Stolz prangt es in der Beschreibungszeile des offiziellen Twitter-Accounts des San Diego 1904 FC: "Gegründet von Eden Hazard und Demba Ba." Ganz oben angeheftet ist eine Videobotschaft von Hazard, dem Superstar von Real Madrid: "Make San Diego great", sagt er darin und zwinkert lässig mit dem rechten Auge.
Es ist ein ungewöhnliches, aber cooles Projekt, das Hazard, der frühere Hoffenheimer Ba (aktuell bei Basaksehir unter Vertrag) und auch deren Kumpels Yohan Cabaye (derzeit vereinslos, zuletzt St. Etienne und früher unter anderem PSG und Newcastle) sowie Moussa Sow (ebenfalls vereinslos, zuletzt bei Gaziantep und früher für Fenerbahce oder Lille aktiv) da an den Start bringen. Cabaye und Sow sind vor allem Investoren im Hintergrund, Ba als Präsident des Klubs und Hazard als größter Name machen den Vordergrund.
Sie alle kennen sich untereinander gut: Ba und Hazard von Chelsea. Sow, Cabaye und Hazard wurden 2011 mit dem OSC Lille gemeinsam französischer Meister. Ba und Cabaye spielten zusammen in Newcastle, Ba und Sow für den Senegal.
Ihr Vorhaben: Den San Diego 1904 FC, der in der NISA (National Independent Soccer Association), der dritthöchsten Spielklasse in den USA unter der MLS und der USL spielt, zu Glanz und Gloria zu führen. "Mein Ziel ist es, dass die USA den San Diego 1904 FC in fünf Jahren als Referenzpunkt und Vorbild für den amerikanischen Fußball sehen", sagte Hazard 2019 bei ESPN FC .
Doch wie kam es überhaupt dazu, dass vier Stars des europäischen Fußballs in den USA einen eigenen Verein führen? Angefangen hat alles eigentlich mit Alexandre Gontran. Der Franzose unterschrieb mit 17 einen Profivertrag beim FC Nantes, plante eine erfolgreiche Karriere - doch dann bremste ihn eine schwerwiegende Rückenverletzung aus, zwang Gontran zum Aufhören.
Demba Ba, Eden Hazard, Yohan Cabaye und Moussa Sow gründen eigenen Klub in San Diego
Statt als Spieler machte er dann eben als Trainer weiter, sammelte Lizenzen, coachte kleinere Vereine. Doch er wollte mehr: "Ich wusste: Um so zu trainieren, wie ich mir das vorstelle, brauche ich meinen eigenen Klub", erklärte er ESPN FC . Jahrelang habe er diese Idee im Kopf gehabt, versuchte sie zunächst alleine umzusetzen - und fragte irgendwann dann einfach Demba Ba um Hilfe, den er einst beim kleinen französischen Klub SM Montrouge selbst coachte und dessen Berater er später wurde.
Ba war sofort dabei, sie holten Hazard, Cabaye und Sow mit ins Boot und suchten nach dem richtigen Ort für ihr Projekt. 2015 überlegten sie, ein NASL-Team in Atlanta zu kaufen, auch in Miami, wo inzwischen David Beckham einen MLS-Klub gegründet hat, schlugen sie auf. Doch dann verliebten sie sich in San Diego, die Millionen-Metropole im Südwesten Kaliforniens.
"Das endlose Potenzial dieses Landes und dieser Stadt zu sehen, motiviert uns", erklärt Hazard die Wahl. Den Fußball in den USA, wo Basketball, American Football oder Baseball ja weiterhin klar dominieren, mehr in den Fokus zu hieven, reizt sie. Und in San Diego, wo Fußball auch wegen der nahen Grenze zu Mexiko - viele der Menschen dort sind Fans des mexikanischen Erstligisten Club Tijuana - deutlich präsenter ist als in den meisten anderen Teilen des Landes, sahen Ba, Hazard und Co. die perfekte Gelegenheit dafür: "San Diego ist eine Fußballstadt, die ein Team verdient. Die Leute hier verdienen einen Klub, mit dem sie sich identifizieren können", betont Hazard.
2017 begannen sie ihre Bemühungen, ihren Verein auf die Beine zu stellen und in den Spielbetrieb zu integrieren. Eigentlich sollte 1904, dessen Name sich aus den Anfangsbuchstaben San Diegos, dem 19. (S) und dem vierten (D) Buchstaben des Alphabets ergibt, schon 2018 in der zweitklassigen NASL an den Start gehen. Doch die Liga wurde wegen rechtlicher Grabenkämpfe mit dem Landesverband der USA gecancelled, sodass man erst einmal wieder bei Null stand.
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San Diego 1904: Klub von Hazard, Ba und Co. findet seine Liga
"Wir bereiteten uns von Anfang an auf alles vor. Wir wussten, dass nicht alles immer reibungslos laufen würde", betont Ba, der 22 Länderspiele für den Senegal absolvierte. Und Co-Besitzer Vagno Chandara sagt über die schwierige Situation seinerzeit: "Wir hatten zwei Optionen: Entweder aufgeben und das Land verlassen oder dranbleiben und nach Lösungen suchen."
Sie suchten weiter und es ergab sich etwas: Im Sommer 2019 genehmigte der US-Verband die Einführung einer dritten Liga, der NISA. Und 1904 durfte Teil davon werden. "Wir waren der erste Klub, der der NISA beitrat und haben die Liga mitgegründet", erzählt Hazard. "Wir haben großen Einfluss auf die Ausrichtung der Liga, weil wir viel Erfahrung aus den hiesigen Ligen mitbringen."
Die NISA gehört nicht dem Verband, sondern den darin spielenden Klubs, acht Mannschaften sind es aktuell. Dass der in Kalifornien geborene frühere Nationalspieler und Ex-Bayern-Profi Landon Donovan in San Diego mit dem Loyal SC mittlerweile einen weiteren Klub etabliert hat, der sogar in der zweitklassigen USL mitspielen darf, stört Ba, Hazard und Co. derweil nicht: "Wir sind froh darüber, dass sie da sind, denn diese Stadt verdient mehr als ein Profi-Team", betont Ba. "Zwei Fußball-Mannschaften zu haben, ist toll für die Stadt und Konkurrenz belebt das Geschäft."
Angeführt von Trainer Gontran, Bas Kumpel und Initiator, will 1904 Spielern aus San Diego und Umgebung die Chance geben, sich auf hohem Niveau weiterzuentwickeln und für die MLS zu empfehlen. Natürlich soll aber auch die NISA möglichst bald erstmals gewonnen werden. Die Spring Season musste wegen der Coronavirus-Pandemie abgebrochen werden, aber im August soll es mit der Fall Season, der Herbstsaison, weiter gehen.
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San Diego 1904: "Wir wollen Nummer eins in Sachen Weiterentwicklung sein"
Das aktuelle Team hat dabei durchaus Potenzial: So hat man mit Ernesto Espinoza zum Beispiel ein Sturmtalent in den eigenen Reihen, das aus der Akademie des mexikanischen Erstligisten Club Tijuana stammt und einst für die U18- und U19-Nationalelf der USA auflief. Eder Arreola, Rechtsaußen und der wertvollste Spieler im Kader, hat ebenfalls für Nachwuchsauswahlen der USA gekickt und seine Brötchen einst unter anderem bei einem armenischen Erstligisten oder der Zweitvertretung von LA Galaxy verdient. Oder Adonis Amaya, der schon 46-mal in der zweitklassigen USL aufgelaufen ist.
Für sie und andere talentierte Spieler ein Sprungbrett zu sein, hat sich 1904 primär auf die Fahne geschrieben: "Wir wollen in diesem Land die Nummer eins in Sachen Weiterentwicklung werden und das untermauern, indem wir unsere Spieler darauf vorbereiten, überall auf der Welt spielen zu können", erklärt Hazard. "Das Talent, das es in San Diego gibt, verdient das."