In Spiel 7 werden Helden geboren, an Legenden geschrieben. So wird der Buzzerbeater von Kawhi Leonard in den Eastern Conference Semifinals im vergangenen Jahr wohl für immer überleben, gleiches gilt für LeBron James' Block sowie Kyrie Irvings Wurf über Stephen Curry in den Finals 2016.
Auch Dirk Nowitzki hat einen solch prägenden Karriere-Moment, geschehen vor exakt 14 Jahren im Mavs-Feindesland San Antonio. 32 Sekunden vor Schluss waren die Spurs durch einen Dreier von Manu Ginobili erstmals in diesem Spiel in Führung gegangen, den Mavs schienen (mal wieder) die Felle davon zu schwimmen.
Schon in den Jahren 2001 und 2003 war an Tim Duncan und Co. kein Vorbeikommen gewesen. Sollte sich nun die Geschichte wiederholen?
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Dirk Nowitzki: Dreipunktspiel erzwingt Verlängerung
Einer hatte etwas dagegen: Nowitzki, der als weich verschriene Europäer. Nach einer Auszeit ging er gegen den einen Kopf kleineren, aber trotzdem gefürchteten Edel-Verteidiger Bruce Bowen im Post an die Arbeit. Wohl jeder Spur rechnete mit einem Fadeaway, doch der Deutsche verschaffte sich mit einer schnellen Drehung etwas Platz und powerte sich zum Korb durch.
Ginobili, der eigentlich designierte Matchwinner, rotierte zur Hilfe, war aber gegen Nowitzki machtlos. Der legte den Ball in den Korb und nahm dankend das Foul mit. And-1. Ausgleich, 104:104 mit noch 21,6 Sekunden auf der Uhr.
"Kein Foul, keine Dreier", das war eigentlich die Ansage von Spurs-Coach Gregg Popovich, wie Tony Parker nach dem Spiel verriet. Ginobili, stets auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn unterwegs, wurde von seinen Instinkten verraten und begünstigte das wohl bekannteste Nowitzki-Play neben dessen Gamewinner in Spiel 2 der NBA Finals 2011 bei den Miami Heat.
Dirk Nowitzki blockt Tim Duncans möglichen Gamewinner
Was in der Geschichte jedoch ein wenig untergeht: Die Spurs hätten dieses Spiel, und damit auch die Serie, trotzdem gewinnen können. Im letzten Angriff isolierten die Spurs den Argentinier gegen Mavs-Flügel Josh Howard, welchen der Gaucho attackierte. Auch Nowitzki kam noch zur Hilfe und Ginobili konnte den schweren Leger nicht versenken.
Doch wer stand in der linken Ecke frei? Ausgerechnet Robert "Big Shot Bob" Horry, ein Rollenspieler, der mehrfach in solchen Momenten dem Gegner den Dolch in das Herz gerammt hatte. Und selbst Duncan bekam kurz vor der Sirene noch einmal die Finger an den Rebound, der beste Power Forward der Geschichte zögerte jedoch einen Tick zu lange und wurde noch von Nowitzki von hinten abgeräumt - Verlängerung!
"Wenn ich den Tip-In mache, ist die Serie vorbei und sie wären nach Hause gefahren", stellte später ein konsternierter Duncan fest. So lebt weiter die Chance der Mavs, in einem Achterbahn-Spiel, welches stellvertretend für eine der besten Serien aller Zeiten war.
Dirk Nowitzki: Seine Statistiken in Spiel 7 gegen die Spurs
Minuten Punkte FG 3P FT Rebounds Assists Blocks 49:34 37 11/20 0/1 15/16 15 3 1
Mavericks gegen Spurs: Frühes Gipfeltreffen
Doch warum trafen diese beiden Spitzenteams bereits in der zweiten Playoff-Runde aufeinander? Es lässt sich mit dem inzwischen abgeschafften Setz-System erklären. 2006 erhielten die drei Division-Sieger noch automatisch die drei ersten Plätze für die Playoffs. In diesem Fall waren das San Antonio (63-19), Phoenix (54-28) und Denver (44-38), während die Mavs trotz 60 Siegen auf 4 gerankt wurden, weil sie eben in der gleichen Division wie die Spurs spielten.
Mit der Ausnahme eines Mavs-Blowouts in Spiel 2 wurden die ersten fünf Spiele der Serie mit dem letzten Ballbesitz entschieden, in Spiel 4 rettete Jason Terry Dallas in die Verlängerung und besorgte fast im Alleingang eine 3-1-Serienführung, in Spiel 5 scorten beide Teams die letzten beiden Minuten nicht mehr und die Spurs retteten ein 98:97 über die Ziellinie.
Allerdings verloren die Mavs Terry, der in den Schlusssekunden nach einem leichten Schlag gegen Ex-Mav Michael Finley für Spiel 6 gesperrt wurde. Dallas verlor prompt und musste nun eine Herkulesaufgabe meistern, nämlich ein Spiel 7 beim amtierenden Champion gewinnen.
Die Nerven lagen blank. Besitzer Mark Cuban hatte Bowen nach Spiel 6 übel beleidigt, den Alamo River Walk, das Aushängeschild der Stadt San Antonio, als hässliches Drecksloch bezeichnet und Duncan eine Heulsuse genannt. Allein in dieser Serie sammelte der exzentrische Besitzer rund 200.000 Dollar an Bußgeld an.
Dirk Nowitzki beruhigt die Nerven der Mavericks
Vieles deutete darauf hin, dass Dallas mal wieder eine enttäuschende Postseason hinlegen würde und weiter im Schatten des großen Bruders San Antonio stehen würde. Doch die Mavs ließen sich zunächst nicht beirren, spielten eine 20-Punkte-Führung heraus und trafen bis zur Pause fast 70 Prozent aus dem Feld.
"Das war vermutlich die schlechteste Halbzeit unserer kompletten Saison", sagte ein angefressener Popovich nach dem Spiel. Aber schlechter konnten sie eben nicht spielen - und Dallas bekam nach dem Wechsel das Nervenflattern. Punkt für Punkt robbten sich die Gastgeber wieder heran und verwandelten das ohnehin laute AT&T Center in einen Hexenkessel.
Nur Nowitzki blieb am Ende cool und zeigte endlich die Entschlossenheit, die von ihm am Ende von Spielen bis dahin noch vermisst wurde. In Spiel 1 hatte er den Ball in einer ähnlichen Situation bei 2 Punkten Rückstand erhalten, letztlich aber den Pass zu Jerry Stackhouse gespielt, der beinahe in einem Ballverlust mündete.
In Spiel 7 bestrafte er aber Bowen, ganz zur Freude seiner Mitspieler. "Er hat es erzwungen", frohlockte Stackhouse und auch Nowitzki war sich der Wichtigkeit voll bewusst. "Es sah so aus, als ob wir wieder eine tolle Saison aus dem Fenster schmeißen würden. Ich sagte mir, dass ich die Chance nutzen werde, wenn ich eine Lücke am Korb sehe."
Dirk Nowitzki: Ein Vorgeschmack auf 2011
Dass Nowitzki im Anschluss nur noch zwei Freiwürfe zum 119:111-Endstand in der Overtime erzielen würde, war da nur noch ein Randaspekt. Held der Verlängerung war DaSagana Diop, der Duncan bei 1/7 FG in den letzten fünf Minuten hielt. The Big Fundamental hatte jedoch Krämpfe und war durch eine Fußverletzung ohnehin etwas gehandicapt.
Dallas war es herzlich egal, erstmals hatten sie den Rivalen aus Texas aus dem Weg geräumt. "Das ist ein Beleg für unser Widerstandsfähigkeit, wir haben unseren Charakter gezeigt", freute sich Terry. Lob gab es auch vom Gegner in Person von Duncan: "Das war die beste Serie, in der ich je gespielt habe", erklärte der Power Forward, der sich schon in den Jahren zuvor epische Schlachten mit Shaq und den Lakers geliefert hatte.
Kleinigkeiten entschieden die Serie, letztlich wird man sich für immer an Nowitzkis Dreipunktspiel und die Dummheit von Ginobili erinnern. Die Krönung der Mavs blieb hingegen aus, auch wenn die Texaner gegen dezimierte Phoenix Suns in die Finals marschierten. Das Desaster gegen die Heat, als man eine 2-0-Serienführung verspielte, brachte alte Dämonen hervor.
Auch Nowitzki erntete heftige, teils korrekte Kritik, es sollte fünf weitere Jahre dauern, bis sich diese legen sollten und er seine unfassbare Karriere komplettieren konnte. Dennoch: Die Spurs-Serie war ein Meilenstein in Nowitzkis Karriere und auch ein Vorgeschmack darauf, was 2011 folgen sollte.