Dass die College-Saison 2020 tatsächlich abgesagt wird, ist aktuell nicht auszuschließen. Die Big10- und die Pac-12-Conference kündigten als erste Power-5-Conferences bereits an, in diesem Herbst nicht zu spielen. In der College-Football-Elite bleiben somit nur noch die ACC, die SEC und die Big-12.
Zudem erklärten zahlreiche der größten Talente 2020 nicht auflaufen und sich voll auf den Draft im kommenden Jahr konzentrieren zu wollen, darunter beispielsweise Gregory Rousseau, Micah Parsons und Caleb Farley.
Trevor Lawrence, Quarterback, Clemson
Bevor er auch nur einen Snap auf dem College gespielt hatte, galt Lawrence bereits als zukünftiger Nummer-eins-Pick - und er hat nicht enttäuscht. Lawrence führte Clemson zwei Mal in Serie ins National Championship Game, die Niederlage gegen Joe Burrow und LSU war seine erste überhaupt auf dem College.
Der 20-Jährige bringt alles mit, was einen modernen NFL-Quarterback ausmacht: Genauigkeit, Armstärke, Mobilität, Spielverständnis und Leadership-Qualitäten. Fällt die College-Saison tatsächlich ins Wasser, dürfte Lawrence als erster Pick im Draft praktisch feststehen. Wird doch noch gespielt, müsste er sich allerdings ohne seine zwei besten Receiver der Vorsaison, Tee Higgins und Justyn Ross, beweisen.
Lawrence selbst ist vermutlich der College-Spieler, der eine Saison am wenigsten "braucht", um seinen Draft-Status zu sichern - der wäre auch ohne eine weitere Spielzeit bei Clemson sicher zementiert. Dennoch positionierte er sich zuletzt als Speerspitze im Kampf um die Austragung der Saison sowie eine Vereinigung der Spieler .
Justin Fields, Quarterback, Ohio State
Während Lawrence bereits seit zwei Jahren zu den besten College-Quarterbacks des Landes zählt, feierte Fields im vergangenen Jahr seine Debütsaison als Starting Quarterback, spielte dabei allerdings nicht weniger beeindruckend. Fields verzeichnete 51 Touchdowns bei nur drei Interceptions, führte Ohio State zur Big Ten Championship und wurde im Heisman-Voting Dritter hinter Burrow und Jalen Hurts.
Wie Lawrence ist auch Fields ein sehr guter Pocket-Passer, der allerdings auch als Rusher für Gefahr sorgen kann. Die Big10 hat ihre Saison auf den Frühling verschoben, somit kann Fields seine Leistungen im Herbst nicht wiederholen oder gar noch verbessern, wodurch er womöglich sogar Lawrence an der Spitze des Drafts hätte gefährlich werden können. Bei der NFL Combine wäre er sicher für einige spektakuläre Zahlen gut, doch Fields kämpft derzeit mit aller Macht darum , dass eine Saison doch stattfinden kann.
Penei Sewell, Offensive Tackle, Oregon
Sewell gilt als als eines der größten Offensive-Line-Talente aller Zeiten und hätte in einem Draft ohne Star-Quarterback sehr gute Chancen auf eine Auswahl an erster Stelle. Im Vorjahr war Sewell laut zahlreichen Metriken der beste Offensive Tackle des Landes, vor Andrew Thomas, vor Jedrick Wills und vor Tristan Wirfs - und das mit gerade mal 19 Jahren.
Angesichts dieser Leistungen kann Sewell seinen Draft-Status in der kommenden College-Saison kaum noch verbessern - und wird das wohl auch nicht können. Aktuell deutet alles darauf hin, dass der Hüne der Ducks 2020 nicht mehr auf dem Feld stehen wird. In diesem Fall hätte Sewell beste Chancen im kommenden Draft als erster Nicht-Quarterback vom Board zu gehen.
Ja'Marr Chase, Wide Receiver, LSU
Mit gerade mal 19 Jahren explodierte Chase in der vergangenen College-Saison förmlich und legte 1780 (!) Receiving Yards und 20 (!) Touchdowns auf. Mit 221 Receiving Yards lieferte er sein vielleicht bestes Saisonspiel ausgerechnet im National Championship Game gegen Clemson ab.
Dank seiner überragenden Leistungen wurde Chase - trotz der beinahe historisch guten Draft-Klasse 2020 - zum besten Wide Receiver der Saison gewählt - vor CeeDee Lamb, Jerry Jeudy und Justin Jefferson.
Ohne Quarterback Joe Burrow und Offensive Coordinator Joe Brady stünde Chase 2020 allerdings eine Saison unter widrigeren Umständen bevor. Findet die Saison nicht statt, dürfte auch er einen Platz in den Top-Fünf des Drafts nahezu garantiert haben. LSU aber würde Stand heute in der SEC im Herbst spielen.
Gregory Rousseau, Edge Defender, Miami
Rousseau spielte im vergangenen Jahr als Redshirt Freshman seine erste College-Saison und ließ sein Potenzial mehr als nur aufblitzen. Der Hurricanes-Defender ist ein athletischer Freak, dessen Kombination aus Power und Speed gegnerische Offensive Linemen regelmäßig vor Probleme stellte und ihm in seiner Debütsaison gleich 16 Sacks einbrachte.
Noch spielte Rousseau in der vergangenen Saison allerdings etwas inkonstant, seine athletische Überlegenheit konnte er noch nicht in jedem Spiel in Dominanz auf dem Feld umwandeln. Mit einer herausragenden College-Saison 2020 hätte Rousseau die absolute Spitzengruppe der Prospects angreifen können, der Youngster erklärte allerdings bereits, in der kommenden Saison nicht spielen zu wollen.
Trey Lance, Quarterback, North Dakota State
Lance erhielt im Laufe seiner Debütsaison als College-Starter vor allem durch seine absurde Statistik von 28 Passing Touchdowns bei null Interceptions nationale Aufmerksamkeit. Der Quarterback ist jedoch auch ein herausragender Athlet, der 2019 für mehr als 1000 Yards und 14 Touchdowns lief.
Manch einer sieht in Lance tatsächlich ein Talent wie Lawrence und Fields, bislang musste der Youngster seine Fähigkeiten aber noch zu selten unter Beweis stellen.
Lance spielt für North Dakota State in der schwachen Missouri Valley Conference, im Vorjahr kam er auf weniger als 300 Passversuche (zum Vergleich: Joe Burrow verzeichnete über 500). Das Talent ist ohne Zweifel sichtbar, doch ist inzwischen klar, dass North Dakota State im Herbst keine Saison spielen wird. Die Conference verlegt ihre Saison auf den Frühling.
Das macht Lance zu einer großen Wundertüte für NFL-Scouts - und befeuert Gerüchte über einen möglichen Transfer, um anderswo doch noch spielen zu können. Und nicht nur das: Lance könnte dann in einer stärkeren Conference auch die Kritiker verstummen lassen, die anmerken, dass er es bei North Dakota State nicht mit den Top-Gegnern zu tun hatte.
Micah Parsons, Linebacker, Penn State
Parsons ist ein weiterer Spieler, der bereits ankündigte in der kommenden Saison nicht spielen zu wollen - ob die Saison nun stattfindet oder nicht. Seinem Draft-Status sollte das nicht zu sehr schaden: Der 21-Jährige hat alles, um Penn States nächster großer NFL-Linebacker zu werden.
Bereits in seiner Sophomore-Saison zählte Parsons ohne Frage zu den besten Linebackern des Landes, insbesondere in der Run-Defense überragte er regelmäßig. Im Cotton Bowl feierte Parsons schließlich den perfekten Saisonabschluss: Dank 14 Tackles, zwei Sacks und zwei Forced Fumbles wurde er zum MVP des Spiels gewählt.
Walker Little, Offensive Tackle, Stanford
Little kam als eines der größten High-School-Talente des Landes aufs College, bei Stanford startete er als erster Freshman seit fast 20 Jahren als Left Tackle. In der vergangenen Saison sollte Little eigentlich den Schritt zu einem der besten Offensive Linemen in der NCAA machen, verletzte sich allerdings gleich zu Beginn der Saison.
2020 wäre Littles große Chance, um seine Qualitäten vor dem Draft nochmal unter Beweis zu stellen. Fällt die Saison ins Wasser, würde der Senior nach fast zwei Jahren ohne Snap als eines der größten Fragezeichen in den Draft gehen. Eine Auswahl in der ersten Runde dürfte ihm alleine aufgrund seines Potenzials dennoch praktisch sicher sein.
Patrick Surtain II, Cornerback, Alabama
Mit deutlich weniger Fragezeichen dürfte Surtain II in die NFL kommen. Der Sohn des ehemaligen All-Pro-Cornerbacks Patrick Surtain Sr. übernahm in Alabama bereits als True Freshman als Starting Cornerback und hat zwei mehr als solide Saisons hinter sich.
Als vermeintlicher Schwachpunkt in einer herausragenden Defense wurde Surtain II früh von Offenses getestet, stand jedoch stets seinen Mann. Der Junior hat die perfekten Maße für einen Cornerback und könnte - egal, ob die Saison noch stattfindet oder nicht - in die Top 10 der Draft-Klasse rutschen.
Alex Leatherwood, Offensive Tackle, Alabama
Der zweite Spieler der Crimson Tide. Der Hüne startete bereits 2018 als Guard für Alabama, in der vergangenen Saison wurde er auf die linke Seite der Line geschoben und spielte als Tackle ein noch stärkeres Jahr. Als Senior wollte er den nächsten Schritt in seiner Entwicklung machen.
Leatherwood verfügt über die perfekte Größe sowie beeindruckende Power und Athletik, um auch in der NFL zu bestehen. Steigert er sich 2020 nochmal, dürfte er seinen Status als bester Left Tackle hinter Sewell weiter festigen. Fällt die Saison allerdings aus, wäre sein athletisches Potenzial wohl das primäre Argument hinter einem hohen Pick von Leatherwood.
Marvin Wilson, Defensive Tackle, Florida State
Sofern Christian Barmore 2020 keine Breakout-Saison bei Alabama feiert, ist Wilson wohl der klar beste Defensive Tackle der Draft-Klasse. Der Senior bringt die perfekten Maße für die Position mit und ist deutlich mehr als ein reiner Run-Stopper - auch auf dem NFL-Level.
Wilson mag nicht der explosivste Spieler unter allen Draft-Prospects sein, macht dies durch schiere Power und ausgereifte Technik allerdings mehr als wett. Angesichts seiner Dominanz im Vorjahr war Wilsons College-Rückkehr nach seinem Junior-Jahr riskant. Sofern er keinen klaren Schritt zurück macht, dürfte er seinen Platz in den Top-15 des Drafts allerdings zementiert haben.
Caleb Farley, Cornerback, Virginia Tech
Farleys Vorsaison war nichts anderes als beeindruckend. Nach einer Freshman-Saison, in der der Cornerback noch ordentlich Lehrgeld zahlen musste, dominierte Farley 2019 über weite Strecken und zählte zu den besten Cornerbacks des Landes.
Zusätzlich zu seinen starken Leistungen verfügt der Junior über Gardemaß auf der Cornerback-Position und Top-Speed, auch Farley könnte zu einer der Combine-Stars 2021 werden. Er kündigte bereits an, in der kommenden Saison nicht auflaufen zu wollen. Eine Selektion in der ersten Runde dürfte er durch seine starke Vorsaison nahezu garantiert haben.
Jaylen Waddle, Wide Receiver, Alabama
Das Wide-Receiver-Quartett der Crimson Tide suchte im Vorjahr seines Gleichen. Neben Jerry Jeudy, DeVonta Smith und Henry Ruggs ging Waddle von Spiel zu Spiel etwas unter, trotz seiner eher weniger beeindruckenden Zahlen ist der Junior jedoch auf zahlreichen Draft Boards höher gerankt als Teamkollege Smith.
Waddle gilt als der wohl dynamischste Spieler des Quartetts - noch vor Ruggs - und stellte dies bereits mehrfach als Returner unter Beweis. In der richtigen Offense könnte Waddle auch in der NFL sicher sofort eine Waffe sein. Eine College-Saison, in der er diese Qualitäten konstant unter Beweis stellen kann, wäre für seinen Draft-Status allerdings sicher hilfreich. Stand heute findet diese - Alabama spielt in der SEC - statt.
Carlos Basham Jr., Edge Defender, Wake Forest
Basham baute 2019 auf eine bereits gute Sophomore-Saison auf und beendete die Spielzeit mit elf Sacks. Gelingt dem Pass-Rusher in der kommenden College-Saison, sofern sie denn stattfindet, ein ähnlicher Sprung nach vorne, könnte er Rousseau dessen Status als bester Edge Defender der Draft-Klasse womöglich noch streitig machen.
Bashams Explosivität sucht unter allen Prospects des kommenden Drafts ihresgleichen, nun gilt es mehr Power aufzubauen und das eigene Moveset zu erweitern. Gelingt dem Senior dies, dürften seine Leistungen deutlich konstanter werden. Das Potential ist ohnehin ohne jede Frage enorm.
Rondale Moore, Wide Receiver, Purdue
A propos Potenzial: Moores Leistungen in seiner Freshman-Saison 2018 waren nicht weniger als rekordverdächtig. Im Alter von gerade 18 Jahren verzeichnete der Receiver 114 Catches, fast 1500 Scrimmage Yards und 14 Touchdowns. Moores Explosivität und Power nach dem Catch suchten landesweit ihresgleichen.
Im vergangenen Jahr startete der Youngster der Boilermakers ähnlich stark in die Saison, eine schwere Verletzung beendete seine Spielzeit allerdings nach nur vier Spielen. Moores Talent ist unbestritten, mehr als die knapp 1000 Snaps, die er bislang auf dem College spielte, werden wir allerdings nicht von ihm zu sehen bekommen. Der 20-Jährige verkündete bereits, auf die kommende Saison verzichten zu wollen, um sich voll auf den NFL Draft konzentrieren zu können.