Als Schiedsrichter Daniele Orsato das Finale im Estadio da Luz für beendet erklärte, brachen sie, die viel zitierten Dämme. Bayerns Reservespieler und Teile des Stabs stürmten aufs Feld, um mit den Protagonisten zu feiern.
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Laute Jubelschreie, Erleichterung, grenzenlose Freude über das 1:0 gegen Paris Saint-Germain, das den Münchnern nach einer schier unglaublichen Saison das zweite Triple der Klubhistorie beschert hatte.
Bayern gewinnt die Champions League: David Alaba tröstet PSG-Star Neymar
David Alaba hielt jedoch inne, als er nur wenige Meter entfernt einen völlig niedergeschlagenen, weinenden Neymar erblickt hatte. Er ging auf den Brasilianer zu, schloss ihn in die Arme und versuchte, dem eigentlich Untröstlichen ein paar tröstende Worte zu spenden.
Ernstgemeinte Anteilnahme, aufrichtiges Mitgefühl. Es zeugt von wahrer sportlicher Größe, im Moment des eigenen Erfolges auch an den Gegner zu denken, an diejenigen die trauern.
PSG nach Sieg über Dortmund mit Spott für Haaland
Dass der Umgang mit einem soeben bezwungenen Kontrahenten auch anders aussehen kann, hatten ausgerechnet Neymar und dessen PSG-Teamkollegen Mitte März dieses Jahres unter Beweis gestellt.
Nachdem die Franzosen Borussia Dortmund dank eines 2:0-Erfolges aus dem Wettbewerb gekegelt hatten, ließen sie sich gemeinschaftlich auf dem Rasen des Prinzenparks in Erling Haalands Yoga-Jubelpose ablichten. Eine offensichtliche Verhöhnung, die im Anschluss damit gerechtfertigt wurde, dass Haaland, wohl gemerkt ein 19-Jähriger, ja nun einmal in Richtung Paris gestichelt hatte.
Die Szene, die sich zwischen Alaba und Neymar abspielte, stand hingegen sinnbildlich, untermauerte die Eindrücke, die man in Lissabon von den Bayern sammeln durfte. Obwohl die Mannschaft von Trainer Hansi Flick zunächst im Viertelfinale mit 8:2 über den FC Barcelona hinweggefegt war, den Katalanen eine historische Klatsche verabreicht hatte, war von Hohn oder gar Arroganz keine Spur.
FC Bayern: Nur Leon Goretzka mit kleinem Seitenhieb
Höchst professionell gingen sowohl Trainer als auch Mannschaft damit um, einen potenziellen Mitfavoriten auf den Henkelpott in seine Einzelteile zerlegt zu haben. Lediglich Leon Goretzka gestand, " ein bisschen Spaß" an der Demontage des Gegners gehabt zu haben. Geschenkt.
Ansonsten waren alle Beteiligten glaubhaft darum bemüht, den Fokus auf das nächste Spiel zu legen. Man habe ja immerhin das große Ziel noch nicht erreicht.
FC Bayern München: Abteilung Attacke wird zum Fachbereich Feingefühl
Keine Selbstverständlichkeit, waren die Bayern in der Vergangenheit doch selten um bisweilen vollmundige Seitenhiebe verlegen. Die einstige Attacke-Abteilung avancierte in den vergangenen Wochen und Monaten allerdings zum Fachbereich Feingefühl.
Daran hat Flick mit seiner besonnenen, pietätvollen Art einen erheblichen Anteil. Er impfte seinen Schützlingen förmlich ein, selbstbewusst, aber nicht überheblich aufzutreten. Die Mannschaft verinnerlichte das.
Auch nach dem 3:0 gegen Olympique Lyon, das am Mittwochabend den Münchner Finaleinzug besiegelt hatte, wurden keine großen Bayern-Töne gespuckt. Flick wollte nichts davon hören, dass die OL-Angriffsreihe so viel schlechter sei als die des Endspielgegners aus Paris. Lyon habe eine tolle Mannschaft, Coach Rudi Garcia mache herausragende Arbeit.
Metaphorisch für die Münchner Gefasstheit standen darüber hinaus Joshua Kimmich, Thomas Müller und Goretzka, die sich im Nachgang auf der Trainerbank versammelten, diskutierten und rein körpersprachlich nicht ansatzweise den Anschein erweckten, vor wenigen Minuten ein Ticket für das Finale des größten Klubwettbewerbes, den der Fußball zu bieten hat, gelöst zu haben.
Bayern und PSG: Die Unterschiede beim Finaleinzug
Konträr zu ebenjener Szenerie: PSG postete tags zuvor seinerseits nach dem 3:0-Halbfinalsieg gegen RB Leipzig ein in der Kabine geschossenes Foto, auf dem das komplette Team enthusiastisch gen Kamera brüllend zu sehen war.
Völlig legitim natürlich, sogar nachvollziehbar, aber gleichzeitig auch beispielhaft dafür, wie verschieden das Erreichen ein und derselben Erfolgsstufe nach außen kommuniziert werden kann.
Es passte letztlich ins Gesamtbild, allegorisierte quasi die gewonnenen Impressionen. Ein Zusammenhang zwischen seriösem Auftreten in der Öffentlichkeit und fußballerischen Darbietungen auf dem Platz offenbarte sich in Lissabon eindrucksvoll.
Der Triumph am Ende einer aufreibenden Champions-League-Saison, die mit der perfekten Ausbeute von elf Siegen aus elf Spielen abgeschlossen wurde, ist nur die logische Konsequenz aus dem, was die Bayern zuletzt - unter Berücksichtigung aller Variablen - auf die Beine gestellt haben.
Bayern schlägt PSG im CL-Finale - Mit Trommel und Anglerhut: Kimmich und Gnabry sinnieren
Als der unterlegene Gegner sich längst zurück in sein Hotel begeben hatte, wurde es am späten Sonntagabend dann noch einmal laut. Joshua Kimmich betrat mit einer Trommel das mit Konfetti übersäte Spielfeld, schlug zwei- bis dreimal auf sein Instrument.
Im Schlepptau: Den oberkörperfreien, Anglerhut tragenden, mit Bierflasche bewaffneten Serge Gnabry. Die beiden setzten sich in den Mittelkreis, sinnierten und wurden kurz darauf von ihrem stolzen Trainer beehrt.
Da saßen sie nun, drei Schlüsselfiguren des Erfolges. Ruhig, gar demütig beisammen, tranken Bier, ehe das Licht im Stadion des Lichtes erlosch. Ein würdevoller Abschluss eines intensiven Turniers. Eines Turniers, das einen würdigen Sieger gefunden hat - und zwar in allen Belangen.