191 Seiten hat das Buch "Lo Suficietemente Loco", aber für die Entwicklung des modernen Fußballs ist es viel, viel größer. Immerhin brachte es zwei der prägendsten Trainer unserer Zeit zusammen und das kam so:
- Guardiola: "2:5 ist schwer zu akzeptieren"
- Auf den Spuren von Diego Simeone und seiner Philosophie: Es donnert schon im Bus
- Mauricio Pochettino im Porträt: Ein Trainer wie ein Tackling
Oktober 2006, Buenos Aires. Gemeinsam mit seinem Freund, dem spanischen Filmemacher David Trueba bereiste Guardiola Argentinien. Im Sommer hatte er seine aktive Karriere beendet, die ihn nach einer erfolgreichen Zeit beim FC Barcelona nach Katar und Mexiko geführt hatte. 35 Jahre war Guardiola damals alt und er suchte Inspiration für seine angedachte Trainerkarriere.
Am 9. Oktober standen zwei Termine in Buenos Aires auf dem eng getakteten Reiseplan: Zunächst traf sich Guardiola mit Cesar Luis Menotti, Argentiniens Weltmeistertrainer von 1978, und dann mit Matias Manna, einem 20-jährigen Studenten aus Rosario.
Ein Student aus Rosario weckte Guardiolas Interesse an Bielsa
Manna war Fußball-Fan und - seit ihm seine Mutter von einem Spanien-Urlaub ein Barcelona-Trikot mit Guardiolas Nummer 4 mitgebracht hatte - vor allem: Guardiola-Fan. Er betrieb einen Taktik-Blog namens "Paradigma Guardiola" und als er erfuhr, dass sein Idol seine Heimat bereist, kontaktierte er ihn per E-Mail und fragte nach einem Treffen. Nachdem Guardiola begeistert Mannas Analysen bei "Paradigma Guardiola" gelesen hatte, willigte er ein.
Ein nettes Gespräch soll es gewesen sein, und am Ende überreichte Manna Guardiola als Dank für das Treffen ein Buch mit dem Titel "Lo Suficietemente Loco". Eine Biografie von Trainer Marcelo Bielsa aus Mannas Heimatstadt Rosario, den er ähnlich verehrt wie Guardiola. Ihn habe das Buch vollends begeistert, vielleicht gefällt es seinem Idol ja auch.
Guardiola jedenfalls verschwand daraufhin in seinem Hotelzimmer, begann zu lesen und konnte gar nicht mehr damit aufhören. "Es hat etwas in mir verändert", sagte er später und für ihn stand fest: Er kann Argentinien nicht verlassen, ohne vorher mit Bielsa gesprochen zu haben. Über seinen ehemaligen Teamkollegen von der AS Roma Gabriel Batistuta nahm er Kontakt mit Bielsa auf.
Batistuta und Bielsa kannten sich von der argentinischen Nationalmannschaft, die Bielsa nach großen Triumphen mit seinem Heimatklub Newell's Old Boys und einigen Kurzzeit-Engagements anderswo von 1998 bis 2004 mäßig erfolgreich betreut hatte. Zum Abschluss seiner Amtszeit führte Bielsa Argentinien immerhin zum Olympiasieg.
Größer als seine Titelsammlung war seit jeher aber Bielsas Ruf als detailversessenes Taktikgenie. "El Loco" nannten sie ihn schon damals nicht umsonst, den Verrückten. Seit dem Olympiasieg aber war Bielsa vereinslos, lebte auf seiner Ranch in Maximo Paz etwa 50 Kilometer südwestlich von Buenos Aires und dachte über Fußball nach.
Guardiola über das Treffen mit Bielsa: "Es war wunderbar"
Nur zu gerne empfing er einen Gleichgesinnten - doch beim Treffen bereits einen Tag nach der Kontaktaufnahme ging es zunächst gar nicht um Fußball. Eine Stunde lang befragte Bielsa Guardiolas Reisebegleiter Trueba über dessen neueste Werke. Neben Fußball sind Filme schließlich seine zweite große Leidenschaft. Dann schwenkte das Gespräch aber doch in Richtung Fußball.
"Sie begannen sich zu unterhalten und konnten gar nicht mehr damit aufhören", schrieb Trueba später in einem Beitrag für die spanische Zeitung El Pais . Trueba konnte bald nicht mehr mitreden, dafür aber immerhin mitmachen: Irgendwann stellte ihn Bielsa zwischen zwei Sessel, um Guardiola einen Spielzug zu erklären. Elf Stunden lang tauschten sich Bielsa und Guardiola über Mannschaften und Spieler, über Taktiken und Trainingsformen aus. Bielsas Ansichten wurden zu Guardiolas größter Inspiration auf dem Weg zur erfolgreichen Trainerkarriere.
"Ich kann Marcelo gar nicht genug dafür danken, wie er uns behandelt hat. Ich war ein Niemand und hatte gerade erst meine Trainerlizenz bekommen", sagte Guardiola neulich im Interview mit DAZN über das Treffen . "Es war wunderbar." Die beiden unterhielten sich über die schönen Seiten des Spiels, aber auch über die hässlichen: über Druck, über Stress, über Unehrlichkeit und den Umgang mit Kritik.
"Warum willst du trotz deines Wissens über all das Trainer werden? Brauchst du dieses Blut so dringend?", soll Bielsa Guardiola laut Trueba irgendwann gefragt haben. Das Blut Fußball, das Blut Erfolg. Guardiola erwiderte: "Ich brauche dieses Blut."
Guardiola löste Mannas außergewöhnliche Karriere aus
Die Unterhaltung mit Bielsa inspirierte Guardiola, der Manna anschließend geschrieben haben soll: "Ich habe gerade den Menschen getroffen, der mehr über Fußball weiß als jeder andere." Im Gespräch mit Bielsa hatte Guardiola auch den jungen Studenten aus Rosario erwähnt und Bielsa damit neugierig gemacht. Kurz darauf lud er Manna für ein Kennenlernen ein und konfrontierte ihn mit einem eigens vorbereiteten Taktik-Test.
Bravourös soll er den Test bestanden haben und als Bielsa im Sommer 2007 chilenischer Nationaltrainer wurde, erinnerte er sich an Manna und machte ihn zu seinem Videoanalysten. Es war der Beginn einer außergewöhnlichen Karriere: Manna blieb auch unter Bielsas Nachfolger Jorge Sampaoli im Trainerstab Chiles und folgte ihm später zum FC Sevilla und zur argentinischen Nationalmannschaft.
Guardiola über Bielsa: "Er ist der beste Trainer der Welt"
Zeitgleich mit Bielsas Amtsübernahme bei der chilenischen Nationalmannschaft übernahm Guardiola Barcelonas Reserve und führte sie zum Aufstieg in die dritthöchste spanische Liga. Anschließend wurde er zu den Profis befördert, formte eine der besten Mannschaften der Geschichte und holte gleich in seiner ersten Saison das Triple.
Es folgten etliche weitere Titel, der letzte war eine Copa del Rey 2012. Im Finale gewann Barcelona mit 3:0 gegen Bielsas neuen Klub Athletic Bilbao. Der Lehrling hatte den Meister besiegt. Wie so oft war Bielsa trotz begeisterndem Fußball seiner Mannschaft kurz vor dem Ziel gescheitert, abgesehen von ersten Erfolgen mit Newell's zu Beginn seiner Karriere und dem Olympiasieg mit Argentinien 2004 holte er bisher keine wichtigen Titel.
Aber Titel? Was sind schon Titel? Es geht ja um mehr. "Wir Trainer werden daran gemessen, wie viele Titel wir gewinnen. Titel sind aber eigentlich viel weniger entscheidend als wie man den Fußball generell beeinflusst. Deshalb ist er für mich der beste Trainer der Welt", erklärte Guardiola mal, angesprochen auf Bielsa, und riet: "Wer Trainer werden will, muss vorher mit ihm gesprochen haben."
Guardiola hatte das Glück und zwar dank des Geschenks eines 20-jährigen Studenten aus Rosario. Der Titel des Buches "Lo Suficientemente Loco", das Guardiola der Legende nach bis heute in seinem Büro aufbewahrt, heißt in Deutsch übrigens: Verrückt genug.
Die aktuelle Tabelle der Premier League
Platz Team Sp. Tore Diff Pkt. 1. Leicester City 3 12:4 8 9 2. FC Liverpool 3 9:4 5 9 3. FC Everton 3 8:3 5 9 4. Aston Villa 2 4:0 4 6 5. FC Arsenal 3 6:4 2 6 6. Crystal Palace 3 5:3 2 6 7.Leeds United38:716 8. Tottenham Hotspur 3 6:4 2 4 9. FC Chelsea 3 6:6 0 4 10. Newcastle United 3 3:4 -1 4 11. West Ham United 3 5:4 1 3 12. Brighton & Hove Albion 3 6:6 0 3 13.Manchester City25:6-13 14. Manchester United 2 4:5 -1 3 15. FC Southampton 3 3:6 -3 3 16. Wolverhampton Wanderers 3 3:7 -4 3 17. West Bromwich Albion 3 5:11 -6 1 18. FC Burnley 2 2:5 -3 0 19. Sheffield United 3 0:4 -4 0 20. FC Fulham 3 3:10 -7 0