Ausgerechnet das große Derby war es, das die Zeit von Berat Djimsiti beim FC Zürich, dem Klub aus seiner Heimatstadt, zu dem er schon mit 14 gekommen war, jäh beendete.
Mit einem vollkommen missratenen Rückpass lud er Grasshoppers-Stürmer Munas Dabbur, inzwischen bei der TSG Hoffenheim angestellt, nach 15 Minuten zum Tor ein. Die Führung für GC an jenem grauen November-Tag im Jahr 2015, am Ende stand für Djimsitis FCZ eine bittere 0:5-Niederlage.
Mittlerweile kann der Innenverteidiger den Albtraum von damals wahrscheinlich mit Humor nehmen, schließlich steht er heute auf der Sonnenseite. Djimsiti ist Stammspieler bei Atalanta Bergamo, dem Dritten der abgelaufenen Serie-A-Saison. Und kämpft mit dem italienischen Überraschungsteam am Mittwoch (ab 21 Uhr im LIVETICKER und EXKLUSIV auf DAZN ) gegen PSG um den Einzug ins Halbfinale der Champions League.
Vor knapp fünf Jahren, nach seinem Fauxpas im Zürich-Derby, stand er mit 22 plötzlich ohne Verein da. Das 0:5 gegen die Grasshoppers sollte sein letztes Spiel für den FCZ sein. Zürichs damaliger Trainer, Liverpool-Legende Sami Hyypiä, strich den Albaner danach aus dem Kader, er wurde von den Fans angefeindet und wenig später wurde sein Vertrag aufgelöst.
Berat Djimsiti: Beim FC Zürich nicht mehr gewollt
"Klar war ich damals enttäuscht, dass man mich nicht mehr wollte", sagt Djimsiti heute dem Blick . "Aber der Trainer hatte das Gefühl, ich würde nicht mehr alles für den Verein geben." Von Klubseite hieß es damals offiziell, man wolle Djimsiti die Chance geben, ob der anstehenden EM 2016, für die sich Albanien qualifiziert hatte, Spielpraxis zu sammeln.
Diese Chance erhielt er nur einen Tag nach seiner Vertragsauflösung in Zürich bei Atalanta. Damals zwar noch ein Mittelfeld-Team, so etwas wie die graue Maus Italiens. Den Sprung in die Serie A trauten die meisten Experten ihm aber dennoch nicht zu. Und zunächst sollten sie auch bestätigt werden.
Djimsiti kam in der Rückrunde der Saison 2015/16, die Atalanta auf Platz 13 beendete, nur zu drei Einsätzen, in Albaniens EM-Kader schaffte er es nicht. Im September 2015 hatte der gebürtige Zürcher, der in den U-Auswahlen zuvor das Trikot der Schweiz getragen hatte, für das Land seiner Wurzeln debütiert. In der entscheidenden EM-Quali-Phase war er dann noch Stammkraft gewesen, verschwand seit seinem Aus in Zürich aber immer mehr aus dem Fokus des Nationaltrainers.
Da bei Atalanta die Aussicht auf regelmäßige Einsätze vor der Saison 2016/17 kaum besser war, ließ er sich für ein Jahr in die Serie B verleihen, war bei US Avellino im Deckungszentrum gesetzt. Im Jahr darauf folgte eine Leihe zu Aufsteiger Benevento, wo er immerhin 30 Einsätze verbuchte und viel Erfahrung in der Serie A sammelte.
Berat Djimsiti war 2018 schon fast weg aus Bergamo
Und dennoch schien es so, als sollte Djimsiti in Bergamo lediglich als ständiger Leihspieler in Erinnerung bleiben. Denn im Sommer 2018, zurück vom Jahr in Benevento, stand er bei Atalanta eigentlich vor dem Aus. "Man hat mir mitgeteilt, dass ich den Klub verlassen dürfe", sagt der heute 27-Jährige. Er hielt sich daher alleine in Zürich fit, sein Berater suchte einen neuen Verein, vorzugsweise in Italien. "Aber auch Russland war eine Option", sagt Djimsiti.
Nur, weil sich in der Vorbereitung ein anderer Verteidiger verletzte, war im Kader Atalantas dann doch noch Platz für Djimsiti. Er durfte bleiben, spielte in der ersten Hälfte der Saison 2018/19 unter Erfolgscoach Gian Piero Gasperini aber nur sporadisch - bis es Ende 2018 dann plötzlich steil bergauf ging. "Dann hat es klick gemacht. Ich habe verstanden, wie wichtig es ist, dass ich meinem Coach aufzeige, dass auch ich hier bin", erklärte Djimsiti dem Corriere della Sera .
In der Rückrunde macht er 16 von 19 möglichen Serie-A-Spielen, wird mit Atalanta sensationell Dritter und hat seinen festen Platz in der Dreierkette. Auch in der abgelaufenen Liga-Spielzeit war er gesetzt, absolvierte 34 Partien, zudem bislang deren fünf in der Champions League. Der 28-malige albanische Nationalspieler ist ein wichtiger Teil von Bergamos Märchen, das für Djimsiti und Co. aber gar kein Märchen ist.
"Ich habe noch nie so hart trainiert wie hier. Es gibt Trainings, da renne ich mehr als acht Kilometer", betont er, dass einfach nur extrem viel harte Arbeit hinter Atalantas Erfolg steckt. Erfolg, den er ob seiner Geschichte umso mehr zu schätzen weiß.
Champions League: Das Viertelfinale im Überblick
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