Pogacar hat bei seinem überraschenden Erfolg bei der Frankreich-Rundfahrt, bei der er seinen Landsmann Primoz Roglic auf der vorletzten Etappe noch abfing, gleich mehrere Bestmarken gesetzt. Unter anderem war der seit Montag 22-Jährige der jüngste Gewinner seit 1904 und der erste Debütant seit Laurent Fignon 1983, der die Tour für sich entschied. Eine Entwicklung, die auch skeptische Beobachter wie Sörgel auf den Plan ruft.
"Es gilt allgemein natürlich, dass Pogacar bisher kein Doping nachgewiesen wurde. Aber es ist schon sehr ungewöhnlich, dass jemand in dem Alter solchen Wattzahlen tritt. Das macht einen natürlich stutzig", sagte der Leiter des Instituts für biomedizinische und pharmazeutische Forschung in Nürnberg im Gespräch mit SPOX.
"Eigentlich geht man davon aus, dass man im Radsport ein bisschen Reife braucht, ehe man zu solchen Leistungen fähig ist. Solche Werte sind von Lance Armstrong, Jan Ulrich, Marco Pantani und zuletzt vom Sky Team erreicht worden, wo bekanntlich auch nicht alles einwandfrei zugegangen ist", führte er aus.
Pogacar war bei seinem Tagessieg auf der 8. Etappe zum 1569 Meter hoch gelegenen Col de Peyresourde in den Pyrenäen schneller als jeder andere Fahrer vor ihm in der Tour-Geschichte gewesen und hatte während des 24-minütigen Anstiegs eine Leistung von 430 Watt erreicht, was umgerechnet auf sein Gewicht durchschnittlich 6,5 Watt pro Kilogramm waren.
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Tour de France: Nur Armstrong und Pantani hatten bessere Werte als Pogacar
Während Pogacar diesen Wert auf der Tracking-Plattform Strava hochlud, gibt es zu seiner herausragenden Leistung beim entscheidenden Sieg im abschließenden Bergzeitfahren ins Gelbe Trikot nur Schätzungen. Experten gehen aber davon aus, dass Pogacar auch dort mindestens 6,5 Watt pro Kilogramm umsetzte, vermutlich sogar etwas mehr. Wie man einer Grafik des Spiegel entnehmen kann, gelangen zuvor nur den überführten Dopern Lance Armstrong (7,0 Watt/kg / Tour 2004) und Marco Pantani (6,8 Watt/kg / Tour 1997) jemals höhere Werte.
Entsprechend vergiftet wirkte das Lob von Armstrong, dem alle sieben Tour-Siege wegen Manipulation aberkannt wurden, für Pogacar. "Das war eine der besten Leistungen, die wir jemals im Radsport gesehen haben", schrieb der US-Amerikaner auf Twitter .
Sportmediziner Sörgel räumt ein, dass es auch in jungen Jahren im Radsport Ausnahmetalente geben könne, doch gleich mehrere Indikatoren nähren seine Zweifel: "Man sieht in dem Dopingprozess gegen Mark Schmidt, der gerade in München läuft, dass Slowenien da eine gewisse Rolle spielt und man viele Parallelen zu früheren Dopingentwicklungen im Radsport in Deutschland, England oder den USA erkennt. In diesen Ländern war eindeutig das Bestreben dahinter, sich im Radsport zu profilieren, zur Not auch mit unlauteren Mitteln."
Tour de France: Verantwortliche in Pogacars Team mit Dopingvergangenheit
Als Beleg seiner These dienen ihm unter anderem die Enttarnung von zwei slowenischen Fahrern als Kunden des Dopingarztes Schmidt und die bisherigen Sperren gegen gleich acht der 19 Slowenen, die in den vergangenen elf Jahren auf der World Tour fuhren, wegen der Einnahme illegaler Substanzen.
Darüber hinaus sieht Sörgel in Pogacars Umfeld "viele Verantwortliche, die eine Dopinghistorie haben". Etwa Mauro Gianetti, heute Teamchef von Pogacars UAE Team und früher Boss des skandalumwitterten Teams Saunier Duval, dessen Kapitän Riccardo Ricco bei der Tour 2008 des Dopings überführt wurde. Oder Pogacars Landsmann, Entdecker und Nationaltrainer Andrej Hauptmann, der als Profi mehrfach unter Verdacht stand und unter anderem wegen anormaler Werte 2000 nicht zur Tour zugelassen wurde.
Ein Beweis für unlautere Machenschaften Pogacars sind diese Indizien nicht. Mit den Zweifeln wird der neue Shootingstar angesichts seiner überragenden Leistungen und der Dopinggeschichte des Radsports jedoch vorerst leben müssen. "Hoffen wir, dass wir uns auch noch in fünf Jahren über diese unglaubliche Leistung freuen dürfen", meinte der einstige Tour-Fahrer Jens Voigt bei Eurosport .
Tour de France 2020: Gesamtwertung
Platz Fahrer Nation Team Zeit 1 Tadej Pogacar SLO UAE EMIRATES TEAM 87:20:05 Stunden 2 Primoz Roglic SLO JUMBO-VISMA +0:59 3 Richie Porte AUS TREK-SEGAFREDO +3:30 4 Mikel Landa ESP BAHRAIN-MCLAREN +5:58 5 Enric Mas ESP MOVISTAR TEAM +6:07 6 Miguel Angel Lopez COL ASTANA PRO TEAM +6:47 7 Tom Dumoulin NED JUMBO-VISMA +7:48 8 Rigoberto Uran COL EF PRO CYCLING +8:02 9 Adam Yates GBR MITCHELTON-SCOTT +9:25 10 Damiano Caruso ITA BAHRAIN-MCLAREN +14:03