Top 10: Die 10 wichtigsten Erkenntnisse zu Woche 6 in der NFL

1. Die Patriots müssen den Trade-Markt nutzen

Dieses Patriots-Team könnte im weiteren Saisonverlauf noch Alarm machen. Mit einer Defense, die gerade gegen den Pass jedem Team Probleme bereiten kann, weil die Secondary so tief und so vielseitig besetzt ist, dass man gegen verschiedenste Gegner-Typen gute Matchups findet. Egal, ob der Gegner mit drei Receivern und Spread-Formationen attackieren will wie die Chiefs, oder ob er primär über kurze Pässe, den Tight End und Yards nach dem Catch arbeitet wie die Raiders.

Aber eben auch mit einem Quarterback in Cam Newton, der offensichtlich fit ist und um den man eine Offense aufbauen kann sowie eine Offensive Line, die - wenn fit - zur Liga-Spitze gehören kann.

Doch hier lässt sich auch schon der Bogen zu den Problemen schlagen. Denn was passiert, wenn die Offensive Line nicht dominiert, war bei der Pleite gegen Denver eindrucksvoll zu sehen. Und keine Frage, die Patriots waren nicht nur angeschlagen - sie spielten ohne ihren Center, ohne Starting-Guard Shaq Mason und verloren früh in der Partie noch Right Tackle Jermaine Eluemunor. So wurde auch im Laufe des Spiels mehrfach wild durchgemischt, und das merkte man.

Die ganz konkrete Folge war, dass New England den Ball eben nicht laufen konnte. Abgesehen von einem Big Play durch Newton selbst klappte hier nahezu überhaupt nichts. Eine indirektere Folge war, dass die Pocket häufig schon zusammenbrach, als Newton den Ball warf - Newton hatte mehrere an der Line of Scrimmage abgefälschte Pässe.

Doch die offensichtlichste Folge kann man viel einfacher zusammenfassen: New England hat keinen Plan B.

Die Patriots haben keine Alternative, wenn ihr bevorzugter Weg nicht funktioniert - solange eine Defense nicht derart anfällig auftritt wie die der Seahawks im Duell gegen die Pats vor einigen Wochen. Die Patriots können mit ihrem Passspiel nichts erzwingen, und eine solide Defense wie die der Broncos mit einem guten Slot-Corner, der Edelman abmelden kann, macht die Pats dann schon sehr eindimensional.

Dann findet fast alles im Kurzpassspiel statt, alles in der Mitte des Feldes. James White fing acht der 17 Completions von Newton am Sonntag, die Rookie-Tight-Ends helfen bisher nicht wirklich - Izzo hatte noch einen Fumble - und Defenses können sich auch auf die Mitte des Feldes einschießen. Fast alles ist zwischen den Field Numbers und kurz, das macht auch das Run Game erheblich schwieriger und schränkt New England hier ebenfalls ein.

Die Pats-Offense wird wieder dominanter auftreten, wenn David Andrews und Shaq Mason in der Offensive Line zurückkehren. Aber wenn die Patriots wirklich noch in den Januar hinein Alarm machen wollen - und ich sehe das grundlegende Potenzial dafür weiterhin in diesem Team - dann brauchen sie einen Plan B, dann müssen sie schwerer ausrechenbar sein und dann müssen sie auch innerhalb eines Spiels andere Wege finden können.

A.J. Green hatte gerade gegen die Colts sein bestes Saisonspiel, fing acht Bälle für 96 Yards und war ein Fixpunkt in der Offense. Die Bengals sind noch mehrere Schritte davon entfernt, um die Playoffs zu spielen - Greens Vertrag läuft aus und der 32-Jährige wird noch weiter über den Zenit sein, bis die Bengals wieder angreifen. Ein Day-2-Pick im Draft könnte für die Bengals wertvoller sein als die restliche Saison mit Green. Die Patriots brauchen einen X-Receiver, potenziell auch Tight-End-Hilfe.

Dann könnte diese Saison in Foxboro noch sehr interessant werden. Andernfalls droht (oberes) Mittelmaß.

2. Packers gehen baden - und jetzt?

Die Packers waren mit einer eindrucksvollen Leichtigkeit durch das erste Saisonviertel spaziert. Die Offense knackte Woche für Woche die 30-Punkte-Marke, selbst der Ausfall von Davante Adams stoppte Green Bay nicht. Die Defense offenbarte einige Lücken, doch die Renaissance von Aaron Rodgers und Matt LaFleur als positive Play-Caller-Überraschung waren - völlig zu Recht - die Headlines in Green Bay.

Dieser Höhenflug fand zumindest vorläufig ein sehr jähes Ende: Die 10:38-Pleite bei den Tampa Bay Buccaneers zeigte schmerzhaft, teilweise im wahrsten Sinne des Wortes, deutlich, wo mögliche Grenzen für dieses Team und auch für diese Offense liegen. Und das beginnt mit der Offensive Line.

Aaron Rodgers war als einer der am besten beschützten Quarterbacks der Liga in diesen Spieltag gegangen. Rodgers warf den Ball im Schnitt auffallend schneller als noch im Vorjahr, und hinter einer herausragenden Offensive Line stand er bei nur 21 Prozent seiner Dropbacks unter Druck - lediglich Cam Newton hatte unter Quarterbacks mit mindestens 100 Dropbacks über die ersten fünf Spieltage eine noch bessere Quote (20 Prozent).

Gegen die Bucs änderte sich das drastisch. Schon zur Halbzeitpause hatte Rodgers acht Hits und zwei Sacks kassiert, dazu kamen drei Tackles for Loss für Tampa Bay. Am Ende waren es 13 Quarterback-Hits, sechs Tackles im Backfield und fünf Sacks für eine Defense, die keine Angst davor hatte, Rodgers zu blitzen. Das ist einerseits die Identität von Defensive Coordinator Todd Bowles - andererseits aber belohnten die Cornerbacks dahinter das so in sie gesteckte Vertrauen auch mit einigen Big Plays.

Vor allem aber war der Effekt sichtbar. Rodgers, der den Luxus einer sauberen Pocket bisher gewohnt war, hatte mit Tampas Druck gehörige Probleme, seine Pässe waren deutlich wackliger als gewohnt und er hätte noch zwei weitere Interceptions haben können, wenn nicht gar müssen. Der Pick Six, den sich Jamel Dean sicherte, war erst der dritte Pick Six in Rodgers' Karriere.

Mit einer unterlegenen Offensive Line, die zu allem Überfluss Left Tackle David Bakhtiari verletzungsbedingt verlor, gab es dann keinen Plan B für Green Bay. Die Packers konnten so den Ball nicht laufen und defensiv sind die Packers schlicht wacklig, weil sie - und das war auch während der ersten vier Partien zu sehen - nicht die Pass-Rush-Qualität wie im Vorjahr haben. Defensive Coordinator Mike Pettine versuchte bereits alles, um mit verschiedensten Pass-Rush-Paketen Brady zu verwirren - das aber klappte kaum einmal. Und wenn Green Bay nicht blitzte, zerlegte Brady die Secondary mehrfach.

In wie weit ändert diese Niederlage jetzt die Einschätzung zu den Packers? Vielleicht war es ein Weckruf zur richtigen Zeit, LaFleur kritisierte nach der Partie öffentlich die Einstellung im Training unter der Woche deutlich, Rodgers deutete ähnliche Tendenzen etwas weniger direkt an. Die Packers hatten über die ersten Wochen einen extrem einfachen Schedule was Pass-Defenses anging, auch das merkte man in diesem Spiel gegen eine exzellente Bucs-Defense. Wie so häufig liegt die Wahrheit vermutlich in der Mitte, doch der offensive Output über die ersten vier Spiele kann und wird nicht der Maßstab für die ganze Packers-Saison sein und gegen Tampa fand man keine alternativen Wege nach dem Rückstand.

Gleichzeitig hat die Niederlage Schwachstellen schonungslos aufgedeckt, die teilweise über die ersten Spiele bereits erkennbar waren, dort aber durch die eigene Offense überspielt wurden. Die Packers haben gegen ein exzellentes Bucs-Team, einen NFC-Mitfavoriten und eine Top-3-Defense verloren. Gleichzeitig unterstreicht diese Partie aber auch, dass es zumindest bislang in dieser Saison keinen klaren Favoriten und vielmehr ein breites Spitzenfeld gibt.

3. Wentz fängt sich - und Lamar Jackson?

Nach Woche 4 gegen die Niners war ich vorsichtig optimistisch, Woche 5 gegen Pittsburgh sah dann ermutigend aus - und die Partie am Sonntag gegen Baltimore, als Philadelphia eine 2-Point-Conversion vom Ausgleich kurz vor Schluss entfernt war, darf Eagles-Fans zusätzlich optimistisch stimmen.

Zwar war die erste Hälfte weitestgehend sehr ernüchternd, die starke Ravens-Defense dominierte das Geschehen. Doch selbst da wurde Wentz eines sehr langen Passes - potenziell ein 80-Yard-Touchdown - beraubt, als Hightower den tiefen Pass schlicht nicht fangen konnte. Die Ravens stellten Marlon Humphrey früh einige Male gegen Zach Ertz und behandelten ihn wie einen Slot-Receiver, Wentz stand hinter der angeschlagenen Line permanent unter Druck und leistete sich dann noch einen Fumble beim Zone Read. Die ersten sechs Drives brachten einen "Raumgewinn" von -7 Yards.

Tatsächlich brauchte es Jalen Hurts, um die Offense aufzuwecken. Dessen 20-Yard-Run fünfeinhalb Minuten vor der Halbzeitpause brachte das erste First Down, Hurts wurde danach verstärkt eingebaut.

Doch obwohl der Pressure der Ravens nicht aufhörte und Wentz permanent unter Druck stand, spielte er eine angesichts der Umstände sehr gute zweite Hälfte, verteilte den Ball gut und rettete auch lange Second und Third Downs.

Es war, trotz eines sehr holprigen Starts, der nächste Schritt in die richtige Richtung, und womöglich ist einfach beides wahr: Die Eagles sollten Hurts' Qualitäten kontinuierlich in die Offense einbauen - und gleichzeitig ist Wentz auf bestem Wege, sich wieder im (oberen) Mittelmaß einzufinden, wo vermutlich generell sein Platz ist.

Ein kurzer Blick auf die andere Seite, und hier werden die Alarmglocken nicht leiser . Auch die Eagles konnten das Run Game der Ravens insbesondere bei Early Down lange gut verteidigen, und Lamar Jackson zeigte abermals Ungenauigkeiten. Der Wurf sieht so aus, als würde er nicht mit voller Power kommen, Jackson geht aus sauberer Pocket häufiger zu Sidearm-Pässen - man wird den Eindruck nicht los, dass er den Ball aktuell nicht so werfen kann, wie er es gerne würde.

Womöglich ist er also wirklich nicht ganz fit, wenngleich zumindest seine Knie sehr ordentlich aussahen, als er durch die Mitte zu seinem Touchdown-Run explodierte. Ein anderes Problem aber setzt sich weiter fort und wird zu beobachten sein: Defenses haben damit begonnen, Baltimores Run Game aggressiver in die Mitte zu zwingen, worauf sie dahinter auch ihre Coverages fokussieren. Die Ravens haben schlicht keine Outside-Receiver-Bedrohungen, und das komprimiert das Feld für Baltimore aktuell merklich und macht viele Dinge, die letztes Jahr so einfach aussahen, Pass für Pass zu harter Arbeit.

4. Der Meltdown von Baker Mayfield gegen Pittsburgh

Die Cleveland Browns sind ein Paradebeispiel dafür, wie elementar wichtig die offensiven Umstände sind, insbesondere, solange man keinen Elite-Quarterback hat. Wer über diesen Luxus nicht verfügt, kann trotzdem von einem Jahr zum nächsten enorme offensive Sprünge machen, solange er die Umstände signifikant verbessert.

Cleveland hat genau das gemacht. Die Offensive Line ist eine Top-5-Line in dieser Saison, nachdem gerade die Tackle-Spots letztes Jahr ein erhebliches Problem waren. Dazu kam mit Kevin Stefanski ein neuer Head Coach mit einem klaren offensiven Plan, und was letztes Jahr eine Offense ohne Zusammenhang, ohne Struktur und ohne erkennbare Idee war, wurde um 180 Grad gedreht.

Das ließ Baker Mayfield signifikant besser aussehen - obwohl er für sich betrachtet gar nicht bedeutend besser spielte als im Vorjahr. Alles um ihn herum funktionierte besser und trug ihn mit, doch sobald Mayfield über das System hinausgehen musste, wurde es deutlich häufiger wacklig, als den Verantwortlichen in Cleveland lieb sein kann.

Gegen Pittsburgh war das auf dem vorübergehenden Tiefpunkt. Und ja, Mayfield ging angeschlagen mit einer Rippenverletzung in die Partie, das sollte man hier erwähnen, und er steckte auch einige Hits ein. Doch die Fehler passierten auch fernab davon.

Der Pick Six zu Minkah Fitzpatrick war ein furchtbarer Wurf über die Mitte, viel zu spät und offensichtlich hatte Mayfield nach dem Snap nicht richtig gelesen, dass die Steelers Cover-1-Cross spielen, also den Safety aus einer tiefen Position Underneath in eine Zone nach vorne kommen lassen. Mayfield war abermals nicht gut in der Pocket, und auch das konnte man in den vergangenen Wochen bereits beobachten, eine weitere Interception kam spät im Down, eine weitere desolate Entscheidung.

Mayfield hat jetzt seinen vierten Head Coach in drei NFL-Jahren und hat mindestens drei sehr unterschiedliche Offenses (Hue Jackson, Freddie Kitchens, jetzt Stefanski) dabei gelernt. Das hat seine Entwicklung fraglos gehemmt, und die Tendenz, aus einer sauberen Pocket zu flüchten, hat sich über die letzten beiden Jahre signifikant intensiviert.

Cleveland wird in dieser Saison nicht viele Defensive Lines wie die der Steelers treffen, die Browns werden den meisten Spielen mit ihrer Offensive Line einen Stempel aufdrücken können. Doch für was genau reicht das? Und dann weiter gedacht: Wird Mayfield ultimativ als Quarterback nicht mehr als Kirk Cousins sein - und will Stefanski um diese Qualität, aber auch diese Limitierung (dazu im nächsten Punkt mehr) langfristig herum arbeiten?

5. Wie geht es weiter bei den Vikings?

Sicher gab es bei dem einen oder anderen Vikings-Fans noch einen ganz zarten Hauch von Playoff-Hoffnungen. Der Sieg über Houston, ein sehr guter Auftritt bei der knappen Pleite in Seattle und einige durchaus machbare Gegner in den nächsten sieben Spielen - in diese Kategorie hätte man im Vorfeld dieser Partie auch die Falcons gezählt.

Die Realität war, dass die Falcons phasenweise nach Belieben durch die Defense von Mike Zimmer marschierten, dass das offensive Play-Calling abermals sehr eindimensional daherkam. Viele Runs bei Early Downs, die zu nichts führten, und dazu zwei horrende Interceptions von Kirk Cousins klar in Coverage.

Minnesotas Team hat zahlreiche Schwachstellen. Es gibt auch Lichtblicke, allen voran Justin Jefferson, während Zimmer etwa tatsächlich ernsthafte Fortschritte bei seinen Fourth-Down-Entscheidungen zeigt. Doch die Frage, die sich viele Vikings-Fans stellen, lautet: Wo geht die Reise hin?

Minnesota wird mehrere neue Starting-Linemen brauchen, auf Cornerback wird sich zeigen müssen, ob langfristiges Starter-Material bei den jungen Spielern dabei ist; und über allem ist das Ceiling, das unweigerlich mit Kirk Cousins einherkommt.

Cousins ist ein Quarterback mit einem hohen Floor, und der eine funktionale Offense sehr gut umsetzen kann, einen guten Deep Ball darin hat und mit konstanter Accuracy punktet. Doch dieser Floor bricht sofort ein, wenn einer dieser Faktoren mal fehlt, und dann gibt es für Cousins auch meist keinen Weg zurück in die Partie. Das sind die Limitierungen mit ihm.

Angesichts der Baustellen vermute ich, dass das Fenster, um mit Kirk Cousins etwas zu gewinnen, sich gerade schließt. Minnesota ist zu weit weg von den idealen Umständen, die es bräuchte, um mit Cousins wirklich erfolgreich zu sein und wer weiß, wann sie diese erreichen - wenn sie das überhaupt schaffen.

Dann geht es darum, den perspektivischen Nachfolger zu finden, der 2022 fix übernehmen könnte, wenn Minnesota aus dem Cousins-Vertrag kann - wofür es dann wiederum eine klare offensive Richtung braucht. Und hier ist der Knackpunkt, potenziell auch für die Zukunft von Mike Zimmer: Ich habe mehr und mehr Zweifel daran, dass Gary Kubiak der richtige Coach dafür ist und das Ende der Cousins-Ära könnte der richtige Zeitpunkt für den kompletten Umbruch sein.

6. Die 49ers-Antwort aus dem Bilderbuch

Sollte man die Reaktion der 49ers auf die peinliche Pleite gegen Miami als Fingerzeig für den weiteren Saisonverlauf interpretieren, dann sind die Niners noch längst nicht raus aus dem Playoff-Rennen. Im Sunday Night Game schlugen die 49ers die L.A. Rams dank einer sehr überzeugenden ersten Halbzeit nicht nur - es war auch die Art und Weise, wie dieser Sieg zustande kam.

Die nämlich war ein Shanahan-Klassiker. Tap Passes, Screens, schnelle horizontale Pässe, extrem viel Motion beim Snap: Garoppolo musste weitestgehend nur schauen, dass der Wagen im Autopilot auch sicher in der Spur bleibt - und dann obendrauf einzelne Plays liefern, wie bei dem perfekt platzierten Pass zu Kittle, der danach zum Touchdown lief. Das ist die Niners-Offense, wie Shanahan sie sich vorstellt.

Garoppolo hatte eine durchschnittliche Target-Tiefe von unter 4,5 Yards, mit Abstand der niedrigste Wert in Woche 6. Nur 6,1 Prozent seiner Pässe flogen in enge Fenster, der zweitniedrigste Wert und Garoppolo brachte zwar 69,7 Prozent seiner Pässe an - lag damit aber 7,8 Prozentpunkte unter der "Expected Completion Percentage", also dem Wert, den man angesichts des Schwierigkeitsgrad des Wurfes erwartet hat.

Wenn diese Maschinerie läuft, ist es toll anzuschauen und schwer zu stoppen. Gleichzeitig aber bleiben die Limitierungen - auch durch Garoppolo - bestehen, die zweite Hälfte untermauerte das. Die ersten vier Niners-Drives nach der Pause endeten allesamt in Punts und brachten einen Gesamt-Raumgewinn von 57 Yards ein. Selbst die einzigen eigenen Punkte in der zweiten Hälfte per Field Goal kamen nur nach einem Rams-Punt von der 5-Yard-Line an die Mittellinie, von wo aus San Francisco dann bei sieben Plays gerade so 20 Yards rausholte. Diese offensiven Limitierungen werden auch nicht weg gehen, und sie werden die Quarterback-Debatten weiter befeuern.

Überraschender derweil war die eigene Defense. Neben der Rückkehr von Emmanuel Moseley war vor allem Jason Verrett ein riesiger Antrieb für eine Defense, die wie ausgewechselt spielte. Die Niners konnten zwar das Run Game der Rams nur bedingt stoppen, aber umso eindrucksvoller war, wie gut sie den Pass und spezifisch die beiden gefährlichen Rams-Receiver verteidigten. Auch wenn Goff mit einem sehr schwachen Tag dabei fraglos half.

Kein Team hat über die kommenden Wochen ein härteres Programm als die 49ers (Patriots, Seahawks, Packers, Saints, Rams, Bills). Der Sieg gegen die Rams war nicht nur die richtige Antwort auf das Fiasko gegen Miami - sondern er zeigte auch, dass dieses Niners-Team immer noch gut ist und wenn Garoppolo als Game Manager fit bleibt und die Secondary so spielen kann wie gegen L.A., kann San Francisco in einer Liga, in der es aktuell keine alles überragenden Teams gibt, mit jedem mithalten.

7. Zwischenbericht aus der AFC South

Im Laufe des Sonntags formulierten sich hier verschiedene Szenarien. "Die Colts kann man abhaken". "Die Titans sind Welten vor dem Rest der Division". "Houston ist zurück!". "Warum spielt Mike Vrabel auf Overtime?". Um nur einige der theoretischen Überschriften zu nennen, die im Laufe der Nacht mal oben standen und dann wieder gelöscht wurden.

Und irgendwie trifft doch alles ein bisschen zu:

  • Das Comeback der Colts gegen die Bengals ist aller Ehren wert und vor allem die Tatsache, dass Indianapolis mit einem vertikaleren Passspiel aufholen und gewinnen konnte, darf Mut machen. Aber wie die Bengals in Führung gegangen sind unterstreicht auch, auf welch wackligen Füßen die Colts stehen. Anknüpfend an das Browns-Spiel lässt sich festhalten: Die Defense schwimmt sehr schnell, wenn die Defensive Line nicht dominiert. Und die "Turnover-zum-Kopfschütteln" haben auch weiter ein fixes Trademark im Hause Rivers.
  • Da Houston am Ende in Overtime bei den Titans verlor und so die Playoffs zunehmend abhaken kann, wird das nur ein geringer Trost sein, aber: Die Offense zeigt weiter positive Tendenzen. Gegen die Titans war die Pass-Protection abermals verbessert, Deshaun Watson hat sich stabilisiert und nach und nach sieht man, was Houston mit dieser tiefen Receiver-Gruppe anrichten kann. Doch die Tatsache, dass die Texans schon seit Woche 1 eine furchtbare Run-Defense haben, wiegt gegen ein Team wie Tennessee doppelt schwer.
  • Zu den 2-Point-Conversions: Romeo Crennel wollte nach dem Touchdown zwei Minuten vor Schluss seiner Defense nicht die Möglichkeit geben, das Spiel gegen Tennessee noch aus der Hand zu geben, und versuchte, per 2-Point-Conversion auf neun Punkte zu erhöhen. Das hätte die Partie vermutlich entschieden, aus Analytics-Sicht wäre hier jedoch der PAT ratsam gewesen. So spät im Spiel auf acht statt sieben Punkte zu erhöhen ist in puncto Value unterschätzt; Tennessee hätte maximal die Overtime erreichen können, und dafür hätte es neben einem Touchdown eine eigene 2-Point-Conversion gebraucht. Und die Titans zeigten im Gegenzug überdeutlich, dass sie darauf so gar keine Lust hatten.
  • Denn Tennessee marschierte im Gegenzug zwar in neun Plays zum Touchdown, vier Sekunden vor dem Ende hätten die Titans per 2-Point-Conversion das Spiel gewinnen können. Stattdessen entschied Vrabel sich jedoch dafür, auf Overtime zu spielen und hier wiederum hätte ich den aggressiven Call bevorzugt. Vrabel wählte so den Zufall des Münzwurfs sowie - sofern der gewonnen wird - die Aussicht, nochmals das Feld runter zu marschieren über ein einzelnes 2-Point-Conversion-Play, mit dem die Titans aus eigener Kraft und ohne Glück beim Münzwurf die Partie hätten gewinnen können. Am Ende ging es gut, doch betrachtet man Prozess und Resultat hier isoliert, war die Herangehensweise zumindest diskutabel.

8. Was bringt Washington das Kyle-Allen-Experiment?

Der rasante Abstieg von Dwayne Haskins in Washington wirft weiter Fragen auf und lässt nur den Schluss zu, dass intern Dinge Vorgefallen sein müssen - oder das Haskins sich in der täglichen Arbeit tatsächlich so undiszipliniert präsentiert hat, dass Ron Rivera sich gezwungen sah, die Reißleine zu ziehen.

Man muss hoffen, dass es einen vernünftigen Grund gibt, denn es ist schwer, eine Begründung zu finden, warum Kyle Allen spielt. Allen kenne die Offense besser, diese Aussage hörte man zuletzt mehrfach aus der Hauptstadt. Das ergibt auch durchaus Sinn, schließlich spielte Allen unter Rivera in Carolina bei den Panthers, von wo Rivera Scott Turner als Offensive Coordinator mitgebracht hat.

Wahr ist aber auch, dass man von diesem theoretischen Effekt bislang nicht sonderlich viel sieht. Allen hatte auch bei der Pleite gegen die Giants mehrere haarsträubende Fehler, und die Momente, in denen man den Eindruck hat, dass Allens Erfahrung in der Offense ein großes Plus ist, sind ebenfalls überschaubar.

Vor allem aber, und das ist der entscheidende Punkt, ist relativ offensichtlich, was für ein Quarterback Kyle Allen ist: Ein exzellenter Backup, der aber einfach nicht gut genug für einen Starting-Job ist. Und dieser Gedanke weitergedacht: Was für ein Spieler Haskins ist, das ist noch unklarer und eigentlich hätte es die oberste Priorität für Washingtons Saison sein müssen, genau das herauszufinden.

Womöglich hat Rivera für sich diese Entscheidung bereits gefällt und blickt nach vorne. So oder so aber ist eine Sache unbestreitbar: Allen zu starten bringt Washington überhaupt nichts. Es macht sie nicht signifikant konkurrenzfähiger, Allen zu entwickeln führt nirgendwohin und Haskins wird so weder weiterentwickelt, noch steigt sein Trade-Value. Im Gegenteil.

9. Die Jets: Das schlechteste Team seit sehr langer Zeit

Grundsätzlich sind 0-16- genau wie 16-0-Tipps meist nicht mehr als heiße Luft, selbst wenn sie während der Saison nachgereicht werden. Die Liga ist zu ausgeglichen, es gibt zu viele mögliche Stolpersteine und die Teams sind letztlich so eng beieinander, dass ein paar Kleinigkeiten reichen, um dann doch ein Spiel zu verlieren - oder eben eines zu gewinnen.

Die Cardinals vor zwei Jahren etwa waren leistungstechnisch nah dran an einem 0-16-Team. Doch zwei Spiele gegen die 49ers mit ihrem Backup-Quarterback und ein Sieg in Green Bay, nach welchem Mike McCarthy entlassen wurde, verhinderten das. Die 0-16-Browns auf der anderen Seite waren besser, als der Record vermuten lassen würde.

Das erste Team seit sehr langer Zeit, das spielt wie ein 0-16-Team und wo man schlicht nicht einmal den Ansatz von Hoffnung kreieren kann, sind die New York Jets. Ein blutleerer, komplett uninspirierter Auftritt bei den Miami Dolphins am Sonntag unterstrich das.

Was wäre überhaupt der positive Startpunkt bei den Jets? Mekhi Becton vermutlich, doch der Rookie-Tackle fällt aus, seitdem New York ihn im Thursday Night Game gegen Denver unüberlegt angeschlagen hat spielen lassen. Jamison Crowder vielleicht noch - da hört es aber zumindest für die Offense auch schon auf. Und defensiv wurde Minuten nach Spielende in Miami Defensive Tackle Steve McLendon, einer der klaren Leader dieses Jets-Teams, für einen Sechstrunden-Pick 2022 nach Tampa Bay getradet.

Die Jets sind ein echter "Anwärter" auf eine Saison ohne Sieg, und die wöchentliche Frage stellt sich abermals: warum wird Adam Gase nicht entlassen? New York ist mit Abstand das am wenigsten talentierte Team, eine Entlassung würde nicht plötzlich die Kehrtwende einleiten und die Jets wertlose Siege einfahren lassen.

Was macht es mit den jungen Spielern wie Becton, Quinnen Williams, Blessuan Austin oder auch Ashtyn Davis, wenn man jede Woche komplett chancenlos ist - und keine Konsequenzen gezogen werden? Wie schnell kann eine Franchise den Schalter umlegen, wenn die Saison weiter so verläuft? Und welche Wirkung hat das auf mögliche Free-Agent-Ziele?

Die Jets sind in jeder Hinsicht ein absolutes Desaster, und es ist an der Zeit, dass diese Tatsache vonseiten der Franchise mit Taten anerkannt wird.

10. Wo stehen die Chicago Bears?

Eine weitere Woche vergeht, die Chicago Bears gewinnen ihr fünftes von bislang sechs Spielen - und so wirklich weiß ich noch immer nicht, was ich von Chicago halten soll. Die Bears konnten gegen Carolina den Ball nicht laufen, Nick Foles warf eine üble Interception und knackte die 200-Passing-Yard-Marke nicht. Trotzdem stand ein 23:16-Sieg gegen die Panthers.

Carolina hatte dabei zehn offensive Drives, von denen vier weniger als 25 Yards einbrachten. Chicago sammelte sechs QB-Hits, sechs Tackles for Loss und vier Sacks - die Bears lebten im Backfield der Panthers, und das führt auch zum Kern: Chicago hat einen Top-5-Pass-Rush was den 4-Men-Rush angeht, im Gegensatz etwa zu Pittsburgh oder Indianapolis kombinieren die Bears das allerdings zusätzlich mit einer individuell stark besetzten Secondary.

Wenn man die Bears für den weiteren Saisonverlauf einschätzen will, dann muss man hier anfangen: Wie weit kann Chicagos Defense dieses Team tragen? Diese Defense reicht, um mittelmäßige (oder schlechtere) Teams zu schlagen, für mehr muss die Offense und insbesondere Nick Foles einen Lauf hinlegen. Doch die 5-1-Ausgangslage mit dieser Defense und wenigstens einzelnen Highlights durch die Offense? Müsste heute getippt werden, würde ich Chicago damit in die Playoffs setzen.