Mark Cuban hat markige Sprüche noch nie gescheut, ebenso wenig wie teils kontroverse Einblicke in die Denkweise einer Sport-Franchise, etwa zum ungeliebten Thema Tanking, aber auch zu vermeintlich korrupten Schiedsrichtern. Das hat dem Besitzer der Dallas Mavericks schon etliche Rüffel seitens der NBA eingebracht - und die höchsten Geldstrafen in der Geschichte der Liga.

Als man ihn 2017 nach seinem größten Fehler fragte, musste der heute 61-Jährige trotzdem nicht lange überlegen. "Mein größter Fehler als Besitzer der Mavs war es, Steve Nash zu verlieren", sagte Cuban. Das konnte man sportlich sicherlich so unterschreiben, zu diesem Zeitpunkt war der Sports Illustrated -Bericht über das "toxische Klima" in Dallas auch noch nicht erschienen.

Nash gewann nach dem Trade in den beiden darauffolgenden Jahren den MVP-Award und avancierte zum besten Point Guard der Liga, die Mavs hatten seinen Wert 2004 also offensichtlich falsch eingeschätzt. Doch warum eigentlich?

Die Dallas Mavericks scheuten keine Kosten und Mühen

Jahrelang hatte Cuban zuvor keine Mühen und vor allem keine finanziellen Mittel gescheut, um sein neustes Spielzeug zu modernisieren und irgendwie zum Gewinner zu machen. Das bezog sich auf ein eigenes Teamflugzeug und besseres Trainingsequipment, aber auch auf die Spieler: Cuban suchte ständig nach dem nächsten großen Namen. Koste es, was es wolle.

Den Höhepunkt erreichten die Transaktions-Arien Cubans kurioserweise genau ein Jahr zuvor. Dallas hatte 2003 die Conference Finals erreicht und dort gegen den "großen Bruder" San Antonio verloren. Statt auf diesem Erfolg jedoch aufzubauen und das überwiegend junge Team zusammenzuhalten, holten die Mavs im folgenden Sommer Antoine Walker und Antawn Jamison, zwei weitere Spieler, die im Jahr zuvor jeweils über 20 Punkte im Schnitt aufgelegt hatten.

Walker und Jamison sollten den jungen Dirk Nowitzki ergänzen - doch stattessen gab es Überschneidungen. "Das zeigte Mut, sie haben etwas ausprobiert, aber ehrlicherweise spielten die beiden die gleiche Position wie Dirk, sie alle waren mobile Vierer. Das hat einfach nicht funktioniert", blickte Nash später bei All the Smoke zurück.

Dallas 2003/2004: Ein verlorenes Jahr

Die Saison verlief in der Tat kurios. Dallas hatte zwar die beste Offense, aber beinahe auch die schlechteste Defense der Liga, da sich mit Nowitzki und Walker zwei eher wenig dafür geeignete Spieler das Thema "Ringbeschützung" aufteilen mussten. Jamison opferte Stats und kam von der Bank, wofür er immerhin den Sixth Man of the Year-Award abräumte. Nowitzki spielte offensiv das wohl schlechteste Jahr seiner gesamten Prime. Und trotzdem brachte Nash das größte Opfer.

Die Mavs hatten zu viele Mäuler, die gestopft werden mussten, was vor allem Nash auf sich nahm. In den ersten Saisonmonaten nahm er selbst kaum Würfe und traf sie für seine Verhältnisse schlecht. "Ich war ja immer ein Pass-First-Guard", blickte Nash zurück. "Ich wollte, dass es funktioniert. Deswegen waren zu Beginn der Saison meine Zahlen im Keller, auch wenn die zweite Hälfte gut war. Ich denke, Cuban sah das als Zeichen, dass ich mich dem Ende näherte."

Cuban hat im Nachhinein zugegeben, dass er diese Ansicht teilte - das muss er sich allerdings vorwerfen lassen. Nash legte trotz aller Schwierigkeiten 03/04 ein Career High bei den Assists auf (8,8) und hatte in drei Jahren insgesamt bloß vier Spiele verpasst, auch wenn er regelmäßig Probleme mit dem Rücken hatte. Auf dem absteigenden Ast befand er sich dennoch nicht, die Gründe für den Rückgang beim Scoring waren eigentlich offensichtlich.

Die Karriere-Statistiken von Steve Nash

Team Von Bis Spiele Punkte FG% 3FG% Assists Suns 1996 1998 141 6,4 45,1 41,6 2,8 Mavericks 1998 2004 408 14,6 46,8 41,6 7,2 Suns 2004 2012 603 16,3 51,0 43,7 10,9 Lakers 2012 2014 65 11,4 47,8 42,2 6,4

Mark Cuban entdeckte sein Gewissen - oder nicht?

Doch ausgerechnet in dieser Situation entdeckte Cuban sein finanzielles Gewissen. Nowitzki als Eckpfeiler war gesetzt, auch nachdem er die Mavs in den 2004er Playoffs nicht aus der ersten Runde herausführen konnte. Kombinierte beinahe 50 Mio. Dollar für Michael Finley, Nowitzki, Walker und Jamison allerdings führten dazu, dass man dem 30-jährigen Nash nicht auch noch zu viel bezahlen wollte.

Einen Versuch gab es zwar: Cuban bot Nash einen Vierjahresvertrag über 36 Mio. Dollar an, sein Ex-Team aus Phoenix jedoch winkte mit 63 Mio. (über sechs Jahre). Als Nash danach noch einmal auf Cuban zuging und fragte, ob dieser nicht gleichziehen sollte, gab es eine Absage. "Er hat nicht wirklich versucht, mich zu halten. Ich denke, er hat mir für die Zukunft nicht mehr viel zugetraut", sagte Nash später.

Cuban hatte außerdem noch einen anderen Spieler im Visier: Im August fädelten die Mavs einen Sign-and-Trade-Deal für Center Erick Dampier ein, der für sieben Jahre schlappe 73 Mio. Dollar erhielt. Mit dem Center erreichte man 2006 zwar die Finals, trotzdem hätte man diese Entscheidung vermutlich gerne ziemlich schnell korrigiert.

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Die Regel-Revolution half Steve Nash

Es ist davon auszugehen, dass Cuban dabei nicht nur Nash falsch beurteilte - dieser spielte in Phoenix noch stolze acht überwiegend gesunde und sieben herausragende Jahre, was wohl auch der überragenden medizinischen Abteilung der Suns geschuldet war, die seinen Rücken stablisierte -, sondern dass ihn auch die Regeländerungen seitens der NBA überrumpelt haben. Diese stellten die Liga nach dem Sommer 2004 schließlich nachhaltig auf den Kopf.

Allen voran wurde Handchecking verboten, was vor allem kreativen Ballhandlern auf dem Flügel entgegenkam und entgegenkommt - und was die NBA-Offense generell aus ihrem Dornröschen-Schlaf der frühen 00er Jahre herausholte. Nash war der perfekte Spieler für diese neue Liga, weshalb seine zweite Karrierehälfte so viel stärker war als die erste.

Nowitzki wiederum war auch nicht allzu schlecht geeignet für diese neue Liga, im Gegenteil. Deshalb machten die beiden best buddies von dieser Trennung an die nächsten drei MVP-Awards unter sich aus. Und deshalb fragt man sich bis heute nicht nur in Dallas, was denn wohl passiert wäre, wenn sie länger zusammengeblieben wären.

Was hätten Dirk Nowitzki und Steve Nash zusammen erreicht?

Das schließt auch die beiden Protagonisten mit ein. In seiner eigenen Doku "The Finish Line" stellte Nash diese Frage an Nowitzki, der darauf entgegnete, sich nicht sicher zu sein: "Manche Leute sagen mir, dass es für unsere Karrieren wahrscheinlich gut war, dass wir unabhängig voneinander wachsen konnten."

Individuell dürfte das stimmen, was den Team-Erfolg angeht, kann man darüber natürlich streiten. Nash, der mit Phoenix nie die Finals erreichte, hat zumindest schon während der aktiven Laufbahn betont, dass man zusammen sicherlich den einen oder anderen Titel gewonnen hätte. Es ist eins dieser "What ifs", die man nie wird beantworten können. "Es hätte aber mit Sicherheit viel Spaß gemacht", sagte Nowitzki in der Dokumentation noch.

Mark Cuban wollte Steve Nash schon früher loswerden

Ein großer Fehler war Cubans Entscheidung damals dennoch - aber es hätte weitaus schlimmer kommen können. Während es heute gemeinhin als Fakt akzeptiert ist, dass Nash Nowitzkis Entwicklung gerade in den ersten Jahren unheimlich gut getan hat und dieser sonst vielleicht sogar zurück nach Europa gegangen wäre, war man sich dessen in Dallas zu Beginn nicht ganz so sicher.

"Wir haben es buchstäblich schon nach seinem ersten Jahr versucht, Nash zu traden. Aber es gab einfach keine Abnehmer", verriet Cuban 2017. Manchmal hat man einfach keine Ahnung, was man hat.