"Von allen Profis wird immer verlangt, zu 100 Prozent zu funktionieren. Wenn mal der Punkt kommt, dass einer an der falschen Stelle eine menschliche Schwäche zeigt, ist die Branche knallhart", erklärte Dutt.

In der Diskussion gehe unter, dass "hinter jedem Spieler auch ein Mensch steckt. Andres Aussagen zeigen, dass jeder anders mit der Branche umgeht", sagte der 55-Jährige.

Nach der Vertragsauflösung bei Borussia Dortmund hatte Schürrle am vergangenen Freitag überraschend seinen Rücktritt aus dem aktiven Fußball erklärt und dabei die Fußballbranche für den enormen Druck, der auf die Spieler ausgeübt wird, kritisiert. Es zähle "nur die Leistung auf dem Platz". Dabei dürften "Verletzlichkeit und Schwäche zu keinem Zeitpunkt existieren", sagte der Weltmeister von 2014 im Spiegel und kam zur Erkenntnis: "Ich brauche keinen Beifall mehr."

Dutt: "Schon damals gemerkt, dass man sich mit ihm auseinandersetzen muss"

Für Dutt sei es "schade, wenn so ein guter Fußballer sich dazu entscheidet, vermutlich nicht aus sportlichen Gründen, so früh aufzuhören. Aber man muss das respektieren".

Schürrle hatte offenbart, dass die Entscheidung lange in ihm "gereift" sei. Bereits ein Jahr nach seinem Wechsel von Leverkusen zum FC Chelsea sei er in "ein tiefes Loch" gefallen. "Ich wollte nicht mehr Fußball spielen, ich war völlig am Ende." 2015 kehrte Schürrle dann zum Vfl Wolfsburg in die Bundesliga zurück, um eine Saison später als Wunschspieler zu seinem ehemaligen Trainer aus Mainzer Tagen, Thomas Tuchel, für 30 Millionen Euro zu Borussia Dortmund zu wechseln. Beim BVB konnte er seine Leistungen aber nur selten abrufen. Zuletzt war der Offensivspieler an den FC Fulham und Spartak Moskau ausgeliehen.

Dieter Hecking, Schürrles Trainer in Wolfsburg, kann "es ein Stück weit nachvollziehen. Man sieht, dass der Rucksack für die jungen Menschen manchmal zu groß ist. Wenn die Lupe so sehr auf einem brennt, dann kann ich verstehen, wenn jemand sagt: Ich will nicht mehr", erklärte er gegenüber dem Sportbuzzer .

Bei seinem Wechsel von Mainz zu Leverkusen für damals kolportierte 8,5 Millionen Euro sei Schürrle hingegen noch "sehr unbeschwert" gewesen. "Er war immer voll motiviert und zeigte mit vollem Einsatz höchste Leistungen auf dem Platz", erinnerte sich Dutt: "Damals hat er noch zu der legendären Boygroup gehört - mit Holtby und Szalai." Man habe aber bereits gemerkt, dass "er ein Spieler ist, mit dem man sich auseinandersetzen muss und der die Kommunikation sucht. Er war schon damals sehr reflektiert."

Dutt über Branche: "Es ist ein enorm hoher Druck auf dem Kessel"

Dass es letztlich zu einem frühen Ende von Schürrles Laufbahn gekommen ist, ist laut Dutt nicht an einer einzelnen Person oder einem Verein festzumachen. Auch der Einfluss der Medien sei keine 100-prozentige Erklärung, so Dutt: "Es gehören immer alle dazu. Insgesamt ist ein hoher Druck auf dem Kessel in der Fußballbranche. Jeder trägt seinen positiven Teil bei und jeder wird auch im stillen Kämmerlein wissen, dass er seinen Teil zu den nicht so schönen Dingen beigetragen hat, die dann unterschiedliche Auswirkungen haben - und bei Andre eben diese hatten."

Außerdem ist er sich sicher, dass Schürrle auf hohem Niveau hätte weitermachen können. "Wenn Andre Schürrle hätte spielen wollen, hätte er auch wieder einen Topverein bekommen", stellte Dutt klar.

Christian Heidel, der Schürrle 2009 als Manager in Mainz einen Profivertrag gab, hätte ihm ebenfalls einen vielversprechenden Wechsel zugetraut. "Er hätte noch einmal einen guten Vertrag unterzeichnen und viel Geld verdienen können, auch wenn die notwendige Motivation gefehlt hätte", sagte er gegenüber der Funke Mediengruppe und fügte an: "Ich ziehe den Hut vor seiner Entscheidung, die Charakter beweist."