Alle Jahre wieder bringt Sport-Game-Gigant EA Sports neue Versionen seiner extrem beliebten Franchises heraus. Was für den Europäer FIFA ist, ist für den amerikanischen Markt eindeutig "Madden". In diesem Jahr guckt sich Madden dabei sogar ein paar Dinge vom Vertreter des runden Balles ab.

Insgesamt war die Herausforderung, ein Spiel, das schon im Vorjahr ein paar Gameplay-Anpassungen vornahm, nochmal zu verbessern. Vorab: Eine Revolution gibt es auch in diesem Jahr nicht, vielmehr finden sich im Detail wieder mal ein paar Aspekte, die den Spielspaß sicherlich erhöhen werden.

Mein größter Kritikpunkt an Madden war schon seit Jahren die mangelhafte Kontrolle über die Defense. Konkret war es kaum möglich, mit der Offense mitzuhalten, wenn man nicht die Schwierigkeit und einige Slider runtergedreht hat. Letzteres ist weiterhin zu empfehlen, doch mittlerweile ermöglicht einem das Spiel dann doch ein wenig mehr Kontrolle.

Alle Infos zu Madden NFL 21 findet Ihr hier!

In diesem Jahr wurde vor allem am Pass Rush gefeilt: Die Spieler verfügen nun über vier verschiedene Pass-Rush-Moves, die allesamt mit dem rechten Analog-Stick ausgeführt werden - ein fünfter, wenn man die rechte Trigger-Taste drückt und auf Speed-Rush setzt. Grundsätzlich hängt die Effektivität dieser Moves freilich weiter von der Qualität des jeweiligen Spielers im Spiel ab, aber das sollte ohnehin klar sein. Ein Nick Bosa etwa wird die Offensive Tackles dieser Liga zumeist schlagen - wenn nicht sogar zerstören - und zum Quarterback durchbrechen. Ein Durchschnittsspieler dagegen hat deutlich mehr Probleme.

Generell merkt man auch in diesem Jahr wieder den besonderen Impact von Star-Spielern. Wer etwa versucht, gegen die Rams und Aaron Donald durch die Mitte zu laufen, wird bitter bestraft. Ein Michael Thomas wiederum fängt bei den Saints im Grunde alles, was in seine grobe Richtung geworfen wird ...

Was Coverage angeht, bleibt die Sache schwieriger, doch ein effizienterer Pass Rush hilft dem Gamer in der Defense immerhin etwas.

© GEPA

Madden NFL 21: Auffallend aggressiveres Play-Calling bei 4th Down

Auffällig war beim Spielen der von EA zur Verfügung gestellten Vorabversion für die Playstation 4 indes schon früh, dass Coaches nun wie ihre moderner denkenden Gegenspieler in der realen Welt aggressiver bei Short-Yardage-Situationen rund um die Mittellinie vorgehen. Bei vierten Versuchen wird häufig ausgespielt, anstatt einfach zu punten, selbst früh im Spiel. Eine wohltuende Verbesserung, die das Spiel in jedem Fall realistischer macht.

Ebenfalls sollte erwähnt werden, dass die Tackling-Animationen im Vergleich zum Vorjahr deutlich realistischer und nicht mehr übertrieben actionreich wirken. Spektakuläre Tacklings sind zwar weiter möglich, die Häufigkeit derer wurde jedoch deutlich zurückgeschraubt. Gut gelungen sind darüber hinaus die sogenannten "Shoestring-Tackles", mit denen man den Ballführenden von hinten gerade noch zu Boden bringt.

Ein neues Feature sind überdies die "Live Playbooks 2.0", die für spontane Spiele allein oder mit Freunden zum Einsatz kommen können. Die Idee dahinter: Wenn ein Team Spielzüge in der realen NFL spielt, die so noch nicht im Spiel vorhanden sind, sollen diese zeitnah in Madden integriert werden. Da der Saisonstart noch bevorsteht, war dies natürlich noch nicht zu testen, aber die Idee klingt gut.

Madden 21 bietet sechs verschiedene Spielmodi: Franchise, Face of The Franchise, Superstar KO, The Yard, Exhibition und Madden Ultimate Team.

Wer aber darauf hoffte, dass man den Franchise-Modus, der gefühlt seit Jahren nicht mehr angefasst wurde, aufmotzen würde, wird erneut enttäuscht. Wirkliche Veränderungen sind nicht in Sicht, der komplette Aufbau ist gleichgeblieben. Einzig "neu" ist, dass man beim Draft-Scouting, das weiterhin nur über das Drücken eines Buttons vonstatten geht statt die Spieler tatsächlich zu sehen, nun Spieler zu seinem Draft Board hinzufügen kann. Sicherlich nett, aber bei weitem keine deutliche Verbesserung.

Madden NFL 21: EA Sports gibt Next-Gen-Garantie

Erwähnt sei an dieser Stelle, dass Gamer, die sich eine Next-Gen-Konsole zulegen wollen, zu Beginn einer Franchise "Cloud League" für die Speicherung in der Online-Cloud wählen sollten, selbst wenn sie nur offline spielen. Nur so wird man wohl seine laufende Franchise auf die neue Konsole übertragen können. Neu kaufen muss man das Spiel dafür aber nicht, denn EA garantiert, dass man beim Kauf von Madden auf Playstation 4 oder Xbox One das Upgrade auf die Playstation 5 respektive Xbox Series X kostenlos erhält.

"Face Of The Franchise" ist eine neue Version des seit ein paar Jahren vorhandenen Story-Modus, der in diesem Jahr die Geschichte der "Heartbreak Kids" erzählt. Man spielt einen Quarterback, der sich recht spät einem High-School-Team anschließt und dort letztlich für den Starter übernimmt, nachdem der mit einem Herzproblem aus dem Verkehr gezogen wird. Die Story führt beide dann aufs gleiche College, wo sie sich den QB-Job teilen. Anschließend geht es in die NFL, mit dem Ziel, den eigenen Spieler zum Gesicht einer Franchise zu machen, wie der Name schon verrät.

© GEPA

Ein netter Touch ist, wie sehenswert die College Football Playoffs und die anschließende Scouting Combine inszeniert sind. Entlang des Weges treten sogar Größen wie Rapper Snoop Dogg und selbst Moderator Rich Eisen ( NFL Network ) voll animiert im Spiel auf. Letzterer leiht dem Protagonisten für den 40-Yard-Sprint seine Schuhe, die er selbst für "Run Rich Run" genutzt hat.

"Superstar KO" ist ein aus dem Vorjahr fortgeführter schneller Online-Modus, der mit bis zu sechs Leuten (3 gegen 3) gespielt werden kann. Man draftet sich jeweils ein Team aus "Superstars" samt Coaches, die das Playbook vorgeben. Anschließend spielt jeder eine Angriffsserie von der eigenen 25-Yard-Linie. Wer danach vorne liegt, gewinnt. Bei Unentschieden bekommt jedes Team im "Tug of War" - zu deutsch: Tauziehen - abwechselnd einen Spielzug, um die Partie für sich zu entscheiden.

Madden NFL 21: The Yard

Komplett neu ist derweil "The Yard", Maddens Antwort auf "Volta Football" von FIFA - eine "Straßen-Football-Variante", wenn man so will. Gespielt wird jeweils mit Sechser-Teams, wobei ein selbst erstellter Spieler immer im eigenen Team ist, während der Rest aus NFL-Größen zusammengewürfelt wird. Das Feld ist auf 80 Yards begrenzt und jeweils in 20er-Schritte aufgeteilt, die für ein neues First Down überwunden werden müssen. Es gibt kein Kicking, zudem finden sich einige spezielle Regeln wie die Möglichkeit, hinter der Line of Scrimmage unbegrenzt Vorwärtspässe zu werfen, bis die LOS überquert wird. Zudem gibt es einen Blitz-Timer: Erst, wenn der abgelaufen ist, darf ein Verteidiger oder der Quarterback die Line of Scrimmage überqueren.

Ziel bei "The Yard" ist es, so viele Punkte wie möglich zu erzielen. Nach Touchdowns hat man die Wahl zwischen einer 1-, 2- oder 3-Point-Conversion in Anlehnung an die Regeln der XFL. Für erfolgreiche Spiele gibt es schließlich Upgrade-Punkte für den eigenen Spieler, zudem werden neue Locations und Spielfelder freigeschaltet. Nach der ersten Runde etwa geht es auf den Parkplatz des Lambeau Fields in Green Bay.

Wie groß die Langzeitmotivation dieser zwei Modi ist, muss wohl jeder für sich entscheiden, für den kurzen Zeitvertreib aber machen sie durchaus Spaß.

"Exhibition" ist der Modus für die spontanen Spiele allein oder mit Freunden, offline wie online. Hier kann auch der Pro Bowl gespielt werden, ebenso gibt es den Skills Trainer für Anfänger, die erstmals Madden spielen, oder in Ruhe die neuen Pass-Rush-Moves austesten wollen. Und "Madden Ultimate Team" ist auf den ersten Blick das Gleiche wie immer. Mit Challenges und Online-Spielen kann man sich Coins und neue Spieler-Packs erspielen, die natürlich auch käuflich zu erwerben sind. Nicht umsonst ist MUT wohl die Haupteinnahme-Quelle für EA, wenn es um Madden geht.

© GEPA

Madden NFL 21: Neue Stadien sorgen für internationales Flair

Nicht großartig verändert hat sich die Grafik im Spiel. Es gibt ein neues Scoreboard, doch das sind kosmetische Anpassungen, die zu Recht niemanden beeindrucken werden. Einen wirklichen Sprung in der optischen Präsentation darf man aber ohnehin erst mit den Next-Gen-Konsolen erwarten. Zusätzliche Features sind dann auch möglich, aktuell aber noch nicht bekannt.

Positiv sei jedoch erwähnt, dass neben den zwei brandneuen Stadien in Los Angeles (SoFi Stadium) und Las Vegas (Allegient Stadium) nun auch die drei Stadien der International Series, die aufgrund der Coronavirus-Pandemie 2020 ins Wasser fällt, erstmals spielbar sind! Neben dem Wembley Stadium und dem neuen Stadion der Tottenham Hotspur in London ist auch das Estadio Azteca in Mexiko-Stadt dabei.

© GEPA

Insgesamt bleibt das Fazit jedoch ernüchternd. "Madden NFL 21" ist abermals eine Weiterentwicklung der Vorgängerversion, die in Nuancen dafür sorgt, dass das Spielerlebnis sicherlich besser wurde als im Vorjahr. Aber ein Quantensprung bleibt abermals aus. Wer Madden 20 - oder sogar Madden 19 - schon hat, zahlt also im Grunde für ein weiteres Roster-Update sowie für ein paar neue Stadien und Trikots. Aber ein völlig neues Erlebnis, das die klaren Schwachstellen - insbesondere der weiterhin eher dröge Franchise Mode - ausmerzt, ist es nicht.

Wer das aktuell beste Football-Game auf dem Markt will, ist bei Madden 21 freilich richtig, aber das ist mangels Alternativen auch keine überraschende Erkenntnis. Das Spiel macht Spaß, doch fehlt schlicht die Langzeitmotivation, wenn man nicht gerade der Hardcore-MUT-Spieler ist.

Madden NFL 21 ist ab Freitag in gängigen Geschäften und Versandhäusern für Playtation 4, Xbox One und PC zur unverbindlichen Preisempfehlung von 69,99 Euro respektive 59,99 Euro erhältlich. Zusätzlich gibt es das Spiel auch in den Onlineshops der jeweiligen Plattformen.