Top 10: Die 10 Erkenntnisse zu Woche 5 in der NFL
1. Die Dallas Cowboys und der Dak-Prescott-Schock
Es gibt einfach Momente, welche die Luft nicht nur aus einem Spiel nehmen, sondern auch jeden Zuschauer selbst am Bildschirm das Spiel für einige Minuten vergessen lassen. Die Verletzung von Dak Prescott, die Szene, als der langjährige Cowboys-Coach Jason Garrett, mittlerweile Offensive Coordinator der Giants, über das Feld gelaufen kam, um nach Prescott zu sehen und die Bilder, als Prescott unter Tränen vom Feld gefahren wurde? Ja, das war so ein Moment .
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Und alle Kritik daran, dass Prescott mal lieber in der Offseason einen neuen Vertrag hätte unterschreiben sollen, verbieten sich hier. Eher sollte diese Szene Fans einmal mehr klarmachen, warum Spieler in den Holdout gehen, warum sie die langfristige Sicherheit haben wollen, die sie sich verdient haben.
Prescott hat auf sich gesetzt, und das größte Risiko war eine schwere Verletzung, die ihn möglicherweise langfristig - also über diese Saison hinaus - beeinflusst. Es steht zu hoffen, dass zumindest das infolge des Knöchelbruchs nicht der Fall ist, sollten keine weiteren Komplikationen auftreten. Noch am Sonntagabend wurde er bereits operiert.
Gleichzeitig wird er seinen Wert bis zu den nächsten Vertragsgesprächen nicht mehr hochschrauben können. Wird er mit dieser Erfahrung im Hinterkopf eher einem langfristigen Vertrag zustimmen? Wird er nochmal mit einem zweiten Tag ohne langfristige Garantien in die Saison gehen wollen? Gut vorstellbar, dass dieser jetzt tatsächlich eingetretene Worst Case Prescott auch vorsichtiger werden lässt.
Erst einmal muss Prescott gesund werden, aber diese Fragen werden jetzt bald im Mittelpunkt stehen. Die Cowboys dürften ihn dennoch halten wollen, vielleicht aber wollen sie erst sehen, wie Prescott nach der Verletzung zurückkommt. Dann wäre der zweite Franchise Tag ein logischer Schritt, mit dem enormen Druck, dass man sich danach einigen muss - oder den Quarterback gehen lässt.
Und was bedeutet die schwere Verletzung von Prescott konkret sportlich? Zunächst ist eine auf niedrigem Niveau weit offene NFC East jetzt noch offener. Dallas, trotz des enttäuschenden ersten Saisonviertels, war hier weiterhin der Favorit, eben aufgrund der Feuerkraft der Offense. Das ändert sich ohne Prescott zweifellos, und Dallas verliert nicht nur seinen Quarterback, sondern einen unangefochtenen Leader, der für dieses Team umso wichtiger erscheint. Die Eagles sahen zuletzt verbessert aus, könnten sie an Dallas vorbei in die Pole Position rutschen? Oder kann sogar Washington mit seinem Quarterback-Karussell eine Rolle spielen?
Die Cowboys haben zumindest dahingehend klug vorgesorgt - Andy Dalton ist einer der besten Backup-Quarterbacks in der NFL und ein absolut fähiger Starter, er sollte zumindest eine gewisse Base Line bereiten. Diese Offense kann immer noch gut sein, spielt aber auch ohne beide Starting-Tackles und aktuell mit dem Backup-Center, und das merkte man Dalton gegen die Giants bereits mehr an als Prescott.
In jedem Fall können die Cowboys nicht mit der gleichen explosiven Offense rechnen, was im Umkehrschluss auch bedeutet, dass Dallas spätestens jetzt deutlich mehr Stabilität von der eigenen Defense braucht - und mehr Hilfe von den offensiven Play-Designs, um die nach wie vor tollen Waffen bestmöglich einzusetzen, sodass man mit Dalton als Game Manager das Maximum rausholen kann.
Zu den Titelkandidaten gehörte Dallas aufgrund der Defense für die meisten bereits nicht mehr, mit Prescotts Verletzung sind sie allerdings auch aus dem erweiterten Contender-Kreis raus. Angesichts der eigenen Division kann Dallas aber auch mit Andy Dalton um ein Playoff-Ticket mitspielen.
2. Was ist los mit den Kansas City Chiefs?
Die größte sportliche Überraschung am Sonntag abgesehen von dem Meltdown in San Francisco dürfte der Sieg der Raiders in Kansas City gewesen sein. Und zunächst einmal gilt es, Lob auszusprechen - für die Las Vegas Raiders, selbstredend.
Die hatten einen klaren Plan, und sie setzten ihn exzellent um: Mit langen Drives das Spiel verkürzen und so das Geschehen zu diktieren, was ganz klar über das Run Game aufgebaut war. Die Raiders hatten über 35 Minuten Ballbesitz, liefen den Ball vor allem früh sehr konstant und sehr hartnäckig - aber das war nur ein Teil der Rechnung.
Denn lange Ballbesitzzeiten reichen gegen Kansas City nicht. Nicht nur muss man diese auch mit Punkten abschließen - man muss auch in der Lage sein, selbst Big Plays aufzulegen. Und das waren die Raiders: Henry Ruggs zeigte abermals, dass er mit seinem Speed der Schlüssel zu dieser Offense sein kann, selbst wenn er den Ball nicht erhält. Agholor fing ein Big Play, Renfrow fing einen tiefen Ball - und das ist tatsächlich die Formel gegen Kansas City. Derek Carr hat den Ball in keinem Spiel unter Gruden im Schnitt so tief geworfen wie gegen die Chiefs am Sonntag - und das war kein Zufall.
Es funktionierte vor allem auch deshalb, weil die eigene Defense die Chiefs-Offense limitierte. Der Pass-Rush der Raiders bereitete der Chiefs-Offense größere Probleme als gedacht, und damit geht es auch schon über in die Fehleranalyse: Kansas Citys Offensive Line ist längst nicht so dominant wie letztes Jahr, auch Right Tackle Mitchell Schwartz hat dieses Jahr mehr Wackler in seinem Spiel.
Vor allem aber bleiben eigene Fehler ein Thema, und das ist ein Punkt, der dieses Jahr schon mehrfach aufgefallen ist: Der Titelverteidiger scheint manchmal nicht mit vollen 100 Prozent bei der Sache zu sein. Das wirkte gegen die Chargers so, gegen die Patriots - und die Raiders bestraften es schließlich.
Kansas City beendete das Spiel mit zehn Strafen für 94 Yards, Receiver ließen sich bei Third Down am Catch Point schlagen, Mahomes wirft auffallend viele Risiko-Bälle und der eigene Pass-Rush wiederum ist weiterhin viel zu inkonstant und lebt mehr oder weniger nur von Chris Jones.
Die Chiefs müssen mental so richtig in der Saison ankommen, vor allem aber hat der Auftritt der Raiders einen Punkt unterstrichen, den die anderen Division-Gegner aus dieser Partie mitnehmen sollten: Wer die Chiefs schlagen will, muss defensiv ein paar Ausrufezeichen setzen können. Vor allem aber muss man dafür offensiv Big Plays auflegen können. Die Raiders konnten das am Sonntag vielleicht besser als in jedem anderen Spiel in der Carr-Ära.
3. Claypool: Das fehlende Puzzleteil der Steelers-Offense?
Die Steelers-Offense hatte in der vergangenen Saison ein übergreifendes strukturelles Problem. Sicher, die Tatsache, dass Ben Roethlisberger ausfiel, war das größte Thema und das größte Problem. Doch strukturell innerhalb der Offense merkte man auch etwas anderes: Der X-Receiver fehlte. Es fehlte ein physisch dominanter Outside-Receiver, der Coverages auf sich ziehen und Räume für JuJu Smith-Schuster und Co. kreieren kann. Nicht zwangsläufig eine Nummer 1, in diese Rolle könnte Diontae Johnson sehr gut wachsen - eher der klassische X-Receiver.
Mit Chase Claypool haben sie genau diesen Receiver-Typ im diesjährigen Draft gefunden. Claypool wurde als physisches Mismatch bereits bei Notre Dame insbesondere im vertikalen Passspiel eingesetzt, er erinnerte an eine schlechtere Version von DK Metcalf. Die Steelers zeigten schon früh in der Saison, dass sie Claypool zumindest in dieser College-Kernkompetenz einsetzen werden - gegen die Eagles war eindrucksvoll zu sehen, wie sich die Rolle des Rookies erweitert.
Claypool legte gegen die Eagles statistisch ein Spiel für die Geschichtsbücher hin: Er ist der erst dritte Rookie-Wide-Receiver aller Zeiten (Harlon Hill, Jerry Butler) mit vier Touchdowns in einem Spiel - und war maßgeblich mitverantwortlich dafür, dass die Steelers ihren ersten 4-0-Start seit 1979 hinlegten. Und die kamen längst nicht alle bei tiefen Bomben an der Seitenlinie, wo seine Paraderolle zu Saisonbeginn lag.
Die Steelers nutzten seine Physis auch im Underneath-Passing-Game, um bei Slants Yards nach dem Catch zu produzieren und gleichzeitig ein großes Target aufzubieten, um als schnelle Passoption für Roethlisberger verfügbar zu sein. Das ist umso wichtiger, da Pittsburgh mehr aus Empty Sets und mit schnellen Pässen spielt, womöglich auch, weil Roethlisbergers Arm im vertikalen Passspiel einige Male nicht gut aussah. Da braucht es Targets, die schnell auch anspielbar sind. Und sie nutzten ihn etwa bei dem ungewöhnlich designten Screen-Touchdown aus einer Quad Bunch.
Pittsburgh hat seinen X-Receiver gefunden, und wenn dessen Entwicklung und parallel die Art, wie die Steelers ihn einsetzen, sich fortsetzt, dann wird das eine sehr, sehr unangenehme Offense.
4. Atlanta Falcons entlassen Quinn und Dimitroff
In Atlanta ist es schließlich doch passiert, das Team bestätigte die Gerüchte am Montagmorgen: Head Coach Dan Quinn wurde zusammen mit General Manager Thomas Dimitroff entlassen - und es ist eine Entscheidung, die überfällig war. Die letztes Jahr schon getroffen worden wäre, bis eine unerwartet starke zweite Saisonhälfte intern offenbar den Anschein erweckte, dass Quinn das Ruder noch herumreißen könnte.
Es war eine Idee, die bereits damals nur bedingt nachvollziehbar war. Zwar sprach der Turnaround in der zweiten Saisonhälfte dafür, dass Quinn das Team noch erreicht - aber sportlich hatte Quinn es in all seinen Jahren in Atlanta kaum einmal geschafft, eine gute Defense zu formen.
Offensiv derweil wurde aus der besten Maschine der Liga vor allem viel individuelles Stückwerk, dem Atlanta nie wieder eine Identität geben konnte, seitdem man Kyle Shanahan verloren hatte. Seit Shanahan Atlanta in Richtung San Francisco verlassen hat, haben die Falcons eine Bilanz von 24 Siegen und 29 Niederlagen.
Der erste 0-5-Start für die Franchise seit 1997 war dann jetzt wohl der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte - und letztlich auch nur eine Entscheidung, die nur aufgeschoben und nicht aufgehoben wurde, was für die Entwicklung der Franchise allerdings ein großer Bärendienst war.
Denn jetzt wird alles auf dem Prüfstand stehen, und womöglich muss ein groß angesetzter Umbruch bald folgen. Matt Ryan spielt eine schwache Saison. Julio Jones kann nicht fit bleiben. Beide sind mögliche Verkaufsargumente für einen neuen Head Coach oder GM, aber wie realistisch ist es, mit diesem Kern nochmal ganz oben anzugreifen? Gleichzeitig ist es finanziell schwierig, beide zumindest kurzfristig abzugeben.
Atlanta braucht einen schnellen Umbruch mit dem alternden Kern oder einen kompletten Restart. Und da nur wenige Teams für Letzteres wirklich die Geduld haben, wird es der Versuch des neuen Regimes höchstwahrscheinlich sein, Ersteres hinzubekommen.
5. Die NFL braucht endlich einen neuen (Spiel-)Plan
Ich hatte letzte Woche bereits ausführlicher über das Thema geschrieben , und über die letzten sieben Tage hat sich das Problem eher signifikant verschlimmert: Die NFL muss den Spielplan endlich an die Umstände, unter denen die Saison nun einmal stattfindet, anpassen. Genug davon, den Schedule-Rahmen intakt zu halten und den Super Bowl Anfang Februar austragen zu wollen.
Vor allem aber: genug davon, dass positive Tests bei einzelnen Teams noch Wochen später Auswirkungen haben, weil zahlreiche Spiele verschoben werden müssen, um alles irgendwie in den vorhandenen Spielplan zu quetschen. Und genug davon, dass Teams wie jetzt die Broncos ihre - im Nachhinein dazu umgewandelte - Bye Week mit Training und Vorbereitung auf eine Partie verbracht haben, die jetzt eine Woche später stattfindet.
Allein der erneute positive Test bei den Patriots bedeutet jetzt, dass Broncos gegen Patriots um eine Woche verschoben wird, die Broncos in Woche 8 - eigentlich Denvers Bye Week - gegen die Chargers spielen und dann in Woche 11 gegen Miami (eigentlich die Bye der Dolphins). Damit das funktioniert, muss das eigentlich für Woche 8 angesetzte Spiel zwischen den Chargers und Jaguars jetzt noch verlegt werden.
Die Liga verkündete eine ganze Reihe an Schedule-Anpassungen , um auf die jüngsten positiven Tests zu reagieren.
Die Idee, die Saison in einem regulären Schedule durchziehen zu können, war zumindest mal naiv und potenziell fahrlässig. Und aktuell kreiert die NFL vor allem eines: ein Kartenhaus, das früher oder später einstürzen wird.
Die Saison jetzt kurzzeitig zu unterbrechen, den Schedule anzupassen und insbesondere mehr Puffer vor den Playoffs einzubauen, um so besser reagieren zu können, das wäre ein sinnvoller Weg. Denn aktuell werden Probleme nur so lange vor sich hergeschoben, bis man irgendwann vor einem Schedule-Desaster steht und zum Handeln gezwungen ist.
6. Die 49ers gehen gegen Miami baden
Auf dem Papier wirkte die Partie gegen Miami aus Niners-Sicht wie das perfekte Spiel, um vor einem brutalen Schedule-Stretch wieder Fahrt aufzunehmen. Mit Garoppolo zurück, den offensiven Waffen auf dem Feld wiedervereint und einer Dolphins-Defense, die noch mitten in der Findungsphase zu sein schien.
Die Realität? San Franciscos Cornerbacks waren katastrophal, beginnend mit Brian Allen, der überraschend statt dem angeschlagenen (aber aktiven) Whitherspoon startete. Es war das erste Spiel, in dem sich ohne die verletzten Sherman, Moseley und Williams so richtig schmerzhaft bemerkbar machte, dass die Niners die Cornerback-Position in der Offseason eben komplett ignoriert haben.
Sicher, dass alle Starter auf einmal ausfallen, dafür kann man nicht planen - auffällig war es aber schon, dass San Francisco diese wichtige Positionsgruppe abermals so ignorierte. Ryan Fitzpatrick bestrafte das mit einer fantastischen Partie, auch weil San Franciscos angeschlagener Pass-Rush eben nicht den gewohnten Druck bereiten konnte. So brach die Defense komplett in sich zusammen - auch weil es von der Offense keinerlei Hilfe gab.
Im Fokus stand dabei selbstredend Jimmy Garoppolo, der von seiner Knöchelverletzung zurückkam - und wo im Nachhinein die Frage gestellt werden muss, wie genau Garoppolo von den Ärzten grünes Licht hatte erhalten können. Er bewegte sich von Anfang an sichtbar unrund, Miami reagierte mit zahlreichen Blitzes darauf und attackierte ihn in der Pocket, was die Probleme noch verdeutlichte. Garoppolo warf zwei furchtbare Interceptions in der Schlussphase der ersten Hälfte, sodass Shanahan ihn ultimativ zur Halbzeit rausnahm, um ihn zu schützen.
Doch auch die Offensive Line spielte nicht gut, und das nicht zum ersten Mal dieses Jahr. Shanahans Offenses basieren immer auf einer guten Offensive Line, und gerade in Pass-Protection hat er die aktuell nicht. Die 49ers spielen jetzt gegen die Rams, Patriots, Seahawks, Packers, Saints, Rams und Bills - es ist der brutalste Stretch ligaweit über die nächsten Wochen, mit Abstand. Die Niners könnten Sherman bald zurückerhalten, wenn Garoppolo wieder näher bei 100 Prozent ist, sollte auch die Offense anders aussehen.
Doch mit inzwischen drei Pleiten auf dem Konto ist der Spielraum für Fehler in einer knallharten Division minimal. San Francisco ist immer noch ein potenziell gefährliches Team, aber die Probleme sind sichtbar und nicht alle davon werden verschwinden, nur weil sich das Lazarett lichtet.
7. Vikings machen viel richtig - und verlieren dennoch in Seattle
Die Vikings haben es gegen Seattle eigentlich lange sehr gut gemacht. Minnesota konnte über das Run Game punkten, und dabei gleichzeitig aber offensiv auch immer wieder das Gaspedal runter treten, insbesondere mit den Bootleg-Shots. So war Seattle gezwungen, offensiv einmal mehr mitzuhalten - und Minnesota verteidigte es gut.
Zimmer ließ sehr viel Zone Coverage spielen und innerhalb der Zone Konzepte viel 2-High, also zwei tief postierte Safeties. Das zwang Seattle ins Kurzpassspiel und man sah mehrfach, wie Russell Wilson den tiefen Pass werfen wollte, dann aber den Ball zurückzog und schließlich unter Druck geriet. Die Touchdowns und Big Plays durch die Luft , welche die Partie zugunsten der Seahawks entschieden, kamen fast alle, wenn Minnesota dann tief in der eigenen Hälfte doch mehr Man Coverage spielte.
Die Vikings dominierten zuvor die erste Hälfte, und letztlich war es eher Minnesota, das Seattle ins Spiel zurückließ, als dass die Seahawks sich zurückgekämpft hätten. Die kostspieligen Turnover, die direkt zu Punkten führten und die Tatsache, dass Minnesota zwar in der ersten Hälfte das Spiel kontrollierte, aber es dann nicht schaffte, mehr Punkte dabei raus zu holen - natürlich in Kombination mit Wilsons Klasse nach der Halbzeitpause -, ließen diese Partie ultimativ kippen.
Ein letzter Gedanke zu diesem Spiel: Die Entscheidung von Zimmer, das extrem kurze Fourth Down kurz vor Schluss auszuspielen, war eine sehr, sehr enge Geschichte. Doch mit einem Field Goal bleibt es ein One-Score-Game und letztlich geht es darum, das Spiel zu beenden und Wilson nicht mehr an den Ball kommen zu lassen. Die Vikings haben im Run Game dominiert, ich habe absolut kein Problem mit der Entscheidung oder mit dem Play-Call und ziehe den imaginären Hut vor Zimmer. Dieser Moment deutete auch bei ihm als Head Coach eine Weiterentwicklung an.
8. Burrows Rookie-Taufe - Probleme bei den Ravens?
Häufig habe ich hier über die letzten Wochen Bengals-Quarterback Joe Burrow gelobt; der Rookie hatte aus schwierigen Umständen in Cincinnati das Maximum rausgeholt. Insbesondere aus schwierigen O-Line-Umständen, Burrow hatte einige spektakuläre Spiele gegen Pressure in der Pocket.
Gegen die Ravens hatte er seinen ersten überdeutlichen "Rookie-Auftritt". Die Ravens blitzten ihn mit voller Macht, brachten aber vor allem Pressure aus allen Richtungen. Sieben Sacks kassierte Burrow insgesamt, und die kamen nicht nur von sieben verschiedenen Spielern - fünf davon kamen von den fünf Starting-Defensive-Backs. Blitzer aus allen Richtungen, und Burrow steckte bei noch deutlich mehr Dropbacks Hits ein.
Es war in jeder Hinsicht der Worst Case für Burrow, da die Bengals früh mit 0:17 hinten lagen, dann extrem Pass-lastig wurden - was in dieser extremen Umsetzung auch kritisch zu hinterfragen ist - und dann konnten die Ravens das komplette defensive Blitzing-Playbook öffnen.
Etwas weniger einfach ist die Erklärung auf der anderen Seite - denn nicht zum ersten Mal in dieser Saison sah Lamar Jackson als Passer zumindest mal wacklig aus. Die Leichtigkeit im Passspiel fehlt, es ist nicht so selbstverständlich wie letztes Jahr. Und dafür gibt es verschiedene Gründe: Die Offensive Line ist nicht so gut wie letztes Jahr, es fehlt merklich die dominante Nummer-1-WR-Outside-Waffe. Hollywood Brown spielt gut aber ist vielleicht auch schlicht nicht der Spieler für diese Rolle.
So ist das Passspiel relativ überschaubar, mit einer klaren Tendenz: Die Ravens sind gefährlich über die Mitte des Feldes, wo viel über die Tight Ends und insbesondere Mark Andrews läuft - aber davon abgesehen gibt es Fragezeichen im Passspiel, und womöglich fehlt der Outside Receiver, um offensiv wirklich den nächsten Schritt zu machen. Zumindest für den Moment sind die Ravens hier hinter ihrem Vorjahreslevel.
9. Arizonas Backfield und die Jets als komplettes Debakel
Arizona kam mit einem letztlich - nach wackliger erster Hälfte - souveränen Auswärtssieg bei den desolaten Jets zurück in die Spur - mit einigen klaren Erkenntnissen auf beiden Seiten. Kurz zusammengefasst:
- Chase Edmonds ist der deutlich bessere Back aufseiten der Cardinals aktuell. Er ist explosiver, er attackiert seine Gaps deutlich entschlossener, er läuft vertikal, statt horizontal zu tänzeln. Im Passspiel haben die Cardinals bereits den Tausch vollzogen - und es scheint eine Frage der Zeit zu sein, ehe Edmonds auch mehr Early-Down-Snaps erhält. Kenyan Drake spielt schlicht zu zögerlich.
- Die Cardinals hatten offensichtlich fest vor, die Diskussionen über ihre horizontale Offense zu den Akten zu legen. Gegen die Jets attackierten sie deutlich mehr vertikal, Kyler Murray gab DeAndre Hopkins mehrere Chancen, wenn die Jets Eins-gegen-Eins mit einem Single High Safety spielten. Hopkins zahlte es mit einigen Big Plays zurück.
- Es war längst nicht alles perfekt auf Cardinals-Seite - dass Arizona dennoch am Ende 30 Punkte hatte, sagt mehr über die Jets aus. Es war der nächste desolate Auftritt von Gang Green, die ohne Quarterback Sam Darnold antreten mussten, sich selbst aber auch überhaupt nicht halfen.
- Adam Gase puntete bei beiden ersten Drives jeweils bei Vierter-und-1 - mindestens seit 1994 sind sie laut PFR das erste Team mit zwei Vierter-und-1-Punts innerhalb der ersten fünf Spielminuten. Adam Gase hat nichts zu verlieren, solche Entscheidungen sind absolut nicht nachzuvollziehen. Ein Run bei Zweiter-und-26 war die Versinnbildlichung von alledem. Es war die sechste Pleite für die Jets unter Adam Gase mit mindestens 20 Punkten Differenz.
- Arizona hat Pass-Rusher Chandler Jones mutmaßlich für den Rest der Saison mit einer Bizepsverletzung verloren. Eine eindimensionale Defense, die ohnehin Probleme hatte, zum Quarterback zu kommen, wird jetzt noch deutlich wackliger sein, während Vance Joseph weiter nach einer Rolle für Isaiah Simmons sucht.
10. Alex Smith und das Comeback des Jahres
Der unbestrittene Gänsehautmoment dieser Woche, beziehungsweise: dieser Saison. Als Alex Smith nach einem harten Hit gegen Kyle Allen aufs Feld kam, unter dem Jubel seiner Kinder und der sichtbar bis in die Haarspitzen angespannten und nervösen - und das dürfte noch maßlos untertrieben sein - Ehegattin auf der Tribüne , war sie perfekt: die größte Comeback-Story dieses Jahres.
Dass Washington chancenlos gegen die Rams verlor und die Offense keinen Stich sah, wird mit Rückblick auf diese Partie schnell in Vergessenheit geraten. Dass aber Alex Smith nach 17 Operationen, acht Monaten mit einer externen Stütze und knapp zwei Jahre nach seiner schweren Beinverletzung tatsächlich sein Comeback auf dem Platz gab, dürfte Smith - und das vollkommen zu Recht - bereits den Titel des Comeback-Spielers des Jahres gesichert haben.
Gleichzeitig aber wirkte es wie ein kollektives Luftanhalten, auf Twitter sowie im Stadion, jedes Mal wenn Smith den Ball erhielt. Bislang hatte er im Washington noch keinen Hit eingesteckt, als er dann nach wenigen Plays Aaron Donald wie einen Rucksack auf sich sitzen hatte, war der erste Belastungstest bestanden. Smith blieb dann auch im Spiel, obwohl Allen grünes Licht für eine Rückkehr erhalten hatte - kommende Woche aber soll Allen wieder starten.
Und Dwayne Haskins? Es wäre absolut nicht überraschend, wenn hier noch ein Trade vollzogen werden würde.