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Als die L.A. Clippers sich im Sommer 2019 ihr neues Team zusammenbauten, war ihre Rechnung relativ einfach: Die NBA wird heutzutage von Flügelspielern dominiert, warum also nicht einfach zwei der besten ihres Fachs vereinen und zu einem Kern hinzufügen, der bereits in der Saison zuvor die Playoffs erreichte.

Alle Welt war sich einig: Mit Kawhi Leonard und Paul George könnten die Clippers einen Titel holen, für viele galten sie sogar als absoluter Topfavorit.

Es ist wichtig zu betonen: Das können sie natürlich immer noch sein. Bisher geht ihre Rechnung allerdings nicht auf, schon in der ersten Runde stößt das exzellent besetzte Team auf einen bisher gleichwertigen Gegner. Das (größte) Problem: Während Leonard seinem Ruf gerecht wird und eine exzellente Serie spielt, ist sein Partner bisher vieles, aber sicherlich kein Star.

47 Würfe hat George in den Spielen zwei bis vier genommen, zehn davon fielen in den Korb - eine peinliche Ausbeute für einen Spieler, der sich selbst vor einigen Jahren den Spitznamen "Playoff P" verpasste. Seit 1960 (!) hatte kein NBA-Spieler in den Playoffs mehr drei aufeinanderfolgende Spiele mit 10+ Field Goals und weniger als 25 Prozent Wurfquote. Entsprechend wird George derzeit (wieder einmal) von allen Seiten mit Spott bedacht.

Paul George wird zu "Pandemic P"

NBA-Twitter verpasste George den Spitznamen "Pandemic P", Charles Barkley sprach bei Inside the NBAvielen aus der Seele , als er anmerkte: "Man kann sich nicht Playoff P nennen und ständig verlieren. Sie nennen mich ja auch nicht Championship Chuck." Tatsächlich wartet George seit 2014 auf den Gewinn einer Serie, auch wenn er bis dahin mit den Pacers mehrere tiefe Runs hinlegte.

Niemand bestreitet (ernsthaft) seine Klasse, andererseits hat er sein Spiel in den vergangenen Jahren in den Playoffs selten gesteigert. Und das ist noch nett ausgedrückt. So schlimm wie derzeit war es zwar noch nie, auch 2018 etwa produzierte er aber für OKC gegen Utah etliche Stinkbomben, unter anderem ein 2/16-Spiel im sechsten Spiel, welches das Aus der Thunder besiegelte.

Paul George legt sich grundlos mit James Harden an

George filmte einen Werbespot, in dem er einen Game-Winner traf, bevor er dies jemals in der NBA tat. Bei den Pacers warf er seinen Mitspieler C.J. Miles 2017 öffentlich vor den Bus, weil dieser in einem Playoff-Spiel den letzten Wurf genommen hatte.

Und dann gibt es noch den Ruf des schlechten Verlierers: Nachdem Damian Lillard 2019 über Georges Arm den Serien-Winner gegen OKC traf, sprach dieser von einem "schlechten Wurf". Auch in der Bubble gab George in einem Schlagabtausch mit Lillard zunächst kein wirklich gutes Bild ab. Nach einer enttäuschenden Leistung in Spiel 3 schoss er grundlos gegen einen völlig Unbeteiligten.

"Ich bin kein James Harden. Das ist nicht mein Ding ... nur werfen und Punkte erzielen. Ich bin stolz darauf, dass ich an beiden Enden des Feldes effektiv sein kann", sagte George, als er nach seinen eigenen Wurfproblemen gefragt wurde. Es verwundert daher nicht, dass sich derzeit so viel Häme in seine Richtung entlädt.

Twitter

L.A. Clippers glauben immer noch an Paul George

Die Clippers hätten mit der Serie gegen Dallas eigentlich keine großen Probleme haben sollen. Dies dachten zumindest viele. L.A. hatte schließlich die idealen Antworten in der Defensive, um die Kreise von Luka Doncic einzuschränken, und vorne fehlten den Mavs wiederum die Verteidiger für Kawhi und George.

Doch seit dem ersten Spiel, in dem George mit 27 Punkten stark aufspielte, ist von ihm kaum noch etwas zu sehen. "Ich spiele mit Selbstvertrauen. Wenn ich werfe, gehe ich davon aus, dass ich treffe. Es ist einfach so, wie es ist, ich treffe die Würfe nicht", sagte dieser nach dem vierten Spiel. "Ich glaube nicht, dass es vom Selbstvertrauen abhängt."

Auch sein Head Coach Doc Rivers rechnete nicht damit, dass George in diesem Slump verharren wird: "Er wird okay sein, daran glaube ich noch immer. Er muss einfach etwas aggressiver sein, aber auf die richtige Art und Weise, dann wird es für ihn funktionieren." Ein wenig perplex wirkte Rivers, der nach dem Spiel auch die emotionale Stabilität seines Teams kritisierte, allerdings auch.

Die Statistiken von Paul George bei den Clippers

Minuten Punkte FG 3FG Rebounds Assists Turnover Regular Season (Schnitt) 29,6 21,5 43,9 41,2 5,7 3,9 2,6 Spiel 1 vs. DAL 37 27 10/22 4/11 2 3 3 Spiel 2 vs. DAL 32 14 4/17 2/10 10 2 2 Spiel 3 vs. DAL 38 11 3/16 1/8 9 7 2 Spiel 4 vs. DAL 45 9 3/14 1/7 8 3 2

Paul George: Quoten aus der Hölle

Was in puncto George durchaus verständlich ist. Der sechsmalige All-Star tritt in dieser Serie in Korbnähe bisher ohne jede Dringlichkeit auf, bloß sieben von 15 versuchten Korblegern hat er getroffen, was sich noch zu den Problemen mit dem Wurf hinzugesellt. Letztere sind für einen Shooter seines Formats nahezu grotesk.

Es ist nämlich nicht so, dass Dallas George einfach überragend verteidigen würde. Im Gegenteil: Er bekommt genug offene Würfe, er trifft sie nur nicht. Von 30 laut nba.com/stats als "offen" deklarierten Würfen hat George 11 getroffen (36,7 Prozent), von 13 "weit offenen" sogar nur zwei (15,4 Prozent). Weder aus dem Catch-and-Shoot (21,1 Prozent) noch per Pullup (26,7) geht bisher irgendetwas. Beides sind normalerweise absolute Spezialgebiete des 30-Jährigen.

Einerseits gibt das Grund zur Hoffnung: Im Normalfall fällt mehr davon rein und vielleicht geht dann wenigstens das knappe Spiel 4 anders aus. "Wenn man ehrlich ist: Rückblickend würde diese Serie ziemlich anders aussehen, wenn ich besser werfen würde", analysierte George nach Spiel vier messerscharf.

Paul George will Instagram ausblenden

Andererseits läuft den Clippers eben langsam die Zeit aus. Der vermeintlich überforderte Herausforderer hat Blut geleckt und rechnet sich zurecht Chancen aus, diese Serie nicht nur eng zu gestalten, sondern auch zu gewinnen. Im Normalfall hätten die Clippers den Heimvorteil, in der Bubble hingegen fällt dieser Faktor weg.

Die Clippers müssen es aus eigener Kraft schaffen und bei aller Genialität von Kawhi ist dafür auch eine Steigerung von George nötig. Defensiv passten seine Vorstellungen bis dato überwiegend, offensiv hingegen war er kaum mehr als ein Mitläufer - das darf einem Spieler seines Kalibers sicher mal passieren, aber eigentlich nicht dreimal hintereinander.

Einen Ansatzpunkt hat er nach Spiel 4 wohl immerhin gefunden. Seit Montag können Leute, denen er nicht folgt, keine Kommentare bei seinem Instagram -Account mehr hinterlassen. "Wir versuchen ihm die ganze Zeit zu sagen, dass er nicht mehr daran denken soll. Dass er die Fans und Social Media blockieren soll", sagte JaMychal Green. Vielleicht ist das die wichtigste Adjustierung vor dem richtungsweisenden fünften Spiel.