Es ist bloß gut eine Woche her, da wurden die Dallas Mavericks noch als potenzieller Geheimfavorit im Westen gehandelt oder zumindest als Team, das ein höher gesetztes Team aus den Playoffs werfen könnte - wenn es denn nur nicht die Clippers sein müssten. Nun. Die Mavs verloren ihre ersten beiden Restart-Spiele auf Mavs-eigene Weise und sitzen damit quasi sicher auf Platz 7 fest.

Das bedeutet: Das Spiel in der kommenden Nacht gegen ebendiese Clippers könnte eine Vorschau auf die erste Playoff-Runde sein - und obwohl das Team aus L.A. bisher in Disney World nicht den besten Eindruck hinterließ, ist das keine rosige Aussicht für Dallas. Und ihr Hauptproblem ist dabei nicht einmal hinreichend beschrieben, wenn man darauf hinweist, dass das Matchup mit L.A. aufgrund deren Star-Besetzung auf dem Flügel nicht ideal ist.

Mavs vs. Clippers: Das Topspiel heute Nacht um 0.30 Uhr auf DAZN!

Das vielleicht noch größere Problem ist das, was die Mavs schon das ganze Jahr über begleitet: Die Spiele dauern vier statt drei Viertel. Es reicht nicht, phasenweise brillanten Basketball zu spielen und sich gegen jedes erdenkliche Team hohe Führungen herauszuspielen, wenn man diese gegen jedes erdenkliche Team auch wieder verspielt. In Kürze: Die Mavs können nicht closen.

Dallas Mavericks: Die beste Offense wird eine der schlechtesten

Die statistische Diskrepanz ist mittlerweile wohldokumentiert, trotzdem bleibt sie erwähnenswert: Die Mavs sind mit einem Offensiv-Rating von 115,7 das beste Team dieser Saison, sogar eines der besten der NBA-Geschichte. In Disney World liegen sie bisher bei 114,5, sind also fast auf Kurs. In Clutch-Situationen hingegen erzielen sie nur 95,6 Punkte pro 100 Ballbesitzen, nur die Pelicans und Pistons sind noch schlechter.

Die Definition von "Clutch" laut nba.com : Spiele, bei denen innerhalb der letzten fünf Minuten eine Punktedifferenz von 5 oder weniger besteht. 38 solcher Spiele haben die Mavs erlebt, nur 15 davon verließen sie siegreich, den Overtime-Sieg gegen Sacramento am Dienstagabend mit eingerechnet. Die beiden vorigen Bubble-Spiele waren Clutch-Niederlagen gegen Houston und Phoenix.

Und das liegt fast exklusiv an der Offensive - die Defense der Mavs ist in diesen Situationen sogar etwas besser als während der Gesamtspielzeit. Doch warum stottert der Motor eines so guten Offensiv-Teams so extrem, wenn es richtig ernst wird? Eine Suche nach Ursachen anhand von vier Thesen.

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Woher rühren die Probleme der Mavericks?

These 1: Rick Carlisle sagt die falschen Plays an

@Lars_Mah : Rick Carlisle ist einer der besten Trainer seiner Generation. Warum haben die Mavs solche Probleme in engen Spielen?

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@dorn_ad:Sollten die Mavs sich nicht mal nach nem Neuen Trainer umsehen, denke ein Trainer mit mehr Devensiv Variablen Taktiken aller Nick Nurse könnte die Mavs Next Saison einen Schritt weiter nach vorne bringen.

In den vergangenen Tagen wurde bei Mavs-Fans die eine oder andere Stimme laut, die das Problem bei Carlisle ausmachte, der sich gemäß seines Naturells schon oft in dieser Saison nach so bitter verlorenen Spielen vor das Team stellte und alle Verantwortung auf sich nahm. Das ehrte ihn, entspricht so aber nicht wirklich der Wahrheit.

Carlisle ist ein herausragender Coach, dessen System und Kreativität die historisch guten Offensiv-Zahlen erst möglich gemacht hat. Im Prinzip schon seit der Meistersaison 2011 bastelt er Jahr für Jahr aus teilweise nicht gerade großartigen Spielerkombinationen effiziente Teams zusammen, die fast immer über ihrem Niveau agieren. Das kann man auch über die diesjährigen Mavs sagen.

Zu einem für ihn ungewohnten Anteil hat Carlisle seinem besten Spieler die Zügel in die Hand gegeben. Doncic ist jetzt schon einer der besten Pick'n'Roll-Spieler der Liga, nur Trae Young und Damian Lillard laufen dieses Play ligaweit häufiger. Abgesehen von James Harden gibt es aktuell wohl keinen balldominanteren Spieler.

Das ist der richtige Ansatz - die Resultate sprechen insgesamt für sich -, es bringt aber auch gewisse Gefahren mit sich. Zum einen macht man sich stark von einem 21-Jährigen abhängig (siehe These 2), zum anderen wirkt es bisweilen, als hätten sich die anderen Mavs schon an eine gewisse "Luka Magic" gewöhnt und würden sich am Ende von Spielen selbst als Zuschauer betrachten.

Schon die ganze Saison über zeigen sich Plays, in denen Doncic die Uhr melkt und dann prinzipiell Eins-gegen-Fünf geht, sich ansonsten aber auch nicht viele Optionen bieten. Es existiert weniger Bewegung, also muss der Slowene quasi aus dem Nichts irgendetwas kreieren. Das kann er zwar, aber es wird zum Ende des Spiels hin natürlich schwieriger, wenn sich der defensive Druck intensiviert und das Tempo verlangsamt.

Carlisle lässt sein Team dabei überwiegend machen und greift relativ wenig ein - was ihm sicher nicht leicht fällt. Der Coach geriet in der Vergangenheit öffentlichkeitswirksam mit Rajon Rondo, aber vorher auch Jason Kidd aneinander, weil er ihnen Entscheidungen abnehmen wollte. Bei Doncic sieht er davon ab und schenkt ihm mehr Vertrauen als fast jedem anderen Spieler vor ihm.

Das ist in Ordnung: Wenn man einen Spieler wie Doncic hat, lässt man ihn kochen und lebt gewissermaßen mit den Resultaten. Dass gelegentlich mal ein Wechsel ausbleibt wie gegen Houston, als der eiskalte Seth Curry anstelle des brandheißen Trey Burke am Ende auf dem Court stand, kann man Carlisle zwar ankreiden, es erklärt aber nicht die Häufigkeit dieser Probleme.

Man kann sich jedoch sicher sein, dass die Hero-Ball-Auswüchse nicht Carlisles Traumvorstellung sind. So oder so gibt es zurecht kaum einen Coach in der Liga, der ein höheres Ansehen genießt. Dass Carlisle mit dem richtigen Personal sowohl Defense als auch "clutch" coachen kann, hat er oft genug bewiesen.

These 2: Luka Doncic trifft die falschen Entscheidungen

Kommen wir also zum nächsten potenziellen "Übeltäter". Doncic hat in dieser Saison 77 Würfe "in the clutch" genommen und 26 davon getroffen (33,8 Prozent), dazu 14 Turnover produziert und 25 Assists verteilt. Von der Dreierlinie traf er dabei schmale 6 von 38 (15,8 Prozent), was nur bedingt verwundert, wenn man sich einige dieser Würfe ansieht.

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Der Schwierigkeitsgrad solcher Würfe ist enorm hoch und auch wenn Doncic sie treffen kann, sind sie gerade am Ende von Spielen zu oft sein Mittel der Wahl. Mehr als die Hälfte seiner versuchten Würfe in Clutch-Situationen sind Dreier, dabei ist es oft eigentlich der Drive, auf den er sich verlassen sollte. Gegen Phoenix und auch Sacramento war dies schon etwas häufiger zu sehen: Doncic ist eigentlich nur per Foul zu stoppen, wenn er es sich in den Kopf setzt, zum Korb zu kommen.

Er lässt sich von ausbleibenden Pfiffen im Spielverlauf leicht frustrieren, womöglich spielt manchmal auch die Kondition eine Rolle - in jedem Fall ist es teilweise zu eindimensional und vorhersehbar, was Doncic und damit die Mavs am Ende von Spielen zeigen. Dabei geht es durchaus, wie dieses Play zeigt.

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Vier Verteidiger konzentrieren sich auf Doncic, der trotzdem einen Weg findet, um selbst zu scoren. In Korbnähe ist Doncic das ganze Spiel über tödlich. Drei weitere Mavs hätten zudem potenziell einen Wurf, wenn Doncic sie anspielt, was er durchaus auch oft tut. Er trifft dabei nicht immer die richtige Entscheidung, aber das ist angesichts seines Alters auch verständlich.

Man darf ja nicht vergessen: Bei aller internationalen Erfahrung ist Doncic erst 21 und befindet sich in seiner zweiten NBA-Saison. Er trägt mehr offensive Verantwortung als fast jeder andere NBA-Spieler und testet dabei selbst noch seine Grenzen aus. Es ist für Siege in der aktuellen Situation nicht ideal, dass er in der Crunchtime fast alles selbst kreieren muss, aber es wird auch nicht dabei bleiben.

Doncic wird sein ohnehin schon starkes Decision-Making weiter verbessern - und früher oder später auch mehr Unterstützung bekommen. Wenn man bedenkt, dass es die erste gemeinsame Saison mit Kristaps Porzingis war und dieser erst während der Spielzeit langsam wieder seine Form erreichte, wird sich hier auch intern noch mehr ergeben. Porzingis kann mehr, als er in dieser Saison bisher am Ende von Spielen gezeigt hat (abgesehen von Post-Ups!).

These 3: Es fehlt an weiteren Playmakern

Lassen wir Folgendes nicht unter den Tisch fallen: Abgesehen von Doncic haben die Mavs unheimlich wenig Playmaking und Ballhandling im Kader, speziell seit dem Ausfall von Jalen Brunson, aber auch zuvor schon. Dass J.J. Barea gegen Sacramento entmottet und zum Starter beordert wurde, zeigte auf, dass auch Carlisle hier dringenden Bedarf sieht.

Die Mavs haben zwar eine Vielzahl verschiedener Guards - Seth Curry, Delon Wright, Barea, Brunson, nun Burke - die man mit Doncic kombinieren kann, die Idealvorstellung wäre jedoch eine Kombination aus ihnen: Mit Shooting und Off-Ball-Movement wie Curry, (Pick'n'Roll)-Spielwitz wie Barea, Defense und Athletik wie Wright ... die ideale Lösung ist noch nicht gefunden. Weshalb Dallas diese womöglich außerhalb finden muss:

@msl93l : Wie konnten die Mavs so ne gute Offense haben, obwohl sie nur einen einzigen überdurchschnittlichen Ballhandler in Luka haben? Der 2. beste Ballhandler ist vermutlich schon Trey Burke -> schlechtes Zeichen. Soll man sich im Sommer um Dragic bemühen?

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Zur ersten Frage: Doncic, das System, (normalerweise) gute Rollenspieler, Fokus auf die richtigen Abschlüsse, ein mittlerweile legitimer zweiter Star in Porzingis und noch einmal Doncic. Tatsächlich funktionierte die Offense ja auch ohne Doncic gut, das Offensiv-Rating liegt dann immer noch bei 112,1. Er ist aber der treibende Faktor, der es überwiegend herausragend geschafft hat, verschiedene Mitspieler wie etwa auch Dwight Powell (der schmerzlich vermisst wird) in Szene zu setzen.

Es fehlt jedoch bisweilen an einem echten Konterpart. Die Frage wurde schon laut, ob Doncic einen "echten" Floor General neben sich braucht - das ist zu verneinen. Es ist der richtige Ansatz, ihm den Großteil der offensiven Last zu überlassen, es braucht eher einen sekundären Playmaker, der selbst auch eine gewisse Dynamik auf dem Weg zum Korb mitbringt und werfen kann.

Dragic ist ein logischer Kandidat dafür. Der Dragon wird Free Agent, kennt Doncic aus der slowenischen Nationalmannschaft, die Mavs versuchten bereits vor der laufenden Saison, für ihn zu traden. Aufgrund seines Alters (34) und einem nicht herausragenden Wurf (Karriere: 36,4 Prozent Dreier) wäre Dragic kein perfekter Fit, aber er würde kurzfristig ein großes Upgrade darstellen.

Die bestmögliche Lösung in der kommenden Free Agency wäre Fred VanVleet, der jünger ist, besser verteidigt und stabiler wirft, allerdings dürfte er finanziell außer Reichweite sein, sofern Tim Hardaway Jr. wie erwartet seine Spieler-Option zieht. Es ist aber zu erwarten, dass Dallas hier in gewisser Weise aktiv wird, ohne dabei aber den Status: "Doncic: Point Guard" zu verändern.

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These 4: Die Mavs haben überdurchschnittlich oft Pech

Werden wir noch mal ein bisschen theoretisch: Die Mavs haben in dieser Saison überdurchschnittlich viele enge Spiele verloren, die Statistiken am Ende von Spielen sprechen eine klare Sprache - aber: Trotzdem ist die Stichprobe klein! Die Clutch-Minuten der Mavs in dieser Spielzeit belaufen sich auf 147, das sind bloß drei NBA-Spiele und eine halbe Overtime.

Die Probleme sind zu offensichtlich, als dass man nur von Pech reden könnte, zu oft haben die Mavs Führungen verspielt und sich am Ende an den Kopf gefasst, weil sie selbst nicht glauben konnten, wie sie dieses Spiel nun wieder vergeigt haben. Sie haben viele Fehler begangen, die so unerfahrene Teams jederzeit begehen können.

Man sollte sich aber nicht entmutigen lassen: Die Stichprobe von Minuten, in denen die Mavs das tolle Offensiv-Rating und das drittbeste Net-Rating der Western Conference fabriziert haben, ist weitaus größer. Sie sind in dieser Saison noch nicht das drittbeste Team im Westen, aber die Zahlen deuten an, dass sie es bald sein werden. Dass sie in dieser Spielzeit überhaupt schon so weit sein würden, war vorher nicht abzusehen.

Zur Einordnung: basketball-reference errechnet für jedes Team eine "erwartete Bilanz", die sich primär am Net-Rating orientiert. Bei den Mavs liegt diese bei 47-23, sie hätten also satte sechs Siege mehr "verdient". Das beste Gegenbeispiel sind die Nuggets, deren "Erwartung" nur bei 39 Siegen stünde. Sie haben nur eben sowohl die bessere Defense als auch die Stand jetzt bessere Clutch-Option namens Nikola Jokic. Bei den Thunder verhält es sich dank Chris Paul ganz ähnlich.

NBA 2019/20: Die Top 10 beim Net-Rating

Rang Team Net-Rating Bilanz 1 Bucks 10,1 54-14 2 Raptors 6,5 49-18 3 Clippers 6,3 45-22 4 Lakers 6,3 51-16 5 Celtics 6,1 45-23 6 Mavericks 5,5 41-29 7 Rockets 3,3 42-25 8 Heat 3,2 43-25 9 Nuggets 2,9 45-23 10 Thunder 2,9 42-25

Fazit: Neuer Versuch im nächsten Jahr?

Womit wir wieder zum Ausgangspunkt kommen: Dallas hat es wohl versäumt, sich ein besseres Matchup zu erspielen, nun winkt das Duell mit den Clippers, es sei denn, diese lassen sich noch von den Nuggets überholen. Das ist bitter, aber es wird mindestens eine weitere Bewährungsprobe für Doncic und auch Porzingis sein.

Wenn die Rollenspieler wie Dorian Finney-Smith, Wright oder auch Maxi Kleber offensiv noch rechtzeitig in der Bubble ankommen, können sie den Titelfavoriten vielleicht sogar ein bisschen ärgern.

Vor allem aber geht es um Doncic, der schon in der Bubble einen gewissen weiteren Lerneffekt demonstriert hat. Das wahrlich nicht gute Spiel gegen die Kings gewannen die Mavs uncharakteristisch für sie mal richtig dreckig; "Wir haben eines der schlechtesten Spiele aller Zeiten gemacht und gewonnen", wie Doncic es selbst ausdrückte.

Das lag vor allem an ihm - er wollte keine weitere Niederlage akzeptieren, also stemmte er sich mit aller Wucht dagegen ( hier gibt es alle Doncic-Highlights gegen die Kings im Video ), endlich auch mal in der Defense. Das ist ein weiterer Schritt auf der MVP-Trajektorie, auf die sich Doncic in dieser Spielzeit begeben hat.