Derzeit duelliert sich Jimmy Butler mit LeBron James und den Los Angeles Lakers und hat den Miami Heat mit einem epischen Spiel 3 den bisher einzigen Sieg der Serie beschert. Er hat das für ihn perfekte Team gefunden - nach einer ziemlich intensiven Suche.
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Warum die Chicago Bulls Jimmy Butler tradeten
Zu Beginn der Dekade waren die Bulls ein ernsthafter Titelaspirant. Butler stieß 2011 als 30. Pick zu einem Team, das den MVP in Derrick Rose stellte und erst in den Conference Finals an den Big Three der Miami Heat gescheitert war. Zu mehr reichte es danach nie, weil Rose sich bekanntermaßen immer wieder verletzte.
Währenddessen arbeitete sich Butler unter Coach Tom Thibodeau in der Hackordnung immer weiter nach oben. Nach einer Rookie-Saison auf der Bank wurde Butler Rotationsspieler, in den Playoffs schrubbte er 2013 schon über 40 Minuten pro Partie ab. Thibs gefiel seine Einstellung und Butler fand im ebenfalls hart arbeitenden Coach eine Art Seelenverwandten.
Butler entwickelte sich mit der Zeit mehr und mehr zum Star, wurde Most Improved Player und All-Star, während Rose häufig verletzt zusah. Das sorgte intern hin und wieder für Spannungen, aber Chicago galt 2015 als Titelanwärter. Thibodeau überwarf sich jedoch mit dem Front Office und musste nach einer 2-4-Niederlage in den Conference Semifinals gegen Cleveland seinen Hut nehmen.
Und auch Butler war zu diesem Zeitpunkt nicht gut auf das Front Office zu sprechen. Angeblich verlangten die Bulls im Sommer 2014, dass Butler für vier Jahre und 40 Millionen Dollar unterschreiben solle, sonst würde Tony Snell seine Minuten bekommen. Butler tat es nicht und bekam dank starker Leistungen ein Jahr später fast 100 Millionen für fünf Jahre.
© imago images/CoryRoyster
Mit dem neuen Coach Fred Hoiberg wurde Butler dennoch nie warm. Das Training war ihm zu lasch, der Coach zu unerfahren. Die Bulls mutierten zu einem Zirkus, spätestens als Dwyane Wade und Rajon Rondo 2016 zum Team stießen. Mit Ach und Krach reichte es für die Playoffs, dort setzte es das Aus in Runde eins gegen die Boston Celtics.
In Chicago traute man es Butler, der durchschnittlich 24 Punkte pro Partie erzielt hatte, nicht zu, ein echter Franchise Player zu sein. Stattdessen war im Sommer 2017 ein Neuaufbau das Ziel; Butler war dafür nicht eingeplant.
Dass man für Butler gerade einmal Zach LaVine, Kris Dunn sowie einen Pick (Lauri Markkanen) bekam, war damals fraglich und sieht heute noch viel schlimmer aus. Noch zur Trade Deadline wollten die Bulls gleich mehrere Lottery Picks für den All-Star, 2017 ließ man sich von den Timberwolves mit diesem Paket abspeisen.
Die Statistiken von Jimmy Butler bei den Bulls
Spiele Minuten Punkte FG% Rebounds Assists Regular Season 399 32,3 15,6 44,8 4,8 3,1 Playoffs 38 38,3 16,8 43 5,2 2,8
Warum die Minnesota Timberwolves Jimmy Butler tradeten
Bei den Wolves genoss Butler unter seinem alten Coach Thibodeau wieder die Wertschätzung, die er in Chi-Town nicht erfuhr. Allerdings hielt Jimmy Buckets nur wenig von seinen Mitspielern, Karl-Anthony Towns und auch Andrew Wiggins konnten sich nie das Vertrauen von Butler erspielen.
Minnesota galt vor drei Jahren noch als eines der vielversprechendsten Teams der Liga, Butler sollte Leadership, Härte und auch Erfolg in den hohen Norden bringen. Die Wolves hatten zuvor zwölfmal in Folge die Playoffs verpasst, mit dem Flügelspieler sollte das geändert werden.
Und die Wolves waren tatsächlich im Westen oben mit dabei, bevor sich Butler am Knie verletzte. Minnesota, lange auf Platz drei im Westen, war im freien Fall und rettete sich erst am letzten Spieltag in einem Do-or-Die-Spiel gegen Denver nach Verlängerung über die Ziellinie. In den Playoffs folgte ein sang- und klangloses Ausscheiden und auch Butler konnte gegen Houston nicht überzeugen.
Womöglich hatte er da schon mit seinem Team abgeschlossen. Separat vom Team flog Butler zurück in die Heimat, wenig später informierte er Thibodeau, dass er seinen 2019 auslaufenden Vertrag nicht verlängern würde und empfahl gleichzeitig seinen eigenen Trade.
Es ist bis heute nicht überliefert, wann Butler den Glauben an die Youngster verlor. Dass aber Wiggins direkt nach seiner Ankunft eine maximale Rookie Extension bekam und somit weniger Geld für Butler übrig blieb, war ihm bereits damals sauer aufgestoßen.
Über 300 Millionen Dollar hatten die Wolves bereits in KAT und Wiggins investiert - und diese beiden hatte Butler über die Saison mitgezogen. Für den heute 31-Jährigen war das nicht akzeptabel. Die Trade-Forderung wurde öffentlich, Minnesota kam aus den Schlagzeilen nicht mehr heraus - erst recht nicht, nachdem Butler ESPN in die Stadt holte.
Was dann folgte, sollte für Wochen ein Thema bleiben und ist selbst jetzt noch regelmäßig Thema. Butler, der verletzt aus der Offseason kam und erstmals wieder trainierte, agierte mit den Reservisten gegen die potenziellen Starter und gewann in einem von Schimpftiraden durchzogenen Trainingsspiel. Dabei nahm Butler kaum einen Wurf und verteidigte Towns so hart, dass dieser keinen Stich stach. Für den Forward war es das letzte Zeichen, dass dieses Team für ihn nicht das Richtige war.
Die Wolves knickten unter dem Druck ein, im November schickten sie den "faulen Apfel" für Picks sowie Robert Covington und Dario Saric nach Philadelphia, zu einem anderen Team mit einem jungen Kern und aufstrebenden Stars ...
Die Statistiken von Jimmy Butler bei den Timberwolves
Spiele Minuten Punkte FG% Rebounds Assists Regular Season 69 36,6 22 47,4 5,3 4,8 Playoffs 5 34 15,8 48,1 6 4
Warum die Philadelphia 76ers Jimmy Butler tradeten
Manchmal sind es Nuancen, die über Transaktionen mit großer Wirkung entscheiden. Wäre Butler noch Teil der Sixers, wenn der Wurf von Kawhi Leonard in Spiel 7 der Conference Semifinals 2019 wieder herausgesprungen und nicht in den Korb getropft wäre? Wir werden es nie erfahren. Dennoch waren die Sixers nah dran, den späteren Champion Toronto in deren Halle aus dem Wettbewerb zu kegeln.
So stand stattdessen schwarz auf weiß: Philadelphia 76ers, in Runde zwei gescheitert. Auch in der Stadt der Brüderlichen Liebe lief es nicht immer harmonisch ab. Es gab zahlreiche Gerüchte, dass Butler mit Coach Brett Brown aufgrund der Strategie einige Male aneinandergeriet und dass Brown seinen Stars eine zu lange Leine gewähren würde.
Gleichzeitig passte Butler auch nur bedingt in das Team. Mit Ben Simmons stand ein weiterer schlechter Schütze in der Starting Five, sowohl der Australier als auch Butler operieren aber am liebsten mit Ball in der Hand. In den Playoffs wurde Simmons so zu einem Statisten, während Butler vor allem in den Schlussabschnitten die Show schmiss.
Die Sixers standen vor der Frage: Kann das auf Dauer gutgehen? Fakt ist, dass Butler bezahlt werden wollte und das zum Maximum. Die Sixers hätten 5 Jahre und 190 Millionen anbieten können, noch heute gibt es unterschiedliche Berichte darüber, ob sie es wirklich taten. Laut Chris Haynes von Yahoo! Sports baten die Sixers Butler, keine anderen Meetings zu nehmen, dann würde man ihm später den Maximal-Vertrag anbieten. Das jedoch soll dem Forward missfallen haben, stattdessen gab er Miami für einen Vierjahresvertrag (140 Millionen) seine Zusage.
Kurz gesagt: Die Sixers waren wie schon Chicago zwei Jahre zuvor nicht vollends überzeugt, dass Butler ein Team zum Titel führen könnte. Stattdessen bezahlten sie lieber Tobias Harris und holten Al Horford via Free Agency ins Boot. Um in der Butler-Saga nicht komplett leer auszugehen, erhielten sie immerhin auch noch Josh Richardson aus Miami.
Für Philadelphia war es, wenn man ein Jahr später auf die Situation schaut, ein Debakel, für die Heat ein absoluter Glücksgriff. Zwar scheint es so, als ob es am Ende nicht ganz für den großen Wurf reicht, doch Miami ist zurück auf der NBA-Landkarte - mit Butler als Eckpfeiler.
Es ist streitbar, ob nun er oder Bam Adebayo der beste Spieler dieser Mannschaft ist, doch das spielt überhaupt keine Rolle. Butler hat gefunden, was ihm Chicago, Minnesota und Philadelphia nie geben konnten: Ein hart arbeitendes Team, welches Mangel an Talent mit Physis und mentaler Stärke ausgleicht. Das klingt ganz nach Jimmy Butler.
Die Statistiken von Jimmy Butler in Philly und Miami
Spiele Minuten Punkte FG% Rebounds Assists Regular Season - PHI 55 33,2 18,2 46,1 5,3 4 Playoffs - PHI 12 35,1 19,4 45,1 6,1 5,2 Regular Season - MIA 58 33,8 19,9 45,5 6,7 6 Playoffs - MIA 19 37,6 22,1 48,1 6,2 5,7