Eine Analyse aus drei Perspektiven.
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Thiago zum FC Liverpool: Die Perspektive des FC Bayern
"Er war ein außergewöhnlicher Spieler beim FC Bayern, der einer Mannschaft viele Optionen gegeben hat."
Eigentlich genügen die Worte von Hansi Flick am Donnerstag, um zu beschreiben, wie wichtig Thiago für den Triple-Gewinner war. Auch wenn Joshua Kimmich und Leon Goretzka im Laufe der vergangenen Saison eine potente Doppelsechs bildeten: Der Chef im Mittelfeld, der Denker und Lenker, war der Mann mit der Nummer 6. Passsicher. Zweikampfstark. Auch unter Gegnerdruck zu Genialem fähig.
Flick sagt nicht grundlos: "Er hat Dinge so gelöst, wie man es normalerweise nicht vermutet." Mit Thiago verlieren die Bayern ein wichtiges spielerisches Element, für das es aktuell keinen gleichwertigen Ersatz im Kader gibt.
Michael Cuisance wird nachgesagt, spielerisch ähnlich veranlagt zu sein wie der Spanier. An der Säbener Straße erwarten sie von dem 21-jährigen Franzosen, dass er in dieser Saison den nächsten Schritt macht. Um in die Rolle des Thiago-Nachfolgers zu schlüpfen, auch im Spiel gegen den Ball, dürfte es aber mehrere Schritte brauchen.
Ohne Martinez nur zwei Backups für Kimmich und Goretzka
Bedeutet: Kurz- und mittelfristig wird das Spiel der Bayern ein anderes, weniger geniales sein. Das muss nicht heißen, dass es weniger Erfolg garantiert, schon gar nicht auf nationaler Ebene. Mit dem Herzstück bestehend aus Kimmich und Goretzka holte die Mannschaft in Abwesenheit des zu jener Zeit verletzten Thiago auch problemlos den DFB-Pokal. Grund zur Sorge gibt es mit Blick auf die kommenden Monate dennoch - wegen der Breite des Kaders.
Sollte auch Javi Martinez noch gehen, stünden nur zwei positionsgetreue Backups für das neue Sechser-Duo zur Verfügung: Einer, der sich zuletzt mit vielen Verletzungen herumschlug und spielerisch nur streckenweise zu überzeugen wusste (Corentin Tolisso) und einer, der bisher nur in der 2. Liga sein Können auf Profi-Niveau unter Beweis stellte und das auch nur eine Halbserie lang überzeugend (Adrian Fein).
Logisch: Bayern-Trainer Flick pocht auf Neuzugänge
Kein Wunder also, dass Flick bis zum Ende der Transferperiode am 5. Oktober unermüdlich auf Verstärkungen pocht. Die braucht der FCB auch, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Allein wegen des prall gefüllten Spielplans und der dadurch steigenden Wahrscheinlichkeit auf Verletzungen droht eine stolprige Hinrunde.
Die Kaderplaner um Hasan Salihamidzic haben noch etwas mehr als zwei Wochen, um den Thiago-Abgang weniger schmerzhaft erscheinen zu lassen. Ihr Corona-bedingter Sparkurs limitiert sie aber. Kaliber wie Houssem Aouar (Olympique Lyon) oder Eduardo Camavinga (Stade Rennes) sind zu teuer. Und Marcelo Brozovic (Inter Mailand) wäre von seiner Spielweise her mehr Tolisso als Thiago.
Dennoch soll der Rekordmeister einen konkreten Kandidaten als Thiago-Ersatz ins Auge gefasst haben, berichtet der kicker . Ausgang offen.
Thiago zum FC Liverpool: Die Perspektive des FC Liverpool
Die Corona-Pandemie und Thiagos kurze Restvertragsdauer in München machen es möglich, dass die Reds nur um die 30 Millionen Euro für den Transfer bezahlen müssen. Ein Preis, der gemessen an den Fähigkeiten des Spielers auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten einem Schnäppchen nahe kommt.
Thiago ist eine sofortige Hilfe für den englischen Meister. Teammanager Jürgen Klopp, der ihn schon zu BVB-Zeiten bewunderte, erhofft sich durch den Neuzugang mehr Ballkontrolle und Pressingresistenz im Mittelfeld.
Erst vor wenigen Tagen, beim ersten Premier-League-Spieltag gegen Aufsteiger Leeds United (4:3), fehlten Liverpool "Anspielstationen hinter der ersten Pressinglinien, die sich intelligent positionieren, schnell aufdrehen und somit das Pressing aushebeln", analysierte Tobias Escher, Autor von Spielverlagerung.de , bei Twitter.
Thiago ist der ideale Spieler dazu. Sein Umschaltspiel bei Bayern war speziell unter Flick herausragend. Mit Mohamed Salah, Sadio Mane und Co. stehen ihm ähnlich schnelle Anspielstationen zur Verfügung wie in München, um rasch vom zweiten ins letzte Drittel zu gelangen.
"Thiago kann Liverpool das gewisse Extra geben"
Das System der Reds ist aber ein wenig anders als das der Bayern. Für Thiago dürfte das Klopp'sche 4-3-3 aber keine allzu große Umstellung gegenüber dem Flick'schen 4-2-3-1 sein. Er wird wohl - analog zu seiner Rolle in der spanischen Nationalelf - eine der beiden Achter-Positionen bekleiden.
Um die andere Achter-Position streiten sich in Zukunft dann wohl Gini Wijnaldum (falls er denn bleibt), der Ex-Leipziger Naby Keita und Eigengewächs Curtis Jones, während Fabinho und Jordan Henderson vornehmlich als Sechser eingeplant sein dürften.
"Liverpool ist in allen Mannschaftsteilen Weltklasse, außer im Mittelfeld. Thiago kann dem Spiel mit seiner Technik das gewisse Extra geben, daher ergibt seine Verpflichtung absolut Sinn", sagt Ex-Liverpool-Kapitän Jamie Carragher.
Der Neuzugang, das glaubt zumindest so manches englische Medium wie Sky , könnte das Spiel der Reds gar "revolutionieren". Weg vom Heavy-Metal, hin zum Tiki-Taka. Beim FCB war es zuletzt die Mischung, die zum maximalen Erfolg führte.
Thiago zum FC Liverpool: Die Perspektive von Thiago
Welcher Fußballprofi kann schon von sich behaupten, in seiner Karriere für drei unterschiedlichen Top-Klubs in drei unterschiedlichen Top-Ligen gespielt zu haben?
Thiago hat wie beim FC Barcelona auch in München alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Umso logischer erscheint sein Entschluss, nach sieben Jahre an der gleichen Wirkungsstätte noch einmal einen neuen Reiz in seinem Berufs- und Privatleben zu setzen.
Es spricht für seinen Ehrgeiz, das gerade in dem Moment zu tun, in dem der FC Bayern auch dank ihm als neues Nonplusultra des europäischen Fußballs bezeichnet werden kann. Getreu dem Motto: "Man soll aufhören, wenn's am Schönsten ist."
Thiagos Entscheidung pro Liverpool ist kein Rückschritt
Ein Rückschritt ist sein Wechsel aber gewiss nicht. Er kommt als Wunschspieler von Klopp an die Anfield Road, wo er auf eine nicht minder hochklassige Mannschaft trifft, die seit Jahren in einer noch kompetitiveren Liga als die deutsche um die ersten Plätze mitspielt.
Die Herausforderung Premier League allein füllt das persönliche Bilderbuch des 29-Jährigen weiter, auch wenn es mit dem Gewinnen von nationalen Titeln bei den Reds aufgrund der großen Konkurrenz durch die Klubs aus Manchester und London etwas schwieriger werden dürfte als beim FCB, der sich zuletzt stets problemlos gegen Borussia Dortmund behauptete.
Womöglich ist es aber auch genau das, was ihn dazu bewegt, den Schritt auf die Insel zu wagen. Zu einem weiteren Schwergewicht des Weltfußballs. Zu einem Trainer, der dafür bekannt ist, auch vermeintlich "fertigen" Spielern noch etwas beizubringen.
Thiago: Seine Leistungsdaten 2019/20
Gespielte Minuten 2975 Tore 3 Vorlagen 2 Kreierte Großchancen 5 Vergebene Großchancen 4 Passquote 90,6 % Zweikampfquote 60,7 %