Die 10 wichtigsten Erkenntnisse zum Week-3-Sonntag

1. Die Eagles-Saison hängt am seidenen Faden

Die Schlusssekunden waren für sich betrachtet schon absurd, als Philadelphia seinen finalen Drive einfach schlecht managte, 19 Sekunden vor Ende der Overtime die Chance auf ein (sehr langes) Game-Winning-Field-Goal liegen ließ und stattdessen zum Unentschieden puntete. Es war das erste Remis dieser Saison, und wären Fans in Philadelphia im Stadion gewesen, mehrere heftige Pfeifkonzerte wären im Laufe dieser Partie wohl die Quittung gewesen.

Bei keinem Spieler wären die Buh-Rufe lauter gewesen als bei Carson Wentz.

Wentz hatte einen grausamen Start in die Saison. Er ging bereits auf dem vorletzten Platz bei "Completion Percentage Above Expectation", dem letzten Platz bei "Expected Points Added pro Play" und als mit weitem Abstand Letzter in puncto "DVOA" unter Quarterbacks in den Spieltag. Er war häufig zu spät mit seinen Pässen, die Accuracy war ein echtes Problem und seine Reads häufig viel zu langsam, was auch zu schlechtem Pocket-Verhalten führte.

Das setzte sich gegen eine nicht gerade herausragende Bengals-Defense komplett nahtlos fort.

Wentz' erste Interception wurde an der Line of Scrimmage abgefälscht, Wentz hatte den Ball allerdings auch in Triple Coverage geworfen. Seine ganzen Wurf-Mechanics sind weiterhin furchtbar, die Entscheidungen mit dem Ball ein echtes Problem - und dabei versuchten die Eagles alles, um ihn ins Spiel zu bringen.

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Philadelphia arbeitete abermals mit jeder Menge Kurzpassspiel, mit Screens, mit Play Action, mit Run Pass Options, selbst ein Run per Zone Read für Wentz war dabei. Doch wie schon in vergangenen Wochen verfehlte er auch offene Receiver, etwa direkt vor seiner zweiten Interception - abermals ein Wurf in Coverage -, als er einen offenen Receiver nicht traf.

Er hätte ein Big Play zu Sanders Downfield haben müssen , verfehlte seinen Running Back aus einer sauberen Pocket aber um mehrere Yards. Er ließ einen potenziellen Touchdown, erneut ohne Druck, liegen . Konstant hat man den Eindruck, dass er seinen Augen nicht traut, dass er das Feld zu langsam liest, und ja - auch, dass sein Selbstvertrauen als Passer komplett am Boden ist.

Die Frage die sich nun ganz Philadelphia zunehmend lauter stellt lautet: Wäre Jalen Hurts besser? Der Rookie ist eine Wildcard, doch den Eagles läuft die Zeit davon, um Woche für Woche zu versuchen, Wentz' Selbstvertrauen sowie seine Mechanics zu reparieren. Hurts würde der Offense als Runner eine höhere Base-Line geben, als sie die aktuell mit Wentz hat, und die offenen Würfe, die Wentz aktuell ungenutzt lässt, sollte auch der Zweitrunden-Pick halbwegs regelmäßig treffen können. An welchem Punkt reicht das den Coaches, um einen Tausch zu vollziehen?

Die Eagles warten zum ersten Mal seit 1999 nach drei Spieltagen noch auf ihren ersten Saisonsieg, damals war ein gewisser Doug Pederson der Quarterback in Philly. Der wird schon bald eine Entscheidung treffen müssen - denn auch wenn Wentz der talentiertere Quarterback ist: So, wie er aktuell spielt, werden Woche für Woche die Argumente für ihn dünner.

2. Der eindrucksvolle Bills-Sieg gegen die Rams

Das hochklassigste Duell am Sonntag fand in Buffalo statt. Mit den L.A. Rams und den Buffalo Bills begegneten sich zwei Spitzenteams auf Augenhöhe, mit Big Plays auf beiden Seiten des Balls und letztlich einer Partie, die in extremen Wellen verlief: 28:3 führten die Bills bereits, ehe die Rams zurück stürmten und die Partie drehten.

Das Schlusswort aber hatte Buffalo mit einem finalen Drive, dessen prägendes Play eine Third-Down-Conversion von Josh Allen zu Cole Beasley bei Third-and-22 war, gefolgt wenig später von einer Pass Interference gegen Bills-Rookie-Receiver Gabriel Davis bei Fourth Down, inzwischen schon in der gegnerischen Red Zone.

Beide Teams dürfen nach diesen ersten drei Spielen berechtigte Hoffnung haben, dass die Saison für sie noch weit bis in den Januar hinein gehen kann. Und während die Rams ihrerseits unter anderem mit einer neu designten Offense glänzen , fügen sich die Einzelteile in Buffalo dieses Jahr bisher auf eine Art und Weise zusammen, die nur wenige so erwartet hatten.

Einerseits ist da Josh Allen selbst, der zwar nach wie vor seine einzelnen Aussetzer hat und durchaus schon mehr Turnover auf dem Konto haben könnte, gleichzeitig aber auch Passfenster und insbesondere tiefe Receiver mit einer Konstanz und einem Touch trifft, die man bei ihm bisher vergeblich gesucht hatte. In Kombination mit einem hervorragend zusammengestellten Team - offensiv wie defensiv -, das ihm unter anderem vielleicht das beste Receiver-Trio der Liga zur Verfügung stellt, scheinen die Bills bereit für den nächsten Schritt.

Denn die individuelle Qualität und Josh Allens Entwicklung gehen zudem Hand in Hand mit den Play Designs von Offensive Coordinator Brian Daboll. Daboll ist herausragend darin, Allens Defizite unter anderem im Lesen der Defense möglichst zu kaschieren, indem die Bills etwa viel aus Empty-Formationen arbeiten, um Allen klare Reads und Matchup-Hinweise vor dem Snap zu geben.

Auch nutzte Buffalo gegen die Rams Motion beim Snap bei knapp 40 Prozent der eigenen Offense-Plays - eine enorm hohe Zahl und auch hierdurch wird das Bild für den Quarterback klarer, bevor er mit dem Ball in der Hand Entscheidungen treffen muss. Die Bills haben ein ausgeprägtes Play-Action und vor allem Run-Pass-Option-Spiel und geben Allen auch hier klare Reads.

Der Touchdown kurz vor der Halbzeitpause war so ein Beispiel für die exzellenten Play-Designs, die auch gerade in der Red Zone immer wieder auffallen:

© GEPA

Die Bills täuschen einen Run nach links an, die gesamte Line blockt so und der Play-Action-Fake zieht die Rams-Front komplett auf diese Seite. Tight End Tyler Kroft wirkt wie der Backside-Blocker, also der Spieler, der entgegen der vermeintlichen Richtung des Run Plays absichern soll, damit kein Verteidiger von der anderen Seite ins Backfield stürmen kann.

Stattdessen aber täuscht er den Block nur kurz an, geht dann in die Flat und weil Allen den Ball nach seinem Rollout behält, muss er ihn nur noch über den Rams-Lineman drüber in den komplett freien Raum werfen, wo Kroft mutterseelenalleine wartet.

Der Kader und das Coaching waren nie die Frage vor dieser Bills-Saison. Die Frage war immer: wie weit kann die Reise mit Josh Allen gehen? Er ist noch ein gutes Stück davon entfernt, zur Quarterback-Elite zu zählen, dafür sind es schlicht nach wie vor zu viele Fehler. Aber selbst mit diesem Wissen wirken die ersten drei Spiele im Gesamtpaket nicht wie ein Ausreißer. Die Bills sind gekommen, um zu bleiben.

3. Sechs Mal 0-3: Für wen ist 2020 bereits eine Sackgasse?

Woche 3 ist gespielt, schon bald ist das erste Viertel der Saison beendet - und selbstredend ist in der Theorie noch für jeden alles offen. Umso mehr, da mit dem zusätzlichen Playoff-Platz ohnehin zwei zusätzliche Teams den Weg in die Postseason finden werden.

Und dennoch: Wer mit drei Niederlagen gestartet ist, mag zwar rechnerisch noch eine Chance haben - aber wie sieht die Situation dieser Teams im Einzelfall aus? Gibt es noch Hoffnung?

Houston Texans: Das Auftaktprogramm mit Kansas City, Baltimore und Pittsburgh war brutal - aber auch diese drei Niederlagen sagen etwas über die Texans aus: Dass sie nämlich eben nicht auf dem Level der AFC-Top-Teams sind. Gegen Pittsburgh hatte man erstmals den Eindruck, dass das Passspiel strukturierter auftrat. Doch Probleme in der Offensive Line in Kombination mit Watsons Stil (fünf Sacks setzte es in Pittsburgh) setzen sich fort, das Run Game war nicht existent und gleichzeitig offenbarte Houston abermals große Probleme in der eigenen Run-Defense. Die Aufgaben mit Minnesota und Jacksonville werden jetzt leichter und sind Must-Win-Spiele. Dann aber stehen mit Tennessee und Green Bay bereits Wochen der Wahrheit in Houston an. In der eigenen Division gibt es kein echtes Schwergewicht, und dennoch wird es für Houston jetzt trotz individueller Qualität vielleicht schon zu eng.

Minnesota Vikings: Woche 3 brachte endlich die lange erwartete offensive Antwort. Cousins und das vertikale Passspiel funktionierten, Rookie-Receiver Justin Jefferson hatte ein Monster-Breakout-Spiel und Dalvin Cook hatte mehrere explosive Runs. Und doch stand insbesondere in der zweiten Hälfte wieder die konservative Vorgehensweise mehrfach negativ im Fokus, und auch die Probleme in der Interior Offensive Line bleiben ein Thema und erfordern eigentlich ein offensives Umdenken. Und die defensiven Probleme bleiben, obwohl Tennessee ohne A.J. Brown antreten musste, sich selbst einen Pick-6 mit einer Strafe vom Board nahm und insgesamt alles andere als gut spielte. Für Minnesota war ein Sieg hier absolut möglich und Fortschritte sind sichtbar. Doch mit Spielen gegen Houston, Seattle, Atlanta und Green Bay vor der Brust stehen die Vikings 0-3 und auch wenn das Spiel mehr positive Takeaways hatte als die ersten beiden zusammengenommen - das wird nicht reichen.

New York Giants: Den Niners fehlten alle elementaren Spieler in dieser Partie. Der Quarterback, der Nummer-1-Corner, der Nummer-1-Pass-Rusher, der Nummer-1-Receiver, der Nummer-1-Back, der Nummer-1-Playmaker in Kittle und dann dahinter noch jede Nummer-2- und Nummer-3-Optionen. Kurzum: Dieses 49ers-Team war seit über einer Woche an der Ostküste und personell bis auf die Knochen gerupft, und auch für ein Giants-Team im Umbruch muss es der Anspruch sein, hier zu gewinnen. Stattdessen? Eine Defense, die mit Nick Mullens Probleme hatte und von Kyle Shanahan komplett zerlegt wurde, sowie eine unkreative Offense, in der Daniel Jones erneut mit horrenden Turnovern auffiel. Die Giants hatten - trotz der Pleite - beim Auftakt gegen Pittsburgh überrascht, seitdem aber herrscht Ernüchterung. Umbruch ist schön und gut, doch sollte auch im Umbruch Fortschritt erkennbar sein. Ein Top-5-Pick ist für dieses Team wahrscheinlicher als eine ausgeglichene Bilanz zum Saisonende.

New York Jets: Als einziges Team, das zu keinem einzigen Zeitpunkt in einem Spiel geführt hatte, waren die Jets in ihr Woche-3-Duell mit den Colts gegangen. Sam Darnold hatte zwei üble Interceptions in der ersten Hälfte, und selbst mit diesen Turnovern war es einer der besseren Auftritte der Jets insgesamt; trotzdem lag man mit zehn Punkten zurück. Und besser wurde es nicht, auch nicht in puncto Darnold-Turnover. Das vermutlich beschreibt die Saison von Gang Green relativ treffend. Die Jets haben einen deutlich sichtbaren Talent-Nachteil gegenüber den allermeisten anderen NFL-Teams und den gleichen sie auch nicht durch Coaching aus. Die Jets müssen aktuell als Favorit auf den Nummer-1-Pick gesehen werden.

Denver Broncos: Die zu keinem Zeitpunkt in Frage stehende Pleite gegen Tampa Bay war nur so etwas wie die Spitze des Eisbergs in einer schon nach drei Wochen völlig verkorksten Saison für Denver. Die Verletzungen von Von Miller und Courtland Sutton, die Verletzung von Drew Lock, eine knappe und vermeidbare Pleite in Woche 1. Die vorsichtigen Playoff-Träume in Mile High gehören bereits der Vergangenheit an, das viel größere Problem allerdings: Die Broncos laufen auch zunehmend Gefahr, Lock im zweiten Jahr nicht richtig bewerten zu können. Mit den Playoffs wird Denver nach drei Pleiten zum Start und potenziell noch mehreren Spielen mit Jeff Driskel oder Blake Bortles vor der Brust nichts zu tun haben.

Atlanta Falcons: Die Falcons werden gleich nochmals thematisiert, daher der Schnelldurchlauf: Atlantas Offense kann punkten, selbst ohne Julio Jones. Die regelmäßigen Komplett-Einbrüche und eine Defense, die in Coverage regelmäßig zerlegt wird, haben Atlanta aber schon jetzt komplett aus der Bahn geworfen. Es bahnt sich eine Saison sehr ähnlich wie die erste Saisonhälfte im Vorjahr an, als man trotz guter Offense-Zahlen vermeintlich in Richtung der sicheren Entlassung von Dan Quinn schlitterte.

4. Bears benchen Trubisky - nächster Falcons-Wahnsinn

Unmittelbar nach dem Spiel wollte sich Bears-Coach Matt Nagy noch nicht festlegen, wer kommende Woche für Chicago Quarterback spielen würde. "Wir wollen erstmal diesen Sieg genießen", lautete seine diplomatische Antwort, doch selbst Mitch Trubisky dürfte klar sein, was jetzt passiert.

Gegen die Lions und Giants hatte er jeweils gute Phasen, aber insbesondere gegen Detroit sah er teilweise auch übel aus. Und zu viel davon übertrug sich auf das Spiel gegen eine desolate Falcons-Defense, die zusätzlich noch durch Verletzungen dezimiert war. Trubisky brachte nichts Downfield an, warf eine furchtbare Interception, ließ Gelegenheiten bei gut designten Plays liegen, wie etwa dem deutlich verfehlten Wurf in die Richtung von Anthony Miller - und dann war Schluss. Nagy vollzog den Quarterback-Tausch, Nick Foles übernahm.

Dass beide Quarterbacks im Laufe der Saison Snaps sehen würden, war absehbar. Nach den beiden Siegen zum Auftakt schien es so, als hätte sich Trubisky etwas Leine erarbeitet - dem war ganz offensichtlich nicht so. Und ohnehin wirkte es vor allem wie eine psychologische Entscheidung: Weder Trubisky, noch Foles konnte im Training Camp überzeugen. Also blieben die Coaches vorerst bei Trubisky, statt einen de facto Quarterback-Tausch schon vor Saisonstart zu vollziehen, und dann womöglich im Laufe der Saison zu Trubisky zurück zu gehen.

Auch diese Schonfrist ist jetzt abgelaufen, und tatsächlich: Mit Foles kam der Knackpunkt, kam die offensive Aggressivität - und ultimativ das Comeback. Und es erscheint absolut unvorstellbar, dass Trubisky, mit dem die Offense auch nach Jahren noch vereinfacht und limitiert wirkte, in absehbarer Zeit seinen Startplatz zurück erhält; geschweige denn kommende Woche. Und Bears-Fans bleibt die positive Erkenntnis, dass die Trubisky-Ära schließlich endet.

Aber natürlich wären da auch die Falcons, deren Perspektive hier nicht unerwähnt bleiben sollte. Atlanta ist das erste NFL-Team aller Zeiten, das in aufeinanderfolgenden Spielen jeweils mit mindestens 15 Punkte vorne lag und dann noch verlor. Erstmals seit Matt Ryans Rookie-Saison startete Atlanta 0-3 und es ist Atlantas fünfte Niederlage, nachdem man mit mindestens 16 Punkten vorne lag, seit Beginn der 2016er Saison. Kein anderes Team hat in diesem Zeitraum mehr als zwei solcher Niederlagen.

Das alles ist also kein Zufall, so absurd die Pleite gerade gegen Dallas in der Vorwoche auch war. Atlanta wurde, nachdem die Falcons deutlich in Führung gegangen waren, offensiv wieder einmal vorsichtig und hatte keinen klaren Plan, um mit seinem Passspiel das Spiel über die Zeit zu bringen. Und gleichzeitig war es natürlich auch wieder einmal ein defensiver Kollaps unter Dan Quinn, auf dessen erste wirklich gute Defense als Falcons-Head-Coach wir weiterhin warten. Es ist bereits seit ungefähr einem Jahr Zeit für einen neuen Head Coach in Atlanta, und diese Pleite war das jüngste Ausrufezeichen hinter dieser Aussage.

5. Russell Wilson auf MVP-Kurs

Es war nicht perfekt, und dennoch hätten die Total Stats - Metcalfs Aussetzer kommt hier als erstes in den Sinn - noch eindrucksvoller aussehen können: 315 Yards und fünf Touchdown-Pässe legte Wilson gegen die Cowboys auf, damit steht er nach drei Partien bei absurden 14 Touchdown-Pässen. Er ist der erste Quarterback aller Zeiten, der in den ersten drei Spielen einer Saison je mindestens vier Touchdowns aufgelegt hat.

Seattles Offense ist absolut spektakulär anzuschauen. Lockett und Metcalf sind derzeit vielleicht das gefährlichste Receiver-Duo der Liga, Wilson ist der beste Deep-Ball-Passer der Liga und die Tatsache, dass die Seahawks weiterhin wie ein Uhrwerk in der Red Zone punkten (neun Red-Zone-Drives, neun Touchdowns dieses Jahr), liegt maßgeblich auch an Brian Schottenheimer.

Schottenheimer hat sich zu einem der stärker unterschätzten Play-Designer ligaweit gemausert und kreiert auch immer wieder offene Würfe für Wilson. Die Seahawks-Defense ist ein echtes Problem, treibt die Offense aber auch zusätzlich an - Seattle muss offensiv viel punkten, Woche für Woche. Wilsons MVP-Aktien dürfte das nur helfen, aktuell spielt er auf einem herausragenden Level.

Die zuletzt vermehrt angebrachte Tatsache, dass Russell Wilson noch nie eine MVP-Stimme erhalten hat, könnte nach dieser Saison endgültig zu den Akten gelegt werden. Über die ersten drei Spiele ist er der beste und der wertvollste Spieler in der NFL.

6. Patriots: Receiver-Problematik bleibt ein Thema

Es ist immer besser nach Siegen zu lernen statt aus Niederlagen die richtigen Schlüsse ziehen zu müssen - in diese Kategorie könnte der Sieg der Patriots über die Raiders fallen.

New England walzte letztlich über eine anfällige Raiders-Run-Defense für 250 Rushing-Yards und stoppte die Offense um Derek Carr mehrfach und limitierte sie letztlich ausreichend. Aber trotz einer dominanten zweiten Hälfte und letztlich einem klaren Sieg wurden abermals die Limitierungen in der Offense sichtbar - konkret im Wide Receiver Corps.

Gegen Seattle in der Vorwoche hatte Julian Edelman ein Monster-Spiel, doch wenn Teams Edelman ausschalten können, funktioniert im Passspiel der Patriots nahezu alles über die Running Backs und vereinzelt über Tight Ends. Alles findet dann im Kurzpassspiel oder per Screens statt, und die Patriots müssen so auch über ihr Run Game dominieren. Um auch in diesem Jahr ganz oben mitzuspielen und nicht zu ausrechenbar zu sein, wird New England noch einen Wide Receiver brauchen, der Routes laufen und Matchups gewinnen kann.

7. Cardinals und Kyler Murray müssen sich steigern

Bei Arizona setzt sich ein Thema fort: Die Cardinals stehen sich viel zu häufig selbst im Weg. Mit Strafen, mit simplen Fehlern, mit selbstverschuldeten Problemen. Neu bei der Heimpleite gegen die Lions dagegen war, dass Kyler Murray hauptverantwortlich für Arizonas Pleite war.

Gegen eine alles andere als sattelfeste Lions-Defense fing Arizonas Offense immer wieder für kurze Phasen Feuer und marschierte scheinbar mühelos über das Feld - hätte Arizona den Fuß auf dem Gaspedal gehalten, hätte man das Spiel gewonnen. Denn die Cardinals-Defense hielt im Laufe der Partie mehrfach eindrucksvoll, insbesondere mehrfach bei kurzem Feld gegen sich.

Diese unvorteilhafte Feldposition kam durch Murrays Turnover. Mehrfach war er entweder spät über die Mitte oder warf schlicht in Coverage. Murray wollte Dinge erzwingen, er wählte mehrfach falsche Matchups und übersah freie Receiver. Kurzum: Es war vielleicht sein schlechtestes NFL-Spiel, und mindestens eine weitere Interception hätte er zusätzlich haben müssen.

Der einzige echte Lichtblick war Andy Isabella, der für den verletzten Christian Kirk spielte und seinerseits sein bestes NFL-Spiel hatte. Vor allem aber war es für ein Cardinals-Team, das auch schon gegen Washington längst nicht durchweg dominant auftrat, ein Reality Check: Arizona kann gut sein, kann auch gute Teams schlagen, und könnte eine sehr rosige Zukunft haben - davon, innerhalb eines Spiels konstant zu überzeugen, geschweige denn konstant schon oben mitzuspielen, sind die Cardinals allerdings noch ein gutes Stück weit entfernt. Und das beinhaltet ausdrücklich Murray als Passer.

8. Aaron Rodgers setzt seine Vintage-Saison fort

Aaron Rodgers straft weiter Offseason-Analysen Lügen: Rodgers wirkt nicht nur in kompletter Kontrolle auf dem Feld, er ist brandgefährlich im vertikalen Passspiel, legt Big Plays in enge Fenster auf und ist der maßgebliche Faktor dafür, dass Green Bay 3-0 steht. Das setzte sich auch gegen die Saints fort, ein Spiel, in dem Green Bay ohne den verletzten Davante Adams einen extrem guten Game Plan hatte.

Die Packers spielten sehr viel via Play Action, kamen darüber auch über in designte kurze, weit offene Pässe mit Yards nach dem Catch - hatten via Play Action aber auch ihre tiefen Shot-Plays, um Big Plays aufzulegen. Rodgers konnte so einen Rhythmus finden, gleichzeitig aber auch früh tief attackieren und fand darüber hinaus auch seine Tight Ends.

Und die Receiver-Thematik? Lazard sah als designierter Receiver in diesen Deep-Shot-Pässen gut aus, doch gilt es weiter, hier ein Auge drauf zu halten. Valdes-Scantling kreierte wieder einmal kaum Separation, und außerhalb von diesen sehr gut designten Play-Action- und Kurzpass-Spielzügen war es primär Rodgers mit einigen Pässen in enge Fenster, der Offense kreierte. Bisher funktioniert es, das muss man den Packers zweifellos lassen und das ist ein ausdrückliches Lob an Rodgers und an Coach LaFleur. Die individuelle Qualität in der Receiver-Gruppe könnte aber weiterhin ein Thema werden.

9. Die Buccaneers sind gefährlich

Sicher, die Überreste dieses Broncos-Team sind nicht der Maßstab, an dem sich die Tampa Bay Buccaneers ultimativ messen lassen wollen. Dennoch stand ein eindrucksvoller Sieg, und insbesondere eine Sache ist erwähnenswert: Tom Brady spielt gut.

Das war auch in den ersten beiden Spielen der Fall, auch wenn es die Total Stats nicht immer widerspiegelten. Er ist gefährlich im vertikalen Passspiel, er trifft enge Fenster, er bewegt sich gut und der Arm sieht stark aus. Mit diesen Waffen und in Kombination mit einer ultra-aggressiven Defense muss man Tampa Bay tatsächlich sehr weit oben auf dem Zettel haben - sofern das offensive Play-Calling ein wenig effizienter gestaltet wird.

10. Die Saints stehen am Scheideweg

Für New Orleans wird es nach der Pleite gegen die Packers mit Blick auf die Win-Loss-Bilanz zunehmend ernster - vor allem aber was auf dem Feld zu sehen ist, sollte Grund zur Sorge geben.

Das Run Game sieht teilweise sehr explosiv aus, die Defense kann vereinzelt ebenfalls glänzen. Über Drew Brees dagegen muss man nach wie vor reden.

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Gegen die Packers lautete die Devise wieder einmal: alles kurz - und die Plays müssen nach dem Catch kommen. Alvin Kamara war da das Aushängeschild , und Kamara ist ein fantastischer Spieler, dem man diese Gelegenheiten unbedingt auch geben sollte.

Aber Brees versuchte erst gar keinen Pass über mehr als 20 Yards, die Saints wollten von Anfang an sichtbar wieder mit dem Run Game und kurzen Pässen gewinnen - und selbst innerhalb dieser Idee hielt Brees den Ball einige Male zu lange, was man so von ihm gar nicht gewohnt ist, und kassierte so auch zwei Sacks.

Die Saints stehen aktuell an einem Scheideweg. New Orleans hat immer wieder seinen Cap Hit rausgezögert und die Rechnung ist in der kommenden Saison fällig. Dieses Jahr sollte so etwas wie das letzte Hurra mit Brees werden - doch dessen Arm scheint ihn nicht erst spät in der Saison, sondern schon seit Woche 1 buchstäblich sichtbar im Stich zu lassen.

Wie lange wollen die Saints noch auf diese Art spielen? Was, wenn Brees noch stärker nachlässt? Und vor allem: Wie lange bleiben sie mit dieser offensiven Spielweise im Rennen um die Playoffs und mehr? Coach Sean Payton schwärmt seit Jahren von Taysom Hill, und in Jameis Winston hat New Orleans in dieser Saison den besten Backup-Quarterback ligaweit. Noch ist schwer vorstellbar, dass Payton Brees absägen würde - aber die Anzeichen, dass der erhoffte letzte Run auf einen Titel mit Brees nicht mehr realisierbar ist, verdichten sich.