2730 Tage nach dem Erfolg von Kimi Räikkönen für Lotus in Melbourne stand erstmals wieder ein Fahrer ganz oben auf dem Podium, der keinen Mercedes, Ferrari oder Red Bull steuerte.
"Oh mein Gott", funkte ein vollkommen losgelöster Gasly im Anschluss, seine Boxencrew pfiff in der Stunde des Sieges auf die Abstandsregeln. "Ich kann noch gar nicht realisieren, was gerade passiert ist. Wir hatten so viele schnelle Autos hinter uns", sagte der Franzose bei der Siegerehrung: "Ich habe soviel erlebt in den letzten 18 Monaten. Und jetzt hier zu stehen. Es ist einfach nur Wahnsinn."
Nicht minder fassungslos war Sainz, der in den Schlussrunden am Sieg schnupperte, Gasly aber nicht angreifen konnte. "Ich hätte eine Runde mehr gebraucht. Pierre ganz vorne - wie konnte das passieren", erklärte der Spanier später im Scherz: "In einem normalen Rennen hätte ich wohl auch Platz zwei gehabt - hinter Lewis. So aber bin ich natürlich auch enttäuscht."
Vettel zeigte sich nach dem erneut schwachen Abschneiden hingegen niedergeschmettert. Der Heppenheimer hatte nach Rennende kaum Lust auf eine Analyse. "Der Drops ist gelutscht", sagte er bei RTL , "dieses Jahr wird schwierig bleiben, und nächstes Jahr betrifft mich nicht mehr. Das Team hat eine andere Richtung gewählt als ich. Man denkt dauernd, schlimmer geht es nicht mehr, doch anscheinend geht es in diesem Jahr immer noch schlimmer."
Italien-GP: Die Analyse
Am Start behielt Pole-Settter Hamilton die Oberhand und behauptete ohne Probleme seine Führung. Teamkollege Valtteri Bottas hingegen kam nur mäßig vom Fleck, musste zunächst Sainz, später auch Lando Norris, Sergio Perez und Daniel Ricciardo ziehen lassen und fand sich nach dem ersten Umlauf lediglich auf dem sechsten Platz wieder. Auch die Red Bull hatten Probleme am Start. Max Verstappen verlor drei Plätze und fiel auf Rang acht zurück, Alexander Albon wurde nach einem Ausritt in Kurve eins sogar bis auf Position 15 durchgereicht
Weiter hinten erwischten vor allem beide Alfa Romeos einen guten Start. Kimi Räikkönen sprang von 14 auf zwölf, Teamkollege Antonio Giovinazzi kletterte sogar um vier Positionen von 18 auf 14. Schon in der sechsten Runde war das Rennen von Sebastian Vettel zu Ende. Der Heppenheimer musste nach einem Bremsversagen bei seinem SF1000 unverschuldet aufgeben.
Mit dem Polster von beiden McLaren, Perez und Ricciardo, gelang es Hamilton schnell, einen komfortablen Vorsprung auf seine direkte Konkurrenten Bottas und Verstappen herauszufahren. In der 13. Runde betrug der Abstand zwischen beiden Mercedes-Piloten bereits über 15 Sekunden.
Bewegung ins Feld kam dann durch eine von Kevin Magnussen ausgelöste Safety-Car-Phase. Der Haas-Fahrer musste seinen Boliden nach einem technischen Problem eingangs der Boxengasse abstellen, worauf jene aufgrund der gefährlichen Position des Wagens geschlossen wurde. In Unkenntnis dessen kamen jedoch Hamilton und Giovinazzi zur Abfertigung, was für beide Piloten eine Durchfahrtsstrafe nach sich zog.
Als nach Beendigung der Safety-Car-Phase Charles Leclerc beim Ausgang in Kurve elf sein Heck verlor und heftig in die Streckenbegrenzung krachte, wurde das Rennen sogar zwischenzeitlich abgebrochen. Erst nach gut einer halben Stunde Pause wurde via stehendem Start fortgesetzt.
Da Hamilton schon nach einem Umlauf für seine Stopp-and-Go-Strafe abbog, übernahm AlphaTauri-Pilot Pierre Gasly im durcheinandergewüftelten Feld vor Räikkönen und Sainz die Führung. Hamilton fiel auf den letzten Platz zurück, arbeitete sich mit frischen Reifen aber noch auf den siebten Platz vor und betrieb immerhin Schadensbegrenzung. Mitfavorit Verstappen erging es sogar noch schlimmer. Der Niederländer musste seinen Red Bull nach einem technischen Defekt abstellen.
Im Schlussspurt hielt Gasly trotz seines im Vergleich zum McLaren langsameren Boliden Sainz auf Distanz und durfte sich über seinen ersten Formel-1-Karrieresieg freuen. Räikkönen konnte das Tempo der Top-Leute nicht mitgehen und fiel noch bis auf Rang 13 zurück. Hinter Gasly und Sainz beendete Stroll das Rennen auf Platz drei.
Die Top-10 komplettieren Norris (4., McLaren), Bottas (5., Mercedes), Ricciardo (6., Renault), Hamilton (7., Mercedes), Esteban Ocon (8., Renault), Daniil Kvyat (9., AlphaTauri) und Perez (Racing Point) als Zehnter.
Italien-GP: Die Reifenstrategie
Ähnlich wie vor eine Woche in Belgien hatte das Safety-Car erheblichen Einfluss auf die Strategie. Vor Magnussens Ausfall kamen lediglich Räikkönen und Leclerc zum Reifenwechsel, während des Rennabbruches holten sich alle Fahrer noch einmal frische Pneus, mit denen das Rennen beendet wurde.
Highlight des Rennens: Leclerc-Unfall
Auch wenn der Unfall von Charles Leclerc alles andere als schön anzusehen war, spektakulär war er allemal. In der legendären Parabolica bekam der Monegasse Übersteuern und verlor das Heck seines Ferraris. Mit über 200 Kilometer pro Stunde krachte er in die Streckenbegrenzung, glücklicherweise ohne sich dabei ernsthaft zu verletzen. Wegen des ungünstigen Unfallortes wurde das Rennen sogar abgebrochen.
Top des Rennens: Pierre Gasly
Dass der Franzose einer der talentiertesten Fahrer im gesamten F1-Feld ist, beweist er seit seiner Red-Bull-Degradierung nahezu Woche für Woche. Im Monza legte Gasly aber noch einmal einen drauf. Er legte eine überragende Leistung hin und fuhr mit einer fehlerfreien Performance sowie guter Strategie völlig überraschend seinen ersten Karriere-Sieg ein. Ebenfalls stark: Carlos Sainz.
Flop des Rennens: Valtteri Bottas
Der Finne hatte in Monza die Chance, Boden auf Teamkollege Hamilton gutzumachen, zeigte sich aber völlig von der Rolle. Trotz des Ausfalls von Verstappen und der Durchfahrtsstrafe von Hamilton kam er nicht über Platz fünf hinaus. Das Tempo seines Teamkollegen konnte er zu keiner Zeit mitgehen, auch sein Start war, wieder einmal, schwach. So wird das nichts mit der WM.
Formel 1: Der WM-Stand nach acht Rennen
- Fahrerwertung:
Platz Fahrer Team Punkte 1 Lewis Hamilton Mercedes 164 2 Valtteri Bottas Mercedes 117 3 Max Verstappen Red Bull 110 4 Lance Stroll Racing Point 57 5 Lando Norris McLaren 57 6 Alexander Albon Red Bull 48 7 Charles Leclerc Ferrari 45 8 Pierre Gasly AlphaTauri 43 9 Carlos Sainz McLaren 41 10 Daniel Ricciardo Renault 41
- Konstrukteurswertung:
Platz 1 Team Punkte 1 Mercedes 281 2 Red Bull 158 3 McLaren 98 4 Racing Point 82 5 Renault 71 6 Ferrari 61 7 AlphaTauri 47 8 Alfa Romeo 2 9 Haas 1 10 Williams 0