Nichts wird es mit dem Traum-Halbfinale zwischen Bayern München und Manchester City um Ex-Trainer Pep Guardiola. Die Citizens verloren gegen Olympique Lyon mit 1:3. Damit endet die Saison für den vom FC Liverpool entthronten Ex-Meister der Premier League komplett titellos.
Auch, weil sich Pep Guardiola in einem K.o.-Spiel mal wieder vercoacht hat. Guardiolas Experiment, das bewährte 3-5-2 Lyons quasi zu spiegeln, misslang komplett. Die Citizens schienen im ungewohnten System jeglicher Kreativität beraubt. Kevin De Bruyne verlor zudem zu Beginn zu viele Bälle. Nach der Systemumstellung zum 4-3-2-1 gelang City der Treffer zum 1:1. Doch statt den Sack in dieser ersten richtig dominanten Phase zuzumachen, versetzte der eingewechselte Moussa Dembele City eiskalt den Todesstoß.
Lyon schaltete somit nach Juventus auch Manchester City aus, ist die noch größere Überraschung als RB Leipzig im Champions-League-Turnier. Im Halbfinale des erstmals ausgetragenen und womöglich einmaligen Finalturniers der Champions League stehen somit zwei deutsche und zwei französische Mannschaften. Und für Pep Guardiola dürften einige unangenehme Wochen anbrechen.
"Eines Tages werden wir diesen Sprung ins Halbfinale schaffen. Irgendwann musst du ins Halbfinale kommen. Die Mannschaft hat es sich in den letzten Jahren verdient. Vielleicht wird es uns eines Tages gelingen, diese Lücke zu schließen", sagte der konsternierte Guardiola nach dem Spiel. Zum dritten Mal scheiterte Guardiola mit den Skyblues in einem CL-Viertelfinale. Kevin De Bruyne brachte die Königsklassen-Tragik der Citizens am Ende auf den Punkt: "Anderes Jahr, gleiche Scheiße."
Manchester City - Olympique Lyon: Die Analyse
Pep Guardiola hatte nur einen Spieler ausgewechselt im Vergleich zum Sieg gegen Real, und doch damit wieder einmal alle überrascht: Statt Phil Foden (20) spielte Eric Garcia (19). Youngster für Youngster? Schon auch, vor allem aber: Innenverteidiger für Offensivmann. Pep setzte gegen Lyons 3-5-2 also auf eine 3-1-4-2-Grundordnung mit Garcia, Aymerick Laporte und Fernandinho in der Dreierkette. Dabei hatte Guardiola in dieser Saison nur sehr vereinzelt mit Dreierkette agiert.
In der Offensive sollten Kevin de Bruyne (29), Gabriel Jesus (23) und Raheem Sterling (25) wirbeln. Sollten, weil zunächst niemand wirbelte. Vor allem nicht Spieler in himmelblauen Trikots.
City setzte den Franzosen zwar wie erwartet sehr früh zu und störte so den Spielaufbau Lyons, doch kam selbst ebenso wenig ins Spiel. Weil Lyon eben wie verrückt presste und Pep Guardiolas Mannschaft die gesamte Breite des Feldes aufzwängte. Die Partie spielte sich so in einem breiten Korridor rund um die Mittellinie ab - bis Lyon in Führung ging.
Eric Garcia konnte nach Marcals langem Ball in höchster Not gegen Toko Ekambi klären. Doch sein Stopper landete vor den Füßen von Maxwel Cornet, der den heraus gelaufenen Ederson überwand. Kyle Walker hatte das Abseits aufgehoben. 1:0 Lyon, die Sensation lag in der Luft (25.).
Es war das dritte Mal in dieser Champions-League-Saison, das City hinten lag. Bis dahin hatten sie danach alle drei Spiele noch gewonnen. Diesmal nicht.
Pep stellt um - zu spät
Lyon agierte hochkonzentriert in der Defensive, setzte ebenso gezielte, wie wirkungsvolle Nadelstiche in der Offensive. Ging den Citizens so extrem auf die Nerven, dazu der hübsche Führungstreffer. Kein Torschuss der Citizens nach 30 Minuten.
Eben als man sich fragte, woher Guardiolas notorische Angewohnheit, in K.o.-Spielen seinen Matchplan unnötig zu verkomplizieren, stammen könnte, setzte sich City in den letzten Minuten der ersten Halbzeit langsam in Lyons letztem Drittel fest. Anthony Lopes und Cornet verhinderten kurz vor der Pause nach De Bruynes tollem Pass, dass Sterling den Ausgleich machen konnte.
Rudi Garcia wechselt den Sieg ein - Sterling bringt Sterling zum Weinen
In der 56. Minute stellte Guardiola um, nahm den Gelb-Rot gefährdeten Fernandinho runter, brachte Rechtsaußen Ryad Mahrez und stellte auf eine 4-2-3-1-Grundordnung um. Seine Spieler schienen sich sofort wohler zu fühlen im bewährten System und schnürten Lyon mehr und mehr ein. Richtige Torgefahr entwickelten sie erst mit De Bruynes Ausgleichtreffer in der 69. Minute. Zuvor hatte sich Sterling auf dem linken Flügel mit einer eleganten Körpertäuschung entscheidend Platz geschaffen für die Ablage auf den Regisseur.
City war nun am Drücker, doch dann kam Rudi Garcias Geniestreich: Er wechselte Moussa Dembele ein, dem seine ersten zwei Champions-League-Treffer in dieser Saison gelangen: Laportes Fehlpass führte zu Aouars langem Ball auf den gerade eingewechselten Moussa Dembele, der zum 2:1 einschob. Es wurde dramatisch: City wankte, Raheem Sterling vergab - perfekt im Strafraum angespielt - leichtfertig. Hinterher musste er von Lyons Keeper Lopes getröstet werden. Sein Fehlversuch hatte ihn zum Weinen gebracht. City wankte noch mal, Dembele versetzte Guardiolas Jungs mit seinem Treffer zum 3:1 den völlig verdienten K.o. Nicht nur Guardiola war bedient.
Manchester City - Olympique Lyon: Die Aufstellungen
Manchester City: Ederson - Laporte, Fernandinho (ab 56. Mahrez), E. Garcia - Walker, Rodri, Gündogan, Joao Cancelo - De Bruyne - Gabriel Jesus, Sterling.
Olympique Lyon: Lopes - Denayer, Marcelo, Marcal - Dubois (ab 75. Tete), Bruno Guimares (ab 70. Mendes), Cornet - Aouar, Caqueret - Depay (75. Dembele), Toko Ekambi (ab 87. Adelaide).
Manchester City - Olympique Lyon: Die Daten des Spiels
Tore: 0:1 Cornet (24.), 1:1 De Bruyne (69.), 2:1 Dembele (79.), 3:1 Dembele (87.)
- Fernandinho ist mit nun 58 Champions-League-Spielen im Dress von Manchester City neuer Rekordspieler des Klubs in der Königsklasse. Er lässt den verletzten Stürmerstar Sergio Agüero hinter sich.
- Seit Pep Guardiola Trainer von Man City ist, trafen zwei Spieler viermal in der Champions League gegen ihn: Lyons Maxwel Cornet und Barcelonas Lionel Messi.
- Kevin de Bruyne kommt auf 11 Scorerpunkte in seinen 13 Einsätzen seit dem Restart (7 Tore, 4 Assists). Besser ist bei City in diesem Zeitraum nur Assistgeber Raheem Sterling (11 Tore, 1 Assist).
- Manchester City traf auf kein Team in der CL so oft, ohne ein einziges Mal zu gewinnen (1 Remis, 2 Niederlage).
- Pep Guardiola erreicht auch in seinem vierten Jahr als Trainer von Manchester City nicht das Champions-League-Halbfinale - im dritten Jahr in Serie kommt im Viertelfinale das Aus (zuvor einmal im Achtelfinale).
- Erstmals stehen zwei französische Klubs im Halbfinale der Champions League bzw. dem Landesmeistercup.
Manchester City - Olympique Lyon: Die Stimmen zum Spiel:
K evin De Bruyne (Manchester City) bei BT Sport: "Anderes Jahr, gleiche Scheiße. Die erste Halbzeit war nicht gut genug, in der zweiten haben wir ok gespielt, sind zum 1:1 gekommen und hatten Chancen. Wir haben sie unter Druck gesetzt, waren offensiver. Nach dem 1:2 hätte Raheem Sterling das 2:2 machen können. Dann gelang ihnen das 3:1 und für uns war Game Over. Lyon hatte nicht wirklich ein Interesse daran, das Spiel zu machen, aber wir müssen daraus lernen. Ich muss jetzt dringend nach Hause, meine Frau erwartet ein Baby. Ich brauche jetzt etwas, auf das ich mich konzentrieren kann."
Pep Guardiola (Trainer Manchester City) bei BT Sport: "Eines Tages werden wir diesen Sprung ins Halbfinale schaffen. Irgendwann musst du ins Halbfinale kommen. Die Mannschaft hat es sich in den letzten Jahren verdient. Vielleicht wird es uns eines Tages gelingen, diese Lücke zu schließen.
In den ersten 20, 25 Minuten hatten wir Schwierigkeiten, Raum für unserer Angriffe zu finden. Die zweite Halbzeit war ok, wir waren da. Ich hatte das Gefühl, dass wir besser waren. Aber du musst perfekt sein in diesem Wettbewerb.
Wir haben viel richtig gemacht, aber es hat nicht genüht. Wir haben in den entscheidenden Situationen Fehler gemacht in den Strafräumen.
Zu Sterlings vergebener Chance: "In diesem Moment muss dir der Ausgleich gelingen, damit es in die Verlängerung geht. Aber dann haben wir das dritte gefangen und es war vorbei.
Wir sind traurig. Jetzt geht es in den Urlaub, dann müssen wir die Spieler wieder aufrichten."
Olympique-Trainer Rudi Garcia: "Haben taktische Schlacht gewonnen, weil wir unser Spielsystem meisterhaft beherrschen"
Rudi Garcia (Trainer Olympique Lyon), bei RMC Sport : "Ich bin stolz auf meine Spieler. Wir haben immer an uns geglaubt. Wir wussten, dass wir hier keine Favoriten waren, aber haben als Einheit gespielt. Über allem steht bei uns der Teamgeist. Jeder hat für den anderen gearbeitet, die eingewechselten Spieler haben uns sehr geholfen.
Moussa (Dembele, die Red.) war nicht glücklich, dass er nicht von Anfang an spielen durfte, aber ich habe ihm vor Spielbeginn gesagt, dass er sehr, sehr wichtig werden würde, wenn er reinkommt. Wie im Achtelfinale haben die Eingewechselten das Spiel entschieden.
Uns war klar, dass wir 1:0 in Führung gehen würden, weil wir Maxwel hatten. Wir haben die taktische Schlacht gewonnen, weil unser Spielsystem meisterhaft beherrscht haben. Es liegen noch Spiele und Hürden vor uns und wir werden alles tun, um die Hürden zu überwinden."
Maxwel Cornet (Lyon) zu RMC Sport : "Du spielst nicht jeden Tag in einem Champions-League-Viertelfinale. Heute ging es gegen City und das Glück hat mich gegen sie erneut angelächelt. Man sollte sich an die viele Arbeit erinnern, die wir als Team heute in dieses Spiel gesteckt haben."
Moussa Dembélé (Olympique Lyon), zu RMC Sport : "Es ist nicht immer einfach, wenn du auf der Bank sitzt. Aber wenn du dann reinkommst, möchtest du etwas mit zur Party nehmen und das habe ich heute getan. Der Teamgeist hat sich verändert, wir sind ein Top-Team."
Der Star des Spiels: Rudi Garcia
Lyons Trainer stand in Frankreich schon in der Kritik, weil OL in der coronabedingten Abbruchsaison nur auf Platz sieben eintrudelte. Doch in der Champions League sorgt er richtig für Furore. Nach dem Weiterkommen gegen Juve coachte er jetzt auch Pep Guardiola aus. Dadurch, dass er seiner Linie treu blieb, seine Mannschaft diszipliniert agierte, defensiv kaum etwas zuließ und immer wieder Nadelstiche nach vorne setzte. Mit Moussa Dembele wechselte er zudem den Sieg ein.
Der Flop des Spiels: Gabriel Jesus
Citys Mittelstürmer hatte kaum Ballaktionen und noch weniger Torraumszenen. Nur 15 Ballaktionen in der ersten Halbzeit sprechen Bände. Nach dem Seitenwechsel wurde es nur wenig besser. Im gesamten Spiel brachte er nur 16 Pässe an den Mann. Und: die wenigen Torraumszenen, die er hatte, vergab der Stürmer, den der Trainer vor allem wegen seiner Pressingleistung immer wieder lobt, kläglich.
Der Schiedsrichter: Danny Makkelie (Niederlande)
Makkelie zeigte Leo Dubois ebenso früh wie konsequent die Gelbe Karte. Blieb auch in der Folge bei seiner Linie, etwa bei der Gelben Karte für Fernandinho (29.), ohne jedoch kleinlich zu werden. Hätte Fernandinho in der 54. Minute mit einer etwas kleinlicheren Linie beim Foul an Cornet auch Gelb-Rot geben können, dass er darauf verzichtete, passte aber in seine Spielführung. Nach dem 2:1 beriet er sich lange mit dem VAR, ließ sich auf keine Diskussionen mit den Citizens ein, die vor dem Treffer ein Foul gesehen haben wollten.