Sportveranstaltungen inmitten einer Pandemie abzuhalten ist eine enorme Herausforderung, für die es wahrlich keine Patentlösung gibt. Das sieht man allein schon an den verschiedenen Ansätzen im US-Sport. Während die NBA mit 22 von 30 Teams, die sich noch Hoffnungen auf Playoffs machen durften, in Walt Disney World in Orlando/Florida einkaserniert hat und damit gut fährt, setzt die NHL auf zwei Hub-Citys Toronto und Edmonton, in denen die Playoffs samt Vorqualifikation ausgetragen werden. Das Konzept nennt sich "Bubble", um die Teams und Spieltorte wurde also gewissermaßen eine Blase gebildet, um die Protagonisten von der Außenwelt abzuschotten.

Bislang mit Erfolg, die Spieler der NBA und NHL sind seit Beginn gesund geblieben - selbst diejenigen, die sich erlaubt oder unerlaubt aus der Bubble bewegten, wurden nicht positiv auf das Coronavirus getestet. Bleibt das so, steht einer Vollendung der laufenden Saison nichts im Weg.

In der MLB hingegen wählte man ähnlich der NFL, deren Saison erst im September beginnen soll, einen anderen Weg. Keine Bubble, vielmehr ein ausgefeiltes Hygienekonzept, das dem im europäischen Fußball ähnelt, aber vielleicht hier und da nicht ganz so stringent ist.

Es sieht vor, dass sich Spieler und Betreuer weitestgehend aus der Öffentlichkeit fernhalten, stets bei der Arbeit - abseits des Spielfelds - Maske tragen und gerade in den Innenräumen Abstand halten.

MLB: Das Corona-Konzept funktioniert unter Umständen

Wie tragfähig das Konzept letztlich ist, lässt sich nach gut drei Wochen Spielbetrieb noch nicht abschließend sagen. Aber die Corona-Ausbrüche bei den Miami Marlins und St. Louis Cardinals unterstreichen zumindest schon einmal, dass dieses Konzept auf wackligen Beinen steht, sofern sich nicht wirklich alle strikt an die Vorgaben halten, professionell und diszipliniert sind.

Bei den Marlins waren es Ausflüge in Restaurants und Nachtclubs, bei den Cardinals Casino-Besuche, die das Virus in den Mannschafts- und Betreuerkreis gebracht haben. Kurzum: Fahrlässiges Verhalten sorgte für den Ausbruch.

Nun kann man argumentieren, dass das Konzept an sich funktionierte und die Ausnahmen in Miami und St. Louis nur unterstreichen, wie wichtig die Einhaltung der Regeln ist. Aber das verringert nicht das Risiko, sich auf der Reise zwischen zwei Städten anzustecken. In Flugzeugen, in Bussen und in den Hotels bei Auswärtstrips ist es zumindest nicht zu einhundert Prozent gewährleistet, dass wirklich alle Hygienemaßnahmen greifen. Sprich: Selbst wenn sich von nun an alle an die Regeln halten - und die Liga verschärfte sie nochmal und schrieb für jedes Team essenziell einen Aufpasser vor -, besteht ein nicht ganz kleines Restrisiko.

Die Reaktionen auf die Fälle der Cardinals und Marlins waren letztlich, dass aus Vorsicht mehrere Serien abgesagt wurden. Die Cardinals etwa haben fast drei Wochen nach Saisonstart erst fünf Spiele absolviert. Damit ist im Grunde ausgeschlossen, dass sie die ursprünglich angesetzten 60 Saisonspiele absolvieren werden.

Freilich wird man dies nun so hinnehmen und so gut es geht versuchen, die Saison unter den gegebenen Umständen über die Bühne zu bringen. Eine Bubble wird es bis Ende September nicht geben. Anschließend jedoch ist sie aber wieder eine Option, wie Jeff Passan von ESPN zu Beginn der Woche berichtete.

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MLB: Darum gibt es belang keine Bubble

Warum erst jetzt? Nun, die vor Saison-Restart angedachten Lösungen waren zuvorderst den Spielern zu radikal. Sie wollten nicht für mehrere Monate am Stück von der Öffentlichkeit und ihren Familien abgeschnitten in Bubble-Städten wohnen oder zuhause oder im Hotel duschen nach den Spielen und sprachen sich daher von vornherein eher gegen die Maßnahme aus. Superstar Mike Trout von den Los Angeles Angels etwa sagte deutlich, dass er sich nicht in eine Bubble in Arizona begeben werde, wenn er im August Nachwuchs bekomme. Der Nachwuchs kam, die Bubble nicht.

Fairerweise muss man jedoch konstatieren, dass die angedachten Szenarien ohnehin nur schwer durchführbar gewesen wären. Ein Modell besagte, drei Hub-Regionen nach NHL-Modell zu wählen. In der Verlosung waren Florida, Texas und Arizona, weil dort jeweils der nötige Platz wäre sowie mehrere Ballparks in relativ geringer Distanz zueinander - in Florida und Arizona wird aus diesem Grund das Spring Training alljährlich abgehalten. Allerdings wäre dieser Ansatz spätestens Anfang Juli der Tatsache zum Opfer gefallen, dass sich in eben diesen drei Bundesstaaten bis dahin gigantische Corona-Hotspots entwickelt hatten.

Eine weitere Idee war es, generell alles in Arizona abzuhalten. Dort schließlich sind die Wege zwischen den Ballparks der Cactus League noch viel kürzer als in Florida.

Jedoch hätte dies zur Folge gehabt, den Großteil der Spiele in den Spring-Training-Ballparks auszurichten - im Hochsommer von Arizona. Mit Spielern, die keine vernünftige Vorbereitung gehabt hätten. Lediglich Chase Field, die Heimat der Arizona Diamondbacks in Phoenix, verfügt dort über ein Dach und eine Klimaanlage. Wirklich realistisch wäre ein genereller Spielbetrieb dort in brütender Hitze also auch nicht gewesen.

Folglich blieb es bei der Variante "Vorsicht und ganz viel Hoffnung".

Für die Playoffs jedoch könnte es nun doch zu einer Bubble-Lösung kommen, womöglich sogar in drei Hub-Regionen zu Beginn, um die insgesamt 16 Teams, die dieses Jahr schon in der Wildcard-Runde - je vier Serien pro Liga - antreten werden, sicher unterzubringen.

MLB: Playoff-Bubble würde Reisen verringern

Der Hauptvorteil wäre es, Reisen zu verringern und natürlich die Spieler effektiver von der Außenwelt abzuschotten. Während ein Spielabbruch oder eine komplette Serienverschiebung in der Regular Season akzeptabel ist, wäre dies ein Desaster in den Playoffs. Ebenso würde dies das Risiko verringern, einen Leistungsträger durch Corona kurzfristig zu verlieren, was den Wettbewerb massiv verzerren könnte.

In der Verlosung scheinen basierend auf dem Bericht New York, Chicago und Südkalifornien zu sein, wobei New York und Chicago wetterbedingtes Risiko mit sich brächten. Ende September und im Oktober regnet es in den Gegenden gern mal, zudem wird es mitunter ziemlich kalt. Bliebe Südkalifornien, das mit Dodger Stadium in L.A., Angel Stadium in Anaheim und Petco Park in San Diego, das rund zwei Autostunden von L.A. entfernt ist, gleich drei Major-League-Spielstätten bietet.

Wie es konkret laufen könnte, nannte Passan anhand eines Beispiels für L.A., das so durchaus Sinn ergibt und wie folgt aussieht:

  • In der Wildcard-Runde könnten drei National-League-Serien (Best-of-3) im Dodger Stadium stattfinden, während drei AL-Serien im Angel Stadium unterkämen. Und die zwei übrigen Wildcard-Serien beider Ligen würden dann im Petco Park steigen.
  • In der League Division Series (Best-of-5) wiederum würden dann die zwei NL-Serien im Dodger Stadium und die zwei AL-Serien im Angel Stadium stattfinden. Dabei könnten theoretisch jeweils zwei Spiele pro Tag pro Ballpark stattfinden.
  • Die League Championship Series (Best-of-7) wiederum könnten entweder analog im jeweiligen Stadion der NL und AL stattfinden oder beide sogar in einer Spielstätte, um Reisen noch weiter zu verringern. Die World Series wiederum fände dann in einem der Stadien statt.

Freilich hätte ein solches Szenario aber auch seine Risiken. Ist es etwa möglich, die Kabinen und Innenräume vor und nach jedem Spiel gründlich zu reinigen und zu desinfizieren? Hätten Teams vor dem Spiel Zeit, sich aufzuwärmen und entsprechend vorzubereiten? Und wo fände das generelle Training statt, wenn zwei bis drei Spiele an einem Tag an einem Ort stattfänden?

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MLB: Playoff-Bubble mit mehr als drei Stadien denkbar

Es bräuchte eventuell mehr als nur drei Stadien, um ein solches Szenario zu realisieren. In Kalifornien wären noch Oracle Park in San Francisco und das alte Oakland Alameda County Coliseum denkbar, obgleich das schon wieder eine längere Distanz zu L.A. bedeuten würde. In den anderen möglichen Hub-Regionen gäbe es auch nahegelegene Städte mit Major-League-Ballparks, aber den gleichen Wetterrisiken.

Unterm Strich scheint eine Bubble speziell in den USA, wo die Coronavirus-Pandemie alles andere als im Griff ist und sie das auch in absehbarer Zeit nicht sein wird, unabdingbar, um professionellen Sport in großem Stil mit relativer Sicherheit durchzuführen. ESPN zitiert einen Funktionär der MLB vielsagend: "Wenn wir sicherstellen wollen, dass wir durch den Oktober kommen, dann müssen wir jetzt wirklich die richtigen Schritte einleiten."

Insofern wäre eine Bubble mit einer begrenzten Anzahl von Teams in den Playoffs nicht nur denkbar, sondern empfehlenswert. Nur so ist es vielleicht möglich, den Sport am Ende doch für ein paar Wochen in den Vordergrund zu stellen, ohne den nächsten positiven Coronatest zu fürchten, der alles wieder auf den Kopf stellt.