Was ist passiert und wie ist die Saison der Bucks einzuschätzen?

Die Saison der Bucks endete deutlich früher als erwartet. Gegen Nr.5-Seed Miami war schon in den Conference Semifinals Schluss. Das ist nicht nur auf dem Papier ein Rückschritt, nachdem die Bucks im Vorjahr bis in die Conference Finals vorstießen, wo sie trotz 2-0-Führung dem späteren Champion Toronto Raptors unterlagen.

Gegen Miami fanden die Bucks keine Antworten, es stellte sich tatsächlich als extrem ungünstiges Matchup für die Franchise aus Wisconsin heraus. Selbst mit Giannis Antetokounmpo verloren die Bucks die ersten drei Spiele, in Spiel 4 wurde in der Verlängerung dank Khris Middleton aber zumindest der Sweep abgewendet. In Spiel 5 zeigte sich dann aber deutlich, dass Milwaukee ohne den Griechen zu limitiert ist.

Über die komplette Saison hatten die Bucks dank ihrer Verteidigung dominiert, pro 100 Ballbesitze ließen sie gerade einmal 102,5 Punkte zu. Zur Einordnung: Toronto auf Platz zwei lag 2,2 Zähler dahinter, das ist eine Menge Holz. Das wurde von der Liga belohnt, gleich drei Bucks-Spieler wurden in ein All-Defense Team gewählt (Giannis, Brook Lopez und Eric Bledsoe).

Offensiv war man jedoch zu abhängig von Giannis und dem Dreier, der die Bucks in den Conference Semifinals komplett verließ. Als Team versenkten die Bucks nur 33 Prozent, während Miami pro Spiel fast zehn Zähler mehr vom Perimeter erzielte.

Letztlich fehlte wie schon im vergangenen Jahr ein Plan B sowie der Wille zur Veränderung, dazu aber später mehr. Wie man es dreht und wendet, die Saison bleibt eine riesige Enttäuschung. Dass Antetokounmpo früh in Spiel 4 wegen einer Knöchelverletzung raus musste , wird niemand als Ausrede gelten lassen. Das Kind war schon da in den Brunnen gefallen.

Wie sieht die Zukunft von Giannis Antetokounmpo aus?

Der MVP sagte nach dem Spiel all die richtigen Dinge und machte den Bucks-Fans Mut, dass er langfristig in Wisconsin spielen wird: "Manche sehen eine Wand und gehen deswegen in eine andere Richtung, aber ich durchbreche sie." Fakt ist, dass Antetokounmpos Vertrag 2021 ausläuft. Das ist gewissermaßen auch die Schuld der Bucks, die Giannis' Kontrakt im Sommer 2016 vorzeitig nur um vier und nicht wie eigentlich möglich um fünf Jahre verlängerten, sodass man ein wenig Geld sparen konnte. Fairerweise muss auch erwähnt werden, dass Antetokounmpo erst in der Spielzeit darauf erstmals All-Star wurde, gewissermaßen war es ein Risiko für Milwaukee, 100 Millionen Dollar zu investieren.

Nun werden die Bucks ihren Star-Spieler um jeden Preis halten wollen. Schon im vergangenen September bestätigte GM Jon Horst, dass Milwaukee gewillt sei, Giannis einen sogenannten Super-Max-Vertrag anzubieten. Durch die Corona-Pandemie werden das zwar nicht mehr 254 Millionen Dollar über 5 Jahre sein (die Zahl richtet sich nach dem Salary Cap, der durch Corona nicht wie erwartet steigen wird), dennoch wäre es wohl einer der dicksten Verträge, die je in der NBA ausgehändigt worden.

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Die Frage ist, ob Giannis diesen auch unterschreiben wird. Im Vorfeld der Saison sagte der Grieche folgendes : "Wenn wir nächstes Jahr hinter den Erwartungen bleiben, wird die Entscheidung, ob ich unterschreiben will, sehr viel schwieriger." Genau dieser Fall ist nun eingetreten.

Es gibt aber trotz des Misserfolgs einige Dinge, die für sein aktuelles Team sprechen. Milwaukee ist zu seiner Heimat geworden, hier fasste Antekounmpo Fuß, hier lernte er die Mutter seines Kindes kennen. Der Grieche ist ein Familienmensch, das betonte er immer wieder und das ist nicht zu unterschätzen. Dazu besitzt er in der Bier-Stadt Heldenstatus, in der NBA ist dies womöglich nur noch vergleichbar mit Damian Lillard in Portland. Andererseits ist Giannis auch ehrgeizig, strebt nach Erfolg. Auch das betonte der vierfache All-Star mehrfach.

Die Bucks werden ihren Star auch nicht traden, zumindest nicht, solange dieser nicht einen Trade fordert, sei es öffentlich oder intern. Es dürfte eher darauf hinauslaufen, dass Antetokounmpo als werdender Free Agent in die kommende Saison starten wird. Die Chance auf einen Titel wird bleiben, mit Giannis werden die Bucks weiter ein Contender im Osten sein. Eine solche Chance wird man sich nicht entgehen lassen.

Sind Giannis und die Bucks nicht für die Playoffs gemacht?

Fakt ist, dass die Bucks es nun zum zweiten Mal in Folge als bestes Team der NBA nicht einmal in die Finals geschafft haben. Das Problem war vor allem die Offensive, die wie schon im vergangenen Jahr gegen Toronto nicht zur Entfaltung kam. Gegen die Heat erzielten die Bucks gerade einmal 106 Zähler pro 100 Ballbesitze, in der Regular Season waren es noch 112.

Es rächte sich, dass die Bucks weiterhin keinen echten Point Guard in ihren Reihen haben. Eric Bledsoe ist zwar ein fantastischer Verteidiger, seine Spielmacher-Qualitäten bleiben jedoch limitiert. Umso bitterer ist es, dass die Bucks im vergangenen Jahr in Malcolm Brogdon genau einen solchen Spieler hatten, aus finanziellen Gründen tradeten sie ihn jedoch für einen Erstrundenpick und zwei zukünftige Zweitrundenpicks nach Indiana, während Bledsoe schon während der vergangenen Saison eine Vertragsverlängerung bekam (4 Jahre, 70 Mio.).

Jener Brogdon machte übrigens gegen die Heat in der ersten Runde eine gute Figur, auch wenn sein Team letztendlich gesweept wurde. 21,3 Punkte und 10,0 Assists bei 37,5 Prozent aus der Distanz hätten die Bucks bestens gebrauchen können.

Milwaukee war in der regulären Saison eine Mannschaft, die im Umschaltspiel grandios agierte und schlechte Teams in alle Einzelteile zerlegte. In den Playoffs konnten sich die Teams aber bestens auf ihren Gegner vorbereiten und attackierten, während die Bucks erst (zu) spät gewisse Anpassungen trafen.

Ein Prinzip der Bucks über die Saison war es, dass die Zone abgeriegelt werden sollte. Dafür wurden offene Dreier in Kauf genommen, das war innerhalb der Liga kein Geheimnis. Gegen die Heat, eines der besten Drive-and-Kick-Teams der Liga, war das jedoch eine schlechte Strategie. Erst nach Spiel 3 beschlossen die Bucks, mehr zu switchen und stattdessen weniger eine traditionelle Pick'n'Roll-Defense mit einem absinkenden Center (zumeist Brook Lopez) zu spielen.

Auch offensiv zeigte sich Milwaukee gegen ein cleveres Miami-Team nicht variabel genug. Es wurden zu viele schnelle, schlechte Abschlüsse genommen, von dieser Kritik darf auch Antetokounmpo nicht ausgenommen werden.

Dass Giannis' Dreier weiter wackelig ist, ist nicht das Problem (solange er nicht 7 Fahrkarten wie in Spiel 3 wirft). Vielmehr ist keine Entwicklung zum Vorjahr zu erkennen, als Toronto eine ähnliche Mauer bildete. Dieses Puzzle konnte der Grieche auch diesmal nicht lösen. Noch vergangenes Jahr war Giannis beeindruckt von Kawhis Spiel, wirklich angeeignet hat er sich davon nichts. Sein Spiel aus der Mitteldistanz bleibt löchrig, dazu versucht es der Forward noch zu oft mit der Brechstange und ist so ein Foulmagnet.

Sollte Coach Mike Budenholzer entlassen werden?

Bei aller Kritik an Antetokounmpo sollte auch ein scharfer Blick auf Coach Mike Budenholzer gerichtet werden. Seine Aussagen nach Spiel 3 zu den Minuten seiner Stars waren mehr als fragwürdig, in den letzten beiden Spielen passte Budenholzer dann tatsächlich seine Rotationen etwas an und ließ vor allem Middleton mehr spielen.

Was ein wenig unter den Tisch fällt: Miamis beste Spieler, Jimmy Butler und Bam Adebayo, standen ebenfalls nur 36 Minuten im Schnitt auf dem Feld. Der Unterschied ist, dass die Heat trotzdem die Spiele gewannen und Milwaukee eben nicht. Die Bucks hätten spätestens in Spiel 2 anfangen müssen, die Serie nicht wie ein Spiel der regulären Saison anzugehen, das muss sich Bud auf jeden Fall ankreiden lassen.

Damit einher gehen auch diverse fragwürdige Rotationen. Es darf einfach nicht passieren, dass in den Playoffs Lineups gespielt werden, bei denen dein drittbester Spieler (Lopez) mit vier Bankspielern zusammen auf dem Feld steht. Das Verrückte: Budenholzer machte es in der Vergangenheit anders: So spielte zum Beispiel Paul MIllsap zu Buds Hawks-Zeiten im Jahr 2016 in einem Entscheidungsspiel 46 Minuten, Dennis Schröder und Tim Hardaway Jr. spielten ebenfalls immerhin 40.

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Weiter oben wurde bereits die Sturheit angesprochen, an einem System festzuhalten. Andere Teams wie Toronto sahen die Regular Season eher als Spielwiese, um verschiedene Dinge auszuprobieren. Milwaukee tat dies nicht und hatte so große Probleme, gegen Miami die richtigen Anpassungen zu machen.

Ist es Bud nun zuzutrauen, dass er sich in dieser Hinsicht verbessert? Auszuschließen ist das nicht, erst recht, da Budenholzer wohl das Vertrauen der Stars (vor allem Giannis) genießt. Fakt ist auch, dass der 55-Jährige aus einem mittelmäßigen Team eine Regular-Season-Maschine geformt hat. Das ist nicht selbstverständlich.

Die Bilanzen der Bucks seit dem Draft von Giannis Antetokounmpo

Saison Platz Osten Bilanz Playoffs Coach 2013/14 15. 15-67 - Larry Drew 2014/15 6. 41-41 Erste Runde (Bulls) 2-4 Jason Kidd 2015/16 12. 33-49 - Jason Kidd 2016/17 6. 42-40 Erste Runde (Raptors) 2-4 Jason Kidd 2017/18 7. 44-36 Erste Runde (Celtics) 3-4 Jason Kidd 2018/19 1. 60-22 Conference Finals (Raptors) 2-4 Mike Budenholzer 2019/20 1. 56-17 Zweite Runde (Heat) 1-4 Mike Budenholzer

Kommt ein Trade für CP3 und wie kann man sich ansonsten verbessern?

Das ist gar nicht so einfach. Nach Donte DiVincenzo (23) ist Giannis der jüngste Rotationsspieler im Kader. Eckpfeiler wie Eric Bledsoe (30), Brook Lopez (32), George Hill (34), Wesley Matthews (33) oder auch Kyle Korver (39) befinden sich alle auf der falschen Seite der 30.

Nennenswerte Verträge laufen auch nicht aus. Marvin Williams hat bereits sein Karriereende bekanntgegeben, dazu wird Pat Connaughton Free Agent, während Sterling Brown Restricted Free Agent wird. Robin Lopez, für den die Bucks ihre Mid-Level Exception verwendeten (um ihn dann in den Playoffs kaum einzusetzen), besitzt eine Option über 5 Millionen Dollar.

Der einzige Weg, das Team wirklich zu verbessern, wird nur durch Trades gelingen, da die Bucks schon jetzt 125 Millionen Dollar in den Büchern stehen haben. Nun gibt es zwei Optionen: Milwaukee kann das Team zusammenhalten und womöglich den ein oder anderen Veteranen holen oder eben eine große Lösung anstreben.

Wichtig wäre zunächst ein kompetenter Point Guard, das haben die Playoffs mal wieder gezeigt. Als kleine Lösungen kämen hier womöglich D.J. Augustin oder Reggie Jackson in Frage, ob sie für wenig Geld helfen können, ist jedoch fraglich. Ähnlich ausgetrocknet ist der Markt für Flügelspieler mit einem sicheren Distanzwurf.

Ein Trade scheint die bessere Variante zu sein und hier dürfte der Name Chris Paul interessant werden. Milwaukee will jetzt gewinnen, dem Point God läuft langsam die Zeit davon, die Interessen dürften sich also decken. Auch Marc Stein von der New York Times deutete bereits an, dass dies ein möglicher Trade in der Offseason sein könnte.

Paul verdient aber auch im kommenden Jahr stabile 41 Millionen Dollar, sodass Milwaukee gefühlt das halbe Team für den zehnfachen All-Star traden müsste. Hier ein Beispiel wie es klappen könnte: Bledsoe, Hill, Ersan Ilyasova, Robin Lopez und D.J. Wilson für Paul und Deonte Burton als Füller.

Die Bucks wären somit in der Spitze stark aufgestellt, müssten aber große Teile ihrer Tiefe aufgeben. Das wäre ein hohes Risiko, doch wenn Milwaukee einen Titel und langfristig auch Giannis halten will, könnte dies der beste Weg sein.