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Tour de France 2020: Dreifaches Bubble-Prinzip gegen Corona

In diesem Jahr ist alles anders. Auch bei der 107. Tour de France, welche seit heute bis zum 20. September durch Frankreich - und zwar nur durch Frankreich - rollt. Immerhin: Die Große Schleife geht wie gewohnt in der Abendsonne unterhalb des Arc de Triomphe in Paris zu Ende.

Tour-Direktor Christian Prudhomme zeigte sich im Vorfeld selbstbewusst: "Die Tour ist mir noch nie so stark vorgekommen. Ich hatte nie wirklich Angst, dass die Tour nicht stattfinden könnte." Als Sicherheitskonzept hat der frühere Journalist nach einer Verschiebung von rund zwei Monaten eine Bubble erarbeitet, wie sie bereits in den USA bei der NBA und NHL praktiziert wird.

Das Vorhaben sieht aus wie folgt: "Wir planen, eine Blase um die Fahrer herum zu schaffen, eine weitere um die Entourage und eine letzte Blase um die Öffentlichkeit und die Gäste. Es soll verhindert werden, dass diese Blasen miteinander in Kontakt kommen. Ganz offensichtlich wird 2020 nicht das beste Jahr sein, um nach Autogrammen zu fragen."

In den anstehenden drei Wochen soll jedes der 22 Teams eine eigene Blase bilden, zu der 30 Personen gehören. In diese Blase dürfen im Verlauf der großen Schleife keine Personen hinzustoßen. Wie man bereits in den Vorbereitungsrennen gesehen hat, werden die Mund-Nase-Masken beim Einschreiben und direkt nach der Ankunft neben dem Helm und der verspiegelten Sonnenbrille zu den Essentials im Peloton gehören.

Tour de France 2020: Abbruch bei drei Corona-Fällen in einer Bubble

Und wenn trotzdem Fälle auftreten? Ein Team wird aus dem Rennen genommen, wenn es innerhalb der Blase zwei positive Corona-Tests gibt. Die komplette Tour wird abgebrochen, wenn es mehr als drei Coronafälle in einer Bubble gibt. "Wir bleiben bei zwei Fällen in einer Gruppe von 30 Personen in einem Zeitraum von sieben Tagen", betonte Prudhomme nur Stunden vor dem Tourbeginn.

Angesichts des Umfangs der Strecke und der komplexen Logistik ist dieses Vorhaben auf dünnem Eis unterwegs. Dazu kommen die Zuschauer: Zwar werden die Starts und Zielankünfte deutlich ausgedünnt sein, auf die Bergpässe darf man diesmal nur zu Fuß oder mit dem Drahtesel. Dennoch wird es über tausende Kilometer Fans am Straßenrand geben - auch ohne Maske.

Es kann also durchaus sehr schnell passieren, dass der gesamte Tross frühzeitig die Heimreise antreten muss.

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Deutsche Teilnehmer der Tour de France 2020: Die Hoffnungen ruhen auf Buchmann

Wie sieht es mit den zwölf teilnehmenden deutschen Fahrer in diesem Jahr aus? Emanuel Buchmann schaffte es im vergangenen Jahr auf einen bockstarken vierten Platz in der Gesamtwertung. Diesmal ist vielleicht sogar noch mehr drin.

In der direkten Vorbereitung auf die Tour machte "Emu" bei den ersten beiden Bergankünften der Dauphine einen sehr starken Eindruck und landete zweimal hinter den Elite-Kletterern Thibaut Pinot, Primoz Roglic oder Egan Bernal. Dass der 27-Jährige in dieser Saison endlich als Favorit gehandelt wird, ist das Ergebnis von harter Arbeit. Während des Lockdowns zog der Ravensburger in seiner Wahlheimat Lindau am Bodensee unglaublich zielstrebig sein Trainingsprogramm durch, obwohl noch nicht einmal feststand, ob die Tour tatsächlich stattfindet.

Auch im ersten Höhentrainingslager des oberbayerischen Teams in Sölden machte der nur knapp 60kg schwere Bergfahrer einen grundsoliden Eindruck. Doch auf der vierten Etappe der Dauphine wurde Buchmann in einen Sturz verwickelt, bei dem auch die beiden Jumbo-visma Kapitäne Roglic und Steven Kruijswik zu Fall kamen. Für Buchmann war das Rennen nach dem Sturz beendet - es standen große Fragezeichen hinter dem Tour-Start in Nizza.

Einige Tage später gab Team-Manager Ralph Denk Entwarnung, Buchmann selbst beschrieb seinen Gesundheitszustand wie folgt: "Ich habe immer noch Rückenschmerzen, aber auf dem Rad ist es besser als zu Fuß. Ich kann leicht trainieren und es wird von Tag zu Tag besser." Trotzdem wäre es zumindest sehr optimistisch, davon auszugehen, dass dieser Rückschlag keinerlei Auswirkungen auf seine Tour-Form haben wird.

Buchmanns Tour-Helfer: Kämna als Etappenjäger, Schachmann angeschlagen

Zählen kann Buchmann auf die Hilfe von Bora-Fahrer Lennard Kämna Der erst 23-Jährige ist derzeit in absoluter Topform, was der Sieg auf der vierten Etappe der Dauphine deutlich untermalte. Er wird einer der wichtigsten Helfer sein, besonders bei den schwierigen Alpenetappen muss er seinen "Patron" möglichst lange schützen und Löcher zuzufahren.

Darüber hinaus ist Kämna auf jeden Fall auch ein Etappensieg zuzutrauen, da er über ein starkes Allrounder-Setup verfügt und an kurzen, steilen Anstiegen sicherlich auch Top-Fahrer in Bedrängnis bringen kann.

Ein weiterer Helfer ist Landsmann Maximilian Schachmann, welcher ebenfalls einen Sturz in einem Vorbereitungsrennen hinnehmen musste: Bei der Il Lombardia fuhr Schachmann ein schwarzer BMW vor die Rennmaschine und räumte den Berliner ab. Ergebnis: ein gebrochenes Schlüsselbein, welches zum Glück so gebrochen ist, dass er trotzdem bei der Tour an den Start gehen kann. Auch Schachmann gilt als heißer Kanditat für einen Etappensieg, besonders das einzige Zeitfahren 2020 zur Planche des Belles Filles (20. Etappe) sollte dem 26-jährigen liegen.

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Deutsche bei der Tour de France 2020: Greipel, Degenkolb und Co.

Neben den Deutschen von Bora-hansgrohe gibt es natürlich auch noch andere deutsche Hoffnungen im Peloton. Da wäre etwa der großgewachsene Hürther Nils Politt, den man sicherlich häufig in Fluchtgruppen antreffen wird. In seinem Team, Israel Startup Nation, ist auch Tour-Dauerbrenner Andre Greipel (38) vertreten, der auf Etappensiege im Sprint schielt. Dem "Gorilla" wäre zum Ende seiner Karriere auf jeden Fall noch einmal ein Etappensieg zu gönnen.

Im Top-Team Jumbo-Visma ist ein weiterer Deutscher vertreten: "Panzerwagen" Tony Martin wird sich voll und ganz in die Dienste seines Teams stellen und für Überflieger Wout van Aert die Sprints anfahren oder für die Kapitäne Wasserflaschen holen.

Die weiteren deutschen Starter sind Nikias Arndt (Sunweb), Simon Geschke und Jonas Koch (beide CCC), John Degenkolb und Roger Kluge (beide Lotto-Soudal) und Tour-Debütant Max Walscheid von NTT.

Tour de France: Alle deutschen Träger des Gelben Trikots

JahrNameTage in Gelb 1932 Kurt Stöpel 1 1937 Erich Bautz 3 1938 Willi Oberbeck 1 1962-1969 Rudi Altig 18 1966 Karl-Heinz Kunde 4 1968 Rolf Wolfshohl 2 1977 Dietrich Thurau 15 1978 Klaus-Peter Thaler 2 1997-1998 Jan Ulrich 18 (Gesamtsieg: 1997) 1998-2002 Erik Zabel 2 2001-2005 Jens Voigt 2 2007 Linus Gerdemann 1 2008 Stefan Schuhmacher 2 2013-2014 Marcel Kittel 2 2015 Tony Martin 3

Favoriten der Tour de France 2020: Jumbo-Visma gegen Ineos - oder doch Thibaut Pinot?

Der Kampf um die Gesamtwertung könnte in diesem Jahr sogar noch spannender werden als 2019. Zur Erinnerung: Julian Alaphilippe wuchs über sich hinaus und fuhr ganze 14 Tage in Gelb, musste das Maillot Jaune dann aber doch an den letztendlichen Sieger Bernal (23) abgeben. Der stand als Sieger fest, nachdem die 19. Etappe aufgrund eines starken Gewitters vorzeitig beendet werden musste.

Einige frühere Champions wird man derweil am Start vermissen: Ineos um Manager Dave Brailsford verzichtet sowohl auf Christopher Froome (Tour-Sieger 2013, 2015-17, als auch auf Geraint Thomas (2018). Begründung: Man müsse die eigenen Hochkaräter auf die Landesrundfahrten verteilen, um in einem Jahr alle drei großen Rundfahrten zu gewinnen.

Dennoch verfügt Ineos über die Manpower, drei Wochen lang Feld und Tempo zu kontrollieren und Titelverteidiger Bernal in die beste Ausgangslage zu manövrieren. Da wäre etwa der unglaublichen zähe und aufstrebende Pavel Sivakov (23), der für seine Konstanz am Berg bekannt ist. Auch auf Richard Carapaz (27) ist immer Verlass. Der Kolumbianer, der den Giro 2019 für sich entschied, ist ein exzellenter Bergfahrer mit taktischem Kalkül, der auch in hektischen Rennsituationen ruhig bleibt und seinen Stiefel weiterfährt.

Bernal selbst sorgte bei der Dauphine für Aufregung: Der ehemalige Mountainbiker gab nach der dritten Etappe aufgrund von Rückenschmerzen auf und reiste ab. Ein rein taktischer Schachzug? Bereits einen Tag wurde der Kolumbianer schon wieder beim Training gesichtet. So oder so gilt er als heißestes Eisen auf den Toursieg, denn das bergige Profil kommt ihm sehr entgegen.

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Tour-Favoriten: Jumbo-Visma und Pinot fordern Bernal

Erster Herausforder von Ineos ist das Team Jumbo-Visma, welches seit dem Neustart der Saison alles in Grund und Boden fährt. Die Niederländer reisen mit den Edelhelfern Tom Dumoulin (Giro-Sieger 2018) und Sepp Kuss an, die einen unglaublich starken Eindruck bei der Dauphine machten. Kuss konnte beim finalen Anstieg der zweiten Etappe sogar Bernal folgen und wenige Tage später gewann er als Solo die letzte Etappe in Megeve.

Aber: Der auserkorene Kapitän Roglic wackelt. Der ehemalige Skispringer ließ die Konkurrenz bei den Bergankünften der Dauphine zunächst fast schon mühelos stehen, stürzte dann aber und musste das Rennen aufgeben. Noch schlimmer erwischte es Teamkollege Steven Kruijswik (Tour-Dritter 2019), der ebenfalls stürzte und bei der Tour fehlen wird. Und Roglic? "Ich habe ehrlich gesagt gedacht, dass ich mich jetzt schon besser fühlen würde. Lasst uns sehen, was die nächsten Tage bringen", schrieb er am 21. August auf Instagram.

Keinesfalls außer Acht lassen darf man Thibaut Pinot von Groupama-FDJ. 2019 war der 30-Jährige der stärkste Fahrer am Tourmalet, das Profil der diesjährigen Tour dürfte ihm also liegen. Nach der bitteren Aufgabe kurz vor dem Ziel in Paris ist der Franzose auf Wiedergutmachung aus, bei der Dauphine schrammte er nur knapp am Gesamtsieg vorbei. Besonderer Ansporn: Das Zeitfahren der vorletzten Etappe führt durch seinen Heimatort Melisey.

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Tour de France 2020, Etappencheck: Bergzeitfahren wird zum Wegweiser

Die diesjährige Tour ist eine der bergigsten des letzten Jahrzehnts und wird den gewichtsärmeren Klettern sicherlich entgegenkommen. Zudem steht nur ein einziges Zeitfahren im Programm.

Bereits die zweite Etappe rund um Nizza führt über den Col da Colmiane (1. Kategorie), den Col de Turini (1.) und den Col d´Eze (2.) - noch nie ging es bei der Tour gleich so früh zur Sache. Hier stehen direkt die Kletterer im Mittelpunkt, auch die Kapitäne könnten eine erste Duftmarke setzten. Die erste von gleich sechs Bergankünften wartet am 1. September in Oricieres-Merlette.

Mit der achten Etappe wird das Feld die Pyrenäen erreichen, ein absolutes Highlight lauert auf der 13. Etappe am 11. September: Mit 4.400 Höhenmetern im Programm werden hier die Kapitäne den Etappensieg unter sich ausmachen. Am darauffolgenden Sonntag folgt dann die Königsetappe hinauf zum geschichtsträchtigen Grand Colombier, wo Rampen mit bis zu 22 Prozent Steigung lauern. Der Col de la Loze (17. Etappe) ist neu im Programm und auf 2.304 Metern Höhe gleichzeitig das "Dach" der diesjährigen Tour.

Die Entscheidung über den Sieger fällt spätestens auf der 20. Etappe, beim einzigen Einzelzeitfahren nach La Planche des Belles Filles. Dieses endet mit einer Steigung (8,5 Prozent im Schnitt) und einer brutalen Rampe mit 20 Prozent kurz vor der Ziellinie. Wenn hier keine Körner mehr übrig sind, kann man in der Endabrechnung auch noch durchgereicht werden.

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Tour de France 2020: Alle Etappen im Überblick

Etappe Datum Strecke Streckenprofil 1. Etappe 29. August Nizza - Nizza (156 km) flach 2. Etappe 30. August Nizza - Nizza (186 km) Gebirge 3. Etappe 31. August Nizza - Sisteron (198 km) flach 4. Etappe 1. September Sisteron - Orcieres-Merlette (160,5 km) hügelig 5. Etappe 2. September Gap - Privas (183 km) flach 6. Etappe 3. September Le Teil - Mont Aigoual (191 km) hügelig 7. Etappe 4. September Millau - Lavaur (168 km) flach 8. Etappe 5. September Cazeres-sur-Garonne - Loudenvielle (141 km) Gebirge 9. Etappe 6. September Pau - Laruns (153 km) Gebirge Ruhetag7. September 10. Etappe 8. September Le Chateau-d'Oleron - Saint-Martin-de-Re (168,5 km) flach 11. Etappe 9. September Chatelaillon-Plage - Poitiers (167,5 km) flach 12. Etappe 10. September Chauvigny - Sarran Correze (218 km) hügelig 13. Etappe 11. September Chatel-Guyon - Puy Mary Cantal (191,5 km) Gebirge 14. Etappe 12. September Clermont-Ferrand - Lyon (194 km) flach 15. Etappe 13. September Lyon - Grand Colombier (174,5 km) Gebirge Ruhetag14. September 16. Etappe 15. September La Tour-du-Pin - Villard-de-Lans (164 km) Gebirge 17. Etappe 16. September Grenoble - Col de la Loze (170 km) Gebirge 18. Etappe 17. September Meribel - La Roche-sur-Foron (175 km) Gebirge 19. Etappe 18. September Bourg-en-Bresse - Champagnole (166,5 km) flach 20. Etappe 19. September Einzelzeitfahren: Lure - La Planche des Belles Filles (36,2 km) Gebirge 21. Etappe 20. September Mantes-la-Jolie - Paris/Champs-Elysees (122,5 km) flach