffällig, gerade in der Red Zone. Diese Offense ist nach wie vor gut, die große Frage ist, was passiert, wenn gegen eine aggressive Defense Plan A nicht funktioniert.
Gegen Houston war das nie ein Thema, stattdessen war ein anderer Aspekt auffällig: Green Bays Front meldete sich gegen eine zuletzt verbesserte Texans-Line zurück. Houston konnte den Ball nicht laufen und Watson stand wieder mehr unter Druck. Wenn die Packers defensiv eine gewisse Base-Line wieder erreichen wollen, muss diese vermutlich über die Defensive Line kommen. Gegen Houston half sie merklich, einen Shootout zu verhindern.
8. Sind die Bills noch ein Titelkandidat?
"Gute Teams schlagen schlechte Teams deutlich" ist fraglos Phrasenschwein-würdig - trotzdem hätte man sich fraglos mehr von den Bills im Spiel gegen die Jets gewünscht. Die Bills konnten dabei den Ball bewegen, zumindest durch die Luft und dann auch mit einzelnen Akzenten von Josh Allen als Runner.
Aber gerade da, wo sich eine gute Offense in einem solchen Matchup klar absetzen sollte, wackelte Buffalo. 3/11 bei Third Down und aus fünf Red-Zone-Trips sprang kein einziger Touchdown heraus. Alle Bills-Punkte kamen per Field Goal. Unnötige Strafen, Field-Goal-Fehlschüsse, eine fallengelassene Interception: Buffalo stand sich häufig selbst im Weg, das Spiel hätte sicher auch deutlicher ausgehen können.
Nun war es ein Division-Duell, in denen häufiger mal merkwürdige Dinge passieren können und unter dem Strich steht ein Sieg - der aber eben auch nur so zustande kommen konnte, weil es gegen die Jets ging, die ihrerseits offensiv die Bills-Probleme nicht ausnutzen konnten.
Und doch stehen einige Details, die Sorgen machen dürfen. Josh Allen hatte wieder einen Beinahe-Fumble bei einem Scramble, dann einen Fumble in der Pocket. Er wirkte generell oft hektisch in der Pocket und gleichzeitig mehrfach zu langsam mit seinen Augen, war spät mit seinen Würfen wie etwa bei dem langen Third-Down-Pass, bei dem sich Stefon Diggs etwas wehtat.
Vor allem aber ist es eben die Folge der Spiele. Gegen Tennessee und Kansas City wurde deutlich, dass Buffalo nach ganz oben zur AFC-Spitze doch noch einige Prozentpunkte fehlen. Insbesondere, weil Allen in beiden Partien vermutlich seine schwächsten Saisonspiele hatte. Und vielleicht ist das auch der Hauptpunkt: Allen war sichtbar verbessert über die ersten Wochen - die einzelnen Aussetzer waren aber noch immer da, und Allens Inkonstanz wird ein Thema bleiben, weil die eigene Defense gleichzeitig eben nicht auf dem eigenen dominanten Level der Vorsaison ist.
All das bedeutet nicht, dass die Bills plötzlich schlecht sind. Es unterstreicht eher vor allem einmal mehr, dass die kleine Sample Size der ersten Saisonwochen umso mehr Vorsicht erfordert. Die Bills sind gut, aber sie wandeln noch immer auf einem schmalen Grat.
9. Muss man sich um die Chiefs-Offense Sorgen machen?
Die Lektion aus dem Chiefs-Broncos-Spiel ist relativ simpel: Wenn man die Chiefs-Offense nicht einmal herausfordert, hat man keine Chance. Ein Pick Six, ein Return-Touchdown, ein komplett vermasselter Flea Flicker, der zum Turnover führte - Denver grub sich selbst so viele Löcher, dass selbst der eigene funktionierende Pass-Rush hier nicht ausreichte.
Dann kann man gegen Kansas City schlicht nicht bestehen. Denvers Passspiel sah dabei auch häufiger äußerst wacklig aus. Lock - der über die zweite Saisonhälfte noch sehr viel zeigen muss, um Denver von den Quarterbacks im kommenden Draft abzuhalten - warf eine üble Interception zu Sorensen, verfehlte tief mehrfach seine Targets. So konnten die Broncos dann auch selbst mit der eigenen Offense keinen Druck aufbauen, um Kansas Citys Offense mal aus der Reserve zu locken.
Trotzdem geht man auch aus dieser Partie wieder mit einigem Zähneknirschen was die Chiefs-Offense betrifft. Denn während Kansas City am Montag gegen Buffalo offensiv eben "genug" machte, indem man die Einladung für das eigene Run Game mit ausreichender Effizienz annahm, konnte man gegen Denver nicht einmal das sagen. Die Chiefs liefen den Ball lange nur sehr vereinzelt gut und auch Mahomes wirkte für seine Verhältnisse ziemlich inkonstant.
Hier passt die Metapher vom allseits bekannten guten Pferd, das nur so hoch springt, wie es muss. Aber wir haben von den Chiefs zu häufig jetzt dieses Jahr schon offensiv träge Auftritte gesehen - und die Probleme in Pass-Protection bleiben ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch die Saison zieht. Können Mahomes und Co. dann tatsächlich auf Knopfdruck wieder hochfahren, wenn es Richtung Januar geht?
10. Washington, Saints und der Rest aus dem Notizblock
- Kein Michael Thomas, kein Emmanuel Sanders - wie würde sich die Saints-Offense präsentieren? Teilweise, wie es zu erwarten war: Es war die Alvin-Kamara-Show, Brees warf keinen Pass tiefer als 19 Yards, aber war extrem präzise innerhalb von 15 Yards. Und es war das unerwartete Breakout-Spiel von Marquez Callaway. Gleichzeitig Sorgen bereitet die Defense, die noch immer viel zu viel zulässt. Auch gegen Carolina gab es einen Coverage-Bust zwischen den beiden tiefen Safeties, der zu einem langen Touchdown führte.
- Antonio Gibson ist der mit Abstand talentierteste Running Back in Washington, und das scheint inzwischen auch die Team-interne Sichtweise zu sein. Gibson hatte mehrere Big Plays als Runner gegen Dallas - nach wie vor aber ist es verwunderlich, dass Washington ihn bislang nicht konstanter und vielseitiger ins Passspiel einbinden kann.
- Bei den Jets hat Adam Gase die Play-Calling-Verantwortung aufgegeben - und Dowell Loggains hatte zumindest einige Phasen, in denen die Offense merklich besser lief. Mit mehr Motion, mit kleinen Erfolgen im Run Game. Das reichte schon, um in Ansätzen zu erkennen, wie wenig Adam Gase der Offense bislang gegeben hat. Nach der Halbzeitpause war Gang Green dann einmal mehr komplett abgemeldet.
- Die Lions spielten Atlanta viel zu sehr in die Karten. Die Run-Defense der Falcons ist tatsächlich nicht so schlecht - die Secondary und die Pass-Defense dagegen desolat. Dennoch blieb Detroit viel zu lange beim Early Run Game (20 Runs bei First und Second Down für -0,2 Expected Points Added pro Play), statt Matt Stafford die Arbeit zu erleichtern (25 Pässe bei First und Second Down für 0,36 Expected Points Added pro Pass). Und der Großteil dieser Runs ging dann auch noch an Adrian Peterson, der nicht nur merklich ineffizienter war als D'Andre Swift, sondern auch nicht ansatzweise dessen Receiving-Potenzial hat. Dass Detroit dennoch gewann - nun, dafür gebührt der Dank letztlich Todd Gsrcey.