Dabei wurden mit Spannung bereits die Minuten vor dem Spiel erwartet - wie würden die Spieler die Bühne nutzen, um auf Rassismus und soziale Missstände hinzuweisen? Bei der Hymne blieben die Texans-Spieler noch in der Kabine, auf Chiefs-Seite entschied sich lediglich Linebacker Alex Okafor dafür, zu knien.
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Beide Teams trafen sich anschließend in der Mitte des Feldes, um Einheit zu symbolisieren und eine Schweigeminute einzulegen - dabei waren trotz der sehr gemäßigten Ausdrucksform einzelne Buh-Rufe von den knapp 17.000 Fans auf den Rängen zu hören.
Auf dem Feld schließlich war der erste Touchdown der Saison für Patrick Mahomes (24/32, 311 YDS, 3 TD) wenig später zum Greifen nah - doch Demarcus Robinson konnte den langen Pass in der Endzone durch Kontakt nicht kontrollieren. So gebührte diese Ehre den Texans: Beim zweiten eigenen Drive verteilte Deshaun Watson (20/32, 253 YDS, TD, INT; 6 ATT, 27 YDS, TD) den Ball glänzend und vor allem schnell, am Ende stand ein sehenswerter Touchdown-Run von David Johnson, der ein starkes Debüt für Houston feierte.
Danach aber rissen die Chiefs das Spiel an sich. Mahomes fand Kelce in der Red Zone zum Touchdown und Kansas City konnte sein Run Game über Rookie Clyde Edwards-Helaire immer besser ins Rollen bringen. Per Wide-Receiver-Screen bediente Mahomes Watkins zu Touchdown Nummer 2.
Außerdem stand Houston sich auch selbst im Weg: Während KC beim ersten Touchdown-Drive ein 4th-and-1 erfolgreich ausspielte, puntete Houston kurz darauf bei 4th-and-4. Im Gegenzug erfolgte der Chiefs-Touchdown. Außerdem konnten die Texans vor der Halbzeit keinen effizienten Drive hinlegen, das Field Goal ging daneben - und es war noch zu viel Zeit auf der Uhr, sodass die Chiefs im Gegenzug noch mit einem schnellen Field-Goal-Drive ihrerseits punkteten.
NFL: Chiefs dominieren Texans in der zweiten Hälfte
Die zweite Hälfte wurde dann ein Selbstläufer auf eine Art und Weise, die dem Rest der AFC ernste Sorgenfalten auf die Stirn treiben dürfte. Die Chiefs brauchten gar nicht die sonst so gefürchteten Big Plays durch die Luft, um Houston zu dominieren: Edwards-Helaire eröffnete das dritte Viertel mit einem weit offenen 27-Yard-Touchdown-Run, während Houston seiner konservativen Marschroute sowohl im Play-Calling als auch was die 4th-Down-Entscheidungen angeht treu blieb.
Als Watson dann zu Beginn des Schlussviertels beim Pass von Tyrann Mathieu getroffen wurde und der Ball in den Armen von Rookie-Cornerback L'Jarius Sneed landete, wirkte das angesichts des Spielverlaufs schon wie eine Vorentscheidung. Spätestens aber als die Chiefs im Gegenzug den Fuß auf dem Gaspedal hielten, ein 4th Down durch eine Strafe gegen Houston erfolgreich umsetzten und Mahomes dann Tyreek Hill mit einem perfekt platzierten Pass in der Endzone traf, war die Partie entschieden.
31 Punkte in Folge hatte Kansas City zu diesem Zeitpunkt aufgelegt, und leichte Erinnerungen an das Playoff-Spiel kamen hoch - nur dass die Chiefs dabei offensiv längst nicht so explosiv auftreten mussten wie im Januar. Houston konnte spät nur noch Ergebniskosmetik betreiben, das Endergebnis wirkt so letztlich sogar enger, als es der Spielverlauf tatsächlich war.
Kansas City Chiefs (1-0) - Houston Texans (0-1)
Ergebnis: 34:20 (0:7, 17:0, 7:0, 10:13) BOXSCORE
Chiefs vs. Texans - die wichtigsten Statistiken
- Clyde Edwards-Helaire hatte einen glänzenden Einstand. Anfangs noch etwas blass, nutzte er die Räume, die Houston ihm gab, immer besser und zeigte seine exzellente Agilität für Runs zwischen den Tackles. Bei 25 Runs lief er für 138 Yards und einen Touchdown. Im Passspiel aber war er noch kein Faktor (2 Targets, 0 Catches), wurde häufiger - potenziell aufgrund von Pass-Protection-Bedenken - bei Third Down vom Feld genommen. Short-Yardage war ebenfalls noch keine Stärke.
- David Johnson hatte einen eindrucksvollen Auftakt bei seinem Texans-Debüt. Johnson wirkte dynamisch und explosiv, verzeichnete 32 Receiving-Yards und lief für 77 Yards sowie einen Touchdown. Sein 19-Yard-Touchdown-Run war länger als jeder einzelne Run, den er in der vergangenen Saison für Arizona hatte. Pro Football Focus listete ihn in der ersten Hälfte mit vier erzwungenen Missed Tackles - in der gesamten Vorsaison hatte er derer elf.
- Will Fuller verzeichnete 112 Receiving-Yards für die Texans - kein anderer Passfänger kam für Houston auf mehr als 40 Yards durch die Luft. Bei den Chiefs konnte Sammy Watkins (7 REC, 82 YDS, TD) herausstechen.
- Die Texans waren bei den Buchmachern der größte Underdog (9,5 Punkte), seitdem die NFL ein Standalone-Auftaktspiel 2002 eingeführt hat - sie konnten trotzdem nicht covern. Die Chiefs haben derweil jetzt sechs Week-1-Spiele in Serie gewonnen, das einzige Team, das mit einer aktiven Serie am Sonntag gleichziehen kann, sind die Green Bay Packers.
Der Star des Spiels: Patrick Mahomes (Chiefs)
Edwards-Helaire werden die Schlagzeilen gehören - Mahomes, im Gegensatz zu Watson auf der anderen Seite, setzte aber nahtlos an die vergangene Saison an. Seine Stats hätten noch ein gutes Stück besser ausgesehen, hätte Robinson den langen Touchdown früh im Spiel festgehalten, der Touchdown zu Hill war perfekt und Mahomes hatte darüber hinaus zwei, drei Pässe - auch der zweite potenzielle Touchdown zu Robinson - die so nur wenige Quarterbacks in der NFL werfen können. Mahomes ist der erste Quarterback aller Zeiten, der in drei aufeinanderfolgenden Saison-Auftaktspielen drei Touchdowns ohne Interception aufgelegt hat.
Der Flop des Spiels: Bill O'Brien (Texans)
Es wäre nicht fair, Watson, seine Receiver oder auch Teile der Offensive Line von jeder Schuld freizusprechen. Houstons Offense im Gesamtverbund enttäuschte maßlos - und doch fiel Houstons Head Coach mit seinen Entscheidungen abermals besonders negativ auf. "Wir waren der Meinung, dass wir 50 Punkte brauchen würden", hatte O'Brien nach der Playoff-Pleite in KC im Januar gesagt; nur folgte er seiner eigenen Marschroute nicht. Houstons Play-Calling war zu konservativ, die In-Game-Entscheidungen gerade was Fourth Down angeht waren zu ängstlich. Eine wacklige Offense hätte heute von ihrem Head Coach Hilfe gebraucht, bekam stattdessen aber weniger Chancen.
Analyse: Chiefs vs. Texans - die Taktiktafel
- Die Chiefs starteten etwas konservativ und setzten überraschend häufig auf den Run - doch was anfangs noch durchwachsen funktionierte, klappte immer besser. Das lag maßgeblich daran, dass Houston viel mit zwei tiefen Safeties agierte, sodass KC die Defense in die Breite ziehen und gegen sehr leichte Boxes laufen konnte. Das öffnete Räume, die Edwards-Helaire eindrucksvoll nutzte. In der ersten Hälfte lief er zehn Mal, keiner dieser Runs war gegen acht Verteidiger in der Box. Sein Touchdown-Run war ein Musterbeispiel dafür .
- Generell hatte Houstons Defense keinen schlechten Plan, um Kansas Citys Passspiel zu limitieren. Die Texans nutzten in der Front viele Disguise-Rusher, Stunts, verspätete Rusher und überraschten etwa auch mit J.J. Watt einige Male als Nose Tackle. All das oftmals mit den angesprochenen beiden tiefen Safeties dahinter, um die Big Plays einzudämmen.
- Offensiv wurde deutlich, dass Bill O'Brien seine beiden Running Backs als Matchup-Waffen nutzen will. Duke und David Johnson waren früh schon gemeinsam im Backfield, mal mit David Johnson als Lead-Blocker für Duke Johnson, dann beim nächsten Play stellten sich beide in Receiver-Positionen auf. Auch wurden sie im Screen-Passspiel eingesetzt, etwas, das Houston letztes Jahr zu wenig gemacht hat.
- Die Chiefs derweil, wenn sie nicht gerade den Ball liefen, zeigten altbekannte Mittel. Screen-Designs mit jeder Menge Ablenkung für die Defense, exzellente Deep-Pass-Designs, freie Catch-and-Runs für die Running Backs aus dem Backfield und Run Pass Options machten Mahomes das Leben leichter.
- Mahomes fungierte so auch als Ballverteiler, mit nur einzelnen Big Plays: Er warf den Ball laut Next Gen Stats im Schnitt innerhalb von 2,35 Sekunden, der schnellste Wert seiner Karriere. Die 4,7 Air Yards pro Pass waren der zweitniedrigste Wert für Mahomes bislang.
- Auffällig ansonsten: Tackling war auf beiden Seiten noch ein Problem - wie angesichts der limitierten Offseason mit deutlich weniger Kontakt als normalerweise zu erwarten war. Insbesondere Houston knüpfte hier allerdings auch an schlechte Gewohnheiten aus der Vorsaison an. Positiv überraschend dagegen war, dass beide Teams mit unerwartet wenigen Strafen auskamen.